BT-Drucksache 18/287

Atomwaffen ächten

Vom 14. Januar 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/287
18. Wahlperiode 15.01.2014

Antrag
der Abgeordneten Inge Höger, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, Christine
Buchhol , evi Da delen, Dr. Diether Deh , Annette Groth, Heike H nsel,
Andrej Hunko, Katrin Kunert, Stefan Liebich, Niema Movassat,
Dr. Alexander S. Neu, Thomas Nord, Kathrin Vogler, Katrin Werner und
der Fraktion DIE LINKE.

Atomwaffen ächten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Bundesregierung hat sich am 21. Oktober 2013 auf der Sitzung des Ersten
Komitees der UN-Vollversammlung geweigert, den Einsatz von Atomwaffen
unter allen Umständen zu verurteilen. Ein entsprechender Antrag wurde von
Neuseeland im Namen von 124 Staaten und dem Vatikan eingebracht, unter
Nichtbeteiligung der Bundesrepublik Deutschland. Dass eine NATO-
Mitgliedschaft der Unterstützung eines solchen Antrages nicht im Wege stehen
muss, zeigt die Zustimmung der drei NATO-Mitgliedstaaten Norwegen, Däne-
mark und Island.
Im Beschluss des Deutschen Bundestages vom 26. März 2010, der auf den ge-
meinsamen Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN (Bundestagsdrucksache 17/1159) zurückgeht, heißt es: „Eine
Welt frei von Atomwaffen ist keine Utopie, sondern eine konkrete Verpflichtung
der Unterzeichner des Nichtverbreitungsvertrages. Die Abrüstungserwartungen
dürfen nicht erneut enttäuscht werden. Deutschland kann national und internatio-
nal auf vielfältige Weise einen wirksamen Beitrag zu einer Welt ohne Atomwaf-
fen leisten.“
Die „Internationale Kampagne für die Abschaffung von Atomwaffen“ (ican), die
„Mayors for Peace“ und die „Parliamentarians for Nuclear Non-proliferation and
Disarmament – PNND“ unterstützen diese Bemühungen. Denn ein Atomwaffen-
einsatz hätte katastrophale Folgen für die Zivilbevölkerung und die Umwelt. Wie
Chemie- und Biowaffen müssen Atomwaffen endlich völkerrechtlich geächtet
werden. Die Lagerung von Atomwaffen der NATO auf deutschem Boden ist laut
einem Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH) vom 08. Juli 1996
nicht zu rechtfertigen, da allein ihre Präsenz den Charakter einer Androhung von
nuklearer Gewalt trägt.
Als Unterzeichnerstaat des Nuklearen Nichtverbreitungsvertrages (NVV) ist
Deutschland verpflichtet, seinen Beitrag zur allgemeinen und vollständigen Ab-
rüstung aller Atomwaffen zu leisten (Artikel VI NVV). Der IGH stellte in einem
Gutachten 1996 fest, dass die Androhung und der Einsatz von Atomwaffen gene-
rell mit den Regeln des humanitären Kriegsvölkerrechts unvereinbar sind. Das
Drucksache 18/287 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Gutachten ist zwar nicht bindend, aber dennoch von großer Bedeutung, weil die
Staaten der Welt an ihre „völkerrechtliche Verpflichtung“ gemahnt werden, in
ernsthafte Verhandlungen zur Beseitigung von Kernwaffen einzutreten.
Acht deutsche Finanzinstitute haben von 2010 bis 2012 Investitionen in Höhe
von 7,6 Mrd. Euro in Atomwaffenhersteller getätigt. Nach der Deutschen Bank
(3,6 Mrd. Euro) belegt die über den Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung
(SoFFin) seit 2008 teilverstaatlichte Commerzbank den zweiten Platz in der
Geldgeberliste. Das geht aus der am 10. Oktober 2013 veröffentlichten Studie
„Don´t Bank On The Bomb“ der Anti-Atomwaffenkampagne ICAN und Pax
Christi hervor. Es widerspricht den Verpflichtungen, die Deutschland im Rahmen
des Nuklearen Nichtverbreitungsvertrages (NVV) eingegangen ist, alle Anstren-
gungen zur Abwendung eines Atomkrieges zu unternehmen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die Androhung und den Einsatz von Atomwaffen unter allen Umständen zu
verurteilen,

2. die Agenda nuklearer Abrüstung konsequent zu verfolgen und sich ent-
schlossen dafür einzusetzen, dass die nukleare Abschreckung aus der
NATO-Doktrin gestrichen wird,

3. sich im Rahmen der UNO für eine umfassende völkerrechtlich verbindliche
Ächtung von Produktion, Verkauf, Erwerb, Proliferation und Einsatz von
Atomwaffen einzusetzen,

4. sich im Rahmen der NATO für nukleare Abrüstung und gegen die Möglich-
keit eines Atomwaffeneinsatzes auszusprechen,

5. die nukleare Teilhabe zu beenden, den ihr zugrunde liegenden Vertrag über
den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutsch-
land vom 23. Oktober 1954 zu kündigen und die Tornado-Jagdflugzeuge der
Luftwaffe, die als Trägersysteme für Atomwaffen dienen, nicht zu moderni-
sieren, sondern außer Dienst zu stellen,

6. sich das in der UN-Resolution 687 formulierte Ziel einer atomwaffenfreien
Zone im gesamten Raum des Nahen und Mittleren Ostens zu eigen zu ma-
chen und entsprechende Initiativen zu ergreifen,

7. einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den direkte wie indirekte Investitio-
nen und Finanzierung der Herstellung von Atomwaffen, beispielsweise
durch deutsche Banken oder Investitionsfonds, verboten wird,

8. die weitere Vergabe von Mitteln im Rahmen des Finanzmarktstabilisie-
rungsfonds (SoFFin) für die Commerzbank und andere Finanzinstitute so zu
konditionieren, dass sämtliche Investitionen in Atomwaffenhersteller ge-
stoppt werden und

9. an der Konferenz zu den humanitären Auswirkungen von Atomwaffen An-
fang 2014 in Mexiko teilzunehmen.

Berlin, den 14. Januar 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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