BT-Drucksache 18/2872

Für eine transparente Haushaltskontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeiten

Vom 14. Oktober 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2872
18. Wahlperiode 14.10.2014
Antrag
der Abgeordneten Caren Lay, Dr. Dietmar Bartsch, Jan Korte, Herbert Behrens,
Karin Binder, Heidrun Bluhm, Eva Bulling-Schröter, Roland Claus, Annette Groth,
Dr. André Hahn, Ulla Jelpke, Kerstin Kassner, Sabine Leidig, Ralph Lenkert,
Michael Leutert, Dr. Gesine Lötzsch, Thomas Lutze, Petra Pau, Martina Renner,
Dr. Kirsten Tackmann, Frank Tempel, Halina Wawzyniak, Hubertus Zdebel und
der Fraktion DIE LINKE.

Für eine transparente Haushaltskontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeiten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Im Haushaltsgesetz 2014 sind im Zuge des Projekts „Modernisierung des Haus-
haltswesens“ entscheidende Kapitel und Titel der Haushalte der Nachrichten-
dienste flexibilisiert worden. Das von der Bundesregierung beabsichtigte be-
darfsangepasste Ausgabeverhalten zum Zwecke einer vermeintlich wirtschaftli-
cheren Verwendung von Haushaltsmitteln ist unter Transparenzgesichtspunkten
und mit Blick auf die Kontroll- und Steuerungsfunktion des Parlaments inner-
halb des Budgetrechts kritisch zu beurteilen.

2. Mit der Einführung der Haushaltsflexibilisierung werden für die flexibilisierten
Haushaltstitel weitestgehende gegenseitige Deckungsfähigkeiten innerhalb der
Ausgabenbereiche (in dem vom Haushaltsgesetzgeber vorgegebenen Rahmen)
eingeräumt. Damit wird der Grundsatz der sachlichen Bindung von Haushalts-
mitteln deutlich gelockert und die Voraussetzungen dafür geschaffen, im Haus-
haltsvollzug eigene Schwerpunkte zu setzen und unvorhergesehene Mehrausga-
ben zu finanzieren. Eigenmächtiges Ressourcenverlagern und das Verstärken
von Ausgaben in priorisierten Bereichen auf Grund veränderter Anforderungen,
z. B. bei sich entwickelnden Krisen oder Bedrohungslagen können so unmittel-
bar und ohne vorheriges Einbeziehen des Parlaments erfolgen.

3. Neben den haushaltsgesetzlich eingeräumten Deckungsfähigkeiten eröffnet eine
überjährige Verfügbarkeit die Verstärkung von Ansätzen einzelner Titel, indem
nicht verausgabte Haushaltsmittel – bei Einsparungen in gleicher Höhe an an-
derer Stelle im Haushalt – überjährig verfügbar bleiben. Hierbei besteht die Ge-
fahr, Anreize zur Erzielung von Ausgaberesten in flexibilisierten Titeln zu
schaffen, um andere Ausgabenbereiche finanziell zu stärken.

4. Die Anwendung dieses Instruments auf die Haushalte der Nachrichtendienste
erhöht die Gefahr des unkontrollierten und immer unübersichtlicheren Mitte-
leinsatzes durch diese. Bis heute werden die Haushalte der Nachrichtendienste
geheim gehalten und nur in dem geheim tagenden Vertrauensgremium des
Drucksache 18/2872 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Haushaltausschusses einer kleinen Zahl von Abgeordneten zur Kenntnis ge-
bracht. Sie können die darin vorgestellten und mit Mitteln in mehrstelliger Euro-
Millionenhöhe ausgestatteten Projekte im Bereich der Überwachungs-, Kon-
troll- und Analysemöglichkeiten und deren Notwendigkeit lediglich haushalte-
risch auf ihre Plausibilität prüfen.

5. Die spätestens mit den beiden Parlamentarischen Untersuchungsausschüssen
(„NSU-Ausschuss“ und „NSA-Ausschuss“) zutage getretenen Probleme einer
effektiven Kontrolle der Nachrichtendienste und die lauter werdenden Fragen
nach ihrer verfassungskonformen Arbeitsweise werden so um ein Vielfaches
wichtiger. Vor allem die im Zusammenhang der Snowden-Enthüllungen be-
kannt gewordenen technischen Fähigkeiten der internationalen und deutschen
Nachrichtendienste und ihre grenzenlosen Entwicklungsmöglichkeiten der
grundrechtswidrigen Überwachung und Kontrolle lassen eine Fortsetzung dieser
Praxis nicht zu.

6. Die geplanten Flexibilisierungsregeln, die in anderen Bereichen des Haushalts
durchaus sinnvoll und angemessen sein können, verbieten sich für die heute
schon den kritischen Blicken der Öffentlichkeit entzogenen Haushalte der Nach-
richtendienste. Verstärkt werden dagegen die dem zeitgemäßen Bedürfnis nach
mehr Transparenz staatlicher Haushaltspolitik zuwiderlaufenden Tendenzen zu
Schattenhaushalten und Geheimprojekten.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. für die Haushalte der Nachrichtendienste die pauschale Möglichkeit der Flexi-
bilisierung nicht zu nutzen;

2. die Haushalte der Nachrichtendienste ab dem Haushalt 2015 entsprechend den
Haushalten der anderen Sicherheitsbehörden öffentlich darzustellen.

Berlin, den 14. Oktober 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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