BT-Drucksache 18/3311

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 18/2000, 18/2002, 18/2823, 18/2824, 18/2825 - Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2015 (Haushaltsgesetz 2015) hier: Einzelplan 17 Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Vom 25. November 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3311
18. Wahlperiode 25.11.2014

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Ekin Deligöz, Anja Hajduk, Dr. Tobias Lindner, Sven-Christian
Kindler, Dr. Franziska Brantner, Katja Dörner, Kai Gehring, Maria Klein-Schmeink,
Brigitte Pothmer, Tabea Rößner, Corinna Rüffer, Elisabeth Scharfenberg,
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Dr. Harald Terpe, Beate Walter-Rosenheimer
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 18/2000, 18/2002, 18/2823, 18/2824, 18/2825 –

Entwurf eines Gesetzes
über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2015
(Haushaltsgesetz 2015)

hier: Einzelplan 17
Geschäftsbereich des Bundesministeriums
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die frühe Förderung und Bildung von Kindern nimmt einen ungebrochen hohen
Stellenwert im Alltag von Familien ebenso wie in der öffentlichen Wahrnehmung
ein. Dabei hat das Bewusstsein für die Qualität der Angebote zugenommen. Hier
besteht mittlerweile der größte Handlungsbedarf. In den vergangenen Jahren lag
der Fokus von Bund, Ländern und Kommunen beim Platzausbau. Bei der Quan-
tität hat es gewaltige Fortschritte gegeben, allerdings um den Preis, dass es nicht
flächendeckend zu Qualitätsverbesserungen gekommen ist, teilweise haben die
Ausbaubemühungen sogar zu Qualitätsverschlechterungen geführt. Nichtsdesto-
trotz war der – letztlich bundesgesetzlich angestoßene – Ausbau richtig und not-
wendig. Das Inkrafttreten des Rechtsanspruchs auf Betreuung für unter Dreijäh-
rige war ein Meilenstein. Mit ihm ist der Ausbau der Angebote jedoch nicht ab-
geschlossen. Allerdings muss nun die systematische Verbesserung des Qualitäts-
niveaus folgen.

Drucksache 18/3311 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Die politisch Verantwortlichen von Bund, Ländern und Kommunen haben das
erkannt. Nun müssen sie zeitnah zu konkreten Verbesserungen kommen. Der Auf-
takt der politisch Verantwortlichen auf der Bund-Länder-Konferenz war jedoch
wenig zufriedenstellend. Zwar wurde ein Arbeitsprozess initiiert, bei dem in 2016
erste Vorschläge für Qualitätsmaßnahmen vorgelegt werden sollen. Dies dauert
erstens zu lange und ist zweitens was die Zielformulierungen angeht, viel zu un-
bestimmt.
Eine, wenn nicht die Hauptschwierigkeit dieses Prozesses besteht darin, dass die
Bundesregierung bislang nicht willens ist, sich an den angestrebten Qualitätsver-
besserungen finanziell angemessen zu beteiligen. Länder und Kommunen werden
die Qualitätsverbesserungen nicht alleine schultern können. Um das politische
Gemeinschaftsprojekt erfolgreich zu bewerkstelligen, braucht es neben der finan-
ziellen Beteiligung des Bundes bundesgesetzlich geregelte qualitative Standards.
Die Bundesregierung stellt zwar ab 2016 zusätzliche 550 Mio. Euro bis 2018 in
das Sondervermögen Kindertagesbetreuung ein. Diese Mittel sind allerdings in-
vestiv zu verwenden und tangieren damit die Angebotsqualität kaum. Auch hat
die Bundesregierung den Kommunen für die Jahre 2017 und 2018 noch je 100
Mio. Euro für den Kitabereich zugesagt. Diese Mittel sind zu gering bemessen
und kommen zu spät. Für 2015 ist überhaupt kein zusätzliches Geld vorgesehen.
Der Bund unterstützt mit weiteren Investitionsmitteln Länder und Kommunen
beim Platzausbau. Dieser ist auch weiterhin notwendig, denn die Nachfrage nach
Kitaplätzen steigt. Das Deutsche Jugendinstitut hat Medienberichten zufolge für
das Bundesfamilienministerium in einer Studie ermittelt, dass statt 39,4 Prozent
bundesweit 43,5 Prozent der Eltern von Kleinkindern ihren Rechtsanspruch auf
einen Kitaplatz nutzen wollen. Die Anzahl der zur Verfügung stehenden Kinder-
betreuungsplätze für Unterdreijährige entspricht insbesondere in Großstädten und
Ballungsgebieten nicht der Nachfrage.
Vor allem fehlt es aber noch an Ganztagsplätzen. Hier sind also weitere Investi-
tionshilfen sinnvoll. Die zusätzlichen Betriebskosten haben jedoch Länder und
Kommunen zu tragen.
Um flächendeckende Niveausteigerungen bei der pädagogischen Arbeit mit Kin-
dern zu realisieren, ist bei der Strukturqualität anzusetzen. Es mangelt nicht an
Erkenntnissen; die erforderlichen Schritte sind fachlich klar identifiziert. Zentra-
les Strukturmerkmal für die pädagogische Arbeit mit Kindern ist die Fachkraft-
Kind-Relation, die Frage, wie viel Zeit mittelbar für Kinder zur Verfügung steht
sowie die Qualifizierung des Personals (vgl. auch BT-Drs. 18/1459). Dies war
auch der Tenor einer Bundestagsanhörung des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend am 10.11.2014.
Aber auch beim Bund sind die Finanzmittel begrenzt und Prioritäten bei den Aus-
gaben nötig. Trotz knapper Finanzmittel und trotz seiner hoch problematischen
Anreizwirkungen hält die Bundesregierung am Betreuungsgeld fest. Im nächsten
Jahr sind für die Leistung 900 Mio. Euro vorgesehen. Das Besondere am Betreu-
ungsgeld ist, dass es Kinder von frühkindlichen Bildungseinrichtungen und Eltern
– besonders Mütter – vom Arbeitsmarkt fernhält. Die Mittel für das Betreuungs-
geld wären wesentlich sinnvoller im Bereich der Kindertagesbetreuung aufgeho-
ben und sind daher umzuwidmen.
Die Bundesregierung ist angehalten, sich mit jährlich 1 Milliarde Euro am Platz-
ausbau, besonders aber an einer strukturellen Qualitätsoffensive in der Kinderta-
gesbetreuung zu beteiligen. Sie muss zusammen mit einer solchen Verantwor-
tungsübernahme mit Ländern und Kommunen sehr zeitnah einen Fahrplan zur
bundesgesetzlichen Verankerung qualitativer Mindeststandards im Achten Buch
Sozialgesetzbuch vereinbaren. Die dabei anzustrebenden Fachkraft-Kind-Relati-

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onen sollen dabei den Empfehlungen der Fachverbände und Expertinnen und Ex-
perten folgen. Anzugehen ist außerdem die Qualifizierung von Tagespflegeperso-
nen. Hier muss zunächst eine angemessene pädagogische Grundqualifizierung zur
Voraussetzung werden. Für den vorliegenden Haushaltsentwurf sind zwei Son-
derprogramme zu beschließen, gemäß derer im kommenden Haushaltsjahr 800
Mio. Euro für Qualitätsverbesserungen und 200 Mio. Euro in den weiteren Platz-
ausbau fließen sollen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

das Betreuungsgeld abzuschaffen und die hierfür vorgesehenen Mittel in den
Kita-Ausbau zu investieren;

ein Sonderprogramm für den weiteren Ausbau der Kindertagesbetreuung in
Höhe von 200 Millionen Euro für das Haushaltsjahr 2015 aufzulegen und da-
für Sorge zu tragen, dass Mittel in dieser Höhe auch in den kommenden Jahren
zum genannten Zweck eingesetzt werden;

ein Sonderprogramm zum Anstoß von Qualitätsverbesserungen in der Kinder-
tagesbetreuung in Höhe von 800 Millionen Euro für das Haushaltsjahr 2015
aufzulegen und dafür Sorge zu tragen, dass Mittel in dieser Höhe auch in den
kommenden Jahren zum genannten Zweck eingesetzt werden;

einen Gesetzentwurf in den Bundestag einzubringen, der erstens im gesamten
Elementarbereich den Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz festschreibt
und zweitens die Standards für die Fachkraft-Kind-Relation definiert.

Berlin, den 24. November 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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