BT-Drucksache 18/11259

Die Ausübung von Zwang in psychiatrischen Einrichtungen

Vom 16. Februar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11259
18. Wahlperiode 16.02.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Maria Klein-Schmeink, Corinna Rüffer,
Elisabeth Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche, Dr. Harald Terpe,
Dr. Franziska Brantner, Katja Dörner, Kai Gehring, Ulle Schauws, Tabea Rößner,
Doris Wagner, Beate Walter-Rosenheimer, Volker Beck (Köln), Britta Haßelmann,
Katja Keul, Dr. Tobias Lindner, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Ausübung von Zwang in psychiatrischen Einrichtungen

Innerhalb der verfassungs- und menschenrechtlichen Normen wird in Deutsch-
land an psychisch kranken und kognitiv beeinträchtigten Menschen nach wie vor
Zwang ausgeübt, sofern eine erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung befürchtet
wird.
Nach Bundesrecht dürfen betreute Personen, die aufgrund einer psychischen Er-
krankung oder einer kognitiven Beeinträchtigung die Notwendigkeit einer frei-
heitsentziehenden Maßnahme nicht erkennen oder nach dieser Einsicht nicht han-
deln können, unter bestimmten Voraussetzungen gegen ihren Willen in einer psy-
chiatrischen Klinik oder einem Heim untergebracht und in ihrer Bewegungsfrei-
heit eingeschränkt werden, beispielsweise durch Bettgitter, Fixierungen, Einsper-
ren oder sedierende Medikamente. Darüber hinaus ist es erlaubt, einsichtsunfä-
hige betreute Personen unter engen Voraussetzungen im Rahmen einer Unterbrin-
gung zur Abwendung eines erheblichen gesundheitlichen Schadens gegen ihren
Willen ärztlich zu behandeln. Ebenso sind öffentlich-rechtliche Zwangsmaßnah-
men nach Landesrecht zulässig sowie nach den Vorschriften des Maßregelvoll-
zugs.
Zwangsmaßnahmen sind tiefgreifende Eingriffe in die Freiheitsrechte von Men-
schen und einige Betroffene wünschen sich ein komplettes Verbot. Solange
Zwangsmaßnahmen stattfinden, müssen sie streng kontrolliert werden. Menschen
mit länger andauernden psychischen Erkrankungen zählen nach allen gebräuch-
lichen gesetzlichen Definitionen zu den Menschen mit Behinderungen. Die An-
wendung von Zwang in der Psychiatrie ist daher im Lichte der Vorgaben der UN-
Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) zu bewerten, die mit ihrer Ratifizierung
im Jahr 2009 Gesetzeskraft in Deutschland erlangt hat. Der UN-Fachausschuss
für die Rechte von Menschen Behinderungen, der im Jahr 2015 erstmals die Um-
setzung der UN-BRK in Deutschland überprüft hat, ist besorgt über die Anwen-
dung von Zwang und unfreiwilliger Behandlung gegenüber Menschen mit psy-
chosozialen Behinderungen sowie den Mangel an verfügbaren Daten über
Zwangsunterbringungen und -behandlungen und empfiehlt, mögliche Menschen-
rechtsverletzungen in der psychiatrischen Versorgung und in der Altenpflege zu
untersuchen (s. Abschließende Bemerkungen über den ersten Staatenbericht
Deutschlands vom 13. Mai 2015). Die Fragesteller setzen sich seit Jahren dafür

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ein, das Selbstbestimmungsrecht aller Personen zu stärken und Zwangsmaßnah-
men weitestgehend zu vermeiden. Zwangsmaßnahmen dürfen nur als allerletztes
Mittel unter strengen Voraussetzungen erlaubt sein, wenn andere, mildere Maß-
nahmen nicht möglich sind.
Der Bundesgesetzgeber hat zum Schutz der Grundrechte von Menschen mit einer
psychischen Erkrankung im Jahr 2013 die betreuungsrechtliche Einwilligung in
eine ärztliche Zwangsmaßnahme in § 1906 Absatz 3, 3a des Bürgerlichen Gesetz-
buchs (BGB) neu geregelt und begrenzt. Die Änderung erfolgte zur Umsetzung
zweier Entscheidungen des Bundesgerichtshofes, der in Abkehr von seiner bishe-
rigen Rechtsprechung das Fehlen einer den verfassungsrechtlichen Anforderun-
gen genügenden gesetzlichen Grundlage für eine betreuungsrechtliche Zwangs-
behandlung festgestellt hatte (Az.: XII ZB 99/12 und Az.: XII ZB 130/12). Zudem
hat die Bundesregierung zur Umsetzung einer Entscheidung des Bundesverfas-
sungsgerichts vom 26. Juli 2016 (1 BvL 8/15) nun einen Gesetzentwurf zur Än-
derung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen von ärztlichen Zwangsmaß-
nahmen und zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Betreuten vorge-
legt, mit dem eine ärztliche Zwangsmaßnahme auch im offen stationären Be-
reich ermöglicht werden soll.
Vier Jahre nach der Reform des § 1906 BGB ist es an der Zeit zu überprüfen, ob
die betreuungsrechtliche Neuregelung sich in der Praxis bewährt hat und welcher
Handlungsbedarf zum Schutz der Selbstbestimmung und Freiheit von Personen
mit psychischen Erkrankungen und kognitiven Beeinträchtigungen noch besteht.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Hat die Bundesregierung die Auswirkungen der o. g. Reform des Betreu-

ungsrechts von 2013 evaluiert?

Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

Unterbringungen
2. Wie viele Personen mit psychischen Erkrankungen oder kognitiven Beein-

trächtigungen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Zeitraum von
2006 bis 2016 jährlich gegen ihren Willen untergebracht (bitte nach zivil-
rechtlichen, öffentlich-rechtlichen und strafrechtsbezogenen Unterbringun-
gen, nach Personen mit psychischer Erkrankung und kognitiver Beeinträch-
tigung sowie nach Geschlecht aufschlüsseln)?

3. Sollte die Zahl der Unterbringungen in den letzten zehn Jahren gestiegen
sein, worauf führt die Bundesregierung den Anstieg zurück?

4. Gibt es regionale Unterschiede hinsichtlich der Anzahl genehmigter Unter-
bringungen, und wenn ja, worauf sind diese nach Einschätzung der Bundes-
regierung zurückzuführen (z. B. Praxis der Gerichte, Strukturen des offenen
psychiatrischen Hilfesystems, Krankheitsbild der Patientinnen und Patien-
ten)?

5. Wie viele Unterbringungen dauerten im Zeitraum von 2006 bis 2016 jährlich
bis zu 14 Tage, zwei bis sechs Wochen, 1,5 bis drei Monate, vier bis sechs
Monate, sieben bis zwölf Monate, ein bis zwei Jahre, zwei bis fünf Jahre,
fünf bis zehn Jahre und über zehn Jahre (bitte nach zivilrechtlichen, öffent-
lich-rechtlichen und strafrechtsbezogenen Unterbringungen sowie nach ab-
soluten Zahlen und Anteilen an der Gesamtzahl aufschlüsseln)?

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Ärztliche Zwangsmaßnahmen

6. Wie viele ärztliche Zwangsmaßnahmen bei einwilligungsunfähigen Perso-
nen haben Betreuungsgerichte nach Kenntnis der Bundesregierung im Zeit-
raum von 2006 bis 2016 jährlich genehmigt, im Eilverfahren angeordnet
bzw. abgelehnt (bitte nach Betreuungsrecht, öffentlich-rechtlichem Unter-
bringungsrecht und Maßregelvollzugsrecht, nach Personen mit psychischer
Erkrankung und kognitiver Beeinträchtigung sowie nach Geschlecht auf-
schlüsseln)?

7. a) Wie viele der genehmigten oder angeordneten ärztlichen Zwangsmaßnah-
men wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Zeitraum von 2006
bis 2016 jährlich verlängert (bitte nach Betreuungsrecht, öffentlich-recht-
lichem Unterbringungsrecht und Maßregelvollzugsrecht aufschlüsseln)?

b) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Dauer der im Zeit-
raum von 2006 bis 2016 jährlich durchgeführten ärztlichen Zwangsmaß-
nahmen bei einwilligungsunfähigen Personen (bitte nach Betreuungsrecht,
öffentlich-rechtlichem Unterbringungsrecht und Maßregelvollzugsrecht
aufschlüsseln)?

8. Verfügt die Bundesregierung über Informationen über den Einfluss der Ent-
scheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofes
zur Unzulässigkeit der ärztlichen Zwangsmaßnahme sowie der darauf fol-
genden Reform des § 1906 BGB auf die Genehmigungspraxis der Betreu-
ungsgerichte?

9. Wie viel Prozent der in psychiatrischen Einrichtungen behandelten Personen
haben nach Kenntnis der Bundesregierung im Zeitraum von 2006 bis 2016
jährlich ärztliche Zwangsmaßnahmen erfahren?

10. Verfügt die Bundesregierung über Informationen über den Einfluss der Ent-
scheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofes
zur Unzulässigkeit der ärztlichen Zwangsmaßnahme sowie der darauf fol-
genden Reform des § 1906 BGB auf die Praxis in den Kliniken bei der An-
wendung von ärztlichen Zwangsmaßnahmen?

11. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Unterschiede hinsichtlich der
Anzahl genehmigter ärztlicher Zwangsmaßnahmen in Kliniken, Regionen
und Ländern, und wenn ja, worauf sind diese nach Einschätzung der Bun-
desregierung zurückzuführen (z. B. Praxis der Gerichte, Haltung und Anzahl
des Personals in den Krankenhäusern, Krankheitsbild der Patientinnen und
Patienten)?

12. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Art der im Zeitraum
von 2006 bis 2016 jährlich durchgeführten ärztlichen Zwangsmaßnahmen
(bspw. Zwangsmedikation, Zwangsoperation, Zwangsernährung) bei einwil-
ligungsunfähigen Personen?

13. Welche Studien und sonstigen Informationen liegen der Bundesregierung
über den Nutzen von ärztlichen Zwangsmaßnahmen vor?

14. Welche Studien und sonstigen Informationen liegen der Bundesregierung
über schädliche Wirkungen von ärztlichen Zwangsmaßnahmen vor (z. B.
Traumata, Vertrauensverlust zu medizinischem Personal)?

Drucksache 18/11259 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

15. a) Hält die Bundesregierung die Weiterentwicklung von pflegerischen und

medizinischen Leitlinien zur Durchführung von Zwangsbehandlungen in
psychiatrischen Kliniken für notwendig (vgl. britische N.I.C.E guideline
„Violence and aggression: short-term management in mental health,
health and community settings“)?

b) Wenn nein, warum nicht?
c) Wenn ja, auf welche Weise wird sie sich dafür einsetzen?

16. Hält die Bundesregierung Konkretisierungen zu den Anforderungen an Gut-
achten und ärztliche Zeugnisse für notwendig, um die Einschätzungen von
Gutachterinnen und Gutachtern sowie Ärztinnen und Ärzten zu vereinheitli-
chen und zu verhindern, dass bei Vorliegen einer psychischen Krankheit vor-
schnell von dem Zustand der Einwilligungsunfähigkeit ausgegangen wird,
und wenn nein, warum nicht?

17. Hält die Bundesregierung Konkretisierungen zu den Anforderungen an Gut-
achten und ärztliche Zeugnisse für notwendig, damit insbesondere die Be-
achtung des Patientenwillens sowie alternative, weniger belastende Maßnah-
men ausreichend geprüft werden, um sicherzustellen, dass die ärztliche
Zwangsmaßnahme tatsächlich nur als letztes Mittel durchgeführt wird, und
wenn nein, warum nicht?

Freiheitsentziehende Maßnahmen (u. a. Fixierung, Isolierung, sedierende Medi-
kamente)
18. Wie viele freiheitsentziehende Maßnahmen haben nach Kenntnis der Bun-

desregierung Betreuungsgerichte im Zeitraum von 2006 bis 2016 jährlich ge-
nehmigt, im Eilverfahren angeordnet bzw. abgelehnt (bitte nach Betreuungs-
recht, öffentlich-rechtlichem Landesrecht sowie Maßregelvollzugsrecht, da-
nach, ob die Maßnahme in einem Krankenhaus, einem Heim oder einer sons-
tigen Einrichtung durchgeführt wurde, nach Personen mit psychischer Er-
krankung und kognitiver Beeinträchtigung sowie nach Geschlecht aufschlüs-
seln)?

19. Wie viel Prozent der Personen, die sich in Krankenhäusern, Heimen oder
sonstigen Einrichtungen aufhalten, haben nach Kenntnis der Bundesregie-
rung im Zeitraum von 2006 bis 2016 jährlich freiheitsentziehende Maßnah-
men erfahren?

20. a) Wie viele der genehmigten oder angeordneten freiheitsentziehenden Maß-
nahmen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Zeitraum von
2006 bis 2016 jährlich verlängert?

b) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Dauer der im Zeit-
raum von 2006 bis 2016 jährlich durchgeführten freiheitsentziehenden
Maßnahmen (bitte nach zivilrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Rechts-
grundlagen aufschlüsseln)?

21. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Art der im Zeitraum
von 2006 bis 2016 jährlich durchgeführten freiheitsentziehenden Maßnah-
men (bspw. Medikation, Fixierung, Isolierung)?

22. a) Welche Studien und sonstigen Informationen liegen der Bundesregierung
über den Nutzen sowie über schädliche Wirkungen von freiheitsentzie-
henden Maßnahmen für Betroffene vor?

b) Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus diesen Studien?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11259

23. a) In welchen Bundesländern werden nach öffentlich-rechtlichem Landes-

recht sedierende Medikamente gegen den Willen einer Person ohne vor-
herige richterliche Genehmigung gegeben?

b) Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die genehmigungsfreie Gabe
von sedierenden Medikamenten gegen den Willen einer Person der Recht-
sprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Unzulässigkeit von ärztli-
chen Zwangsmaßnahmen widerspricht, und wenn nein, warum nicht?

24. Inwieweit hält die Bundesregierung die zwangsweise Gabe von Medikamen-
ten zum Zwecke der Sedierung gemäß § 1906 Absatz 4 BGB für vereinbar
mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zulässigkeit von
ärztlichen Zwangsmaßnahmen (bitte begründen)?

Wenn nein, wird sie entsprechende gesetzliche Änderungen vorschlagen?
25. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Einschätzung des

UN-Fachausschusses, dass die Anwendung von Zwangsmaßnahmen nicht
mit der UN-BRK vereinbar ist?

Maßnahmen zur Zwangsvermeidung
26. Welche Interventionen, Haltungen und organisatorischen Veränderungen er-

möglichen es nach Kenntnis der Bundesregierung einigen psychiatrischen
Krankenhäusern, innerhalb ihrer Einrichtung auf Zwang zu verzichten (z. B.
Anzahl und Haltung des Personals, Einbeziehung der Patientinnen und Pati-
enten sowie deren Angehöriger, Deeskalationsstrategien, Einbeziehung Psy-
chiatrieerfahrener)?

27. a) Welche Studien sind der Bundesregierung über Ansätze zur Vermeidung
von Zwangsmaßnahmen bekannt, und inwieweit hält sie eine weitere For-
schung darüber für notwendig, und warum?

b) Wenn die Bundesregierung weiteren Forschungsbedarf sieht, welche For-
schungsaufträge plant sie wann zu vergeben?

28. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung unterschiedliche Verhaltenswei-
sen von Männern und Frauen, z. B. bei aggressivem Verhalten, die ge-
schlechterspezifische Maßnahmen zur Zwangsvermeidung erforderlich ma-
chen, und welche Studien sind ihr hierzu bekannt?

29. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Erkenntnis-
sen der Fachwelt, nach denen offene Türen innerhalb der Station Gewalt un-
ter Patientinnen und Patienten sowie die Häufigkeit von Zwangsmaßnahmen
reduzierten (vgl. Sollberger & Lang, Psychiatrie mit offenen Türen, Nerven-
arzt 85: 319-325 – 2014 –; DGPPN, Leitlinien „Therapeutische Maßnahmen
bei aggressivem Verhalten in der Psychiatrie und Psychotherapie“)?

30. Welche Maßnahmen verfolgt die Bundesregierung, um die Fort- und Wei-
terbildung des medizinischen Personals in Hinblick auf ärztliche Zwangs-
maßnahmen sowie deren Vermeidung voranzutreiben?

31. a) Hält die Bundesregierung die Weiterentwicklung der bislang vorliegen-
den Leitlinien zur Vermeidung von Zwang in psychiatrischen Kliniken für
notwendig, und wenn nein, warum nicht?

b) Wenn ja, auf welche Weise wird sie sich dafür einsetzen?

Drucksache 18/11259 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

32. Welche Relevanz kommt nach Einschätzung der Bundesregierung Patienten-

verfügungen im psychiatrischen Alltag zu?
33. Wie viele psychiatrische Krankenhäuser und Abteilungen weisen nach

Kenntnis der Bundesregierung Patientinnen und Patienten auf die Möglich-
keit einer Behandlungsvereinbarung hin und unterstützen sie bei deren Er-
stellung?

34. a) Inwieweit ist die Bundesregierung der Ansicht, dass Krankenhäuser dazu
verpflichtet werden sollten, Patientinnen und Patienten auf die Möglich-
keit einer Behandlungsvereinbarung hinzuweisen und auf Wunsch bei der
Erstellung zu unterstützen, und auf welche Weise wird sich die Bundesre-
gierung dafür einsetzen?

b) Wenn die Bundesregierung eine entsprechende Verpflichtung ablehnt,
warum?

35. a) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Zwang vermeidende
Wirkungen der Beteiligung von Psychiatrieerfahrenen in psychiatrischen
Einrichtungen?

b) Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um die Beteili-
gung von Psychiatrieerfahrenen in psychiatrischen Einrichtungen zu för-
dern?

Transparenz und Kontrolle
36. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Zahl, Inhalt und Ausgang

der seit 2013 erfolgten außergerichtlichen und gerichtlichen Verfahren we-
gen rechtswidrig durchgeführter Unterbringungen, ärztlicher Zwangsmaß-
nahmen und freiheitsentziehender Maßnahmen?

37. a) Ist die Bundesregierung der Meinung, dass Daten zu Häufigkeit, Art und
Durchführung von ärztlichen Zwangsmaßnahmen langfristig erhoben und
ausgewertet werden sollten, um die Einhaltung verfassungsrechtlicher
und menschenrechtlicher Gebote zu überprüfen und sicherzustellen?

b) Wenn ja, was plant sie, um ein solches Monitoring einzuführen?
c) Welche Institution sollte nach Meinung der Bundesregierung das Moni-

toring der ärztlichen Zwangsmaßnahmen übernehmen und ggf. auf kriti-
sche Entwicklungen aufmerksam machen?

38. a) In welchen Bundesländern gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung
Statistiken über Zwangsunterbringungen und Zwangsmaßnahmen?

b) Welche Daten zu Zwangsunterbringungen und Zwangsmaßnahmen wer-
den konkret in diesen Ländern erhoben, und von wem?

c) An welche Stellen werden die erhobenen Daten zu welchem Zweck wei-
tergeleitet?

d) Gibt es eine länderübergreifende Abstimmung über die zu erhebenden
Daten?

39. Warum beabsichtigt die Bundesregierung im Rahmen der im aktuellen Ge-
setzentwurf zur Zulässigkeit von ärztlichen Zwangsmaßnahmen vorgesehe-
nen Evaluierung nur Art und Häufigkeit von ärztlichen Zwangsmaßnahmen
zu untersuchen, aber nicht deren Durchführung?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/11259

40. a) Wird die Bundesregierung den Vorschlag umsetzen, dem Deutschen Bun-

destag regelmäßig einen Bericht zur Versorgung und Teilhabe von Men-
schen mit psychischen Erkrankungen vorzulegen, um Problemlagen zu er-
kennen und ggf. Reformen einzuleiten, und wird sie einen entsprechenden
Bericht in Auftrag geben (vgl. Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychi-
atrie e. V.: „Regelmäßige Berichte zur Lage der Psychiatrie – Stillstand
und Teillösungen überwinden, Psychiatriereform weiterführen, 28. April
2014)?

b) Wenn nein, warum nicht?
41. In welchen Bundesländern wurden nach Kenntnis der Bundesregierung Be-

suchskommissionen einberufen, die Krankenhäuser, in denen Personen nach
Landesrecht untergebracht sind, unangemeldet besuchen und daraufhin über-
prüfen, ob die Unterbringung und Behandlung der untergebrachten Personen
den landesrechtlichen Vorgaben entsprechen?

42. Welche Verbesserungen konnten nach Kenntnis der Bundesregierung durch
die Kontrolle der Besuchskommissionen in den jeweiligen Ländern erzielt
werden?

43. a) Wie schätzt die Bundesregierung die Möglichkeiten für Besuchskommis-
sionen ein, während der Kontrollgänge vor Ort auch die Situation von Per-
sonen zu untersuchen, die nach Betreuungsrecht untergebracht sind, und
was wird sie unternehmen, um solche Kontrollen zu fördern?

b) Wenn nein, warum nicht?
44. Hält die Bundesregierung die Übertragung des Konzepts der Besuchskom-

missionen auf stationäre Einrichtungen der Behindertenhilfe, die freiheitsbe-
schränkende Maßnahmen anwenden, für sinnvoll, und wie begründet sie ihre
Haltung?

Berlin, den 14. Februar 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

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