BT-Drucksache 18/1497

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 18/909, 18/1489 - Entwurf eines Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz)

Vom 21. Mai 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1497
18. Wahlperiode 21.05.2014

Änderungsantrag
der Abgeordneten Matthias W. Birkwald, Sabine Zimmermann (Zwickau),
Klaus Ernst, Katja Kipping, Jutta Krellmann, Katrin Kunert, Azize Tank,
Kathrin Vogler, Harald Weinberg, Birgit Wöllert, Pia Zimmermann und
der Fraktion DIE LINKE.

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 18/909, 18/1489 –

Entwurf eines Gesetzes über Leistungsverbesserungen in
der gesetzlichen Rentenversicherung
(RV-Leistungsverbesserungsgesetz)

Der Bundestag wolle beschließen:

Artikel 1 Nummer 7 wird wie folgt gefasst:
‚7. § 213 wird wie folgt geändert:

a) Dem Absatz 2 wird folgender Satz angefügt:
„Der Bundeszuschuss … <weiter wie Vorlage> …“

b) Dem Absatz 3 werden die folgenden Sätze angefügt:
„Zur Finanzierung der durch das RV-Leistungsverbesserungsgesetz vom
... [einsetzen: Datum der Verkündung dieses Gesetzes] erweiterten Aner-
kennung von Kindererziehungszeiten für vor dem 1. Januar 1992 gebo-
rene Kinder wird der zusätzliche Bundeszuschuss ab dem Jahr 2014 er-
höht (Erhöhungsbetrag für Kindererziehungszeiten). Die Erhöhung be-
trägt 3,3 Milliarden Euro im Jahr 2014 und 6,7 Milliarden Euro im Jahr
2015. Ab dem Jahr 2016 verändert sich der Erhöhungsbetrag für Kinde-
rerziehungszeiten in dem Verhältnis, in dem Bruttolöhne und -gehälter
im vorvergangenen Kalenderjahr stehen; § 68 Absatz 2 Satz 1 gilt ent-
sprechend.“ ‘

Berlin, den 20. Mai 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
Drucksache 18/1497 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Begründung

Es ist unbestritten, dass es sich bei den 1986 eingeführten Kindererziehungszeiten um eine gesamtgesell-
schaftliche Aufgabe handelt. Deshalb ist die im RV-Leistungsverbesserungsgesetz vorgesehene Finanzierung
der Kindererziehungszeiten („Mütterrente“) aus ordnungspolitischen Gründen aus Steuermitteln und nicht
aus Beitragsmitteln der gesetzlichen Rentenversicherung zu finanzieren.
Die Finanzierung aus Steuermitteln ist zudem aus sozialen Gesichtspunkten notwendig. Nur so wird gewähr-
leistet, dass nicht nur die Beitragszahlenden sowie Rentnerinnen und Rentner zur Finanzierung herangezogen
werden, sondern auch jene Steuerzahlenden, die nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind
oder Beitragszahlende, deren Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze liegen.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. BVerfG 75, 108, 148) deutlich
gemacht, dass Beiträge zur Sozialversicherung nicht der Finanzierung allgemeiner Staatsausgaben dienen
dürfen. Insoweit ist die Finanzierung aus Beitragsmitteln auch verfassungsrechtlich problematisch, weil der
Grundsatz der Belastungsgleichheit aller Bürgerinnen und Bürger, als Ausprägung des allgemeinen Gleich-
heitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG, verletzt wird.
Die unsachgerechte Finanzierung der Kindererziehungszeiten aus Beitragsmitteln als größtem finanziellem
Posten des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes führt dazu, dass die Nachhaltigkeitsrücklage nach § 216 des
Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) bis Ende 2018 aufgezehrt sein wird. Die unwesentliche Erhö-
hung des allgemeinen Bundeszuschusses ab dem Jahr 2019 kann einen Anstieg des Beitragssatzes bereits ab
dem Jahr 2018 nicht verhindern. Trotz steigendem Beitragssatz führen die Kürzungsfaktoren in der Renten-
anpassungsformel („Riester-Faktor“ und Nachhaltigkeitsfaktor) zu einer verstärkten Absenkung des Renten-
niveaus. Diejenigen, die von der Ausweitung der Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder ei-
gentlich profitieren sollen, müssen letztendlich die Kosten gegenfinanzieren. Damit wird die „Anerkennung
der Kindererziehung“ zumindest teilweise ad absurdum geführt.
Nicht zuletzt werden durch die unsachgerechte und unsoziale Finanzierung der Kindererziehungszeiten drin-
gend notwendige Spielräume für andere, systemgerecht aus Beiträgen zu finanzierende Leistungsverbesse-
rungen wie die Anhebung des Rentenniveaus, die Rücknahme der Rente erst ab 67, die Abschaffung der
Abschläge auf Erwerbsminderungsrenten und die konsequente Ausrichtung der Leistungen zur Teilhabe Re-
ha-Budgets am tatsächlichen Bedarf massiv eingeschränkt. Diese Maßnahmen sind jedoch dringend notwen-
dig, um den Lebensstandard im Alter zu sichern und die drohende Altersarmut zu verhindern.
Da nicht beitragsgedeckte Leistungen über den zusätzlichen Bundeszuschuss nach § 213 Absatz 3 SGB VI zu
finanzieren sind, muss die erweiterte Anrechnung von Kindererziehungszeiten für vor dem 1. Januar 1992
geborene Kinder durch eine dauerhafte Erhöhung des zusätzlichen Bundeszuschusses erfolgen.
Der zusätzliche Bundeszuschuss muss deshalb bereits ab dem Jahr 2014 in dem Maße erhöht werden, in wel-
chem Kosten durch die erweiterte rentenrechtliche Anerkennung von Kindererziehungszeiten für vor dem
1. Januar 1992 geborene Kinder entstehen. Die Veränderung des Erhöhungsbetrages für Kindererziehungs-
zeiten soll ab dem Jahr 2016 analog der geltenden Regelung für den Erhöhungsbetrag nach § 213 Absatz 4
SGB VI festgelegt werden.

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