BT-Drucksache 18/11254

Nichtberücksichtigung älterer Arbeitsuchender in der Arbeitslosenstatistik

Vom 15. Februar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11254
18. Wahlperiode 15.02.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Beate Müller-Gemmeke, Corinna Rüffer,
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Markus Kurth, Ekin Deligöz, Britta Haßelmann,
Dr. Tobias Lindner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Nichtberücksichtigung älterer Arbeitsuchender in der Arbeitslosenstatistik

Die gesetzliche Regelung § 53a Absatz 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch
(SGB II) führt dazu, dass erwerbsfähige Leistungsberechtigte, denen nach Voll-
endung des 58. Lebensjahrs ein Jahr lang keine sozialversicherungspflichtige Be-
schäftigung angeboten wurde, nach diesem Zeitraum offiziell nicht mehr als ar-
beitslos gelten, obwohl sie nach wie vor nach einer neuen Arbeit suchen. Die
Bundesregierung rechtfertigt dieses Vorgehen damit, dass diese Gruppe „zwar
nicht erklärtermaßen, aber faktisch der Arbeitsvermittlung nur begrenzt zur Ver-
fügung“ stünde (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zu
Frage 4 auf Bundestagsdrucksache 18/5757).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Personen fielen jeweils in den Jahren von 2012 bis 2016 neu unter

die Sonderregelung für Ältere gemäß § 53a Absatz 2 SGB II?
2. Wie viele Personen sind jeweils im Jahresdurchschnitt von 2012 bis 2016

unter die Regelung des § 53a Absatz 2 SGB II gefallen?
3. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über

a) Geschlecht,
b) Qualifikation,
c) anerkannte Schwerbehinderungen
d) und Alter (in den Altersstufen von 59 bis 60, 61 bis 62, 63 bis 64 und ab

65)
derjenigen Personen, die im Jahr 2016 unter die Regelung des § 53a Absatz 2
SGB II fielen?

4. Wie viele Ältere, die unter die Regelung des § 53a Absatz 2 SGB II fallen,
sind jeweils in den Jahren von 2012 bis 2016
a) insgesamt,
b) in Erwerbstätigkeit (bitte nach Beschäftigung am ersten und zweiten Ar-

beitsmarkt und nach sonstiger Erwerbstätigkeit unterscheiden),
c) in sonstige Maßnahmeteilnahmen (ausgenommen Maßnahmen zur Akti-

vierung und beruflichen Eingliederung),

Drucksache 18/11254 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
d) in Nichterwerbstätigkeit (bitte nach Arbeitsunfähigkeit, fehlende Verfüg-
barkeit bzw. Mitwirkung und sonstige Nichterwerbstätigkeit unterschei-
den),

e) wegen § 12a SGB II (sogenannte vorzeitige Altersrente) bzw.
f) wegen sonstiger Gründe bzw. keine Angaben
abgegangen (bitte wenn möglich nach Geschlecht, Qualifikation und aner-
kannter Schwerbehinderung differenzieren), und wie lange fallen erwerbsfä-
hige Leistungsberechtigte nach Kenntnis der Bundesregierung durchschnitt-
lich unter die Regelung nach § 53a Absatz 2 SGB II?

5. Welchen Anspruch auf Beratung, Vermittlung und Förderung haben Perso-
nen, die unter die Regelung des § 53a Absatz 2 SGB II fallen, im Vergleich
zu erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, und werden mit diesen Personen
Eingliederungsvereinbarungen nach § 15 SGB II abgeschlossen?

6. Wie hat sich die Aktivierungsquote von Personen, die unter die Regelung des
§ 53a Absatz 2 SGB II fallen, in den Jahren von 2012 bis 2016
a) insgesamt,
b) in Abgrenzung zur Aktivierungsquote für erwerbsfähige Leistungsbe-

rechtigte, die zwar 59 Jahre und älter sind, jedoch nicht unter § 53a Ab-
satz 2 SGB II fallen

c) sowie im Vergleich zur Aktivierungsquote für alle Arbeitsuchenden
entwickelt?

7. Wie oft haben Mitarbeiter des Jobcenters mit
a) Arbeitsuchenden,
b) Personen, die unter die Regelung nach § 53a Absatz 2 SGB II fallen
c) und Arbeitsuchenden, die älter als 59 Jahre alt sind,
im jährlichen Durchschnitt Kontakt im Rahmen eines Beratungsgesprächs?

8. Sollten der Bundesregierung zu den obigen Fragen keine Erkenntnisse und
somit auch keine detaillierte Informationen über den hier relevanten Perso-
nenkreis vorliegen – auf welcher Grundlage bewertet die Bundesregierung
dann die Wirkung der Regelung nach § 53a Absatz 2 SGB II auf die Be-
troffenen und ihre Chancen auf eine neue Beschäftigung?

9. Wie hätte sich die Zahl der Langzeitarbeitslosen in Deutschland seit dem Jahr
2012 entwickelt, wenn anders als in § 53a Absatz 2 SGB II geregelt, er-
werbsfähige Leistungsberechtigte, die nach Vollendung des 58. Lebensjahrs
mindestens für die Dauer von zwölf Monaten Leistungen der Grundsiche-
rung für Arbeitsuchende bezogen haben, ohne dass ihnen eine sozialversi-
cherungspflichtige Beschäftigung angeboten wurde, weiterhin als arbeitslos
gelten würden (bitte Jahresdaten jeweils für Langzeitarbeitslose und Perso-
nen in § 53a Absatz 2 SGB II sowie insgesamt und getrennt nach Rechtskrei-
sen angeben)?

10. Wie hoch wäre im Dezember 2016 die Zahl der Arbeitsuchenden im Alter
von 55 bis unter 65 Jahren im SGB II sowie ihr Anteil an allen Arbeitslosen
im SGB II ohne die Regelung nach § 53a SGB II Absatz 2 gewesen, und wie
hoch wäre im Dezember 2016 ohne diese Regelung die Arbeitslosenquote
bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen der 55 bis unter 65-Jährigen im
SGB II gewesen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11254

11. Plant die Bundesregierung die Änderung bzw. Abschaffung des § 53a

SGB II Absatz 2 vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der
schrittweisen Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre, und wenn
nein, wieso nicht?

Berlin, den 14. Februar 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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