BT-Drucksache 18/1604

Hintergrund für den möglichen Reformbedarf beim Prostitutionsgesetz

Vom 28. Mai 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1604
18. Wahlperiode 28.05.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Cornelia Möhring, Matthias W. Birkwald,
Christine Buchholz, Annette Groth, Inge Höger, Stefan Liebich, Harald Petzold
(Havelland), Frank Tempel, Harald Weinberg, Katrin Werner, Jörn Wunderlich,
Sabine Zimmermann (Zwickau) und der Fraktion DIE LINKE.

Hintergrund für den möglichen Reformbedarf beim Prostitutionsgesetz

Im Koalitionsvertrag haben sich CDU, CSU und SPD auf eine Reform des seit
dem Jahr 2002 geltenden Prostitutionsgesetzes (ProstG) geeinigt, um „Frauen
vor Menschenhandel und Zwangsprostitution besser [zu] schützen und die Täter
konsequenter [zu] bestrafen“. So sollten Verurteilungen nicht mehr an der man-
gelnden Aussagebereitschaft der Opfer von Menschenhandel scheitern. Gleich-
zeitig solle deren Aufenthaltsrecht unter Berücksichtigung ihres Beitrags zur
Aufklärung und ihrer Mitwirkung im Strafverfahren verbessert werden.
Mit dem Beschluss des Bundesrates vom 11. April 2014 wurde nochmals fest-
gehalten, dass sich „Der Bundesrat […] für eine sachliche Debatte und differen-
zierte Maßnahmen aus[spricht]. Die öffentliche und die mediale Debatte über
Prostitution ist zum Teil noch immer durch Vorurteile, fehlendes Wissen und
Skandalisierung geprägt. Insbesondere wendet sich der Bundesrat gegen die
pauschale Gleichsetzung von Prostitution mit Menschenhandel. Auch wenn
Prostitution kein ‚Beruf wie jeder andere‘ ist, unterliegt ihre Ausübung nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Berufsfreiheit nach Arti-
kel 12 des Grundgesetzes (vgl. BVerfG, 1BvR 224/07 vom 28. April 2009)“
(www.bundesrat.de).
Der Reformbedarf begründet sich, den am 11. April 2014 beschlossenen Emp-
fehlungen des Bundesrates folgend, offenbar nicht aus dem gleichfalls neu zu re-
gelnden Schutzbedarf vor Menschenhandel, sondern aus der veränderten Orga-
nisation des mit dem ProstG veränderten legalisierten Prostitutionsmarktes und
den damit verbundenen differenziert zu beurteilenden Folgen für die dort Be-
schäftigten (vgl. Nummer 2 desselben Beschlusses).
Mit dem Koalitionsvertrag waren daher gleichfalls im Hinblick auf die Regulie-
rung der Prostitution die umfassende Überarbeitung des ProstG und die gesetz-
liche Verbesserung der ordnungsbehördlichen Kontrollmöglichkeiten ange-
kündigt worden (www.bundesregierung.de).
In einem Eckpunktepapier vom April 2014 spricht sich die Fraktion der CDU/
CSU für die Anhebung der Mindestaltersgrenze von Prostituierten auf 21 Jah-
ren, eine Kondompflicht, eine behördliche Erlaubnispflicht für Prostitutions-
stätten und umfassende polizeiliche Kontrollrechte einschließlich des Rechts auf
verdachtsunabhängige Kontrollen sowie ein Verbot sogenannter Flatrate-Ange-
bote in Bordellen aus. Die Fraktion der SPD hat nach Presseberichten weit-
gehende Zustimmung signalisiert (www.welt.de).

Drucksache 18/1604 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Sexarbeiterinnen- und -arbeiterverbände wenden sich gegen stärkere Kontrollen
und Regulierungen im Bereich der Prostitution. Der Berufsverband erotische
und sexuelle Dienstleistungen e. V. (BesD) nennt das Eckpunktepapier der Frak-
tion der CDU/CSU „ein Sammelsurium von sinnloser Symbolpolitik, kontra-
produktiven Ungeheuerlichkeiten und halbherzigen Verbesserungen, das leider
von wenig Sachverstand zeugt“ (http://sexwork-deutschland.de).
Der Verein für soziale und politische Rechte von Prostituierten Doña Carmen e. V.
sieht als Ziel der gegenwärtigen Bundesregierung die „maximale Eindämmung
von Prostitution“ und beklagt: „Zu diesem Zweck soll die legale Prostitution in
ein Zwangskorsett repressiver Vorschriften und Vorgaben gepresst werden, sol-
len Frauen in der Prostitution entmündigt und das Prostitutionsgewerbe schritt-
weise kriminalisiert werden“ (www.donacarmen.de).
Tatsächlich erklärte die letzte Bundesregierung auf die Frage, ob seit Einführung
des ProstG eine Ausweitung des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen
Ausbeutung erkennbar sei, dies könne „nicht eindeutig beantwortet werden“.
Das jährlich erstellte Lagebild des Bundeskriminalamtes (BKA) weise „keinen
signifikanten Anstieg der Opferzahlen im Bereich des Menschenhandels zum
Zweck der sexuellen Ausbeutung aus, der auf eine mit dem Inkrafttreten des
Prostitutionsgesetzes kausal verknüpfte Ausweitung des Phänomens hinweisen
würde.“ So ist zumindest gemäß den offiziell vorliegenden Zahlen ein deutlicher
Rückgang im Bereich des Menschenhandels seit Einführung des ProstG zu er-
kennen. Im Vergleich von 1 235 registrierten Opfern von Menschenhandel im
Jahr 2003 mit 640 Opfern im Jahr 2011 stellt auch die Bundesregierung einen
Rückgang um gut 48 Prozent fest. Allerdings sei „von einer hohen Dunkelziffer
auszugehen“, so die Bundesregierung. Zudem betrachte die Bundesregierung
„mit Sorge Berichte aus der Praxis, die auf eine Ausweitung besonders proble-
matischer Erscheinungsformen von Prostitution und auf ein vermehrtes Auftre-
ten von Prostitution unter besonders ausbeuterischen Rahmenbedingungen hin-
weisen“ (Bundestagsdrucksache 17/12504).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welchen grundsätzlichen Reformbedarf beim ProstG erkennt die Bundes-

regierung, und worauf stützt sie diese Einschätzung?
2. Welche Evaluationen und wissenschaftlichen Untersuchungen einschließlich

kriminologischer Studien zu Wirksamkeit, Folgen und Mängeln des ProstG
sind der Bundesregierung bekannt (bitte angeben, wer die Evaluationen/Un-
tersuchungen wann, und mit welcher Fragestellung in Auftrag gab, wer sie
wann durchführte, und zu welchem grundsätzlichen Ergebnis diese For-
schungen kommen)?
a) Welche grundsätzlichen Schlussfolgerungen bezüglich einer Reform des

ProstG zieht die Bundesregierung aus diesen Untersuchungen?
b) Inwieweit gedenkt die Bundesregierung, eine neue Evaluation des ProstG

in Auftrag zu geben?
c) Inwieweit gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung seit Inkrafttreten

des ProstG einen Anstieg oder eine Abnahme einschlägiger Straftaten im
Zusammenhang mit der Prostitution, und in welchem Zusammenhang mit
dem ProstG steht diese Entwicklung nach Einschätzung der Bundesregie-
rung?

3. Wo sieht die Bundesregierung – auch unter Berücksichtigung der Erkennt-
nisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppen Menschenhandel und Frauenhandel –
Lücken bei den behördlichen und polizeilichen Kontrollmöglichkeiten von
Prostituierten und Prostitutionsorten?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1604
a) Worauf stützen sich diese Erkenntnisse über mögliche Kontrolllücken?
b) Inwieweit sind der Bundesregierung Klagen von Seiten der Behörden oder

der Polizei über fehlende Kontrollmöglichkeiten von Prostituierten oder
Prostitutionsorten bekannt?

c) Inwieweit und an welchen Stellen ergibt sich aus solchen Lücken bei den
Kontrollmöglichkeiten nach Auffassung der Bundesregierung die Not-
wendigkeit von Gesetzesänderungen zur Schaffung zusätzlicher Kontroll-
möglichkeiten?

d) Was genau erhofft sich die Bundesregierung durch bessere Kontrollmög-
lichkeiten von Prostituierten und Prostitutionsorten?

e) Inwieweit hat das in einigen Bundesländern bereits gegebene und prak-
tizierte Recht auf verdachtsunabhängige polizeiliche Kontrollen von Bor-
dellen nach Kenntnis der Bundesregierung zu einer signifikant erhöhten
Aufdeckungsrate an Menschenhandelsdelikten oder milieubedingter Kri-
minalität geführt?

4. Wie viele polizeiliche Durchsuchungen in wie vielen Bordellen und Prostitu-
tionsorten fanden nach Kenntnis der Bundesregierung seit Einführung des
ProstG statt (bitte nach Jahren, Orten und Grund der Maßnahme aufschlüs-
seln)?

5. Inwiefern hält die Bundesregierung an ihrer auf Bundestagsdrucksache
17/12504 getätigten Feststellung fest, „dass aufgrund der Fallzahlen und
statistischen Daten keine verbindlichen Rückschlüsse auf die Entwicklungen
im Phänomenbereich des Menschenhandels zum Zwecke sexueller Ausbeu-
tung möglich sind“, aber „von einem hohen Dunkelfeld ausgegangen werden“
müsse?
a) Woran macht die Bundesregierung ihre Annahme eines „hohen Dunkel-

feldes“ in diesem Bereich fest?
b) Welche Schritte hat die Bundesregierung bislang unternommen, um das

Dunkelfeld aufzuhellen und Erkenntnisse über das tatsächliche Ausmaß
von Menschenhandel zum Zwecke sexueller Ausbeutung zu erlangen?

c) Gedenkt die Bundesregierung, eine Studie zur Ermittlung des Ausmaßes
dieses Dunkelfeldes in Auftrag zu geben, und wenn ja, wann, und durch
welche Institution?

6. Vertritt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Liberalisierung der
Prostitution durch das ProstG zu einer Ausweitung des Menschenhandels
zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung geführt hat, und wenn ja, aufgrund
welcher Erkenntnisse, Untersuchungen oder begründeten Annahmen über
das „hohe Dunkelfeld“ kommt sie zu dieser Schlussfolgerung?

7. Wie viele Fälle von Menschenhandel zum Zwecke sexueller Ausbeutung
wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2012 und 2013
polizeilich registriert (bitte jeweils nach Jahren unterteilen)?
a) Gegen wie viele Tatverdächtige wurde nach Kenntnis der Bundesregie-

rung in den Jahren 2012 und 2013 wegen Menschenhandels zum Zweck
der sexuellen Ausbeutung ermittelt, und wie viele Verurteilungen gab es
in diesem Zeitraum?

b) Wie viele Opfer von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeu-
tung wurden in den Jahren 2012 und 2013 festgestellt?

c) Wie viele der festgestellten Opfer von Menschenhandel zum Zweck der
sexuellen Ausbeutung waren freizügigkeitsberechtigte EU-Bürgerinnen
und EU-Bürger oder freizügigkeitsberechtigte Drittstaatsangehörige?

Drucksache 18/1604 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
d) Wie viele dieser Opfer befanden sich in der aufenthaltsrechtlichen Illega-
lität in Deutschland?

e) Wie viele mutmaßliche Opfer ohne legalen Aufenthaltsstatus wurden in
den Jahren 2012 und 2013 ausgewiesen, und in wie vielen Fällen wurde
die Ausreisepflicht durch eine Abschiebung zwangsweise durchgesetzt?

8. Inwieweit sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, im Aufenthaltsrecht
Änderungen zum Schutz der Opfer von Menschenhandel zum Zwecke sexu-
eller Ausbeutung vorzunehmen?
a) Welche diesbezüglichen Maßnahmen plant die Bundesregierung?
b) Hält die Bundesregierung weiter daran fest, die Erteilung eines zeitlich be-

grenzten Aufenthaltstitels an Opfer von Menschenhandel an eine Aussa-
gebereitschaft in Strafprozessen zu knüpfen (Koalitionsvertrag zwischen
CDU, CSU und SPD), und wenn ja, wie begründet sie ihre Haltung?

c) Was ist der Bundesregierung zum Zusammenwirken von Staatsanwalt-
schaften und Ausländerbehörden auf Grundlage der geltenden Rechtslage
zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a des Aufent-
haltsgesetzes bekannt, hat sie insbesondere Kenntnis von Fällen, in denen
eine Aufenthaltserlaubnis trotz eines gegenteiligen Votums der Staatsan-
waltschaften nicht erteilt wurde, und welche Schlussfolgerungen und
Konsequenzen zieht sie daraus?

9. Hält die Bundesregierung an ihrer Aussage auf Bundestagsdrucksache
17/12504 fest, wonach sie „mit Sorge Berichte aus der Praxis, die auf eine
Ausweitung besonders problematischer Erscheinungsformen von Prostitu-
tion und auf ein vermehrtes Auftreten von Prostitution unter besonders aus-
beuterischen Rahmenbedingungen hinweisen“ beobachtet?
Wenn ja,
a) um was für Berichte von welchen Personen, Verbänden oder Institutionen

handelt es sich,
b) was versteht die Bundesregierung genau unter „besonders problemati-

schen Erscheinungsformen von Prostitution“, wie definiert sie diese, und
wie grenzt sie diese von anderen Formen von Prostitution ab,

c) was versteht die Bundesregierung unter „Prostitution unter besonders aus-
beuterischen Rahmenbedingungen“, wie definiert sie diese, und wie grenzt
sie diese von anderen Formen von Prostitution ab,

d) woran im Einzelnen macht die Bundesregierung die „Ausweitung“ beson-
ders problematischer Formen der Prostitution oder unter besonders aus-
beuterischen Rahmenbedingungen erfolgte Prostitution fest (bitte die
quantitative Verbreitung und einen möglichen quantitativen Anstieg die-
ser Formen der Prostitution benennen und angeben, worauf sich diese Sta-
tistik stützt),

e) steht diese mögliche Ausweitung besonders problematischer Formen der
Prostitution oder unter besonders ausbeuterischen Rahmenbedingungen
erfolgte Prostitution im Zusammenhang mit dem ProstG, und wenn ja, in
welchem, und woraus leitet die Bundesregierung diese Einschätzung ab,

f) welche sonstigen, nicht im direkten Zusammenhang mit der Einführung
des ProstG stehenden Ursachen für eine mögliche Ausweitung der als be-
sonders problematisch erachteten Formen der Prostitution oder ihrer als
besonders ausbeuterisch erachteten Rahmenbedingungen bestehen nach
Kenntnis der Bundesregierung, und wie könnte eine Änderung des ProstG
Abhilfe schaffen,

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1604
g) sind der Bundesregierung sogenannte Rape-Gang-Bang-Veranstaltungen
in der Bundesrepublik Deutschland bekannt geworden, und wenn ja,
wann, wo, und in welchem Umfang,

h) betrachtet die Bundesregierung sogenannte Flatrate-Angebote grund-
sätzlich als menschenunwürdige Geschäftsmodelle,

i) welche Erhebungen zu gestiegenem Steueraufkommen durch Großbor-
delle in den Kommunen liegen der Bundesregierung vor,

j) trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass ein Teil der Steuer-
einnahmen aus Großbordellen, statistisch gesehen, bei der Immobilien-
wirtschaft zu finden sind, da die Betreibermodelle der sogenannten Flat-
rate-Bordelle de facto Vermietungsmodelle darstellen?
Wenn ja, welcher Anteil von Steuereinnahmen aus Großbordellen wird
nach Kenntnis der Bundesregierung unmittelbar dem Prostitutionsge-
werbe zugeordnet?

10. Inwieweit befürwortet die Bundesregierung die Einführung einer Genehmi-
gungspflicht für die Eröffnung und den Betrieb von Bordellen?
a) Welche Überlegungen, Erfahrungen oder Erkenntnisse sprechen nach

Meinung der Bundesregierung für eine solche Genehmigungspflicht?
b) Für welche Prostitutionsorte im Einzelnen befürwortet die Bundesregie-

rung die Einführung einer solchen Maßnahme?
c) Welche Erfahrungen mit Genehmigungspflicht für Bordelle sind der

Bundesregierung aus dem In- und Ausland bekannt, und welche Schluss-
folgerungen und Konsequenzen zieht sie aus diesen?

11. Inwieweit befürwortet die Bundesregierung die Einführung einer Anmelde-
pflicht für Prostituierte?
a) Welche Überlegungen, Erfahrungen oder Erkenntnisse sprechen nach

Meinung der Bundesregierung für eine solche Anmeldepflicht?
b) Für welche sexuellen Dienstleistungen im Einzelnen befürwortet die

Bundesregierung die Einführung einer Anmeldepflicht?
c) Welche Erfahrungen mit einer Anmeldepflicht für Prosituierte aus dem

In- und Ausland sind der Bundesregierung bekannt, und welche Schluss-
folgerungen und Konsequenzen zieht sie aus diesen?

d) Mit welcher Begründung hält die Bundesregierung eine Anmeldepflicht
und behördliche Registrierung von Prostituierten angesichts der hohen
gesellschaftlichen Stigmatisierung dieser Berufsgruppe und sich daraus
ergebender Diskriminierungen u. a. bei der Wohnungssuche oder der
Gefährdung von Hauptberufen beim Bekanntwerden einer nebenerwerb-
lichen Tätigkeit als Prostituierter noch für verhältnismäßig?

12. Inwieweit befürwortet die Bundesregierung grundsätzlich die Einführung
von regelmäßigen Gesundheitsuntersuchungen von Prostituierten durch das
Gesundheitsamt?
a) Inwieweit sieht die Bundesregierung in einer im internationalen Ver-

gleich niedrigen Infektionsrate bei HIV in der Bundesrepublik Deutsch-
land (www.focus.de vom 8. November 2013 „Tripper und Syphilis
kehren nach Europa zurück“) einen Erfolg der bisherigen präventiven
Vorgehensweise?

b) Welche Überlegungen, Erfahrungen und Erkenntnisse sprechen aus
Sicht der Bundesregierung dafür, mit Mitteln des Zwangs den Gesund-
heitsschutz von Prostituierten fördern zu können?

Drucksache 18/1604 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
13. Inwieweit befürwortet die Bundesregierung grundsätzlich die Einführung
einer Kondompflicht im Prostitutionsgewerbe?
a) Welche Überlegungen, Erfahrungen und Erkenntnisse sprechen nach

Meinung der Bundesregierung für eine solche Maßnahme?
b) Für welche Prostitutionsorte bzw. welche sexuellen Dienstleistungen im

Einzelnen befürwortet die Bundesregierung die Einführung einer sol-
chen Maßnahme?

c) Welche Erfahrungen mit der Einführung von Kondompflicht im Prosti-
tutionsgewerbe aus dem In- und Ausland sind der Bundesregierung be-
kannt, und welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht sie aus
diesen?

d) Wie und mit welchen Maßnahmen kann nach Kenntnis der Bundesregie-
rung die Einhaltung einer solchen Maßnahme überwacht werden?

14. Inwieweit befürwortet die Bundesregierung die Einführung einer gesetzli-
chen Mindestaltersgrenze für Prostituierte?
a) Welche Überlegungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse sprechen für

eine solche Mindestaltersgrenze?
b) Inwieweit gelten im europäischen und EU-Ausland nach Kenntnis der

Bundesregierung Mindestaltersgrenzen für Prostituierte, und welche Er-
fahrungen wurden mit dieser Regelung nach Kenntnis der Bundesregie-
rung gemacht?

c) Sollte eine Mindestaltersgrenze nach Meinung der Bundesregierung für
weibliche und männliche Prostituierte oder nur für Frauen gelten (wenn
nur für Frauen, bitte sachliche und rechtliche Gründe für die unterschied-
liche Behandlung der Geschlechter angeben)?

d) Für welche Tätigkeiten im Bereich der erotischen und sexuellen Dienst-
leistungen macht eine Mindestaltersgrenze nach Einschätzung der Bun-
desregierung Sinn?

e) Inwiefern hält die Bundesregierung die bisherige Regelung von § 232
Absatz 1 des Strafgesetzbuches (StGB) für unzulänglich, die es bereits
jetzt unter Strafe stellt, unter 21-jährige Personen zur Aufnahme oder
Fortsetzung der Prostitution zu bringen?

f) Inwieweit sieht die Bundesregierung durch die bestehende Regelung des
§ 232 Absatz 1 StGB sowie die mögliche Einführung einer Mindestal-
tersgrenze für Prostitution ein Problem darin, wenn junge Menschen
beim selbstbestimmten Berufseinstieg in die Prostitution ohne jede
legale Einstiegsberatung dastehen, in die Illegalität abgedrängt und da-
durch zusätzlich gefährdet werden?

g) Auf welcher gesetzlichen Grundlage ist es nach Meinung der Bundesre-
gierung möglich, im Bereich der erotischen und sexuellen Dienstleistun-
gen volljährige Menschen allein aufgrund ihres Lebensalters in der
freien Berufswahl zu reglementieren?

15. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit für Gesetzesänderungen, die
eine Bestrafung von Freiern ermöglichen, die wissentlich die Dienste von
Zwangsprostituierten in Anspruch nehmen?
a) Auf welcher gesetzlichen Grundlage kann es bereits jetzt strafrechtlich

verfolgt werden, wenn ein Freier wissentlich Dienste von Zwangsprosti-
tuierten in Anspruch nimmt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/1604
b) Welche Gesetzesänderungen zur strafrechtlichen Verfolgung von Frei-
ern, die wissentlich die Dienste von Zwangsprostituierten in Anspruch
nehmen, befürwortet die Bundesregierung?

c) Welche Möglichkeiten zur Kontrolle und Identifikation von Freiern, die
wissentlich die Dienste von Zwangsprostituierten in Anspruch nehmen,
bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung?

16. Welche generellen Möglichkeiten zur Stärkung der Rechte von Prostituier-
ten und einer Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen sieht die Bundesregie-
rung?

17. Inwieweit sieht die Bundesregierung, auch in Absprache mit den Bund-Län-
der-Arbeitsgruppen Frauenhandel und Menschenhandel, Handlungsbedarf,
um eine Handreichung für die Kommunen zum Umgang mit Prostitution zu
entwickeln?

18. Inwieweit sieht die Bundesregierung, auch in Absprache mit den Bund-Län-
der-Arbeitsgruppen Frauenhandel und Menschenhandel, Handlungsbedarf,
um denjenigen Kommunen, die Sexarbeit mit einer Vergnügungssteuer/Sex-
steuer belegen, besondere Maßnahmen zum Schutz der Prostituierten zu
empfehlen?

19. Inwieweit hält die Bundesregierung auch in Absprache mit den Bund-Län-
der-Arbeitsgruppen Frauenhandel und Menschenhandel zum Schutze von
Prostituierten in Grenzgebieten ein gemeinsames Handeln mit den Regie-
rungen der Nachbarstaaten für wünschenswert und erforderlich?

20. Wie gedenkt die Bundesregierung über sexuell übertragbare Krankheiten
bei Sexarbeit zu informieren, um die Prostituierten zu schützen?

21. Inwieweit gedenkt die Bundesregierung, Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter
und Betreiber von Prostitutionsstätten oder Vertreterinnen und Vertreter von
Berufs- und Fachverbänden aufgrund ihrer Branchenkenntnis bei der Er-
arbeitung von Richtlinien zu Arbeitsschutz und Arbeitsbedingungen in Bor-
dellen einzubeziehen?

a) Welche Verbände oder Fachvertreterinnen und Fachvertreter sollen ge-
gebenenfalls angefragt werden?

b) Hat die Bundesregierung Kenntnis von der Einrichtung einer offenen Ar-
beitsgruppe des Berufsverbandes erotische und sexuelle Dienstleistun-
gen e. V. (BesD), die sich zur Ausarbeitung von Richtlinien zu Arbeits-
schutz und Arbeitsbedingungen in Bordellen gebildet hat und den Kon-
takt zur Politik sucht?

22. Inwiefern sucht die Bundesregierung für eine Reform des ProstG das Ge-
spräch mit Prostituierten-Selbstorganisationen und Berufsverbänden im
Bereich der erotischen und sexuellen Dienstleistungen?

a) Mit welchen Vereinigungen und Verbänden steht die Bundesregierung
hier im Austausch?

b) Welche Kritik solcher Vereinigungen und Verbände am gültigen ProstG
und welche Reformvorschläge sind der Bundesregierung bekannt?

c) Welche Kritik aus diesen Vereinigungen und Verbänden an den Reform-
absichten der Bundesregierung bezüglich des ProstG sind der Bundesre-
gierung bekannt?

Drucksache 18/1604 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
d) Mit welchen Verbänden oder Interessensgruppen, die eine weitere Ein-
schränkung oder ein Verbot von Prostitution befürworten, steht die Bun-
desregierung im Kontakt, und welcher Art ist dieser Kontakt?

Berlin, den 28. Mai 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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