BT-Drucksache 18/12458

Arbeits- und Entlohnungsbedingungen in der Fleischwirtschaft

Vom 17. Mai 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12458
18. Wahlperiode 17.05.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke, Friedrich Ostendorff,
Brigitte Pothmer, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Corinna Rüffer, Markus Kurth,
Sven-Christian Kindler, Dr. Tobias Lindner und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Arbeits- und Entlohnungsbedingungen in der Fleischwirtschaft

Die Fleischwirtschaft in Deutschland ist bekannt für schlechte Arbeitsbedingun-
gen und niedrige Löhne. Viele Beschäftigte wurden auf Grundlage fragwürdiger
Werkvertragskonstruktionen mit ausländischen Subunternehmen nach Deutsch-
land entsendet. Hinzu kommen die laut Presseberichten höchst prekären Wohn-
und Lebenssituationen (NDR, 10. Februar 2017). Deutschland wird von europäi-
schen Partnern mit Blick auf die Fleischwirtschaft Sozialdumping vorgeworfen
(Welt, 14. März 2013).
Im Januar 2015 wurde der gesetzliche Mindestlohn eingeführt. Die Fleischbran-
che hatte deshalb einen Tarifvertrag verhandelt, der unter dem gesetzlichen Min-
destlohn lag. Damit sollten die Löhne in der Branche langsam an den Mindestlohn
herangeführt werden. Derzeit liegt der bundesweite Mindestlohn in der Fleisch-
wirtschaft mit 8,75 Euro noch immer knapp unter dem gesetzlichen Mindestlohn.
Im Herbst 2015 verkündeten die sechs größten Konzerne der Fleischbranche, bis
Mitte 2016 die Entsendung von ausländischen Beschäftigten durch sozialversi-
cherungspflichtige Beschäftigung zu ersetzen.
Die Gesamtsituation der Entlohnungs- und Arbeitsbedingungen in der Branche
ist nach wie vor völlig unklar. Noch immer gibt es zahlreiche Klagen von Be-
schäftigten in der Fleischbranche. Zudem gibt es weiterhin zahlreiche Pressearti-
kel, in denen der Fleischindustrie ausbeuterische Arbeitsbedingungen vorgewor-
fen werden (NWZ, 22. April 2017/Deutsche Welle, 21. März 2017).

Wir fragen die Bundesregierung:

Daten zur Branche
1. Wie viele Beschäftigte arbeiteten jeweils in den Jahren 1996, 2006 und 2013

bis 2016 nach Kenntnis der Bundesregierung insgesamt in den jeweiligen
Unterbranchen im Wirtschaftszweig „Schlachten und Fleischverarbeitung“,
und wie viele der Beschäftigten waren
a) direkt sozialversicherungspflichtig angestellt;
b) Leiharbeitskräfte;
c) Werkvertragsbeschäftigte, und
d) wie viele der Beschäftigten wurden von ausländischen Subunternehmen

entsandt (2016 bitte monatlich differenzieren)?

Drucksache 18/12458 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Wie viele Betriebe gab es jeweils in den Jahren 1996, 2006 und 2013 bis
2016 nach Kenntnis der Bundesregierung in den jeweiligen Unterbranchen
im Wirtschaftszweig „Schlachten und Fleischverarbeitung“ insgesamt;
a) wie viel Prozent der Betriebe arbeiten mit eigenem Personal;
b) wie viel Prozent der Betriebe arbeiten mit Werk- oder Dienstvertragsar-

beitskräften (bitte vergleichsweise den entsprechenden Anteil über alle
Wirtschaftszweige nennen);

c) wie viel Prozent der Betriebe sind als Subunternehmer mit eigenen Be-
schäftigten auf Werk- oder Dienstvertragsbasis in anderen Unternehmen
tätig, und

d) ist der Bundesregierung die Zahl der Betriebe bekannt, die als ausländi-
sche Subunternehmen für deutsche Betriebe tätig waren?

3. Wie hoch waren nach Kenntnis der Bundesregierung die Zahl der Auszubil-
denden sowie die Ausbildungsquote jeweils in den Jahren 1996, 2006 und
2013 bis 2016 in den jeweiligen Unterbranchen im Wirtschaftszweig
„Schlachten und Fleischverarbeitung“?

4. Wie viel Prozent der Unternehmen bzw. der Werkvertragsunternehmen in
den jeweiligen Unterbranchen im Wirtschaftszweig „Schlachten und
Fleischverarbeitung“ haben einen Betriebsrat?

5. Wie hoch waren nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils in den Jahren
1996, 2006 und 2013 bis 2016 die Summe der Umsätze in den jeweiligen
Unterbranchen im Wirtschaftszweig „Schlachten und Fleischverarbeitung“
(bitte differenziert nach Betriebsgrößen angeben)?

6. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Umsatz und die Zahl
der Beschäftigten der zehn größten Unternehmen absolut und prozentual in
Relation zum gesamten Wirtschaftszweig „Schlachten und Fleischverarbei-
tung“ jeweils in den Jahren 1996, 2006 und 2013 bis 2016 entwickelt?

7. Wie hoch war nach Kenntnis der Bundesregierung die Schlachtleistung in
den jeweiligen Unterbranchen im Wirtschaftszweig „Schlachten und
Fleischverarbeitung“ jeweils in den Jahren 1996, 2006 und 2013 bis 2016?

Löhne und Arbeitsbedingungen:
8. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell die durchschnitt-

lichen Brutto-Stundenlöhne in den jeweiligen Unterbranchen im Wirt-
schaftszweig „Schlachten und Fleischverarbeitung“ für
a) direkt sozialversicherungspflichtig Beschäftigte;
b) Leiharbeitskräfte;
c) Werkvertragsbeschäftigte, und
d) Beschäftigte, die von ausländischen Subunternehmen entsendet werden
(bitte differenziert nach Leistungsgruppen und nach Geschlecht angeben)?

9. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Dauer der Beschäfti-
gung von Leiharbeitskräften, Werk- und Dienstvertragsbeschäftigten und
Beschäftigten, die von ausländischen Subunternehmen entsendet werden, in
den jeweiligen Unterbranchen im Wirtschaftszweig „Schlachten und
Fleischverarbeitung“?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12458

10. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittlichen

täglichen, wöchentlichen und monatlichen Arbeitszeiten von direkt sozial-
versicherungspflichtigen Beschäftigten, Leiharbeitskräften, Werk- und
Dienstvertragsbeschäftigten und von Beschäftigten, die von ausländischen
Subunternehmen entsendet werden, in den jeweiligen Unterbranchen im
Wirtschaftszweig „Schlachten und Fleischverarbeitung“?

11. Wie bewertet die Bundesregierung Akkordarbeit in Betrieben des Wirt-
schaftszweigs „Schlachten und Fleischverarbeitung“ hinsichtlich des Ar-
beits- und des Tierschutzes?

12. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Wohnsituation von Be-
schäftigten, die von ausländischen Subunternehmen entsendet werden, und
von Werkvertragsbeschäftigten, die in den jeweiligen Unterbranchen im
Wirtschaftszweig „Schlachten und Fleischverarbeitung“ arbeiten, entwi-
ckelt?

13. Welche Probleme sind der Bundesregierung hinsichtlich Löhnen, Arbeitsbe-
dingungen und Wohnsituation von Beschäftigten, die von ausländischen
Subunternehmen entsendet werden, und von Werkvertragsbeschäftigten in
den jeweiligen Unterbranchen im Wirtschaftszweig „Schlachten und
Fleischverarbeitung“ bekannt?

14. Hat sich nach Einschätzung der Bundesregierung die Selbstverpflichtung der
Fleischindustrie, die Arbeits-, Entlohnungs- und Unterbringungsbedingun-
gen zu verbessern, bewährt?
Wenn ja, inwiefern?
Wenn nein, wo sieht sie weiteren Handlungsbedarf?

Wettbewerbssituation:
15. Wie hoch war nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil der deutschen

Betriebe an der Wertschöpfung in der europäischen Schlacht- und Fleisch-
verarbeitungsbranche jeweils in den Jahren 1996, 2006 und 2013 bis 2016,
und wie beurteilt die Bundesregierung die derzeitige Wettbewerbssituation
auf dem europäischen Markt (bitte differenziert nach den jeweiligen Unter-
branchen im Wirtschaftszweig „Schlachten und Fleischverarbeitung“ ange-
ben)?

16. Wie viele tote sowie lebende Tiere wurden nach Kenntnis der Bundesregie-
rung jeweils in den Jahren 1996, 2006 und 2013 bis 2016 zur Schlachtung
bzw. Zerlegung aus dem Ausland importiert (bitte nach Tierart, Jahr und Her-
kunftsland aufschlüsseln)?

17. Welche EU-Mitgliedstaaten haben sich gegenüber der Bundesregierung in
den vergangenen Jahren kritisch über Lohn- und Sozialdumping durch die
deutsche Schlachtbranche geäußert, und wie beurteilt die Bundesregierung
diese Kritik?

18. Welche Konsequenzen hat die Bundesregierung aus der von der belgischen
Regierung eingereichten Beschwerde an die Europäische Kommission gezo-
gen, die Deutschland Sozialdumping vorwirft?

Kontrollen, Verstöße und Bußgelder:
19. Wie viele Kontrollen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von wel-

chen Behörden in den Jahren 2013 bis 2016 jährlich in den jeweiligen Un-
terbranchen im Wirtschaftszweig „Schlachten und Fleischverarbeitung“
durchgeführt (bitte auch differenziert nach Bundesländern angeben)?

Drucksache 18/12458 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

20. Wie viele Verstöße wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jah-

ren 2013 bis 2016 jährlich in den jeweiligen Unterbranchen im Wirtschafts-
zweig „Schlachten und Fleischverarbeitung“ festgestellt, und in welcher
Höhe wurden Bußgelder, Geldstrafen bzw. Freiheitsstrafen verhängt?

21. Wie hoch waren nach Kenntnis der Bundesregierung die in den jeweiligen
Unterbranchen im Wirtschaftszweig „Schlachten und Fleischverarbeitung“
nachgeforderten Steuern bzw. Sozialversicherungsbeiträge in den Jahren
2013 bis 2016 jährlich?

Berlin, den 17. Mai 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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