BT-Drucksache 18/10718

Rolle Russlands bei den Kampfhandlungen in der Ostukraine

Vom 14. Dezember 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10718
18. Wahlperiode 14.12.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Annalena Baerbock,
Dr. Franziska Brantner, Agnieszka Brugger, Uwe Kekeritz, Tom Koenigs,
Dr. Tobias Lindner, Omid Nouripour, Cem Özdemir, Claudia Roth (Augsburg),
Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt, Jürgen Trittin, Doris Wagner und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Rolle Russlands bei den Kampfhandlungen in der Ostukraine

Der mit dem Minsker Abkommen vom 12. Februar 2015 („Minsk II“-Abkommen)
vereinbarte Waffenstillstand in der Ostukraine ist weiterhin brüchig. Die Special
Monitoring Mission der OSZE (OSZE SMM) berichtet von täglichen Schuss-
wechseln zwischen den von Russland unterstützten bewaffneten Kräften und den
ukrainischen Streitkräften an der Kontaktlinie. Dabei kommen auch schwere
Waffen zum Einsatz.
Die Verhandlungen zur Implementierung des „Minsk II“-Abkommens gestalten
sich ausgesprochen zäh. Dabei ist insbesondere die zeitliche Abfolge der im Ab-
kommen zur Umsetzung vereinbarten Punkte strittig. Festzuhalten ist, dass ge-
genwärtig nicht einmal grundlegende Verabredungen des „Minsk II“-Abkom-
mens, wie die Einhaltung des Waffenstillstands, der Abzug schwerer Waffen und
der (uneingeschränkte und vollständige) Zugang für die OSZE-Mission, realisiert
sind (FAZ vom 30. November 2016, SZ vom 21. Oktober 2016).
Erschwert werden die internationalen Verhandlungen, die vor allem im sogenann-
ten Normandie-Format unter Beteiligung Deutschlands, Frankreichs, der Ukraine
und Russlands sowie in der trilateralen Kontaktgruppe durchgeführt werden,
dadurch, dass sich Russland bis heute nicht als Konfliktpartei sieht.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hat sich die Einhaltung des Waffenstillstands in der Ostukraine seit Un-

terzeichnung des „Minsk II“-Abkommens am 12. Februar 2015 insgesamt
entwickelt?

2. In welcher Größenordnung kommt es nach den Beobachtungen der OSZE
SMM pro Tag zu Verletzungen des Waffenstillstands (im Durchschnitt und
mit welchen Spitzenwerten)?

3. Wie hat sich die Zahl der Waffenstillstandsverletzungen im Jahr 2016 entwi-
ckelt, und haben wir es gegenwärtig mit einer nachlassenden, gleichbleiben-
den oder ansteigenden Tendenz zu tun?

Drucksache 18/10718 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Welche Personengruppen, nichtstaatlichen oder staatlichen Strukturen sind
generell in Betracht zu ziehen, um die Beteiligung nichtukrainischer Akteure
an den Kampfverbänden in den nicht von der ukrainischen Regierung kon-
trollierten Gebieten zu ermessen (z. B. reguläre russische Streitkräfte, Ge-
heimdienste, Angehörige paramilitärischer oder substaatlicher Sicherheits-
strukturen aus dem Ausland, private Sicherheitsdienste, Söldner usw.)?

5. Wie hat sich die Anzahl der in der Ostukraine befindlichen regulären Ange-
hörigen der russischen Streitkräfte seit Beginn der Kampfhandlungen entwi-
ckelt?

6. Wie hoch ist die der Bundesregierung bekannte Höchstzahl regulärer Ange-
höriger der russischen Streitkräfte, die sich seit Beginn der Kampfhandlun-
gen in der Ostukraine aufgehalten haben?

7. Wie hoch ist der gegenwärtige Anteil regulärer Angehöriger der russischen
Streitkräfte an den in den nicht von der ukrainischen Regierung kontrollier-
ten Gebieten befindlichen Kampfverbänden?

8. Welchen Truppengattungen gehören diese regulären Angehörigen der russi-
schen Streitkräfte an?

9. Verfügt die Bundesregierung über Informationen bezüglich der Rotation von
in den nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten anwe-
senden Angehörigen der regulären russischen Streitkräfte?

10. Wie ist die russische Rechtslage zur Beteiligung von regulären Militärange-
hörigen an Kampfhandlungen und außerstaatlichen Kampfverbänden außer-
halb ihrer Dienstzeit?

11. In welchem Umfang sind gegenwärtig andere am Konfliktgeschehen im wei-
teren Sinne beteiligte und nicht aus der Ukraine stammende Personen – wie
etwa Angehörige russischer Geheimdienst- und Sicherheitsstrukturen oder
Angehörige paramilitärischer oder substaatlicher Strukturen (wie z. B. die
Kampfverbände des tschetschenischen Präsidenten oder Kampfverbände aus
postsowjetischen Konfliktgebieten wie Transnistrien, Abchasien, Südosse-
tien) – in den nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten
aktiv?

12. In welchem Umfang sind seit Jahresbeginn 2016 nicht reguläre Kämpfer
über die russische Grenze in die nicht von der ukrainischen Regierung kon-
trollierten Gebiete eingereist?

13. Über welche konventionellen Waffensysteme verfügen gegenwärtig die re-
gulären russischen Streitkräfte sowie die irregulären Kampfverbände in den
nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten – bitte einzeln
auflisten nach Stückzahl und Waffensystem:
a) Kampfpanzer,
b) Artillerie,
c) geschützte Truppentransporter,
d) mobile Luftabwehrsysteme,
e) mobile Systeme für den elektronischen Kampf und zur Störung der Kom-

munikation?
14. Wie hoch ist gegenwärtig die Anzahl der den Kampfverbänden in den nicht

von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten verfügbaren Pan-
zer – soweit bekannt, ggf. auch geschätzt –, und wie groß ist darunter min-
destens der Anteil der seit Beginn der Kampfhandlungen aus Russland in die
genannten Gebiete gelieferten Panzer?

15. Woher stammen die übrigen Panzer?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10718

16. Wie viele Panzer sind gezählt worden, die seit Unterzeichnung des „Minsk II“-

Abkommens aus Russland über die russisch-ukrainische Grenze in die nicht
von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebiete gelangt sind?

17. In welchem Umfang wurden seit August 2016 Waffensysteme und sonstige
militärisch verwendbare Güter wie Munition, Fahrzeuge, Kraftstoff etc. aus
Russland in die nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebiete
geliefert?

18. Welche Bedeutung hat nach Einschätzung der Bundesregierung insgesamt
die militärische Unterstützung aus Russland für die Kampffähigkeit der in
den nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten befindli-
chen Kampfverbände?

19. Wie ist die Tendenz der militärischen Unterstützung nach Kenntnis der Bun-
desregierung seitens Russlands seit Inkrafttreten des „Minsk II“-Abkommens?

20. In welchem Umfang wurden bislang im Jahr 2016 verwundete oder getötete
mutmaßliche Kampfbeteiligte aus den nicht von der ukrainischen Regierung
kontrollierten Gebieten nach Russland verbracht?

21. Welche Gebiete konnten bis heute nicht von der OSZE SMM betreten wer-
den, da der Mission der Zugang verweigert wurde?

22. Welche Quellen und technischen Einrichtungen stehen der Bundesregierung
zur Verfügung, um sich über den Transport von Kämpfern und/oder militä-
rischer Ausrüstung über die russische Grenze in die nicht von der ukraini-
schen Regierung kontrollierten Gebiete zu informieren?

Berlin, den 13. Dezember 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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