BT-Drucksache 18/11820

Gemeinsame Programmierung deutscher und europäischer Entwicklungszusammenarbeit

Vom 30. März 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11820
18. Wahlperiode 30.03.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Annalena Baerbock, Marieluise Beck (Bremen),
Dr. Franziska Brantner, Agnieszka Brugger, Tom Koenigs, Dr. Tobias Lindner,
Omid Nouripour, Cem Özdemir, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin,
Dr. Frithjof Schmidt, Jürgen Trittin, Doris Wagner und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Gemeinsame Programmierung deutscher und europäischer
Entwicklungszusammenarbeit

Die Paris-, Accra- und Busan-Konferenzen haben das Thema der Wirksamkeit
von Entwicklung ins Zentrum der internationalen Debatte über Entwicklungszu-
sammenarbeit (EZ) gestellt. Die sogenannte Global Partnership for Effective De-
velopment Cooperation (GPEDC) führt seit dem Jahr 2012 die Umsetzung der
Vereinbarungen von Paris, Accra und Busan fort. Das letzte hochrangige Treffen
fand im Dezember 2016 in Nairobi statt. Seit Beginn des Prozesses ist verabredet,
dass sich die Geberländer untereinander besser koordinieren und Ressourcen zu-
sammentragen und dass die Eigenverantwortlichkeit der Partnerländer gestärkt
wird („Ownership“). Anstelle von Einzelprojekten soll auch die abgestimmte und
arbeitsteilige Programmorientierung in den Vordergrund rücken.
Gerade für die Europäische Union (EU) und ihre Mitgliedstaaten als zusammen-
genommen größtem Geber für Entwicklungszusammenarbeit spielt die Abstim-
mung ihrer EZ-Aktivitäten eine elementare Rolle. Im Ratsbeschluss vom 14. No-
vember 2011 (www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_data/docs/pressdata/EN/
foraff/126060.pdf) haben sich die EU und ihre Mitgliedstaaten darauf verständigt,
auf Länderebene zu einer gemeinsamen Programmierung in der Entwicklungszu-
sammenarbeit (Joint Programming – JP) überzugehen und diesen Beschluss in
Busan bekräftigt (www.oecd.org/dac/effectiveness/49650173.pdf). JP wird seit-
dem schrittweise in den Partnerländern der deutschen und europäischen Entwick-
lungspolitik eingeführt. Jedoch findet JP weder in allen Partnerländern der EU
statt, noch sind alle EU-Mitgliedstaaten in JP-Programmen involviert. In den
Ratsschlussfolgerungen von Mai 2016 zu „Stepping up Joint Programming“
(http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-8831-2016-INIT/en/pdf)
ist das Ziel formuliert JP auszuweiten.
Laut Informationen des Joint Programming Tracker der Europäischen Kommission
(https://europa.eu/capacity4dev/joint-programming/document/joint-programming-
tracker) ist Deutschland im Jahr 2017 in 52 Partnerländern in JP eingebunden. Im
Jahr 2016 waren es 47 Länder. Während Deutschland sein Engagement für JP
ebenso wie andere Staaten (UK, Belgien, Dänemark) erhöht hat, haben andere
Staaten das ihrige jedoch zurückgefahren (Frankreich, Italien, Polen, Ungarn).
Inwieweit und wo die Bundesregierung konkret plant ihr Engagement für JP aus-
zuweiten bleibt unklar.

Drucksache 18/11820 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welchen Stellenwert nimmt die gemeinsame Programmierung mit anderen

EU-Mitgliedstaaten in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ein?
2. Wie treibt die Bundesregierung das Thema Joint Programming aktiv voran?
3. Welche Rolle spielte Joint Programming auf dem zweiten hochrangigen Fo-

rum der Globalen Partnerschaft für eine wirksame EZ in Nairobi 2016, und
wie hat sich die Bundesregierung dort konkret für JP eingesetzt?

4. Welcher Anteil der deutschen Entwicklungsprojekte je Partnerland sind Teil
des JP der EU (bitte nach Partnerländern, Jahren – 2011 bis 2016 – und fi-
nanziellem Umfang aufschlüsseln)?

5. Welcher monetäre Anteil der deutschen bilateralen Entwicklungsgelder fügt
sich in die gemeinsame Programmierung der EU-Mitgliedstaaten im jewei-
ligen Partnerland ein (bitte nach Partnerländern und Jahren – 2011 bis 2016 –
aufschlüsseln)?

6. Gibt es Länder in denen Gelder der deutschen EZ ausschließlich im Rahmen
von JP umgesetzt werden?

7. Wie und gemeinsam mit welchen Partnern setzt sich die Bundesregierung
auf europäischer Ebene und gegenüber anderen Mitgliedstaaten dafür ein, die
gemeinsame Programmierung auszuweiten?

8. Wie gestaltet sich hier die Zusammenarbeit zwischen deutschen Institutio-
nen, der Generaldirektion Entwicklung (DG DEVCO) und dem Europäi-
schen Auswärtigen Dienst?

9. Wurden durch JP von deutscher Seite finanzielle Einsparungen durch ver-
minderte Transferkosten realisiert?
Wenn ja, in welcher Höhe?

10. Wie steht die Bundesregierung zu dem Prinzip, dass die JP-Federführung
vom Partnerland übernommen werden soll?
In welchen Ländern mit aktiven JP-Programmen ist dies nicht der Fall?
Welcher Akteur hat in diesen Ländern die Federführung inne?

11. In welchen Partnerländern der deutschen EZ, in denen andere EU-Mitglied-
staaten JP betreiben, partizipiert Deutschland nicht an diesem?

Warum (bitte für jedes Partnerland gesondert begründen)?
12. In welchen Partnerländern der deutschen EZ ist eine gemeinsame Program-

mierung mit anderen EU-Mitgliedstaaten vorgesehen?

Wann soll diese starten?
13. Welche Aufgaben werden im Rahmen der gemeinsamen Programmierung

von deutschen staatlichen Institutionen und deutschen Auslandsvertretungen
ausgeführt, und welche Aufgaben wurden an Institutionen der EU abgege-
ben?

14. In welchen Partnerländern der deutschen EZ sind Nicht-EU-Geber in Joint-
Programming-Prozesse involviert?

Welche?
15. Welche positiven und welche negativen Erfahrungen wurden bisher in Bezug

auf die gemeinsame Programmierung von EZ-Aktivitäten gemacht, und wel-
che Schlüsse zieht die Bundesregierung daraus?

16. Inwieweit hat nach Kenntnis der Bundesregierung JP zu mehr Politikkohä-
renz für Entwicklung geführt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11820

17. Welchen Stellenwert nehmen Budgethilfen und andere Instrumente pro-

grammorientierter Gemeinschaftsfinanzierung in bestehenden JP-Vorhaben
ein?

18. Welche Lehren zieht die Bundesregierung aus den JP-Erfahrungen in fragi-
len Staaten wie Haiti und Südsudan?

19. Welche Wirkungen hat JP aus Sicht der Bundesregierung in Bezug auf eine
internationale Arbeitsteilung unter dem Gesichtspunkt „EZ-Waisen“ („aid
orphans“) und „EZ-Lieblinge“ („aid darlings“)?

20. Welche Rolle soll neben dem JP die gemeinsame Implementierung bislang
und künftig spielen („joint action – joint implementaion“), und welche Hal-
tung hat die Bundesregierung hierzu?

21. Welche Erkenntnisse und Wirkungen haben sich laut Kenntnis der Bundes-
regierung bislang durch die Evaluation zum JP auf EU-Ebene ergeben, und
welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung hieraus?

Berlin, den 30. März 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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