BT-Drucksache 18/2039

Aktivitäten der Bundeswehr im Bereich der frühkindlichen Förderung und Bildung in Kindertageseinrichtungen

Vom 3. Juli 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2039
18. Wahlperiode 03.07.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Diana Golze, Christine Buchholz, Wolfgang Gehrcke,
Nicole Gohlke, Annette Groth, Dr. Rosemarie Hein, Inge Höger, Andrej Hunko,
Sigrid Hupach, Katrin Kunert, Ralph Lenkert, Cornelia Möhring, Dr. Alexander S. Neu,
Harald Petzold (Havelland), Kathrin Vogler, Katrin Werner, Jörn Wunderlich und
der Fraktion DIE LINKE.

Aktivitäten der Bundeswehr im Bereich der frühkindlichen Förderung und
Bildung in Kindertageseinrichtungen

Die Bundeswehr versucht nicht nur, sich durch eine verbesserte Vereinbarkeit
von Familie und Dienst als attraktive Arbeitgeberin darzustellen. Sie hat in den
letzten Jahren ihre Reklametätigkeiten sowohl im personalwerblichen als auch
im Öffentlichkeitsbereich massiv verstärkt. Das Budget der Bundeswehr für die
Öffentlichkeitsarbeit ist massiv gestiegen. Mit Veranstaltungen an der Schule,
Werbeanzeigen in Jugendmagazinen und Teilnahme an zahlreichen Berufs- und
Jugendmessen wurde eine spezielle Form der jugendgerechten Ansprache ent-
wickelt, um Nachwuchs zu generieren und zu gewinnen. Die Bundeswehr unter-
nimmt aber auch zahlreiche Aktivitäten, um bereits mit Kindern im Kita-Alter
in Erstkontakt treten zu können.
Zu den Aktivitäten der Bundeswehr gehören dabei unter anderem Spenden an
Kindertageseinrichtungen. So spendete beispielsweise die Bundeswehr einer
Kita in Dubro 250 Euro (www.lr-online.de/regionen/herzberg/Spende-von-
Bundeswehr-fuer-Kita-Dubro;art1056,4638901). Darüber hinaus hält die Bun-
deswehr enge Beziehungen zu einzelnen Kinderbetreuungseinrichtungen und
bezeichnet sie als Partnerkitas. Hinzu kommen spezielle Programmangebote,
die sich an Kinder im Kita-Alter richten. So bietet beispielsweise der Sanitäts-
dienst der Bundeswehr einer Partnerkita eine jährliche Schatzsuche in der Un-
tertageanlage der Harz-Kaserne Blankenburg an (www.sanitaetsdienst-bundes-
wehr.de/portal/a/sanitaetsdienst/!ut/p/c4/NY2xDsIwDES_pR-AnUoMERulC0
MXFiibSaPWUutEbmglxMeTDNxJtzzdHT4xW2jjkRIHoRkf2Ds-vXb4rCS
wet3YeRByk7KbEpC6iTe8l-LgwQXxqWTykjjnqJSCQgya5kLqpkAD9ibum2
MNX_VX9tduu5ojW2vza0MRqVxIewlHFx-9BiXxe7nqvo9pJkqA!!/). Aber
auch Truppenbesuche gehören zur Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr für
Kindergartenkinder. Hierzu kann ein Beispiel aus Augustdorf aufgeführt wer-
den. Auf der Homepage der Kita Stachel-Bär der Evangelischen Militärkirchen-
gemeinde wird von einem Truppenbesuch bei der Bundeswehrkaserne vor Ort
unter anderem Folgendes berichtet: „Zuerst gingen wir in eine Unterkunft, in der
wir einen nicht aufgeräumten und einen aufgeräumten ,Soldatenschrank‘ ge-
sehen haben. Anschließend hatten wir einen Fototermin mit Oberst Volker
Rönicke, bei dem wir auch unser selbst gestaltetes Bild überreicht haben. Ob es
schon in seinem Büro hängt? Sehr beeindruckend waren die Panzer auf und in
denen die Kinder klettern durften. Immer war einer der Soldaten zur Stelle und

Drucksache 18/2039 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
hat geholfen“ (www.militaerkirche.lippische-landeskirche.de/kindertagesstaette/
kindertagesstaette.html).
Die aufgeführten Beispiele belegen, dass seitens der Bundeswehr umfangreiche
Aktivitäten unternommen werden, um bereits Kinder in jüngsten Jahren mit der
Arbeit der Bundeswehr sowie militärischem Gerät vertraut zu machen.
Für die Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr hat das Bundesministerium der
Verteidigung (BMVg) am 16. Februar 2011 eine eigene Richtlinie erlassen.
Diese „Richtlinie für die Durchführung der Informationsarbeit der Bundeswehr“
regelt den Umgang mit Waffensystemen im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit
der Bundeswehr. Dort wird Minderjährigen der Umgang mit den meisten Hand-
feuerwaffen untersagt, der Umgang mit anderen Kriegswaffen und Waffensys-
temen wird dagegen ausdrücklich erlaubt. Aufgrund der Richtlinie ist es Jugend-
lichen ab dem 14. Lebensjahr erlaubt, die Innenräume von Panzern, Kampfhub-
schraubern und weiterem fahrbaren Kriegsgerät zu besichtigen, inklusive der
darin vorhandenen Waffensysteme, und auch mit diesen Fahrzeugen zu fahren.
Diese Mindestaltersgrenze von 14 Jahren wird von Kindern in Kindertages-
einrichtungen der frühkindlichen Bildung und Förderung nicht erreicht. Ebenso
stellt sich die Frage, inwieweit die Vorgaben des Beutelsbacher Konsenses und
die Beschlusslage der Jugendministerkonferenz vom 13./14. Mai 2004 bzw.
der Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 3./4. Juni 2004 „Gemeinsamer
Rahmen der Länder für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen“ Berück-
sichtigung finden müssen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie, seit wann, und mit welchen personellen, sächlichen und Haushaltsmit-

teln fördert das BMVg Aktivitäten der Bundeswehr in Kindertagesstätten?
2. Wie genau, auf wessen Entscheidung, seit wann, und ggf. mit welchen Haus-

haltsmitteln erfolgt eine Empfehlung oder Förderung der Aktivitäten der
Bundeswehr an Kindertageseinrichtungen?

3. Auf welcher Rechtsgrundlage ist es der Bundeswehr gestattet, Kinder im
Kindergartenalter militärisches Gerät, wie Panzer, besteigen und von innen
besichtigen zu lassen?
Ist diese Vorgehensweise nach Ansicht der Bundesregierung mit der UN-Kin-
derrechtskonvention (UN = Vereinte Nationen) vereinbar?

4. Auf welcher Rechtsgrundlage ist es der Bundeswehr gestattet, für Kinder im
Kindergartenalter Veranstaltungen auf militärischem Gelände der Bundes-
wehr durchzuführen, wie beispielsweise eine Schatzsuche in unterirdischen
Anlagensystemen?
Ist diese Vorgehensweise nach Ansicht der Bundesregierung mit der UN-Kin-
derrechtskonvention vereinbar?

5. Welche Ziele verfolgt die Bundeswehr in der Zusammenarbeit mit Kinder-
tageseinrichtungen?

6. Wie bewertet die Bundesregierung die oben genannten Aktivitäten der Bun-
deswehr in Kindertageseinrichtungen vor dem Hintergrund des Beschlusses
der Jugend- und Kultusministerkonferenzen „Gemeinsamer Rahmen der
Länder für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen“ aus dem Jahr
2004, in dem es unter anderem heißt: „Besonders geeignet für das ganzheit-
liche Lernen ist die Projektarbeit. Es empfehlen sich Lerninhalte, die die
Lebenswelt der Kinder betreffen und an ihren Interessen anknüpfen […]“
(S. 3)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2039
Inwieweit ist die Bundesregierung der Auffassung, dass Aktivitäten der
Bundeswehr die Lebenswelt von Kindern betreffen bzw. ihren Interessen
entsprechen?

7. Welche Rolle kommt nach Auffassung der Bundesregierung dem Beutels-
bacher Konsens in diesem Kontext zu?
Inwieweit ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die durch die Bun-
deswehr durchgeführten Aktivitäten in Kindertageseinrichtungen den Vor-
gaben des Beutelsbacher Konsenses entsprechen, insbesondere dem Über-
wältigungsverbot und dem Kontroversitätsgebot?

8. Seit wann, und auf wessen Initiative, wurden an welchen Standorten seitens
des BMVg bzw. Einrichtungen der Bundeswehr Truppenbesuche von Kita-
Gruppen durchgeführt (bitte detailliert aufführen und nach Art der Veran-
staltung, Anzahl der Besuche und jeweils teilnehmender Kinder, Alter der
Kinder, Anzahl der dafür eingesetzten Soldatinnen und Soldaten, Pro-
gramm, Kontakt mit Waffensystemen bzw. militärischem Gerät seit dem
Jahr 2010 aufschlüsseln)?
Wie wurde dabei jeweils den Vorgaben des Beutelsbacher Konsenses sowie
dem Beschluss der Jugend- und Kultusministerkonferenzen „Gemeinsamer
Rahmen der Länder für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen“ aus
dem Jahr 2004 Rechnung getragen?

9. Seit wann, und auf wessen Initiative, wurden an welchen Standorten seitens
des BMVg bzw. Einrichtungen der Bundeswehr Kindertageseinrichtungen
aufgesucht (bitte detailliert aufführen und nach Art der Veranstaltung, An-
zahl der Besuche und jeweils teilnehmender Kinder, Alter der Kinder, An-
zahl der dafür eingesetzten Soldatinnen und Soldaten, Programm, Kontakt
mit Waffensystemen sowie nach Jahren seit dem Jahr 2010 aufschlüsseln)?
Wie wurden dabei jeweils den Vorgaben des Beutelsbacher Konsenses so-
wie dem Beschluss der Jugend- und Kultusministerkonferenzen „Gemein-
samer Rahmen der Länder für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtun-
gen“ aus dem Jahr 2004 Rechnung getragen?

10. Wer zeichnet verantwortlich für die pädagogischen Inhalte der Aktivitäten/
Veranstaltungen etc. der Bundeswehr an Kindertageseinrichtungen?
Inwieweit erfolgte eine Abstimmung mit der jeweils kommunalen Fachauf-
sicht?
Erfolgte eine Einbeziehung bzw. Abstimmung der Bundesministerien (ins-
besondere BMVg, Bundesministerium für Bildung und Forschung, Bundes-
ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) und/oder der Bun-
deszentrale für politische Bildung?
Wenn ja, wann, in welcher Art und Weise, und mit welchem Ergebnis?
Wenn nein, warum nicht?

11. Welche weiteren Veranstaltungen dieser Art und nach jeweils welcher
pädagogischen Prüfung sind für das zweite Halbjahr 2014 geplant (bitte
detailliert nach Art der Veranstaltung, Anzahl der erwarteten Besuche und
jeweils teilnehmender Kinder, Alter der Kinder, Anzahl der dafür eingesetz-
ten Soldatinnen und Soldaten, Programm sowie voraussichtlichem Kontakt
mit Waffensystemen aufführen)?

12. Auf welcher Rechtsgrundlage ist es der Bundeswehr gestattet, Spenden in
monetärer Form an Kindertageseinrichtungen zu überreichen?

Drucksache 18/2039 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
13. An welchen Standorten wurden seitens von Einrichtungen der Bundeswehr
monetäre Spenden an Kindertageseinrichtungen übergeben (bitte detailliert
aufführen und nach Adressat der Spende, Höhe und Herkunft der Mittel,
Zweckbindung bzw. Einsatz der Mittel sowie Größe der Einrichtung sowie
nach Jahren seit dem Jahr 2010 aufschlüsseln)?

14. Auf welcher Rechtsgrundlage ist es der Bundeswehr gestattet, Spenden in
sächlicher Form an Kindertageseinrichtungen zu überreichen?

15. An welchen Standorten wurden seitens von Einrichtungen der Bundeswehr
Sachspenden an Kindertageseinrichtungen übergeben (bitte detailliert auf-
führen und nach Adressat der Spende, Art und Gegenwert der Spende sowie
Größe der Einrichtung sowie nach Jahren seit dem Jahr 2010 aufschlüs-
seln)?

16. Auf welcher Rechtsgrundlage ist es der Bundeswehr gestattet, Unterstüt-
zung in Form von Infrastruktur bzw. Dienstleistungen Kindertageseinrich-
tungen zukommen zu lassen?

17. An welchen Standorten wurden seitens von Einrichtungen der Bundeswehr
Kindertageseinrichtungen durch Infrastruktur bzw. Dienstleistungen der
Bundeswehr unterstützt (bitte detailliert aufführen und nach Adressat der
Unterstützung, Art und Gegenwert der Unterstützung sowie Größe der Ein-
richtung sowie nach Jahren seit dem Jahr 2010 aufschlüsseln)?

18. Mit wie vielen Kindertageseinrichtungen hält die Bundeswehr engere Be-
ziehungen in beispielsweise so genannten Partnerkitas, und wie werden
diese engeren Beziehungen im Alltag gestaltet (bitte detailliert aufführen
und nach Kindertageseinrichtungen, Bundeswehrstandorten, Standorten der
Kindertageseinrichtungen, Art der Zusammenarbeit und ggf. gestellter Un-
terstützung seitens der Bundeswehr, Anzahl und Alter der Kinder in den
Einrichtungen aufschlüsseln)?

Berlin, den 3. Juli 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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