BT-Drucksache 18/1474

Verbandsklagerecht im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz implementieren

Vom 21. Mai 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1474
18. Wahlperiode 21.05.2014

Antrag
der Abgeordneten Cornelia Möhring, Diana Golze, Christine Buchholz,
Nicole Gohlke, Annette Groth, Dr. Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Susanna
Karawanskij, Kerstin Kassner, Jutta Krellmann, Caren Lay, Harald Petzold
(Havelland), Dr. Petra Sitte, Dr. Kirsten Tackmann, Kathrin Vogler, Katrin
Werner, Jörn Wunderlich, Sabine Zimmermann (Zwickau) und der Fraktion
DIE LINKE.

Verbandsklagerecht im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz implementieren

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Ziel des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ist es, „Benachteili-
gungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Ge-
schlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters
oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen“. Doch die der-
zeitige Ausgestaltung des AGG ist nicht geeignet, diskriminierte Menschen in
ausreichender Weise zu schützen. Es fehlt ergänzend zur individuellen Klage
Betroffener ein Klagerecht von Verbänden.

2. Die geltende Fassung des AGG kann das strukturelle Ungleichgewicht zwi-
schen den Klägerinnen und Klägern und den jeweiligen Unternehmen im Ar-
beitsgerichtsverfahren nicht beseitigen. Die Individualklage als grundsätzlich
einzige Möglichkeit, Rechtsschutz zu erlangen, legt das finanzielle Risiko auf
die Schultern der Klagenden, die zudem in einem Abhängigkeitsverhältnis zu
dem sie beschäftigenden Unternehmen stehen. Eine Diskriminierung ist für die
oder den Einzelnen außerdem schwer zu beweisen.

3. Insbesondere für einen effektiven Abbau von Diskriminierungen aus struktu-
rellen Gründen ist ein Verbandsklagerecht im AGG notwendig. Dies zeigen in
besonders deutlicher Weise die Erfahrungen mit den geschlechtsdiskriminie-
renden Arbeitsbewertungssystemen in der Bundesrepublik Deutschland. Es
existiert seit vielen Jahren in der Entlohnung zwischen Frauen und Männern
ein verfestigter Unterschied von mehr als 20 Prozent, der sich auch in den
sechs Jahren seit Inkrafttreten des AGG nicht verändert hat.

Bisher existiert gegen diese strukturelle Diskriminierung grundsätzlich nur die
Möglichkeit der Individualklage betroffener Frauen. Es sind daher auch nur wenige
positiv beschiedene Klagen auf geschlechtsneutrale Entgeltzahlung bekannt.1
Selbst in bereits entschiedenen Verfahren erstreckt sich die Rechtskraftbindung der
Entscheidung nur auf den jeweiligen Einzelfall. Die dem Einzelfall zugrunde lie-

1 Vergleiche Antidiskriminierungsstelle des Bundes: Ausgewählte Entscheidungen deutscher Gerichte zum Antidiskriminierungsrecht.
Stand: 31. Dezember 2013; Berlin, 10. März 2014.
Drucksache 18/1474 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

genden diskriminierenden Entlohnungssysteme und Tarifvertragsstrukturen bleiben
jedoch auch nach der Klage bestehen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

einen Gesetzentwurf zur Änderung des AGG vorzulegen, mit dem ein Verbands-
klagerecht implementiert wird. Es soll Verbände ermächtigen, auch ohne individu-
ell klagewillige Betroffene Klage zu erheben.

Berlin, den 21. Mai 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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