BT-Drucksache 18/10727

Offene Fragen zum Freihandelsabkommen CETA - Konkrete Umsetzung der Auflagen des Bundesverfassungsgerichts

Vom 16. Dezember 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10727
18. Wahlperiode 16.12.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Klaus Ernst, Wolfgang Gehrcke, Christine Buchholz,
Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger, Andrej Hunko, Susanna Karawanskij,
Jutta Krellmann, Katrin Kunert, Thomas Lutze, Dr. Alexander S. Neu,
Thomas Nord, Richard Pitterle, Michael Schlecht, Dr. Petra Sitte,
Dr. Axel Troost, Alexander Ulrich und der Fraktion DIE LINKE.

Offene Fragen zum Freihandelsabkommen CETA – Konkrete Umsetzung der
Auflagen des Bundesverfassungsgerichts

Dies ist die letzte von drei Kleinen Anfragen zu CETA und enthält Fragen zur
vorläufigen Anwendung und zum gemischten CETA-Ausschuss. In seinem Urteil
vom 13. Oktober 2016 – 2 BvR 1368/16 – hat das Bundesverfassungsgericht die
Zustimmung des deutschen Vertreters im Rat der Europäischen Union (EU) zum
Beschluss über die vorläufige Anwendung von CETA an drei Maßgaben hinsicht-
lich des Umfangs der vorläufigen Anwendung, der demokratischen Rückbindung
der Ausschüsse und der Beendigung der vorläufigen Anwendung gebunden. Die
Bundesregierung ist der Auffassung, sie habe die Maßgaben umfassend erfüllt.
Daran gibt es erhebliche Zweifel (vgl. etwa Ausarbeitung der Unterabteilung Eu-
ropa des Deutschen Bundestages PE 6 – 3000 – 156/16).

Wir fragen die Bundesregierung:

I. Vorläufige Anwendung
1. Welche rechtliche Wirkung haben die rechtswahrenden Erklärungen zur vor-

läufigen Anwendung wie die Protokollerklärungen 13541/16 Nr. 3 (Ver-
kehr), Nr. 4 (Kapitel 22 bis 24), Nr. 16 (gegenseitige Anerkennung von
Berufsqualifikationen) und Nr. 17 (Arbeitnehmerschutz)?
a) Werden diese Bereiche damit von der vorläufigen Anwendung ausgenom-

men oder lässt das nur die Zuständigkeitsverteilung zwischen EU und
Mitgliedstaaten im Übrigen unberührt?

b) Inwiefern unterscheiden sich die rechtswahrenden Erklärungen im
Ratsprotokoll von den im Ratsbeschluss zur vorläufigen Anwendung vor-
genommenen Ausnahmen von der vorläufigen Anwendung?

c) Wie verhält sich die Regelung zu den Kapiteln 22 bis 24 im Ratsbeschluss
zur vorläufigen Anwendung zur Erklärung Nr. 4 der Protokollerklärun-
gen?

Drucksache 18/10727 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Welche rechtliche Wirkung – insbesondere Kanada gegenüber – hat die Pro-
tokollerklärung Nr. 15, womit der Rat bestätigt, dass die vorläufige Anwen-
dung nur für Angelegenheiten gilt, die in den Zuständigkeitsbereich der EU
fallen?
a) Welche Verfahren greifen, wenn Kanada eine Vorschrift für vorläufig an-

wendbar hält, diese aber nicht in den Zuständigkeitsbereich der EU fällt?
b) Was passiert, wenn beispielsweise Slowenien (vgl. Erklärung Nr. 23) und

der Rat unterschiedliche Auffassungen darüber haben, ob eine Vorschrift
in nationale oder unionale Zuständigkeit fällt?

3. Welche Bereiche im CETA liegen nach der von der Bundesregierung ange-
kündigten Prüfung (vgl. Antwort zu Frage 7 auf Bundestagsdrucksache
18/9048) im Kompetenzbereich der Mitgliedstaaten, welche in alleiniger
EU-Kompetenz und welche in gemischter Kompetenz (bitte einzeln nen-
nen)?

II. Gemischter CETA-Ausschuss
4. Welche rechtliche Wirkung hat die Protokollerklärung Nr. 19 zu Beschlüs-

sen des Gemischten CETA-Ausschusses?
5. Nach welcher unionsrechtlichen Vorschrift und nach welchem Verfahren ge-

nau wird der von der Union und den Mitgliedstaaten im Gemischten CETA-
Ausschuss einzunehmende Standpunkt zu einem Beschluss, der in die Zu-
ständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, einvernehmlich festgelegt?

III. Beendigung der vorläufigen Anwendung
6. Welche rechtliche Wirkung hat die Protokollerklärung Nr. 20 des Rates zur

Beendigung der vorläufigen Anwendung?
a) Was sind die dort genannten Verfassungsverfahren im Einzelnen?
b) Wie ist das Verhältnis zur Erklärung Nr. 37 A von Belgien?
c) Was sind die in der Erklärung Nr. 20 erwähnten erforderlichen Schritte

und EU-Verfahren konkret?
d) Kann der Rat ohne die Kommission tätig werden?
e) Was passiert, wenn sich im Rat keine qualifizierte Mehrheit findet?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10727
7. Welche rechtliche Wirkung haben beispielsweise die Protokollerklärungen
Nr. 21 und Nr. 22 von Deutschland, Österreich und Polen zur Beendigung
der vorläufigen Anwendung?
Wie verträgt sich die Auffassung der Bundesregierung, dass sie die vorläu-
fige Anwendung des Abkommens nach Artikel 30.7 Absatz 3 Buchstabe c
CETAE durch schriftliche Notifikation einseitig beenden kann (vgl. Bundes-
verfassungsgericht, Urteil vom 13. Oktober 2016 – 2 BvR 1368/16 u. a.,
Rn. 72) mit den Aussagen des EU-Verhandlungsführers für CETA Mauro
Petriccione im INTA-Ausschuss des Europäischen Parlaments am 10. No-
vember 2016, wonach eine unilaterale Beendigung durch einen Mitgliedstaat
nicht möglich sei („there is no such thing“) und die vorläufige Anwendung
nur durch die europäischen Institutionen beendet werden könne (www.
europarl.europa.eu/news/en/news-room/20161026IPR49225/committee-on-
international-trade-meeting-10112016-(am), bitte begründen)?

Berlin, den 15. Dezember 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

http://www.europarl.europa.eu/news/en/news-room/20161026IPR49225/committee-on-international-trade-meeting-10112016-(am)
http://www.europarl.europa.eu/news/en/news-room/20161026IPR49225/committee-on-international-trade-meeting-10112016-(am)
http://www.europarl.europa.eu/news/en/news-room/20161026IPR49225/committee-on-international-trade-meeting-10112016-(am)
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