BT-Drucksache 18/12341

Das Unternehmensanleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank

Vom 11. Mai 2017


11 Deutscher Bundestag Drucksache 18/12341
18. Wahlperiode 11.05.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Alexander Ulrich, Dr. Diether Dehm, Andrej Hunko,
Dr. Axel Troost, Klaus Ernst, Annette Groth, Inge Höger, Thomas Nord,
Dr. Petra Sitte und der Fraktion DIE LINKE.

Das Unternehmensanleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank

Seit Juni 2016 läuft das Corporate Securities Purchasing Programme (CSPP), in
dessen Rahmen die Europäische Zentralbank (EZB) sowohl auf dem Sekundär-
wie auch auf dem Primärmarkt Unternehmensanleihen kauft. Die Käufe werden
durch sechs nationale Notenbanken, u. a. die Bundesbank, getätigt. Ein Kritik-
punkt an dem Programm besteht darin, dass die EZB insbesondere durch die Pri-
märmarktkäufe aktiv in die Marktwirtschaft eingreift und so bestimmte Wirt-
schaftsakteure gegenüber anderen begünstigt. Hinzu kommt, dass kleine und mitt-
lere Unternehmen systematisch benachteiligt werden, da sie größtenteils keine
Anleihen emittieren, sondern ihr Fremdkapital über Hausbankkredite akquirieren
und auch schlechter in der Lage sind, die hohen Bonitätsanforderungen des CSPP
zu erfüllen. Zudem steht das Programm in der Kritik, weil offenbar überwiegend
klimaschädliche Wirtschaftszweige, wie die Öl- und die Automobilindustrie pro-
fitieren.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Leitlinien hat die EZB nach Kenntnis der Bundesregierung der Bun-

desbank (und den anderen im CSPP eingebundenen nationalen Notenban-
ken) wann übermittelt?
Wo sind diese Leitlinien einsehbar?

2. Über welche weiteren Vereinbarungen zwischen EZB und Bundesbank be-
züglich des Kaufs von Unternehmensanleihen hat die Bundesregierung
Kenntnis?

3. Nach welchen Kriterien erfolgt der Anleihekauf durch die Bundesbank im
Rahmen des CSPP?
Welche Kriterien wurden wann von der EZB übermittelt, und gibt es weitere
spezifische Kriterien, denen die Bundesbank folgt, die aber nicht den Anlei-
hekäufen sämtlicher am CSPP beteiligter Notenbanken zugrunde liegen?

4. Welche Berichte der Bundesbank gegenüber der EZB bezüglich der Käufe
von Unternehmensanleihen im Rahmen des CSPP sind der Bundesregierung
bekannt?

Drucksache 18/12341 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. Wie ist das CSPP nach Kenntnis der Bundesregierung zeitlich und bezüglich
des finanziellen Umfangs begrenzt?

6. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den so genannten hypothe-
tischen Vergleichsindex, der Medienberichten zufolge den Kaufentscheidun-
gen im Rahmen des CSPP zugrunde liegt (www.handelsblatt.com/finanzen/
geldpolitik/europaeische-zentralbank-diese-unternehmensanleihen-kauft-
draghi/13891984.html)?

7. In welchem Umfang haben
a) die Bundesbank und
b) die weiteren im CSPP eingebundenen Notenbanken
auf dem Primärmarkt und auf dem Sekundärmarkt bisher nach Kenntnis der
Bundesregierung Unternehmensanleihen gekauft und ggf. verkauft (bitte
Umsätze seit Beginn des CSPP und aktuelle Bestände angeben)?

8. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die einzelnen Verkäufe
a) der Bundesbank und
b) die weiteren im CSPP eingebundenen Notenbanken
in Hinblick auf die Zahl und den Wert der Anleihen sowie den Anteil der
emittierten Anleihen, die gezeichnet wurden (bitte vollständig auflisten)?

9. Wie hoch sind die im Zuge des CSPP bisher realisierten Gewinne bzw. Ver-
luste (u. a. durch Zinseinnahmen und Kursgewinne bzw. -verluste, bitte ge-
trennt auflisten)?

10. Wie groß ist nach Kenntnis der Bundesregierung bei den bisherigen CSPP-
Anleihekäufen durch
a) die Bundesbank und
b) die weiteren im CSPP eingebundenen Notenbanken
der Anteil der von KMU emittierten Anleihen?

11. Wie groß ist nach Kenntnis der Bundesregierung
a) in Deutschland und
b) in der Eurozone
der Anteil der KMU, der Anleihen emittiert, die für Käufe im Rahmen des
CSPP infrage kämen?

12. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass große Unternehmen im
CSPP Vorteile gegenüber KMU haben, weil sie häufiger Anleihen emittieren
und eher in der Lage sind, die zugrunde liegenden Bonitätskriterien zu erfül-
len?

13. Welche Sektoren und Unternehmen profitieren nach Kenntnis und Einschät-
zung der Bundesregierung hauptsächlich vom CSPP?

14. Wie bewertet die Bundesregierung den Sachverhalt, dass bis November 2016
bei den getätigten Anleihekäufen im Rahmen des CSPP Öl-, Gas- und Elek-
trizitätskonzerne besonders häufig zum Zuge kamen (https://corporateeurope.
org/economy-finance/2016/12/ecb-quantitative-easing-funds-multinationals-
and-climate-change)?

15. Wie bewertet die Bundesregierung den Sachverhalt, dass bis November 2016
bei den durch die Bundesbank getätigten Anleihekäufen im Rahmen des
CSPP die Automobilindustrie besonders häufig zum Zuge kam (https://
corporateeurope.org/economy-finance/2016/12/ecb-quantitative-easing-funds-
multinationals-and-climate-change)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12341

16. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Eigentümerstruktur der

Unternehmen, die bisher vom CSPP profitierten?
17. Ist es aus Sicht der Bundesregierung generell legitim und wünschenswert,

dass die EZB durch direkte Anleihekäufe von Unternehmen aktiv in die Wirt-
schaft eingreift, und wenn ja, nach welchen Prinzipien sollten die Unterneh-
men ausgewählt werden, die auf diese Weise in den Genuss attraktiver zu-
sätzlicher Finanzierungsmöglichkeiten kommen?

18. Sind die Ankäufe von Unternehmensanleihen auf dem Primärmarkt nach
Einschätzung der Bundesregierung durch das Mandat der EZB gedeckt (bitte
begründen)?

19. Wie positioniert sich die Europäische Kommission in ihrer Rolle als „Hüterin
der Verträge“ nach Kenntnis der Bundesregierung zum CSPP?

20. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über beim Europäischen Ge-
richtshof anhängige Klagen gegen das CSPP?

21. Wie schätzt die Bundesregierung die bisherige Wirksamkeit des CSPP (z. B.
auf die Refinanzierungskosten und Liquidität der Realwirtschaft in Deutsch-
land und in anderen europäischen Ländern) ein, und wie beurteilt sie die wei-
teren Zukunftsaussichten und die Erforderlichkeit des Programms?

Berlin, den 11. Mai 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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