BT-Drucksache 18/12427

zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates - Drucksache 18/10485 - Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten und Lebenspartnern in Angelegenheiten der Gesundheitssorge und in Fürsorgeangelegenheiten

Vom 17. Mai 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12427

18. Wahlperiode 17.05.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesrates

– Drucksache 18/10485 –

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Beistandsmöglichkeiten unter
Ehegatten und Lebenspartnern in Angelegenheiten der Gesundheitssorge
und in Fürsorgeangelegenheiten

A. Problem

Ehegatten und Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft können nach gel-
tendem Recht weder Entscheidungen über medizinische Behandlungen für ihren
nicht mehr selbst handlungsfähigen Partner treffen noch diesen im Rechtsverkehr
vertreten, solange sie nicht als rechtliche Betreuer ihres Partners bestellt werden
oder von ihm im Rahmen einer Vorsorgevollmacht hierzu wirksam bevollmäch-
tigt worden sind. Besonders in der ersten Zeit nach einem Unfall oder einer uner-
warteten schweren Krankheit kann es für Betroffene und Angehörige jedoch eine
zusätzliche erhebliche Belastung bedeuten, wenn es erst eines gerichtlichen Ver-
fahrens auf Betreuerbestellung bedarf, um dem Ehegatten oder Lebenspartner
auch in rechtlicher Hinsicht beistehen zu können. Ziel des Gesetzentwurfs ist die
Verbesserung der Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten und Lebenspartnern.

B. Lösung

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung. Der Ausschuss empfiehlt
insbesondere, statt der im Gesetzentwurf vorgesehenen Vollmachtsvermutung
eine Berechtigung des Ehegatten oder Lebenspartners in Angelegenheiten der Ge-
sundheitssorge einzuführen sowie ein Einsichtsrecht des behandelnden Arztes in
das Zentrale Vorsorgeregister zu schaffen. Des Weiteren empfiehlt er die Erhö-
hung der pauschalen Stundensätze für Berufsbetreuer und -vormünder um jeweils
15 Prozent.

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

Drucksache 18/12427 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12427

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/10485 mit folgenden Maßgaben, im Übri-
gen unverändert anzunehmen:

1. Die Bezeichnung wird wie folgt gefasst:

„Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Beistands-
möglichkeiten unter Ehegatten und Lebenspartnern in An-
gelegenheiten der Gesundheitssorge und zur Anpassung

der Betreuer- und Vormündervergütung“.

2. In der Eingangsformel werden nach dem Wort „hat“ die Wörter „mit Zu-
stimmung des Bundesrates“ eingefügt.

3. Artikel 1 Nummer 1 und 2 wird wie folgt gefasst:

1.‚ § 1358 wird wie folgt gefasst:

㤠1358

Beistand unter Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge

(1) Jeder Ehegatte ist berechtigt, für den anderen Ehegatten ge-
mäß § 630d Absatz 1 Satz 2 in Untersuchungen des Gesundheitszustan-
des, in Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einzuwilligen oder
die Einwilligung zu versagen sowie ärztliche Aufklärungen nach § 630e
Absatz 4 entgegenzunehmen, wenn der andere Ehegatte auf Grund ei-
ner psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder see-
lischen Behinderung diese Angelegenheiten nicht besorgen kann. Der
Ehegatte ist dazu nicht berechtigt, wenn

1. die Ehegatten getrennt leben,

2. der andere Ehegatte einen entgegenstehenden Willen geäußert hat,

3. der andere Ehegatte eine andere Person zur Wahrnehmung dieser
Angelegenheiten bevollmächtigt hat oder

4. für den anderen Ehegatten ein Betreuer bestellt ist.

(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 und hin-
sichtlich der dort genannten Angelegenheiten

1. sind behandelnde Ärzte gegenüber dem Ehegatten von ihrer
Schweigepflicht entbunden und

2. kann der Ehegatte Krankenunterlagen einsehen.

(3) § 1901a Absatz 1 bis 3, § 1901b Absatz 1 und 2 sowie § 1904
Absatz 1 bis 4 gelten entsprechend.“

Drucksache 18/12427 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

2. § 1908f Absatz 1 wird wie folgt geändert:

a) In Nummer 2 werden nach dem Wort „Bevollmächtigte“ die Wör-
ter „und nach § 1358, auch in Verbindung mit § 11 Absatz 3 des
Lebenspartnerschaftsgesetzes, berechtigte Ehegatten und Lebens-
partner“ eingefügt.

b) Nummer 2a wird wie folgt gefasst:

„2a. planmäßig über Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügun-
gen und über die Reichweite und Grenzen der Befugnisse des
Ehegatten oder Lebenspartners nach § 1358, auch in Verbin-
dung mit § 11 Absatz 3 des Lebenspartnerschaftsgesetzes, in-
formiert,“ .‘

4. In Artikel 2 wird nach dem Wort „Absatz“ die Angabe „3“ eingefügt.

5. Die Artikel 3 bis 7 werden durch die folgenden Artikel 3 bis 9 ersetzt:

‚Artikel 3

Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche

Das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche in der Fassung
der Bekanntmachung vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2494; 1997 I
S. 1061), das zuletzt durch Artikel 55 des Gesetzes vom 8. Juli 2016
(BGBl. I S. 1594) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Dem Artikel 14 wird folgender Absatz 5 angefügt:

„(5) Auf den Beistand in Angelegenheiten der Gesundheitssorge
im Inland findet § 1358 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung.“

2. Nach Artikel 17b Absatz 2 Satz 2 wird folgender Satz eingefügt:

„Auf den Beistand in Angelegenheiten der Gesundheitssorge im Inland
findet § 11 Absatz 3 des Lebenspartnerschaftsgesetzes Anwendung.“

3. Dem Artikel 229 wird folgender § … [einsetzen: nächste bei der Ver-
kündung freie Zählbezeichnung] angefügt:

„§ … [einsetzen: nächste bei der Verkündung freie Zählbezeichnung]

Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Verbesserung der
Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten und Lebenspartnern in
Angelegenheiten der Gesundheitssorge und zur Anpassung der

Betreuer- und Vormündervergütung

Auf Vergütungsansprüche von Betreuern und Vormündern für
Leistungen, die vor dem 1. Oktober 2017 erbracht wurden, sind die §§ 3
und 4 des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes in ihrer bis da-
hin geltenden Fassung anzuwenden.“

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12427

Artikel 4

Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in
den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angele-
genheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I
S. 2586, 2587), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 1. März 2017
(BGBl. I S. 386) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 271 wird wie folgt geändert:

a) In Nummer 2 wird das Wort „sowie“ durch ein Komma ersetzt.

b) In Nummer 3 wird der Punkt am Ende durch ein Komma und das
Wort „sowie“ ersetzt.

c) Folgende Nummer 4 wird angefügt:

„4. Verfahren über die Genehmigung bei ärztlichen Maßnahmen
nach § 1358 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.“

2. § 274 Absatz 1 wird wie folgt geändert:

a) Nach Nummer 2 wird folgende Nummer 3 eingefügt:

„3. der Berechtigte nach § 1358 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
auch in Verbindung mit § 11 Absatz 3 des Lebenspartner-
schaftsgesetzes, in den dort genannten Angelegenheiten der
Gesundheitssorge,“.

b) Die bisherige Nummer 3 wird Nummer 4.

Artikel 5

Änderung der Bundesnotarordnung

Die Bundesnotarordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliede-
rungsnummer 303-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch
… [Artikel 1 Nummer 15 des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der
Aufbewahrung von Notariatsunterlagen und zur Einrichtung des Elektroni-
schen Urkundenarchivs bei der Bundesnotarkammer, Bundestagsdrucksache
18/10607] geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 78a wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Satz 1 werden die Wörter „Vorsorgevollmachten und
Betreuungsverfügungen“ durch die Wörter „Vorsorgevollmach-
ten, Betreuungsverfügungen und Widersprüche gegen eine Vertre-
tung durch den Ehegatten oder Lebenspartner nach § 1358 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs, auch in Verbindung mit § 11 Absatz 3
des Lebenspartnerschaftsgesetzes“ ersetzt.

Drucksache 18/12427 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aa) In Nummer 5 wird das Wort „und“ durch ein Komma ersetzt.

bb) In Nummer 6 wird der Punkt am Ende durch das Wort „und“
ersetzt.

cc) Folgende Nummer 7 wird angefügt:

„7. den einer Vertretung durch den Ehegatten oder Lebens-
partner Widersprechenden.“

2. § 78b Absatz 1 wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 werden nach dem Wort „Gerichten“ die Wörter „und
Ärzten“ eingefügt.

b) Nach Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:

„Ärzte dürfen nur um Auskunft ersuchen, soweit diese für die Ent-
scheidung über eine medizinische Behandlung erforderlich ist.“

Artikel 6

Änderung des Betreuungsbehördengesetzes

§ 4 des Betreuungsbehördengesetzes vom 12. September 1990 (BGBl. I
S. 2002, 2025), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 28. August
2013 (BGBl. I S. 3393) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In Absatz 1 werden nach dem Wort „Vorsorgevollmacht“ ein Komma
und die Wörter „über Reichweite und Grenzen der Befugnisse des Ehe-
gatten oder Lebenspartners nach § 1358 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
auch in Verbindung mit § 11 Absatz 3 des Lebenspartnerschaftsgeset-
zes,“ eingefügt.

2. In Absatz 3 werden die Wörter „Betreuer und Bevollmächtigte“ durch
die Wörter „Betreuer, Bevollmächtigte und berechtigte Ehegatten und
Lebenspartner nach § 1358 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, auch in Ver-
bindung mit § 11 Absatz 3 des Lebenspartnerschaftsgesetzes,“ einge-
fügt.

Artikel 7

Änderung des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes

Das Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz vom 21. April 2005
(BGBl. I S. 1073, 1076), das durch Artikel 53 des Gesetzes vom 17. Dezem-
ber 2008 (BGBl. I S. 2586) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 3 Absatz 1 wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 wird die Angabe „19,50“ durch die Angabe „22,50“ er-
setzt.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/12427

b) Satz 2 wird wie folgt geändert:

aa) In Nummer 1 wird die Angabe „25“ durch die Angabe „29“
ersetzt.

bb) In Nummer 2 wird die Angabe „33,50“ durch die Angabe
„38,50“ ersetzt.

2. § 4 Absatz 1 wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 wird die Angabe „27“ durch die Angabe „31“ ersetzt.

b) Satz 2 wird wie folgt geändert:

aa) In Nummer 1 wird die Angabe „33,50“ durch die Angabe
„38,50“ ersetzt.

bb) In Nummer 2 wird die Angabe „44“ durch die Angabe
„50,50“ ersetzt.

Artikel 8

Änderung der Vorsorgeregister-Verordnung

Die Vorsorgeregister-Verordnung vom 21. Februar 2005 (BGBl. I
S. 318), die zuletzt durch Artikel 137 der Verordnung vom 31. August 2015
(BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 1 Absatz 1 wird wie folgt geändert:

a) In Nummer 6 Buchstabe c wird der Punkt am Ende durch ein
Komma ersetzt.

b) Folgende Nummer 7 wird angefügt:

„7. Widersprüche gegen eine Vertretung durch den Ehegatten o-
der Lebenspartner nach § 1358 des Bürgerlichen Gesetz-
buchs, auch in Verbindung mit § 11 Absatz 3 des Lebenspart-
nerschaftsgesetzes, mit den Daten zur Person des Widerspre-
chenden entsprechend Nummer 1.“

2. In § 2 Absatz 1 Satz 1 sowie § 5 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 4 werden
jeweils nach dem Wort „Vollmachtgebers“ die Wörter „oder des einer
Vertretung durch den Ehegatten oder Lebenspartner Widersprechen-
den“ eingefügt.

3. § 6 wird wie folgt geändert:

a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

㤠6

Auskunft an Betreuungsgerichte, Landgerichte als
Beschwerdegerichte und Ärzte“.

Drucksache 18/12427 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

b) Absatz 1 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Die Auskunft aus dem Register erfolgt im Wege eines automati-
sierten Verfahrens auf Abruf, sofern die Bundesnotarkammer zu-
vor

1. für Ersuchen eines Betreuungsgerichts oder eines Landge-
richts als Beschwerdegericht mit der jeweiligen Landesjus-
tizverwaltung und

2. für Ersuchen eines Arztes mit der jeweils zuständigen Lan-
desärztekammer

schriftlich Festlegungen zu den technischen und organisatorischen
Maßnahmen zur Gewährleistung des Datenschutzes und der Da-
tensicherheit getroffen hat.“

4. § 7 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 Satz 3 wird wie folgt gefasst:

„Zu protokollieren sind

1. die von der ersuchenden Stelle eingegebenen Daten,

2. das ersuchende Gericht und dessen Geschäftszeichen oder
der ersuchende Arzt,

3. der Zeitpunkt des Ersuchens sowie

4. die übermittelten Daten.“

b) Absatz 2 Satz 1 bis 3 wird durch die folgenden Sätze ersetzt:

„Die Protokolle dürfen nur für Zwecke der Datenschutzkontrolle,
der Datensicherung, der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen
Registerbetriebs und der Überprüfung durch die jeweils zustän-
dige Landesärztekammer, ob die Voraussetzungen des § 78b Ab-
satz 1 Satz 2 der Bundesnotarordnung eingehalten sind, verwendet
werden. Zur Überprüfung, ob die Voraussetzungen des § 78b Ab-
satz 1 Satz 2 der Bundesnotarordnung eingehalten sind, kann die
jeweils zuständige Landesärztekammer auf der Grundlage der Pro-
tokolle Auskunft darüber verlangen, welche Auskünfte an einen
Arzt erteilt worden sind. Ferner kann der Vollmachtgeber oder der
einer Vertretung durch den Ehegatten oder Lebenspartner Wider-
sprechende auf der Grundlage der Protokolle Auskunft darüber
verlangen, welche Auskünfte aus dem Register erteilt worden sind.
Satz 3 gilt entsprechend für den Bevollmächtigten, sofern Daten
zu seiner Person gespeichert sind.“

c) Absatz 3 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„Die Landesärztekammer löscht Protokolle, die ihr nach Absatz 2
Satz 2 zur Verfügung gestellt worden sind, ein Jahr nach ihrem
Eingang, sofern sie nicht für weitere, bereits eingeleitete Prüfun-
gen benötigt werden.“

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/12427

Artikel 9

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Satzes 2 am 1. Juli 2018 in Kraft.
Artikel 3 Nummer 3 und Artikel 7 treten am 1. Oktober 2017 in Kraft.‘

Berlin, den 17. Mai 2017

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz

Renate Künast
Vorsitzende

Dr. Jan-Marco Luczak
Berichterstatter

Dr. Matthias Bartke
Berichterstatter

Harald Petzold (Havelland)
Berichterstatter

Katja Keul
Berichterstatterin

Drucksache 18/12427 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Dr. Jan-Marco Luczak, Dr. Matthias Bartke, Harald Petzold
(Havelland) und Katja Keul

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache 18/10485 in seiner 218. Sitzung am 16. Februar 2017
beraten und an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zur federführenden Beratung sowie an den Aus-
schuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und den Ausschuss für Gesundheit zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat die Vorlage auf Drucksache 18/10485 in seiner
91. Sitzung am 17. Mai 2017 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
die Annahme des Gesetzentwurfs mit Änderungen. Die Änderungen entsprechen einem Änderungsantrag, der von
den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebracht und mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und
DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen wurde.

Der Ausschuss für Gesundheit hat die Vorlage auf Drucksache 18/10485 in seiner 115. Sitzung am 17. Mai 2017
beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. die Annahme des Gesetzentwurfs
mit Änderungen. Die Änderungen entsprechen einem Änderungsantrag, der von den Fraktionen der CDU/CSU
und SPD eingebracht und mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. gegen die Stimmen
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen wurde.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 18/10485 in seiner 130. Sitzung
am 15. Februar 2017 anberaten und beschlossen, eine öffentliche Anhörung durchzuführen, die er in seiner
132. Sitzung am 8. März 2017 durchgeführt hat. In die Anhörung wurde eine Formulierungshilfe der Bundesre-
gierung für einen Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, der neben Änderungen am Gesetz-
entwurf des Bundesrates auch Regelungen zur Erhöhung der Betreuervergütung enthält, einbezogen. An dieser
Anhörung haben folgende Sachverständige teilgenommen:

Thorsten Becker Bundesverband der Berufsbetreuer/innen e. V.,
Hamburg
Vorsitzender

Barbara Dannhäuser SKM – Katholischer Verband für soziale Dienste in Deutschland –
Bundesverband e. V.
Düsseldorf

Christine Eberle, LL.M., Ass. jur. Referentin Hauptstadtbüro
Deutsche Stiftung Patientenschutz, Berlin

Prof. Dr. Dr. h. c. Volker Lipp Georg-August-Universität Göttingen
Ordentlicher Professor für Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht,
Medizinrecht und Rechtsvergleichung

Wolfgang Schwackenberg Deutscher Anwaltverein – Familienausschuss
Rechtsanwalt und Notar, Berlin

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/12427

Stephan Sigusch Beisitzer im Vorstand des Betreuungsgerichtstages e. V., Oschersle-
ben
Mitglied des Hauptausschusses der Bundeskonferenz der Betreuungs-
vereine

Peter Winterstein 1. Vorsitzender des Betreuungsgerichtstage e. V.,
Bochum
Vizepräsident des OLG Rostock a. D.

Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll der 132. Sitzung vom 8. März 2017 mit den
anliegenden Stellungnahmen der Sachverständigen verwiesen.

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 18/10485 in seiner 147. Sit-
zung am 17. Mai 2017 abschließend beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE. die Annahme des Gesetzentwurfs in der aus der Beschlussempfehlung ersichtlichen Fassung. Die Ände-
rungen entsprechen einem Änderungsantrag, der in den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz von den
Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebracht und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
angenommen wurde, wobei nach Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Teilung der Frage die
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Nummer 5 des Änderungsantrags hinsichtlich Arti-
kel 3 Nr. 3 und Artikel 7 (Erhöhung der Vormünder- und Betreuervergütung) zustimmten.

Die Fraktion der SPD wies darauf hin, dass Ehegatten und Partner in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft
nach geltendem Recht keine Entscheidung über die medizinische Behandlung für den nicht mehr handlungsfähi-
gen Partner treffen und ihn nicht im Rechtsverkehr vertreten könnten, solange sie nicht als rechtliche Betreuer
bestellt oder durch eine Vorsorgevollmacht bevollmächtigt worden seien. Sie erläuterte, dass das im Änderungs-
antrag vorgesehene Vertretungsrecht auf den Bereich der Gesundheitssorge beschränkt sei; das im Gesetzentwurf
des Bundesrates vorgesehene Vertretungsrecht in vermögensrechtlichen Angelegenheiten und die dort ebenfalls
vorgesehene Vollmacht für freiheitsentziehende Maßnahmen entfielen. Durch das dadurch auch zeitlich enger
begrenzte Vertretungsrecht verringere sich die Missbrauchsgefahr. Besonders wichtig sei der Fraktion auch der
zweite Regelungsbereich des Änderungsantrags, in dem es um die Erhöhung der seit mehr als elf Jahren nicht
angepassten Vergütung für Berufsbetreuer gehe. Andernfalls litte die Qualität der rechtlichen Betreuung und viele
Betreuungsvereine wären von der Schließung bedroht.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hob hervor, dass es um zwei unterschiedliche Regelungen gehe. Der
Erhöhung der Betreuungsvergütung werde sie zustimmen. Die Änderung des Betreuungsrechts durch die Einfüh-
rung einer gesetzlichen Annahme der Bevollmächtigung zwischen Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern
sei hingegen nicht nur überflüssig, sondern habe negative Auswirkungen auf das Selbstbestimmungsrecht des zu
Betreuenden. Zwar begrenze der Änderungsantrag durch seine Beschränkung des Vertretungsrechts auf den Be-
reich der Gesundheitssorge den Schaden etwas; es bestehe jedoch weiterhin eine Missbrauchsgefahr. Bisher er-
gebe sich entweder aus einer Vorsorgevollmacht oder aus einer Entscheidung des Betreuungsgerichts, wer am
besten geeignet sei, den mutmaßlichen Willen des Betroffenen darzustellen. Dies seien jedoch, wie die Praxis
bestätige, keineswegs immer die Ehegatten. Auch sei die Vorstellung unrealistisch, dass jemand, der keine Vor-
sorgevollmacht erteilt habe, einen Widerspruch in ein Vorsorgeregister eintragen lasse. Es sei zudem zu erwarten,
dass sich die Rechtsunsicherheit künftig eher verstärke, weil ein Arzt bei Zweifeln an der Vertretungsbefugnis
doch noch das Betreuungsgericht anrufen müsse.

Die Fraktion der CDU/CSU merkte an, es entspreche ihrem positiven Bild der Ehe, dass zwei Personen fürei-
nander dauerhaft Verantwortung übernähmen. Die in breiten Schichten der Bevölkerung vorhandene Annahme,
dass Ehegatten und Lebenspartner in Notsituationen den anderen ohne Formalitäten vertreten könnten, solle recht-
lich unterstützt werden. In den Fällen, die anders lägen, weil etwa das Verhältnis zerrüttet sei, bestehe für den
Ehegatten – neben der vorrangigen Vorsorgevollmacht – die Möglichkeit, einen Widerspruch in das Zentrale
Vorsorgeregister eintragen zu lassen, in das Ärzte bei Zweifeln an der Vertretungsbefugnis auch Einsicht nehmen
könnten. Vorrangig gehe es hier jedoch darum, in Fällen, in denen nichts geregelt sei, einen formlosen Weg zu
finden, der dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen entspreche. Bei der Betreuervergütung bestehe Handlungs-

Drucksache 18/12427 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

bedarf, weil viele Betreuungsvereine, die eine sehr gute ehrenamtliche Arbeit leisteten, sich in großen wirtschaft-
lichen Schwierigkeiten befänden und die entsprechenden Vergütungssätze seit beinahe zwölf Jahren unverändert
seien.

Die Fraktion DIE LINKE. erklärte, sie werde der Verbesserung der Vormünder- und Betreuervergütung zustim-
men, dem Gesetz insgesamt hingegen nicht. Die Einführung eines gesetzlichen Vertretungsrechts sei weder er-
forderlich noch sachdienlich. Die vorgeschlagenen Regelungen seien sogar kontraproduktiv, weil sie zu nachtei-
ligen Folgen für die Rechtssicherheit und die Selbstbestimmung von Ehegatten bzw. Lebenspartnerinnen und
Lebenspartnern führen könnten.

IV. Zur Begründung der Beschlussempfehlung

Im Folgenden werden lediglich die vom Ausschuss für Recht und Verbraucher-schutz empfohlenen Änderungen
gegenüber der ursprünglichen Fassung des Gesetzentwurfs erläutert. Soweit der Ausschuss die unveränderte An-
nahme des Gesetzentwurfs empfiehlt, wird auf die jeweilige Begründung in Drucksache 18/10485 verwiesen.

Zu Nummer 1

Die Bezeichnung des Gesetzentwurfs wird an dessen Inhalt nach den empfohlenen Änderungen angepasst.

Zu Nummer 2

Nummer 5 (Artikel 7) sieht – neu – eine Änderung des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Be-
treuern (VBVG) vor, in deren Rahmen die Stundensätze der Pauschalvergütung der Betreuer und Vormünder
angehoben wird. Gemäß der Verweisung in § 277 Absatz 2 Satz 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familien-
sachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) gilt die Erhöhung der Vormünderver-
gütung auch für Verfahrenspfleger. Die Übernahme der Kosten für einen im Sinne des § 1836d in Verbindung
mit § 1908i des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) mittellosen Mündel oder Betreuten stellt eine Geldleistung bzw.
vergleichbare Dienstleistung im Sinne des Artikels 104a Absatz 4 des Grundgesetzes (GG) dar. Die Erhöhung der
Vergütung führt zu einer Steigerung der Ausgaben der Landesjustizkassen. Damit bedarf der Gesetzentwurf der
Zustimmung des Bundesrates nach Artikel 104a Absatz 4 GG.

1. Zur Ehegattenvertretung

Zu Nummer 3 (Artikel 1 Nummer 1)

Das in dem Gesetzentwurf des Bundesrates vorgesehene Vertretungsrecht der Ehegatten und Lebenspartner wird
durch den Änderungsvorschlag eingeschränkt und erstreckt sich nunmehr ausschließlich auf den Bereich der Ge-
sundheitssorge. Entfallen ist ein Vertretungsrecht in Angelegenheiten mit vermögensrechtlichen Bezügen wie der
Abschluss von Verträgen und die Geltendmachung von Ansprüchen des Vertretenen im Zusammenhang mit me-
dizinischen Leistungen oder Pflege- und Rehabilitationsleistungen (§ 1358 Absatz 1 Nummer 2 und 4 BGB-E).
Nicht mehr enthalten ist außerdem die verfassungsrechtlich problematische Vollmacht, über Maßnahmen nach
§ 1906 Absatz 4 BGB zu entscheiden (§ 1358 Absatz 1 Nummer 3 BGB-E). Aufgrund des eingeschränkten An-
wendungsbereichs nicht mehr erforderlich ist die Befugnis zum Öffnen der Post des anderen Ehegatten (§ 1358
Absatz 1 Nummer 5 BGB-E), ein Regelungsvorschlag, bei dem ohnehin zweifelhaft ist, ob er in dieser Ausge-
staltung mit dem Brief- und Postgeheimnis vereinbar ist.

Durch diesen begrenzten Anwendungsbereich wird die Dauer der Vertretung faktisch auf einen überschaubaren
Zeitraum von wenigen Tagen oder Wochen begrenzt und damit einer Missbrauchsgefahr wirksam entgegenge-
wirkt. Daher kann auf die in dem Gesetzentwurf des Bundesrates enthaltenen aufwendigen Mechanismen zum
Schutz vor Missbrauch der Vertretungsmacht (§ 1358 Absatz 3 BGB-E) weitgehend verzichtet werden. Die in
dem neuen § 1358 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 4 und Absatz 3 BGB-E vorgesehenen Sicherungen bieten hin-
reichenden Schutz. Dadurch wird die Regelung einfacher und anwenderfreundlich sowohl für den vertretenden
Ehegatten als auch für den Arzt, der den Vertretenen behandelt.

Im Einzelnen enthält der Vorschlag folgende Vereinfachungen:

Da das Vertretungsrecht ausschließlich den medizinischen Bereich umfasst, bedarf es der in dem Gesetzentwurf
des Bundesrates vorgesehenen Vorlage eines ärztlichen Attests, aus dem sich die Unfähigkeit des Vertretenen zur

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/12427

Besorgung seiner Angelegenheiten ergibt, nicht, da der behandelnde Arzt diesen Umstand aus eigener Anschau-
ung beurteilen kann. Verzichtet wird außerdem auf die in dem Gesetzentwurf des Bundesrates vorgesehene Er-
klärung des handelnden Ehegatten bzw. Lebenspartners, dass er mit dem Vertretenen verheiratet bzw. verpartnert
ist, nicht getrennt lebt und ihm weder das Vorliegen einer Vollmacht oder das Bestehen einer Betreuung noch ein
entgegenstehender Wille des anderen Ehegatten bekannt ist. Ob die Ehegatten bzw. Lebenspartner getrennt leben
im Sinne des § 1567 Absatz 1 BGB, dürfte für den behandelnden Arzt in den allermeisten Fällen nicht nachprüfbar
sein. Über Eintragungen im Zentralen Vorsorgeregister, die für die Entscheidung über eine Behandlung erforder-
lich sind, kann er künftig aufgrund der in Artikel 5 vorgesehenen Ergänzung auf direktem Wege Auskunft erhal-
ten.

Schließlich wird auf die in dem Gesetzentwurf des Bundesrates vorgesehene Vollmachtsvermutung verzichtet;
ein rechtliches Konstrukt, das für den nicht juristisch vorgebildeten Betroffenen ohnehin schwer zu verstehen sein
dürfte. Stattdessen wird der vertretende Ehegatte bzw. Lebenspartner ermächtigt, die in § 1358 Absatz 1 BGB-E
vorgesehenen Handlungen für den Partner vorzunehmen und Aufklärungen entgegenzunehmen. Damit orientiert
sich der Wortlaut an der Systematik des § 1357 BGB, in dem für Geschäfte des täglichen Lebensbedarfs eine
gegenseitige Verpflichtungsermächtigung der Ehegatten normiert ist. Erhalten bleibt die nun in § 1358 Absatz 3
BGB-E vorgesehene Verweisung, durch die der Ehegatte bzw. Lebenspartner den gleichen Bindungen wie ein
Betreuer unterworfen wird. Auch die Pflichten des behandelnden Arztes entsprechen danach denjenigen im Be-
treuungsrecht. Entfallen ist dagegen der Verweis auf das Recht des Auftrags im Gesetzentwurf des Bundesrates
zur Regelung des Innenverhältnisses zwischen den Eheleuten und Lebenspartnern (§ 1358 Absatz 4 Satz 2
BGB-E), da hierfür kein Bedürfnis besteht. In § 1353 Absatz 1 Satz 2 BGB und § 2 des Lebenspartnerschaftsge-
setzes (LPartG) ist das Innenverhältnis der Ehe- und Lebenspartner hinreichend geregelt.

Damit wird das Ziel, für Notsituationen ein gesetzliches Vertretungsrecht zwischen Ehegatten und Lebenspartnern
einzuführen, auf einfache und anwenderfreundliche Weise erreicht und durch die enge Begrenzung des Anwen-
dungsbereichs auf die reine Gesundheitsvorsorge und die sich daraus ergebende zeitliche Begrenzung gleichzeitig
einem Missbrauch auf effiziente Weise vorgebeugt. Durch die Regelung wird die zeitliche Lücke zwischen der
Akutversorgung durch den Arzt im Falle eines Unfalls oder einer lebensbedrohlichen Erkrankung und einer bei
einer schweren, längerfristigen Erkrankung und fehlender anderweitiger Vorsorge ohnehin notwendigen Vorsor-
gevollmacht oder Betreuerbestellung überbrückt. Dies führt auch zu einer Entlastung der Betreuungsgerichte, da
Anträge auf vorläufige Betreuerbestellung im Rahmen einer einstweiligen Anordnung nach § 300 des Gesetzes
über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) in
diesen Fällen weitgehend vermieden werden können. Der Vorschlag dürfte im Ergebnis dem Wirkungsgrad des
Gesetzentwurfs des Bundesrates kaum nachstehen, da bei einer über die Akutphase hinausgehenden längerfristi-
gen Erkrankung ein Vertretungsrecht in dem vom Bundesrat vorgeschlagenen Rahmen vielfach nicht ausreichen
würde und gleichwohl eine Betreuerbestellung notwendig wäre. Gleichzeitig ist aber zu befürchten, dass eine
Regelung nach dem Vorschlag des Bundesrates bei vielen Betroffenen den Eindruck erwecken würde, dass um-
fassende Vorsorge nicht erforderlich sei mit der Folge, dass die vorzugswürdige Vorsorgevollmacht an Bedeutung
verlieren würde. Diese Entwicklung ist mit der Einführung eines „Notvertretungsrechts“, wie es der Vorschlag
vorsieht, nicht in gleicher Weise zu befürchten.

Zu Nummer 3 (Artikel 1 Nummer 2)

Es handelt sich um eine Folgeänderung aufgrund der Ausgestaltung des Vertretungsrechts nicht als Vollmachts-
vermutung, sondern als eine Ermächtigung nach dem Vorbild von § 1357 BGB. Außerdem ist der im Gesetzent-
wurf des Bundesrates vorgesehene Änderungsbefehl in rechtsförmlicher Hinsicht zu ergänzen.

Zu Nummer 4

Der im Gesetzentwurf des Bundesrates vorgesehene Änderungsbefehl ist in rechtsförmlicher Hinsicht zu ergän-
zen.

Zu Nummer 5 (Artikel 3 und 4)

Es handelt es sich um Folgeänderungen, die auf die Einschränkung des Anwendungsbereichs zurückzuführen sind
sowie auf die Ausgestaltung des Vertretungsrechts nicht als Vollmachtsvermutung, sondern als eine Ermächti-
gung nach dem Vorbild von § 1357 BGB. Die im Gesetzentwurf des Bundesrates vorgesehene Stärkung der Stel-
lung des Ehegatten und des Lebenspartners im Verfahrensrecht wird daher ebenfalls nur eingeschränkt umgesetzt.
Das Verfahren über die gerichtliche Genehmigung der Einwilligung, der Nichteinwilligung und des Widerrufs

Drucksache 18/12427 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

einer Einwilligung des Berechtigten in bestimmte ärztliche Eingriffe (§ 1358 Absatz 3 BGB-E) ist nach Artikel 4
Nummer 1 eine Betreuungssache (§ 271 Nummer 4 FamFG-E) und unterliegt denselben verfahrensrechtlichen
Bestimmungen wie das Verfahren in den Fällen des § 1904 BGB (vgl. § 298 FamFG). Für alle Betreuungssachen,
die die in § 1358 Absatz 1 BGB-E genannten Angelegenheiten der Gesundheitssorge betreffen, ist durch Artikel 4
Nummer 2 außerdem vorgesehen, dass der Berechtigte nach § 1358 BGB-E zwingend zu beteiligen ist, dieser
also insbesondere angehört wird und gegebenenfalls auch gegen eine gerichtliche Entscheidung Rechtsmittel ein-
legen kann (§ 303 Absatz 2 FamFG). In diesen Fällen geht die neue Regelung der allgemeinen Bestimmung in
§ 274 Absatz 4 Nummer 1 FamFG vor.

Zu Nummer 5 (Artikel 5)

Artikel 5 enthält die notwendigen Änderungen der Bundesnotarordnung (BNotO) in der ab dem Inkrafttreten des
Gesetzes zur Neuordnung der Aufbewahrung von Notariatsunterlagen und zur Einrichtung des Elektronischen
Urkundenarchivs bei der Bundesnotarkammer geltenden Fassung, damit künftig auch Widersprüche gegen eine
Vertretung durch den Ehegatten oder Lebenspartner als entgegenstehende Willensäußerung im Sinne von § 1358
Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 BGB, auch in Verbindung mit § 11 Absatz 3 LPartG, in das von der Bundesnotarkam-
mer geführte Zentrale Vorsorgeregister eingetragen werden können. Zudem wird durch eine Änderung der Bun-
desnotarordnung vorgesehen, dass die Registerbehörde künftig auch Ärzten auf Ersuchen Auskunft aus dem Zent-
ralen Vorsorgeregister erteilt, soweit eine Auskunft für die Entscheidung über eine medizinische Behandlung
erforderlich ist. Eines solchen Auskunftsrechts von Ärzten bedarf es zum einen, damit der behandelnde Arzt in
den Behandlungssituationen, in denen das Eingreifen eines gesetzlichen Vertretungsrechts von Ehegatten oder
Lebenspartnern in Betracht kommt, schnellstmöglich ermitteln kann, ob ein Widerspruch des Patienten gegen
eine solche Vertretung im Zentralen Vorsorgeregister eingetragen ist. Zum anderen sollen Ärzte auch darüber
Auskunft bekommen, ob für den Patienten eine Vorsorgevollmacht, gegebenenfalls in Kombination mit einer
Patientenverfügung, oder eine Betreuungsverfügung eingetragen ist. Dies erscheint erforderlich, damit in den Fäl-
len, in denen der Patient nicht ansprechbar ist und auch sonst keine Informationen über den Patienten vorliegen,
der Arzt so bald wie möglich Kenntnis darüber erhält, ob der Patient eine andere Person mit seiner Vertretung in
gesundheitlichen Angelegenheiten bevollmächtigt hat, und damit die bevollmächtigte Person zur Ermittlung des
Patientenwillens kontaktiert werden kann. Denn nachdem der Arzt im Rahmen einer Notfallsituation, in der für
die Ermittlung des individuellen Willens die erforderliche Zeit fehlt, eine auf die Erhaltung des Lebens gerichtete
Behandlung als unaufschiebbare Maßnahme, die im Zweifel dem mutmaßlichen Willen des Patienten gemäß
§ 630d Absatz 1 Satz 4 BGB entspricht, durchgeführt hat, muss er prüfen, ob die Maßnahme weiterhin indiziert
ist und vom Patientenwillen getragen wird. Dafür ist der Patientenwille möglichst frühzeitig in Erfahrung zu brin-
gen. Wird vom behandelnden Arzt – wie nach bisheriger Rechtslage erforderlich – beim Betreuungsgericht eine
Betreuung angeregt und werden dem Arzt dann vom Betreuungsgericht die Daten des Bevollmächtigten übermit-
telt, kann bis zu dieser Information wertvolle Zeit vergehen. Daher kann mit einem unmittelbaren Auskunftsrecht
von Ärzten dem Patientenwillen schneller und effektiver Rechnung getragen werden.

Zu Nummer 5 (Artikel 6)

Der im Gesetzentwurf des Bundesrates vorgesehene Änderungsbefehl ist in rechtsförmlicher Hinsicht zu korri-
gieren.

Zu Nummer 5 (Artikel 8)

Die in Artikel 5 des Gesetzentwurfs des Bundesrates vorgesehene Möglichkeit, Widersprüche gegen eine Vertre-
tung durch den Ehegatten oder Lebenspartner nach § 1358 BGB (gegebenenfalls in Verbindung mit § 11 Absatz 3
LPartG) in das von der Bundesnotarkammer geführte Zentrale Vorsorgeregister eintragen zu lassen, macht auch
eine Ergänzung der Verordnung über das Zentrale Vorsorgeregister (VRegV) erforderlich.

So sind in § 1 VRegV Widersprüche gegen eine Vertretung durch den Ehegatten oder Lebenspartner nach § 1358
BGB, auch in Verbindung mit § 11 Absatz 3 LPartG, sowie die notwendigen personenbezogenen Daten des Wi-
dersprechenden entsprechend dem für Vollmachtgeber erfassten Datensatz als neuer Inhalt des Zentralen Vorsor-
geregisters aufzunehmen. Zudem wird in die Regelungen über die Antragstellung und Änderung, Ergänzung und
Löschung von Eintragungen auch der Widersprechende aufgenommen. Wie bei den Gerichten erfolgt die Aus-
kunft an die Ärzte gemäß § 6 Absatz 1 VRegV im Wege eines automatisierten Verfahrens auf Abruf. Dafür hat
die Bundesnotarkammer zuvor mit der jeweiligen Landesärztekammer generell für solche Abfragen schriftlich
Festlegungen zu den technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Gewährleistung des Datenschutzes und

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/12427

der Datensicherheit zu treffen. Die Regelung wird dabei gleichzeitig an die Verordnung (EU) 2016/679 des Eu-
ropäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung
personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-
Grundverordnung, ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1) angepasst, indem der Verweis auf § 10 Absatz 2 des Bundes-
datenschutzgesetzes gestrichen wird. Schließlich wird in § 7 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 VRegV klargestellt, dass
diejenigen Daten, mit denen eine Registrierung abgefragt wird, zu protokollieren sind. Zu diesen Daten gehören
Vorname, Familienname, Geburtsname und Geburtsdatum derjenigen Person, zu der um Auskunft ersucht wird.
Die Protokollierung dieser Daten entspricht bereits der gängigen Praxis. Die Protokolle sollen künftig zudem auch
zur nachträglichen Überprüfung durch die jeweils zuständige Landesärztekammer, ob die Voraussetzungen des
§ 78b Absatz 1 Satz 2 BNotO vom ersuchenden Arzt eingehalten worden sind, verwendet werden können. Denn
die Bundesnotarkammer prüft nach § 7 Absatz 1 Satz 1 VRegV die Zulässigkeit eines Auskunftsersuchens nur,
wenn sie dazu nach den Umständen des Einzelfalls Anlass hat. Zur nachträglichen Überprüfung erhalten die Lan-
desärztekammern das Recht, beim Zentralen Vorsorgeregister Auskunft darüber zu verlangen, welche Auskünfte
einem Kammermitglied erteilt worden sind. Sollte ein Arzt Einsicht in das Zentrale Vorsorgeregister genommen
haben, ohne dass diese Einsicht für die Entscheidung über eine medizinische Behandlung erforderlich gewesen
ist, wäre dies im Sinne von § 2 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit § 2 Absatz 5 der (Muster-)Berufsordnung für
die in der Bundesrepublik Deutschland tätigen Ärzte berufsrechtswidrig. Die Protokolle können dann gegebenen-
falls im Rahmen eines berufsrechtlichen Verfahrens für die Zwecke der Beweisführung verwendet werden. Die
Landesärztekammer hat ihr zur Verfügung gestellte Protokolle ein Jahr nach ihrem Eingang zu löschen, sofern
die Protokolle nicht für weitere, bereits eingeleitete Prüfungen benötigt werden.

2. Zur Erhöhung der Betreuer- und Vormündervergütung

Zu Nummer 5 (Artikel 3 Nummer 3)

Nach der Übergangsvorschrift richten sich die Vergütungsansprüche von Betreuern und Vormündern für Leistun-
gen, die vor Inkrafttreten des Gesetzes erbracht wurden, einheitlich nach den bisher geltenden Stundensätzen.
Damit wird klargestellt, dass es für die Anwendbarkeit der neuen Stundensätze auch bei der Pauschalvergütung
für Betreuer nicht auf das Entstehen der Ansprüche im Sinne des § 9 Satz 1 VBVG ankommt, sondern allein auf
den Zeitpunkt, zu welchem die Leistung erbracht wurde.

Zu Nummer 5 (Artikel 7)

Die in den §§ 4 und 5 VBVG festgelegte Pauschalvergütung der Berufsbetreuer ist seit ihrer Einführung mit
Inkrafttreten des Zweiten Betreuungsrechtsänderungsgesetzes am 1. Juli 2005 unverändert. Die hierin vorgesehe-
nen Stundensätze und Stundenansätze sind durch eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe auf der Grundlage einer
rechtstatsächlichen Untersuchung aus dem Jahr 2003 bestimmt worden. Danach richtet sich die Vergütungshöhe
nach pauschalen gestaffelten Stundensätzen in Abhängigkeit von der beruflichen und akademischen Ausbildung
des Betreuers und beträgt derzeit 27 Euro, 33,50 Euro und 44 Euro (§ 4 VBVG). Diese Festsetzung wird ergänzt
durch die Bestimmung von pauschalen Stundenansätzen, die bei dem zu vergütenden Zeitaufwand des Berufsbe-
treuers in Ansatz zu bringen sind (§ 5 VBVG). Alleinige Differenzierungskriterien für den Stundenansatz sind
der gewöhnliche Aufenthaltsort des Betreuten, also ob dieser in einem Heim lebt oder zu Hause, und die Dauer
der Betreuung, wobei die Stundenansätze für mittellose Betreute im Vergleich zu bemittelten Betreuten geringer
bemessen sind. Die für die einzelne Betreuung zu leistende Vergütung bemisst sich aus dem Produkt des Stun-
denansatzes nach § 5 VBVG mit dem Stundensatz, der sich aus § 4 VBVG ergibt.

Die dem Berufsbetreuer zustehende Vergütung soll insgesamt einen seiner Qualifikation und Tätigkeit angemes-
senen Umfang erreichen. Deshalb muss die pauschal festgesetzte Vergütung so ausgestaltet sein, dass sie für die
von Berufsbetreuern wahrgenommenen Betreuungsleistungen den im Durchschnitt entstehenden Bearbeitungs-
aufwand im Wesentlichen auskömmlich entgilt (vgl. zu Insolvenzverwaltern: BGH, Beschluss vom 15. Januar
2004, IX ZB 98/03, Rn. 24). Berufsbetreuer nehmen im öffentlichen Interesse liegende Aufgaben wahr, die einen
erheblichen zeitlichen Einsatz verlangen und mit nicht unbeträchtlichen Haftungsrisiken verbunden sind. Die
hierfür vom Staat bestellten, selbständig tätigen Personen sind darauf angewiesen, eine auch ihre persönlichen
Bedürfnisse deckende Vergütung zu erhalten (vgl. BGHZ 116, 233, 238).

Nach über elf Jahren ist eine Anpassung der Stundensätze nach § 4 Absatz 1 VBVG mit Rücksicht auf die gestie-
genen Kosten und die Einkommensentwicklung vergleichbarer Berufsgruppen notwendig. Dabei ist zu berück-
sichtigen, dass die Stundensätze gemäß § 4 Absatz 2 Satz 1 VBVG auch Aufwendungsersatzansprüche sowie

Drucksache 18/12427 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

anfallende Umsatzsteuer abgelten (sogenannte Inklusivstundensätze). Eine Änderung der Umsatzsteuer führt da-
mit mittelbar zu einer Einkommensänderung, wenn der Inklusivstundensatz nicht angeglichen wird. So ist zum 1.
Januar 2007 die allgemeine Umsatzsteuer von 16 Prozent auf 19 Prozent erhöht worden, ohne dass die selbstän-
digen Berufsbetreuer einen Ausgleich für die hiermit verbundene Einkommenseinbuße erhalten hätten. Für die
Betreuungsvereine blieb es beim ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent. Zum 1. Juli 2013 ist dann die Umsatzsteuer
in Höhe von 19 Prozent für die selbständigen Berufsbetreuer und in Höhe von 7 Prozent für die Betreuungsvereine
weggefallen, was faktisch jeweils zu einer Einkommenserhöhung geführt hat, allerdings in einem geringeren Um-
fang als 19 Prozent bzw. 7 Prozent, da auch der steuerliche Vorteil der Vorsteuerabzugsberechtigung weggefallen
ist. So ist das Einkommen eines selbständigen Berufsbetreuers in dem maßgeblichen Zeitraum von 2005 bis 2016
um ca. 14 Prozent gestiegen (minus 3 Prozent Erhöhung der Umsatzsteuer 2007 plus 19 Prozent Wegfall der Um-
satzsteuer 2013 minus 2 Prozent Wegfall der Vorsteuerabzugsberechtigung = 14 Prozent), während das Einkom-
men von tarifbeschäftigten Sozialpädagogen der Eingruppierung TVöD S 12, Erfahrungsstufe 5, die als Berufs-
gruppe von den beruflichen Anforderungen her mit selbständigen Berufsbetreuern vergleichbar sind, in diesem
Zeitraum um 29,2 Prozent gestiegen ist (vgl. Tabelle 26 des zweiten Zwischenberichts des Instituts für Sozialfor-
schung und Gesellschaftspolitik [ISG] im Rahmen des Forschungsvorhabens „Qualität der rechtlichen Betreuung“
vom 2. Februar 2017, veröffentlicht unter www.bmjv.de). Um eine entsprechende Einkommenserhöhung wie bei
tarifbeschäftigten Sozialpädagogen zu erzielen, sind die Stundensätze daher um 15 Prozent zu erhöhen (29 Pro-
zent minus 14 Prozent). In der höchsten Vergütungsstufe 3 hat dies eine Anhebung von 44 Euro auf 50,50 Euro
(gerundet) zur Folge.

Die vorgesehene Erhöhung der Stundensätze um 15 Prozent ist auch deshalb geboten, weil andernfalls damit zu
rechnen ist, dass Berufsbetreuer noch mehr als bisher gezwungen sind, die allgemeine Lohn- und Preisentwick-
lung dadurch auszugleichen, dass sie ihre Fallzahlen an geführten Betreuungen (weiter) erhöhen. Die im erwähn-
ten zweiten Zwischenbericht des ISG dokumentierten Zahlen aus der Erhebung zeigen, dass selbständige Berufs-
betreuer bereits jetzt durchschnittlich 39 Betreuungen führen, wobei 45 Prozent der selbständigen Berufsbetreuer
mehr als 40 und davon 17 Prozent 55 und mehr Betreuungen führen (vgl. Tabelle 1 unter Ziffer 3.1.1 des Berichts).
Eine noch weitere Erhöhung der Fallzahlen hätte zur Folge, dass vielfach die gebotene persönliche Betreuung der
Betroffenen vernachlässigt werden müsste und auch im Übrigen Qualitätseinbußen bei der Betreuungsausübung
zu verzeichnen sein dürften. Die Vergütungserhöhung dient daher auch dem Ziel, eine möglichst hohe Qualität
der rechtlichen Betreuung in der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten und insbesondere eine konse-
quente Orientierung der Betreuungsführung am Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen, wie sie Artikel 12 der
UN-Behindertenrechtskonvention vorgibt, sicherzustellen.

Schließlich erscheint eine Erhöhung der Vergütung für Berufsbetreuer auch angezeigt, um eine existenzsichernde
Finanzierung der Betreuungsvereine sicherzustellen. Das Führen von Betreuungen durch Vereinsbetreuer ist er-
forderlich, damit die Vereine ihre ihnen gemäß § 1908f Absatz 1 Ziffer 3 BGB obliegende Aufgabe, sich plan-
mäßig um die Gewinnung ehrenamtlicher Betreuer zu bemühen und diese in ihre Aufgaben einzuführen, sie fort-
zubilden und sie sowie Bevollmächtigte zu beraten, mit dem hierfür nötigen Praxiswissen effektiv wahrnehmen
können. Um dem in der Praxis erkennbaren Trend entgegenzuwirken, dass Betreuungsvereine gezwungen sind,
zur Kostendeckung und letztlich zu ihrer Existenzsicherung immer mehr Betreuungen durch ihre Mitarbeiter zu
führen, erscheint die hier vorgesehene Vergütungserhöhung geboten. Damit soll zum einen auch bei den Betreu-
ungsvereinen eine möglichst hohe Qualität der Betreuungsführung in Konformität mit der UN-Behindertenrechts-
konvention gewährleistet werden. Zum anderen sollen die Betreuungsvereine in die Lage versetzt werden, auch
beruflich erfahrene Mitarbeiter mit entsprechend höherer tariflicher Eingruppierung dauerhaft zu beschäftigen.

Im Rahmen des vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz durchgeführten, bis Ende August
2017 laufenden Forschungsvorhabens zum Thema „Qualität der rechtlichen Betreuung“ wird auch das Pauschal-
vergütungssystem für Berufsbetreuer umfassend insbesondere daraufhin evaluiert, ob die gesetzlich festgelegten
pauschalierten Stundenansätze die Realität abbilden und die richtigen Anreize für eine gute Betreuung im Sinne
des deutschen Betreuungsrechts und der UN-Behindertenrechtskonvention bieten. Auf der Grundlage der dann
vorliegenden Forschungsergebnisse wird in der kommenden Legislaturperiode eingehend zu prüfen sein, ob das
geltende Pauschalvergütungssystem beibehalten oder durch ein alternatives System ersetzt werden soll.

Die Stundensätze des Vormunds gemäß § 3 Absatz 1 VBVG, die ebenfalls seit Inkrafttreten des Zweiten Betreu-
ungsrechtsänderungsgesetzes am 1. Juli 2005 unverändert sind, werden im Zuge der Erhöhung der Betreuerver-
gütung ebenfalls um 15 Prozent angehoben. Das ergibt für den bisherigen Stundensatz von 19,50 Euro einen

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/12427

neuen Stundensatz von gerundet 22,50 Euro, für den Stundensatz von 25 Euro einen gerundeten Stundensatz von
29 Euro und für den Stundensatz von 33,50 Euro einen gerundeten Stundensatz von nunmehr 38,50 Euro.

Die Erhöhung der in § 4 Absatz 1 VBVG vorgesehenen Stundensätze für Berufsbetreuer hat eine Steigerung der
Ausgaben der Landesjustizkassen in Höhe von 15 Prozent zur Folge. Gemessen an den für das Jahr 2015 vorlie-
genden statistischen Zahlen, wonach die Länder insgesamt 767 806 974 Euro für die an Berufsbetreuer zu leis-
tende Vergütung (ohne Aufwendungsersatz) ausgegeben haben, errechnet sich – wenn man eine gleichbleibende
Anzahl der von Berufsbetreuern geführten vergütungsrelevanten Betreuungen zugrunde legt – eine Steigerung
der Gesamtausgaben um 115 171 046 Euro auf rund 883 Mio. Euro. Eine Betrachtung für die Bundesländer Nord-
rhein-Westfalen, Sachsen und Bremen ergibt eine Kostensteigerung für Nordrhein-Westfalen in Höhe von rund
30 Mio. Euro, für Sachsen in Höhe von rund 7 Mio. Euro und für Bremen in Höhe von rund 1,2 Mio. Euro (sta-
tistische Quelle: Bundesamt für Justiz, Sondererhebung Verfahren nach dem Betreuungsgesetz 2015).

Für die Vergütung und den Aufwendungsersatz der Verfahrenspfleger wurden im Jahr 2015 bundesweit
18 658 823 Euro aus der Staatskasse aufgewendet (statistische Quelle: Bundesamt für Justiz, Sondererhebung
Verfahren nach dem Betreuungsgesetz 2015). Eine gesonderte Erhebung über die Ausgaben der Staatskasse allein
für die Vergütung der Verfahrenspfleger ist nicht vorhanden. Folglich kann lediglich angegeben werden, dass sich
der Teil des Gesamtbetrages von 18 658 823 Euro, der allein für die Vergütung aufgewendet wird, durch die
geplante Änderung um 15 Prozent erhöhen wird. Da 15 Prozent von 18 658 823 Euro rund 2,8 Mio. Euro betragen,
ist hierbei von einem Betrag auszugehen, der jedenfalls unter dieser Zahl liegt.

Zu den Kostensteigerungen, die durch die Erhöhung der Vormündervergütung entstehen werden, können keine
Aussagen gemacht werden. Die Zahl der vergüteten Vormundschaften und die daraus resultierenden Ausgaben
für die Länder werden nicht erfasst.

Zu Nummer 5 (Artikel 9)

Durch die Einfügung der neuen Artikel 7 und 8 findet sich die Regelung zum Inkrafttreten des Gesetzes nunmehr
in Artikel 9.

In Änderung des Vorschlages des Bundesrates wird das Inkrafttreten des Gesetzes auf den 1. Juli 2018 festgesetzt.
Bereits der Gesetzentwurf des Bundesrates hatte eine sechsmonatige Frist von der Verkündung bis zum Inkraft-
treten des Gesetzes vorgesehen. Mit dem weiteren Hinausschieben des Inkrafttretens soll der Bundesnotarkammer
ausreichend Zeit eingeräumt werden, die notwendigen Vorkehrungen für die vorgesehenen Änderungen bei der
Führung des Zentralen Vorsorgeregisters, insbesondere für die neu zu schaffenden Einsichtsmöglichkeiten für
Ärzte, zu treffen.

Keine Notwendigkeit für eine derart lange Übergangszeit besteht dagegen hinsichtlich der Erhöhung der Vergü-
tung der Betreuer, Vormünder und Verfahrenspfleger. Satz 2 sieht daher für die in Artikel 3 Nummer 3 und Arti-
kel 7 enthaltenen Regelungen ein Inkrafttreten bereits zum 1. Oktober 2017 vor.

Berlin, den 17. Mai 2017

Dr. Jan-Marco Luczak
Berichterstatter

Dr. Matthias Bartke
Berichterstatter

Harald Petzold (Havelland)
Berichterstatter

Katja Keul
Berichterstatterin

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.