BT-Drucksache 18/355

Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners im Jahr 2014

Vom 28. Januar 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/355
18. Wahlperiode 28.01.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Karin Binder, Eva Bulling-Schröter,
Diana Golze, Ralph Lenkert, Thomas Nord, Harald Petzold (Havelland)
und der Fraktion DIE LINKE.

Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners im Jahr 2014

Der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea) ist ein Schmetter-
ling, welcher als Raupe Bäume der Gattung Eiche (Quercus) befällt. Seine
Raupen verursachen Fraßschäden an den Blättern der befallenen Bäume. Seit
dem Jahr 1993 breitet sich der zu Massenvermehrung neigende Schmetterling in
Deutschland verstärkt aus.
Während die Schäden an den Bäumen von der interessierten Öffentlichkeit
meist wenig thematisiert werden, wird eine weitere vom Eichenprozessionsspin-
ner verursachte Gefahr in den Medien breiter diskutiert. Die Raupen des
Schmetterlings besitzen Härchen mit dem Nesselgift Thaumetopoein, das beim
Menschen zu teilweise heftigen allergischen Reaktionen führen kann. Ab dem
dritten Larvenstadium wachsen den Raupen sehr feine, leicht brechende Brenn-
haare, deren Zahl mit jedem Larvenstadium kontinuierlich wächst. Bei einer be-
günstigenden Witterung können die Haare durch Luftströmungen über weite
Strecken getragen werden. Alte Larvenhäute verbleiben nach der Häutung in
den Nestern und stellen somit auch längerfristig eine Gefahr für die menschliche
Gesundheit dar.
Die Bekämpfung der Raupen des Eichenprozessionsspinners ist sowohl durch
die mechanische Beseitigung der Raupen und der Nester als auch durch Behand-
lungsmaßnahmen mit unterschiedlichen zugelassenen Mitteln möglich. Hierbei
muss zwischen verschiedenen anzuwendenden Wirkstoffen (Häutungshemmer
oder Bakterienpräparat), Verabreichungsmethoden und der konkreten Örtlich-
keit (Wald oder Wohngebiet) unterschieden werden. Der Einsatz von Insekti-
ziden oder Bioziden zur Bekämpfung der Raupen muss unter Berücksichtigung
der konkreten Situation vor Ort sehr sorgfältig abgewogen werden. Dabei sind
die Belange des Gesundheitsschutzes bei Waldarbeiterinnen und Waldarbeitern
sowie der Bevölkerung einerseits und des Naturschutzes (vor allem die Wirkung
auf Nichtzielorganismen und die natürlichen Gegenspieler) und des Wasser-
schutzes andererseits angemessen abzuwägen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche neuen Erkenntnisse hinsichtlich der Ausbreitung des Eichenprozes-

sionsspinners hat die Bundesregierung seit der Antwort auf die Kleine An-
frage der Fraktion DIE LINKE. (Bundestagsdrucksache 17/10765) erlangt,
und wie bewertet sie diese?

Drucksache 18/355 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Welche neuen Erkenntnisse hinsichtlich der Bekämpfungsmethoden und -er-
gebnisse des Eichenprozessionsspinners hat die Bundesregierung seit der
Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. (Bundestags-
drucksache 17/10765) erlangt, und wie bewertet sie diese?

3. Wie schätzt die Bundesregierung die Bedrohungslage für die menschliche
Gesundheit (Waldarbeiterinnen und Waldarbeiter einerseits und sonstige
Personen andererseits) durch die Raupen des Eichenprozessionsspinners im
Jahr 2014 ein?

4. Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgte die Anwendung von Insektiziden
und Bioziden zur Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners im Jahr 2013
in Brandenburg und anderen Bundesländern, und welche zulassungsrecht-
lichen Entscheidungen von Bundesbehörden sind dem vorausgegangen
(bitte begründen)?

5. Waren diese auf das Jahr 2013 beschränkt oder kann im Jahr 2014 die An-
wendung in gleicher Weise erfolgen?
Falls für das Jahr 2014 neue Zulassungsentscheidungen erforderlich sind,
welche sind das, welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, und wann
wird darüber entschieden werden?

6. Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus ihrer Analyse der bis-
herigen Maßnahmen hinsichtlich des Erfolges und der sich daraus ableiten-
den Aussagen zu Bekämpfungsnotwendigkeiten, -maßnahmen und -mittel
für das Jahr 2014 bzw. die folgenden Jahre?

7. Wird die Bundesregierung eine mit den betroffenen Ländern abgestimmte
Bekämpfungsstrategie, inklusive der dafür notwendigen einheitlichen
rechtlichen Rahmensetzung mit dem Ziel der Herstellung der Rechtssicher-
heit, vorlegen?
Wenn ja, wann?
Wenn nein, warum nicht (bitte begründen)?

8. Welche Kosten haben der Bund, nach Kenntnis der Bundesregierung die
einzelnen Bundesländer und die Kommunen für die Bekämpfungsmaßnah-
men jeweils in den vergangenen zehn Jahren aufgebracht (bitte getrennt auf-
listen)?

9. Wie sollte nach Ansicht der Bundesregierung zukünftig eine bundesweit
konzertierte Bekämpfung (anteilig) finanziert werden?

10. Welche wissenschaftlichen Untersuchungen zu Gesundheitsauswirkungen
des Pflanzenschutzmittels „Dipel ES“ auf Menschen liegen der Bundes-
regierung, den Bundesbehörden bzw. nach Kenntnis der Bundesregierung
den Bundesländern vor, welche Rückschlüsse zieht sie daraus, und wie kön-
nen diese Studien öffentlich eingesehen werden?

11. Wann wird nach Kenntnis der Bundesregierung „Dipel ES“ regulär für die
Ausbringung durch Luftfahrzeuge auch über Notfallsituationen (Artikel 53
der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009) hinausgehend – auch für Alleen – zu-
gelassen (bitte begründen)?
Wenn keine Zulassung erfolgen soll, warum nicht?

12. Welche Anwendungsbestimmungen für „Dipel ES“ sollten nach den Erfah-
rungen des Jahres 2013 nach Meinung der Bundesregierung für das Jahr
2014 verändert werden (bitte begründen)?

13. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zur Anwendung anderer Wirk-
stoffe insbesondere bezüglich ihrer Wirksamkeit bei Ziel- und Nichtzielor-
ganismen, und welche Schlussfolgerungen sind daraus für Handlungsemp-
fehlungen zu ziehen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/355
14. Wie wird die Bundesregierung Rechtssicherheit für die Anwender (z. B.
Flugunternehmen beim Hubschraubereinsatz) bei der Ausbringung von
Insektiziden auf differenzierter gesetzlicher Grundlage – Pflanzenschutz-
recht, Biozidrecht oder Ordnungsrecht – schaffen?

15. Unterstützt die Bundesregierung den Vorschlag, eine Meldepflicht für das
Auftreten des Eichenprozessionsspinners und durch seine Larven verur-
sachte humanmedizinische Fälle einzuführen (bitte begründen)?

16. Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus Bekämpfungsmetho-
den des Eichenprozessionsspinners mit Nematoden?

17. Welche Anstrengungen wird die Bundesregierung unternehmen, um
Erkenntnisse über die Befalls- und Bekämpfungssituation an den Bundes-
straßen zu erlangen (vgl. die Antwort zu Frage 5 auf Bundestagsdrucksache
17/10304)?

18. Wie kann nach Kenntnis der Bundesregierung der Einfluss der natürlichen
Gegenspieler auf die Reduzierung der Population des Eichenprozessions-
spinners erhöht werden, und welchen Beitrag leistet die Bundesregierung
zur Beantwortung dieser Frage (vgl. die Antwort zu Frage 3 auf Bundestags-
drucksache 17/10020)?

19. In welchem Umfang und von wem werden nach Kenntnis der Bundesregie-
rung Begleituntersuchungen zur Wirksamkeit der Bekämpfungen sowie zu
Nebenwirkungen auf Nichtzielorganismen durchgeführt, bzw. welche sind
geplant, und wer finanziert das (bitte konkret auflisten)?

Berlin, den 28. Januar 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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