BT-Drucksache 18/10068

a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD - Drucksache 18/9041 - Entwurf eines Gesetzes zur Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes b) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksachen 18/9529, 18/9854, 18/9879 Nr. 5 - Entwurf eines Gesetzes zur Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes

Vom 19. Oktober 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10068
18. Wahlperiode 19.10.2016

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
– Drucksachen 18/9041–

Entwurf eines Gesetzes zur Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung
des Bundesnachrichtendienstes

b) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksachen 18/9529, 18/9854, 18/9879 Nr. 5 –

Entwurf eines Gesetzes zur Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung
des Bundesnachrichtendienstes

A. Problem
Der gesetzliche Auftrag des Bundesnachrichtendienstes (BND) ist die Gewinnung
von Erkenntnissen über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer
Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind. Hierdurch leistet der BND
einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Ein we-
sentliches Instrument zur Erfüllung dieses gesetzlichen Auftrags ist die strategi-
sche Fernmeldeaufklärung von Ausländerinnen und Ausländern im Ausland vom
Inland aus (sogenannte „Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung“). Durch die
Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung kann der BND ohne Zeitverzug aktuelle
und authentische Informationen erlangen und damit besonders wichtige auftrags-
relevante Erkenntnisse aus internationalen Datenströmen gewinnen.

Inhaltlich geht es dabei um die strategische, das heißt an internationalen und über-
geordneten, für die Außen- und Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutsch-
land bedeutsamen Themen wie zum Beispiel internationaler Terrorismus, Prolife-
ration von Massenvernichtungswaffen und Trägersystemen, internationale orga-
nisierte Kriminalität sowie politische Lageentwicklung in bestimmten Ländern
ausgerichtete Aufklärung.

Drucksache 18/10068 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Der BND stützt sich bislang bei der Durchführung der Ausland-Ausland-Fern-
meldeaufklärung auf § 1 Absatz 2 des BND-Gesetzes (BNDG). Als Konsequenz
aus der aktuellen rechtspolitischen Debatte sollen im Interesse der Rechtssicher-
heit – nicht zuletzt für die mit der Aufgabe der strategischen Fernmeldeaufklärung
betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BND – die bestehende Rechtslage
präzisiert und spezielle rechtliche Grundlagen für die Ausland-Ausland-Fernmel-
deaufklärung sowie eine diesbezügliche Kooperation mit ausländischen öffentli-
chen Stellen anderer Staaten geschaffen werden. Auch die gemeinsame Datenhal-
tung mit ausländischen öffentlichen Stellen soll auf eine spezielle Rechtsgrund-
lage gestellt werden.

B. Lösung
Der Rechtsrahmen für die Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung wird im Sinne
der Normenklarheit über die bestehende allgemeine Auftragsnorm des § 1 Absatz
2 BNDG hinaus durch Schaffung spezieller Regelungen für die Auslands-Aus-
land-Fernmeldeaufklärung (§§ 6 ff. des BND-Gesetzes in der Entwurfsfassung –
BNDG-E) sowie die diesbezügliche Kooperation mit ausländischen öffentlichen
Stellen (§§ 13 bis 15 BNDG-E) präzisiert. Es werden das Verfahren und die
Durchführung im BND-Gesetz verankert und die materiellen Voraussetzungen
hierfür festgelegt. Insbesondere technische Einzelheiten sind ergänzend in einer
Dienstvorschrift zu regeln. In § 26 ff. BNDG-E werden die Voraussetzungen für
eine gemeinsame Datenhaltung mit ausländischen öffentlichen Stellen unter Fe-
derführung des BND normiert sowie die Beteiligung des BND an solchen gemein-
samen Dateien unter ausländischer Federführung.

Zu Buchstabe a

Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/9041 in unveränderter Fas-
sung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe b

Einvernehmliche Erledigterklärung des Gesetzentwurfs auf Drucksa-
chen 18/9529, 18/9854.

C. Alternativen
Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Beim Bundesgerichtshof entsteht ein derzeit nicht bezifferbarer Mehrbedarf für
eine gegebenenfalls erforderliche Vergrößerung des sich aktuell in Planung be-
findlichen neuen Ostgebäudes bzw. für die Anmietung einer zusätzlichen Liegen-
schaft.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Keiner.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10068

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Durch die Umsetzung der Verpflichtung zur Zugriffsgewährung auf Telekommu-
nikationsnetze können zusätzliche Kosten entstehen, wenn Telekommunikations-
netze zur Umsetzung der Verpflichtung angeordnet werden. Telekommunikati-
onsdienstleister sind nach § 18 BNDG-E für die nachgewiesenen tatsächlichen
Kosten zu entschädigen. Der Wirtschaft entstehen daher durch die Umsetzung der
Maßnahmen keine Kosten.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Mit der Umsetzung des Gesetzes ist ein Mehrbedarf an Personal und Sachmitteln
beim Bundeskanzleramt, beim BND, beim Bundesgerichtshof und beim General-
bundesanwalt verbunden, hervorgerufen insbesondere durch das neu eingeführte
Anordnungsverfahren. Der Bedarf beim Bundeskanzleramt beläuft sich auf drei
Planstellen/Stellen (zwei Stellen gehobener Dienst und eine Stelle höherer Dienst)
und damit verbunden rund 260 000 Euro jährliche Personal- und Personalneben-
kosten. Der Bedarf beim BND beläuft sich auf zunächst voraussichtlich zwölf
Planstellen/Stellen (acht Stellen höherer Dienst, drei Stellen gehobener Dienst,
eine Stelle mittlerer Dienst) und damit verbundenen rund 1,6 Millionen Euro jähr-
lichen Personal- und Personalnebenkosten sowie rund 1 Million Euro Sachkosten.
Der gemeinsame Bedarf beim Bundesgerichtshof und beim Generalbundesanwalt
für die Mitglieder des Unabhängigen Gremiums und Unterstützungspersonal be-
läuft sich auf insgesamt zehn Planstellen/Stellen (neun Stellen höherer Dienst und
eine Stelle gehobener Dienst) und damit verbunden rund 1,9 Millionen Euro jähr-
liche Personal- und Personalnebenkosten. Der Bedarf für die Geschäftsstelle beim
Bundesgerichtshof beläuft sich auf fünf Planstellen/Stellen (eine Stelle gehobener
Dienst, zwei Stellen mittlerer Dienst und zwei Stellen einfacher Dienst) und damit
verbunden rund 440 000 Euro jährliche Personal- und Personalnebenkosten. Der
Mehrbedarf an Sachkosten beim Bundesgerichtshof und beim Generalbundesan-
walt beläuft sich insgesamt auf rund 1,5 Millionen Euro.

Der Erfüllungsaufwand beim BND entsteht durch das Anordnungsverfahren und
den weiteren Aufwand für die Umsetzung der Vorgaben zur Ausland-Ausland-
Fernmeldeaufklärung im Rahmen von Kooperationen mit ausländischen öffentli-
chen Stellen durch Schaffung, Anpassung und Umsetzung entsprechender Erklä-
rungen. Zudem soll die interne Kontrolle der Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklä-
rung und der Kooperationen mit ausländischen öffentlichen Stellen künftig weiter
ausgebaut werden, was dann weitere personelle Verstärkung – unter anderem
auch im juristischen Bereich – in künftigen Jahren erforderlich machen dürfte.
Aufgrund der Ausgestaltung der Verfahren und der Auswirkungen des Unabhän-
gigen Gremiums kann sich weiterer Bedarf für den BND ergeben; dieser weitere
Bedarf ist derzeit nicht abschließend ermittelbar, sondern müsste gegebenenfalls
in künftigen Haushaltsjahren dargestellt werden.

Daneben steigen auch die allgemeinen technischen und organisatorischen Anfor-
derungen an die Datenhaltung in den Systemen des BND. Hier entsteht zunächst
einmaliger Verwaltungsaufwand durch die Einrichtung der erforderlichen organi-
satorischen Grundausstattung und der technischen Systemfunktionalitäten; lau-
fender Aufwand ist aufgrund der Erfordernisse an die Qualitätssicherung und die
Anpassung der Systeme an sich verändernde technische Rahmenbedingungen zu
erwarten.

Drucksache 18/10068 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Überdies entsteht einmaliger Verwaltungsaufwand u. a. durch die Erstellung der
vorgesehenen Dienstvorschriften.

Der jährliche Erfüllungsaufwand für die Umsetzung von Maßnahmen nach den
§§ 6 ff. BNDG-E ergibt sich im Wesentlichen aus der Anzahl der angeordneten
Überwachungsmaßnahmen und der betroffenen Telekommunikationsnetze sowie
dem Aufwand für die Umsetzung. Als Maßstab können die Kosten der Umsetzung
einer Maßnahme nach § 5 des Artikel 10-Gesetzes (G10) herangezogen werden.
Hier belaufen sich die einmaligen Kosten für die Einrichtung bei einem betroffe-
nen Telekommunikationsdienstleister auf durchschnittlich 2,5 Millionen Euro.
Hinzu kommen durchschnittlich 250 000 Euro für die laufenden Kosten pro be-
troffenen Telekommunikationsdienstleister und Jahr. Es kann davon ausgegangen
werden, dass Kosten in vergleichbarer Höhe auch für Maßnahmen nach den §§ 6
ff. BNDG-E entstehen können.

Schließlich ist infolge der weiter zu verstärkenden internen Kontrolle beim BND
auch für die gemeinsamen Datenhaltungen personeller Zuwachs erforderlich, spe-
ziell für die Erstellung der schriftlichen Absichtserklärungen und die laufende
Kontrolle der Datenhaltungen.

Der Erfüllungsaufwand des BND lässt sich derzeit jedoch abschließend nicht er-
mitteln. Eine Bewertung kann voraussichtlich erst nach Inkrafttreten der gesetzli-
chen Regelung vorgenommen werden.

Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit hat mit-
geteilt, u. a. die Normierung der gemeinsamen Datenhaltung mit ausländischen
öffentlichen Stellen unter Federführung des BND führe bei ihr zu einem Mehrbe-
darf an Personal und Sachmitteln. Dieser belaufe sich auf sechs Planstellen/Stel-
len (drei Stellen höherer Dienst und drei Stellen gehobener Dienst). Die Personal-
kosten belaufen sich auf rund 550 000 Euro, die Sachausgaben auf rund
102 000 Euro.

Der Erfüllungsaufwand beim Bundesgerichtshof und beim Generalbundesanwalt
entsteht durch das neu einzurichtende und im Anordnungsverfahren zu beteili-
gende Unabhängige Gremium sowie die ihm zur Seite gestellte Geschäftsstelle.
Der Erfüllungsaufwand beim Bundesgerichtshof und beim Generalbundesanwalt
lässt sich derzeit jedoch nicht abschließend ermitteln. Eine abschließende Bewer-
tung kann voraussichtlich erst nach Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung vor-
genommen werden.

Der Bedarf an Sach- und Personalmitteln sowie Planstellen und Stellen soll finan-
ziell und stellenmäßig im jeweiligen Einzelplan eingespart werden.

Für Länder und Kommunen entsteht kein Erfüllungsaufwand.

F. Weitere Kosten
Keine.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10068
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/9041 unverändert anzunehmen,

b) den Gesetzentwurf auf Drucksachen 18/9529, 18/9854 für erledigt zu erklä-
ren.

Berlin, den 19. Oktober 2016

Der Innenausschuss

Ansgar Heveling
Vorsitzender

Clemens Binninger
Berichterstatter

Burkhard Lischka
Berichterstatter

Dr. André Hahn
Berichterstatter

Dr. Konstantin von Notz
Berichterstatter

Drucksache 18/10068 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Clemens Binninger, Burkhard Lischka, Dr. André Hahn
und Dr. Konstantin von Notz

I. Überweisung

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 18/9041 wurde in der 184. Sitzung des Deutschen Bundestages am
8. Juli 2016 an den Innenausschuss federführend sowie an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, den
Haushaltsausschuss und den Verteidigungsausschuss zur Mitberatung überwiesen.

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 18/9529 wurde in der 190. Sitzung des Deutschen Bundestages am 22. Sep-
tember 2016 an den Innenausschuss federführend sowie an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, den
Haushaltsausschuss und den Verteidigungsausschuss zur Mitberatung überwiesen. Der Parlamentarische Beirat
für nachhaltige Entwicklung beteiligte sich gutachtlich (Ausschussdrucksache 18(4)661).

Die Unterrichtung der Bundesregierung auf Drucksache 18/9854 wurde am 30. September 2016 auf Nummer 1.5
der Drucksache 18/9879 an die beteiligten Ausschüsse überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Zu Buchstabe a

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat in seiner 114. Sitzung am 19. Oktober 2016 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN die Annahme des Gesetzentwurfs empfohlen.

Der Haushaltsausschuss hat in seiner 84. Sitzung am 19. Oktober 2016 empfohlen, den Gesetzentwurf mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN anzunehmen.

Der Verteidigungsausschuss hat in seiner 76. Sitzung am 19. Oktober 2016 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die An-
nahme des Gesetzentwurfs empfohlen.

Zu Buchstabe b

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat in seiner 114. Sitzung am 19. Oktober 2016 empfohlen,
den Gesetzentwurf auf Drucksachen 18/9529, 18/9854 für erledigt zu erklären.

Der Haushaltsausschuss hat in seiner 84. Sitzung am 19. Oktober 2016 empfohlen, den Gesetzentwurf auf
Drucksache 18/9529 für erledigt zu erklären.

Der Verteidigungsausschuss hat in seiner 76. Sitzung am 19. Oktober 2016 empfohlen, den Gesetzentwurf auf
Drucksache 18/9529 für erledigt zu erklären.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat in seiner 88. Sitzung am 21. September 2016 einvernehmlich beschlossen, eine öffentliche
Anhörung zu dem Gesetzentwurf auf Drucksache 18/9041 durchzuführen. Die öffentliche Anhörung, an der sich
sechs Sachverständige beteiligt haben, hat der Innenausschuss in seiner 89. Sitzung am 26. September 2016 durch-
geführt. Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll der 89. Sitzung (Protokoll 18/89) ver-
wiesen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/10068
Der Innenausschuss hat die Vorlagen auf Drucksachen 18/9041 und 18/9592, 18/9854 in seiner 93. Sitzung am
19. Oktober 2016 abschließend beraten. Den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/9041 empfiehlt der Innenaus-
schuss mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN anzunehmen. Den Gesetzentwurf auf Drucksachen 18/9529, 18/9854 empfiehlt
der Innenausschuss einvernehmlich für erledigt zu erklären.

IV. Begründung

Die Fraktion der CDU/CSU sieht den Gesetzentwurf als Schlusspunkt der 2013 mit den Enthüllungen Edward
Snowdens begonnenen Entwicklung, in deren Folge der NSA-Untersuchungsausschuss eingerichtet worden sei
und sich das PKGr in einer Task Force mit der Praxis des BND bei der Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung
befasst habe. Bereits vor Abschluss des NSA-Untersuchungsausschusses habe mit Fertigung des Abschlussbe-
richtes des PKGr festgestanden, dass sich der BND bei seinen Maßnahmen lediglich auf die Generalklausel des
BND-Gesetzes gestützt und sie nach interner Entscheidung ohne Anordnung von außen und ohne nachfolgende
Kontrolle durchgeführt habe. Aufgrund dieser Erkenntnisse werde diese Praxis durch den vorliegenden Gesetz-
entwurf bereits vor Abschluss des NSA-Untersuchungsausschusses geändert. Die Ausland-Ausland-Fernmelde-
aufklärung aus Inland und im Ausland in Kooperation mit anderen Diensten werde auf klare Rechtsgrundlagen
gestellt und bedürfe nunmehr der vorhergehenden Anordnung. Die Kompetenz für solche Anordnungen könne
weder dem PKGr, das nicht für operative Maßnahmen, sondern für die grundsätzliche Kontrolle zuständig sei,
noch der G-10-Kommission übertragen werden, da die Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung kein Eingriff in
Art. 10 GG sei. Daher werde mit dem Gesetzentwurf das neue, unabhängige Gremium eingerichtet. Insgesamt
werde mit der Reform Grundrechtsschutz gewährleistet, Wirtschaftsspionage ausgeschlossen und würden EU-
Bürger deutschen Staatsbürgern im Schutzniveau gleichgestellt. Zudem werde mit dem unabhängigen Gremium
die Kontrolle von außen und innerhalb des Bundeskanzleramtes gestärkt. Mit dem Entwurf würden entgegen den
Vorwürfen der Opposition nicht verfassungswidrige Praktiken des BND nachträglich legalisiert, sondern eine
ausgeglichene Balance zwischen Sicherheitsbedürfnissen und notwendigem Grundrechtsschutz geschaffen. Ihm
sei daher zuzustimmen.

Die Fraktion der SPD hebt hervor, dass die Bundesrepublik mit dem Gesetzentwurf international eine Vorrei-
terrolle einnehme und als erstes Land auch für die Überwachung von Nicht-Staatsbürgern klare Grenzen ziehe.
EU-Bürger würden durch den Entwurf deutschen Staatsbürgern gleichgestellt, Wirtschaftsspionage werde verbo-
ten und ein Eigenleben der Dienste werde durch die nunmehr notwendige, von außen kommende Anordnung von
Überwachungsmaßnahmen verhindert. Zudem müsse die Kooperation mit anderen Diensten in Zukunft durch das
PKGr genehmigt werden. In Zeiten der aktuellen Bedrohungslage durch internationalen Terrorismus und Cyber-
kriminalität sei die effektive Arbeit von Nachrichtendiensten unverzichtbar. Wer diese Notwendigkeit anerkenne,
müsse dem Gesetzentwurf zustimmen. Klare Regeln würden geschaffen, gleichzeitig werde die parlamentarische
Kontrolle signifikant gestärkt.

Die Fraktion DIE LINKE. konstatiert, der Entwurf ziehe die falschen Konsequenzen aus den durch den NSA-
Untersuchungsausschuss und das PKGR bekannt gewordenen Missständen in der Ausland-Ausland-Fernmelde-
aufklärung des BND. Dessen rechtswidrige Praktiken würden nicht abgeschafft, sondern nachträglich legitimiert.
Der Entwurf entziehe dem PKGr Kontrollmöglichkeiten und übertrage Genehmigungsbefugnisse auf ein neu ein-
zurichtendes Richtergremium, dessen Mitglieder unter Ausschluss parlamentarischer Beteiligung allein durch die
Bundesregierung ernannt würden. Massenüberwachung werde ermöglicht, Filtersysteme funktionierten auch in
Zukunft nicht und Grundrechtsschutz für Ausländer werde nicht erwähnt. Zudem verletze der Entwurf das aus
Art. 10 GG folgende Zitiergebot. Die sich insgesamt ergebene Verfassungswidrigkeit des Gesetzes sei von fast
allen Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung bestätigt worden. Diese Erkenntnisse würden von der Koa-
lition schlicht ignoriert, ihre nach der öffentlichen Anhörung geäußerte Ankündigung der nochmaligen Überprü-
fung des Entwurfs sei nicht eingehalten worden. Ziel des Entwurfs sei nicht die Begrenzung der Befugnisse der
Nachrichtendienste, sondern die schrankenlose Ermöglichung einer Massenüberwachung. Er sei daher abzu-
lehnen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betont, Nachrichtendienste würden in Zeiten gegenwärtiger Bedro-
hung grundsätzlich benötigt, dürften jedoch nicht im rechtsfreien Raum agieren. 2013 habe die Koalition infolge

Drucksache 18/10068 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
der Enthüllungen Edward Snowdens zahlreiche Maßnahmen für eine zukünftig rechtmäßige Praxis der Nachrich-
tendienste versprochen und unter anderem ein No-Spy-Abkommen in Aussicht gestellt. Der nunmehr vorgelegte
Gesetzentwurf werde diesen Versprechungen nicht gerecht. Der Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bun-
destages, OSZE-Beobachter, drei Sonderberichterstatter der UN, Reporter ohne Grenzen, der Presserat und nicht
zuletzt zwei ehemalige Bundesverfassungsrichter bestätigten die Verfassungswidrigkeit des Entwurfs; dies sei
auch das Ergebnis der öffentlichen Anhörung. Der Entwurf ermögliche in absolutem Widerspruch zu Art. 10 GG
die Massenüberwachung, sei aus IT-sicherheitstechnischen Erwägungen heraus verheerend und beschneide das
Parlament in seiner Kontrollfunktion über die Nachrichtendienste. Ein weiterer Skandal sei absehbar. Der Entwurf
werde einer verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht standhalten und sei daher absolut abzulehnen.

Berlin, den 19. Oktober 2016

Clemens Binninger
Berichterstatter

Burkhard Lischka
Berichterstatter

Dr. André Hahn
Berichterstatter

Dr. Konstantin von Notz
Berichterstatter

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