BT-Drucksache 18/11780

zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Keul, Renate Künast, Dr. Franziska Brantner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/9675 - Internationale rechtliche Zusammenarbeit stärken und ausbauen

Vom 29. März 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11780
18. Wahlperiode 29.03.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Keul, Renate Künast, Dr. Franziska
Brantner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/9675 –

Internationale rechtliche Zusammenarbeit stärken und ausbauen

A. Problem
Die Antragsteller zielen auf die Feststellung des Deutschen Bundestages ab, dass
der freie und gleiche Zugang zum Recht und zu einem funktionierenden Justiz-
wesen unerlässliche Voraussetzung für einen stabilen und nachhaltigen Frieden
sei.

Der Deutsche Bundestag solle daher die Leistung der Expertinnen und Experten,
die ihre Expertise in bi- und multilateralen Projekten und für Friedens- und
Rechtsstaatsmissionen der Vereinten Nationen (VN), der Europäischen Union
(EU) und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE)
einbringen, anerkennen. Die internationale rechtliche Zusammenarbeit sei schon
seit den 1990er-Jahren Bestandteil deutscher Außen-, Justiz-, Wirtschafts- und
Entwicklungspolitik. Die Deutsche Stiftung für internationale rechtliche Zusam-
menarbeit (IRZ), das Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) sowie die
Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ) leisteten
als die für Deutschland zentralen Durchführungsorganisationen in diesem Bereich
seit Jahren exzellente Arbeit. Ebenso sei das Engagement der politischen Stiftun-
gen und vieler Nichtregierungsorganisationen im Bereich der internationalen
rechtlichen Zusammenarbeit hervorzuheben, die sowohl eigenständig als auch
vielfach in enger Partnerschaft mit den Durchführungsorganisationen tätig seien.

Um noch mehr Expertinnen und Experten aus allen Justizbereichen für die Teil-
nahme an der internationalen rechtlichen Zusammenarbeit zu begeistern, sei es
notwendig, die bisherigen Maßnahmen in den Bereichen Information und Anwer-
bung, Durchführung und Nachbereitung zu verstärken und auszubauen.

Bei der internationalen rechtlichen Zusammenarbeit handele es sich um eine ge-
samtstaatliche Aufgabe, für deren Erfolg Bund und Länder gleichermaßen in der
Verantwortung stünden. Angesichts der Flüchtlingssituation und der zahlreichen
Appelle, die Lage in den Herkunftsländern zu verbessern, solle sich der Deutsche

Drucksache 18/11780 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bundestag für einen weiteren Ausbau der internationalen rechtlichen Zusammen-
arbeit aussprechen. Die bisherige Orientierung der IRZ auf EU-Beitrittskandida-
ten, China, Vietnam, die Russische Föderation und die Transitionsländer des Na-
hen Ostens und Nordafrikas solle erweitert und entsprechende Angebote für inte-
ressierte Staaten sollten entwickelt werden.

Nach Auffassung der Antragsteller soll der Deutsche Bundestag die Bundesregie-
rung auffordern,

1. zügig darauf hinzuwirken, dass eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe für eine Stär-
kung und Weiterentwicklung der internationalen rechtlichen Zusammenarbeit
ihre Arbeit aufnimmt;

2. im deutschen Recht die Freistellung von Richterinnen und Richtern sowie
Staatsanwältinnen und Staatsanwälten sowie Rechtsanwältinnen und Rechtsan-
wälten und Juristinnen und Juristen für Auslandsmissionen besser zu ermöglichen
und insbesondere Stellen im Bereich der Justiz zu schaffen, auf die von den Län-
dern freigestellte Justizbedienstete für die Dauer ihres Einsatzes im Ausland ab-
geordnet werden können;

3. sich auf VN-, EU- und OSZE-Ebene dafür einzusetzen, dass über deren Pro-
gramme zur rechtlichen Zusammenarbeit Angebote zu allen Rechtsbereichen be-
reitgehalten werden, und den Durchführungsorganisationen die dafür notwendi-
gen Mittel bereitzustellen;

4. Mittel zur Verfügung zu stellen, um bei deutschen Rechtsexperten und Rechts-
expertinnen verstärkt für eine internationale Verwendung zu werben und Wege
zu finden, um die Freistellungen schneller und unbürokratischer zu ermöglichen;

5. Mittel zur Verfügung zu stellen, mit denen unter Richter- und Staatsanwalt-
schaften, Anwaltskammern und Nichtregierungsorganisationen, Verbänden so-
wie Justizbediensteten für die Teilnahme an internationalen Friedens- und Rechts-
staatsmissionen geworben werden kann und mit denen Fort- und Weiterbildungs-
maßnahmen für diese Personengruppen angeboten werden können, die auf eine
Tätigkeit im Rahmen von internationalen Friedens- und Rechtsstaatsmissionen
vorbereiten.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD
und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN.

C. Alternativen
Keine.

D. Kosten
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11780
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 18/9675 abzulehnen.

Berlin, den 29. März 2017

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz

Renate Künast
Vorsitzende

Dr. Jan-Marco Luczak
Berichterstatter

Bettina Bähr-Losse
Berichterstatterin

Harald Petzold (Havelland)
Berichterstatter

Katja Keul
Berichterstatterin

Drucksache 18/11780 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Dr. Jan-Marco Luczak, Bettina Bähr-Losse, Harald
Petzold (Havelland) und Katja Keul

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache 18/9675 in seiner 190. Sitzung am 22. September 2016
beraten und an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zur federführenden Beratung und an den Aus-
wärtigen Ausschuss, den Haushaltsausschuss, den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, den Aus-
schuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie an den Ausschuss für die Angelegenheiten
der Europäischen Union zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Auswärtiger Ausschuss hat die Vorlage auf Drucksache 18/9675 in seiner 80. Sitzung am 19. Oktober 2016
beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags.

Der Haushaltsausschuss hat die Vorlage auf Drucksache 18/9675 in seiner 89. Sitzung am 30. November 2016
beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. gegen die Stimmen der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat die Vorlage auf Drucksache 18/9675 in seiner
74. Sitzung am 30. November 2016 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion
DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat die Vorlage auf Drucksache
18/9675 in seiner 71. Sitzung am 30. November 2016 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung
des Antrags.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union hat die Vorlage auf Drucksache 18/9675 in
seiner 82. Sitzung am 29. März 2017 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD
und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 18/9675 in seiner 122. Sit-
zung am 30. November 2016 beraten und vertagt. Er hat die Vorlage auf Drucksache 18/9675 in seiner 138. Sit-
zung am 29. März 2017 sodann abschließend beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU,
SPD und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des An-
trags.

Die Fraktion DIE LINKE. erklärte, sie sei grundsätzlich für eine Verbesserung der internationalen rechtlichen
Zusammenarbeit. Mit dem vorliegenden Antrag könne das Ziel jedoch nur bedingt erreicht werden. Der konzep-
tionelle Ansatz erinnere zu stark an Missionierung. In der internationalen rechtlichen Zusammenarbeit sollten
auch Alternativen zum Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland dargestellt werden.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wies darauf hin, dass der Antrag realpolitisch formuliert sei. Er sei
ursprünglich als interfraktioneller Antrag konzipiert gewesen und habe Anregungen aus der Praxis aufgenommen.
Beispielsweise sei es für Interessierte schwierig, von offenen Stellen in der internationalen rechtlichen Zusam-
menarbeit zu erfahren. Auch mangele es an der Informationsweitergabe sowie an der Vor- und Nachbereitung
von Einsätzen. Der Antrag stelle eine Unterstützung der Arbeit der Bundesregierung bei ihren Bemühungen zur
Verbesserung der internationalen rechtlichen Zusammenarbeit dar. Da ein interfraktioneller Antrag nicht zu

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11780
Stande gekommen sei, werde dieser Antrag nunmehr durch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Ab-
stimmung gestellt.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte die Notwendigkeit der Förderung von Rechtstaatlichkeit durch die interna-
tionale rechtliche Zusammenarbeit. Sie hielt den Antrag für sinnvoll, aber für verbesserungsbedürftig und daher
nicht für zustimmungsfähig. Dies betreffe beispielsweise die Forderungen zur Freistellung von Richtern. Es sei
notwendig, sich auch in der kommenden Wahlperiode mit der Thematik zu beschäftigen. Die Fraktion regte an,
mit den Beteiligten der internationalen rechtlichen Zusammenarbeit ins Gespräch zu kommen.

Die Fraktion der SPD vertrat die Auffassung, dass die internationale rechtliche Zusammenarbeit auf vielen Ebe-
nen vollzogen werde. Es sei daher nicht richtig, mit diesem Antrag zu suggerieren, internationale rechtliche Zu-
sammenarbeit finde nicht statt. Es müsse vielmehr geprüft werden, ob nicht Optimierungsbedarf hinsichtlich der
Verteilung auf verschiedene Strukturen bestehe.

Die Bundesregierung merkte an, der Antrag sei in weiten Teilen überholt. Das Geforderte gehöre bereits zur
ständigen Praxis der internationalen rechtlichen Zusammenarbeit. So gebe es eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe
zum internationalen Einsatz von Justizbediensteten. Auch bestünden bereits die notwendigen rechtlichen Rah-
menbedingungen zur Entsendung von Justizbeschäftigten. Die Bundesregierung werbe auf verschiedenen Ebenen
für den Einsatz von Expertinnen und Experten im Rahmen internationaler Friedens- und Rechtsstaatsmissionen.

Berlin, den 29. März 2017

Dr. Jan-Marco Luczak
Berichterstatter

Bettina Bähr-Losse
Berichterstatterin

Harald Petzold (Havelland)
Berichterstatter

Katja Keul
Berichterstatterin

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