BT-Drucksache 18/3036

Statistische Erfassungen und geplante Verschärfungen zur strafbefreienden Selbstanzeige

Vom 3. November 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3036
18. Wahlperiode 03.11.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Richard Pitterle, Klaus Ernst, Susanna Karawanskij,
Jutta Krellmann, Thomas Nord, Michael Schlecht, Dr. Axel Troost,
Dr. Sahra Wagenknecht und der Fraktion DIE LINKE.

Statistische Erfassungen und geplante Verschärfungen zur strafbefreienden
Selbstanzeige

Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des
Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (Bundesratsdrucksache 431/14) ver-
folgt die Bundesregierung das Ziel, die Regelungen der strafbefreienden Selbst-
anzeige und zum Absehen von Verfolgung in besonderen Fällen zu verschärfen.
Zukünftig soll bereits ab einem Hinterziehungsbetrag von 25 000 Euro eine
wirksame Selbstanzeige nicht mehr das Absehen von der Strafverfolgung nach
§ 398a der Abgabenordnung (AO) gleichwohl weiterhin möglich sein. Die An-
zahl der eingegangenen Selbstanzeigen liegt derzeit auf Rekordniveau (vgl.
z. B. dpa-Meldung vom 15. August 2014 „Deutlicher Anstieg bei Selbstanzei-
gen von Steuerbetrügern“). Nicht zuletzt durch die beabsichtigte Verschärfung
der Selbstanzeige zum 1. Januar 2015 ist zu erwarten, dass bis zum Ende des
Jahres deren zahlenmäßiger Anstieg weiter andauert.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Stimmt die Bundesregierung vor dem Hintergrund, dass der Gesetzentwurf

die strafrechtliche Verjährungsfrist nicht verändert, der Aussage des Normen-
kontrollrates in seiner Stellungnahme auf Bundesratsdrucksache 431/14 zu,
dass im Steuerstrafverfahren der Finanzverwaltung ein höherer Ermittlungs-
aufwand entsteht, da in „Fällen ohne Selbstanzeige […] zukünftig für die
zurückliegenden zehn Jahre statt bisher fünf Jahre zu ermitteln [ist], ob die
Tatbestandsvoraussetzungen einer Steuerhinterziehung vorliegen“ (bitte mit
Begründung)?

2. Welche Angaben bzw. Merkmale hinsichtlich von wirksamen und unwirksa-
men strafbefreienden Selbstanzeigen werden bei den Finanzbehörden der
Bundesländer nach Kenntnis der Bundesregierung statistisch erfasst (bitte
nach Bundesländern differenzieren)?

3. Welche Angaben bzw. Merkmale hinsichtlich strafrechtlicher Steuerdelikte
werden bei den Finanzbehörden der Bundesländer nach Kenntnis der Bun-
desregierung statistisch erfasst (bitte nach Bundesländern differenzieren)?

4. Welche Angaben bzw. Merkmale hinsichtlich der Fälle des § 398a AO wer-
den bei den Finanzbehörden der Bundesländer nach Kenntnis der Bundesre-
gierung statistisch erfasst (bitte nach Bundesländern differenzieren)?

Drucksache 18/3036 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. Inwieweit werden zu den in den Fragen 2 bis 4 genannten Fällen steuerliche
Mehrergebnisse, die Höhe der hinterzogenen Steuern und soziodemografi-
sche Merkmale des Steuerpflichtigen separat statistisch erfasst (bitte mit
Darstellung und Begründung)?

6. Welche der in den Fragen 2 bis 5 genannten Angaben bzw. Merkmale wer-
den an die Bundesregierung in welcher Form übermittelt (bitte mit Darstel-
lung des Übermittlungsverfahrens)?

7. Inwieweit existiert zu den in den Fragen 2 bis 5 genannten Angaben bzw.
Merkmalen ein einheitliches Berichtswesen, und inwieweit existiert dies-
bezüglich eine bundesweite Datenbank (bitte mit Darstellung und Begrün-
dung, wenn kein einheitliches Berichtswesen oder keine bundesweite Daten-
bank vorliegt)?

8. Inwieweit ist zu den in den Fragen 2 bis 5 genannten Angaben bzw. Merk-
malen bei der statistischen Erfassung das Bundeszentralamt für Steuern
und/oder der Zoll involviert (bitte mit Darstellung und Begründung)?

9. Inwieweit erfassen die Bundesregierung und/oder obersten Bundesbehör-
den die in den Fragen 2 bis 5 genannten Angaben bzw. Merkmalen eigen-
ständig (bitte mit Darstellung und Begründung)?

10. Wie viele Steuerstrafverfahren wurden infolge der Abgabe einer unwirksa-
men strafbefreienden Selbstanzeige nach § 371 AO in den Jahren 2010 bis
2013 nicht eingestellt (bitte nach Jahren unter Angabe der nachentrichteten
Steuern differenzieren)?

11. Wie viele Steuerstrafverfahren wurden infolge der Abgabe einer wirksamen
strafbefreienden Selbstanzeige nach § 371 AO in den Jahren 2010 bis 2013
eingestellt (bitte nach Jahren unter Angabe der nachentrichteten Steuern
differenzieren)?

12. Inwieweit entfallen die in den Fragen 10 und 11 genannten Fälle auf solche,
in denen ausländische Kapitaleinkünfte hinterzogen wurden (bitte nach Jah-
ren unter Angabe der nachentrichteten Steuern sowie nach Wirksamkeit
oder Unwirksamkeit der strafbefreienden Selbstanzeige differenzieren)?

13. In wie vielen Steuerstrafverfahren wurde in den Jahren 2011 bis 2013 nach
§ 398a AO von der Verfolgung abgesehen (bitte nach Jahren unter Angabe
der nachentrichteten Steuern sowie der Zahlung des Zuschlags differenzie-
ren)?

14. In welcher Höhe sind zu den in den Fragen 10 bis13 genannten Fällen Zin-
sen nach der AO vereinnahmt worden (bitte nach Jahren differenzieren)?

15. Wie begründet die Bundesregierung verfassungsrechtlich, dass sie zu den in
den Fragen 10 bis 14 genannten Sachverhalten keine differenzierte Angabe
nach Bundesländern gegenüber dem Deutschen Bundestag darlegt (vgl.
z. B. Ausschussdrucksache 18(7)101 vom 8. Oktober 2014), obwohl derar-
tige Daten der Bundesregierung vorliegen, die betroffenen Steuern vielfach
auch anteilig dem Bund zustehen und der Bund für einen gleichmäßigen
Vollzug der Steuergesetze zu sorgen hat?

16. Wie viele Personen wurden wegen Steuerdelikten zu Freiheitsstrafen nach
dem allgemeinen Strafrecht basierend auf der Steuerstrafsachenstatistik in
den Jahren 2010 bis 2013 verurteilt (bitte nach Bundesländern und Jahren
unter Angabe des Strafmaßes differenzieren)?

17. Wie viele Personen wurden wegen Steuerdelikten zu Geldstrafen nach dem
allgemeinen Strafrecht basierend auf der Steuerstrafsachenstatistik in den
Jahren 2010 bis 2013 verurteilt (bitte nach Straf- und Bußgeldfestsetzung
unter Angabe des Strafmaßes sowie nach Bundesländern und Jahren diffe-
renzieren)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3036
18. In wie vielen Fällen wurden Verfahren, die Steuerdelikte betrafen, sank-
tionslos, gegen Geldauflage oder gegen sonstige Auflagen basierend auf der
Steuerstrafsachenstatistik in den Jahren 2010 bis 2013 eingestellt (bitte
nach Einstellungen ohne Auflagen, Einstellungen mit Auflagen und Straf-
befehle ohne Freiheitstrafen unter Angabe der Geldauflagen sowie nach
Bundesländern und Jahren differenzieren)?

19. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit zur Evaluierung der Wirkung
der strafbefreienden Selbstanzeige (bitte mit Begründung)?

20. Welche Maßnahmen strebt die Bundesregierung an, um das Berichtswesen
im Bereich der Selbstanzeige und der Steuerdelikte zu vereinheitlichen und
qualitativ zu verbessern (bitte mit Begründung)?

21. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass, bis auf die Fälle der echten
Rückwirkung, eine Angleichung der strafrechtlichen Verjährungsfrist bei
allen Fällen der Steuerhinterziehung nach § 370 AO auf zehn Jahre verfas-
sungsrechtlich zulässig wäre (bitte mit Begründung)?

Berlin, den 3. November 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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