BT-Drucksache 18/1061

Zugang zum Arbeitslosengeld für kurzzeitig Beschäftigte

Vom 3. April 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1061
18. Wahlperiode 03.04.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau), Sigrid Hupach, Diana Golze,
Matthias W. Birkwald, Dr. Rosemarie Hein, Katja Kipping, Jutta Krellmann,
Cornelia Möhring, Harald Petzold (Havelland), Azize Tank, Kathrin Vogler,
Harald Weinberg, Birgit Wöllert, Jörn Wunderlich, Pia Zimmermann und
der Fraktion die LINKE.

Zugang zum Arbeitslosengeld für kurzzeitig Beschäftigte

Im Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gibt es mit § 142 Absatz 2 eine
Regelung, die überwiegend kurzzeitig Beschäftigten unter bestimmten Bedin-
gungen einen Zugang zum Arbeitslosengeld ermöglichen soll, auch für den Fall,
dass sie nicht innerhalb der Rahmenfrist von zwei Jahren eine Versicherungszeit
von zwölf Monaten nachweisen können. Bisherige Teilevaluierungen zeigen
jedoch, dass die bis Ende 2014 geltende Regelung nur eine kleine Minderheit der
kurzzeitig Beschäftigten nutzen kann (IAB-Kurzbericht 19/2012; IAB = Institut
für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit). Das be-
trifft gerade auch die Kulturschaffenden, für die diese Regelung aufgrund ihrer
besonderen Beschäftigungssituationen insbesondere gedacht war.
In ihrem Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD verabredet, eine An-
schlussregelung einzuführen, „die den Besonderheiten von Erwerbsbiographien
in der Kultur hinreichend Rechnung trägt. Unter anderem soll es für sie eine von
zwei auf drei Jahre verlängerte Rahmenfrist geben, innerhalb derer die Anwart-
schaftszeit für den Bezug von Arbeitslosengeld I erfüllt werden muss“ (Deutsch-
lands Zukunft gestalten, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, S. 48).
Es gibt allerdings Zweifel daran, dass eine Anschlussregelung, die lediglich die
Rahmenfrist von zwei auf drei Jahre verlängert, die bisherigen Defizite der
Regelung beheben kann. Das gilt sowohl für den Kreis der Kulturschaffenden
wie auch vieler anderer kurzeitig Beschäftigter.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie bewertet die Bundesregierung die Wirksamkeit der derzeitigen Regelung

nach § 142 Absatz 2 SGB III bezogen auf das Ziel, Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer, die bedingt durch Besonderheiten ihres Berufes bzw. ihrer
branchenspezifischen Tätigkeit überwiegend nur kurzzeitig beschäftigt sein
können, einen Zugang zum Arbeitslosengeld I zu eröffnen?

2. Inwiefern soll die in der Koalitionsvereinbarung angedeutete Anschluss-
regelung unbefristet sein, und inwiefern plant die Bundesregierung konkrete
Änderungen der Zugangsbedingungen in § 142 Absatz 2 SGB III (bitte aus-
führen)?

Drucksache 18/1061 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Wie viele Anspruchsberechtigte haben in der Bundesrepublik Deutschland
sowie in den einzelnen Bundesländern seit der Inkraftsetzung des § 142 Ab-
satz 2 SGB III Arbeitslosengeld für welche Dauer und in welcher Höhe
erhalten (bitte jeweils auch für einzelne Zeiträume in den letzten Jahren dif-
ferenzieren, um eine Vergleichbarkeit in der Entwicklung darzustellen)?

4. Wie hoch ist die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die über-
wiegend kurzzeitig beschäftigt sind, unabhängig davon, ob sie die Zugangs-
voraussetzungen nach § 142 Absatz 2 SGB III erfüllen?
Welche Angaben lassen sich hinsichtlich der besonders betroffenen Bran-
chen bzw. Berufsgruppen sowie bestimmter sozialer Merkmale machen
(bitte jeweils konkrete Zahlen angeben)?
Sofern keine Statistiken vorliegen, welche Schätzungen existieren dazu?

5. In welchen 20 Berufsgruppen waren die meisten Anspruchsberechtigten
tätig (bitte konkrete Zahlen bzw. Anteile nennen)?

6. Wie hoch sind die durchschnittlichen Verdienste der Beschäftigten in diesen
20 Berufsgruppen und wie damit verglichen die durchschnittlichen Ein-
künfte über alle Berufe hinweg?

7. In welchen zwölf Branchen kommen kurzfristige Beschäftigungen am häu-
figsten vor (bitte konkrete Zahlen bzw. Anteile nennen)?

8. In welchen 20 Berufsgruppen kommen kurzfristige Beschäftigungen am
häufigsten vor (bitte konkrete Zahlen bzw. Anteile nennen)

9. Wie hoch sind die Anzahl und der Anteil der Anträge, die aufgrund der
Nichterfüllung der Anspruchsvoraussetzung nach § 142 Absatz 2 Nummer 1
SGB III abgelehnt wurden (bitte auch nach Geschlecht aufgliedern)?

10. Wie hoch ist der Anteil der arbeitslos werdenden Kunst- und Kulturschaf-
fenden, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben, und wie hoch der
Anteil, der aufgrund der Nichterfüllung der Anspruchsvoraussetzung um-
gehend in Hartz IV rutscht?

11. Wie hoch sind die Zahl und der Anteil der Anträge, die aufgrund der Nicht-
erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen des § 142 Absatz 2 Nummer 2
SGB III abgelehnt wurden?

12. In welchem Umfang haben in den Jahren 2012 und 2013 die Einkommen
aus den kurzzeitigen Arbeitsverhältnissen den Betrag der Bezugsgröße des
§ 18 Absatz 1 SGB IV überschritten (bitte Zahl und Anteil angeben)?

13. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung darüber vor, dass kurz-
zeitig Beschäftigte erst gar keinen Antrag auf Arbeitslosengeld I stellen, ob-
wohl sie potenziell anspruchsberechtigt wären (wenn möglich, hier bitte
Zahlen nennen), und welche Gründe sind dazu bekannt bzw. denkbar?

14. Inwiefern gestaltet sich nach Ansicht der Bundesregierung das Antragsver-
fahren für potenziell Antragsberechtigte zu kompliziert (vgl. Geschäftsan-
weisung der Bundesagentur für Arbeit zu § 142 SGB III, Anlage 4), bzw.
sind viele Betroffenen nicht oder nur schwer in der Lage, den Anforderun-
gen der Antragstellung nachzukommen?
Wie kann nach Ansicht der Bundesregierung auf ein solches mögliches Pro-
blem reagiert werden?

15. Wie würde sich die Zahl der Anspruchsberechtigten darstellen, wenn die
Rahmenfrist auf drei Jahre ausgedehnt wird (bitte, sofern möglich, rück-
blickend für die letzten fünf Jahre und aktuelle Zahlen zu den Berechtigten
nennen)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1061
16. Welche Auswirkungen wären zu erwarten, wenn die allgemeine Anwart-
schaftsdauer auf zehn, sechs, vier Monate verkürzt wurde (bitte, sofern
möglich, rückblickend für die letzten fünf Jahre und aktuelle Zahlen zu den
Berechtigten nennen)?

17. Welche Auswirkungen wären zu erwarten, wenn die in § 142 Absatz 2
Satz 2 SGB III geregelte Begrenzung durch die allgemeine Beitragsbemes-
sungsgrenze ersetzt würde (bitte, sofern möglich, rückblickend für die letz-
ten fünf Jahre und aktuelle Zahlen zu den Berechtigten nennen)?

18. Welche Auswirkungen wären zu erwarten, wenn die in den Fragen 15 bis 17
angesetzten Bedingungen zugleich wirken würden (bitte, sofern möglich,
rückblickend für die letzten fünf Jahre und aktuelle Zahlen zu den Berech-
tigten nennen)?

19. Welche Aussagen kann die Bundesregierung darüber treffen, dass insbeson-
dere Beschäftigte aus der Leiharbeit von einer erleichterten Regelung zum
Arbeitslosengeld für kurzeitig Beschäftigte profitierten würden?
Gibt es noch andere Branchen jenseits der Kulturindustrie, auf die das zu-
treffen würde?

20. Wie viele Künstlerinnen und Künstler im Hartz-IV-Bezug wurden in den
Jahren 2012 und 2013 wegen Verletzung der Bestimmungen nach § 7 Ab-
satz 4a SGB II wegen Ortsabwesenheit sanktioniert?

21. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung unternommen, um die Daten-
lage seit dem Jahr 2011 dahingehend zu verbessern, detailliertere Infor-
mationen zur Beschäftigungslage kurzfristig Beschäftigter zu erhalten?

Berlin, den 2. April 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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