BT-Drucksache 17/9987

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksachen 17/9340, 17/9954 - Entwurf eines Gesetzes zur Begleitung der Reform der Bundeswehr (Bundeswehrreform-Begleitgesetz - BwRefBeglG)

Vom 13. Juni 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9987
17. Wahlperiode 13. 06. 2012

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Agnes Brugger, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln),
Viola von Cramon-Taubadel, Thilo Hoppe, Uwe Kekeritz, Katja Keul, Ute Koczy,
Tom Koenigs, Kerstin Müller (Köln), Omid Nouripour, Lisa Paus, Claudia Roth
(Augsburg), Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 17/9340, 17/9954 –

Entwurf eines Gesetzes zur Begleitung der Reform der Bundeswehr
(Bundeswehrreform-Begleitgesetz – BwRefBeglG)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Bundeswehr befindet sich mitten in einer tiefgreifenden und entscheidenden
Reform. Der Erfolg wird erheblich davon abhängen, ob es gelingt, sowohl die
Soldatinnen und Soldaten als auch die zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
eng in diesen Prozess einzubinden. Professionelle Rahmenbedingungen, die an
die Lebensrealitäten der heutigen Gesellschaft angepasst sind, sowie attraktive
Maßnahmen für den dringend notwendigen Personalabbau bei zivilen und mili-
tärischen Dienstposten sind notwendig für eine nachhaltige und funktionierende
neue Struktur der Bundeswehr.

Ganz entscheidend für den Erfolg oder Misserfolg der Reform wird sein, wer
sich während und nach diesem Prozess für den Dienst bei der Bundeswehr ent-
scheiden wird.

Eine wesentliche Veränderung der Rahmenbedingungen war die Aussetzung der
allgemeinen Wehrpflicht. Dieser Schritt war sicherheitspolitisch richtig und
längst überfällig, beendete er doch einen massiven Eingriff in die Freiheitsrechte
junger Männer, der nicht zu rechtfertigen war. Damit stellt er nun jedoch die
Bundeswehr als Arbeitgeberin vor neue Herausforderungen, die sich lange auf
die Wehrpflicht als ihr wichtigstes Instrument zur Nachwuchsgewinnung ge-
stützt hat. Die chaotische Art und Weise, wie die Aussetzung der Wehrpflicht

vollzogen wurde, verschärft diese Herausforderung noch. Dennoch: Die Bun-
deswehr ist keine Organisation wie jede andere. Daher kann sie nicht mit den
gleichen Strategien und Mitteln für sich werben wie beispielsweise ein Unter-
nehmen. Für die Nachwuchswerbung der Bundeswehr muss ein Mehr an Zu-
rückhaltung, Ehrlichkeit und Transparenz gelten.

Drucksache 17/9987 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Mit der Verbesserung der Attraktivität der Arbeitgeberin Bundeswehr werden zu
oft ausschließlich Maßnahmen zur Verbesserung der Entlohnung verbunden. In
der Tat sind auch in diesem Bereich Verbesserungen notwendig. Doch ein rein
monetärer Attraktivitätsbegriff greift deutlich zu kurz. Mit höheren Löhnen
werden strukturelle Probleme nicht gelöst. Es muss in erster Linie darum gehen,
für die Soldatinnen und Soldaten sowie den zivilen Mitarbeiterinnen und Mit-
arbeitern professionelle Rahmenbedingungen zu schaffen, die sich über die Ent-
lohnung hinaus auf Führungskultur und Personalmanagement, Nachwuchsge-
winnung, Aus- und Weiterbildung, Vereinbarkeit von Familie und Dienst und
Fürsorge erstrecken.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. das vorgelegte „Maßnahmenpaket zur Steigerung der Attraktivität des Diens-
tes in der Bundeswehr“ konsequent umzusetzen und regelmäßig dem Vertei-
digungsausschuss des Deutschen Bundestages einen schriftlichen Bericht
über die Umsetzung sowie Erklärungen bei möglichen Verzögerungen bei
einzelnen Maßnahmen vorzulegen;

2. den Faktor „Familienfreundlichkeit“ zur obersten Priorität bei allen umzuset-
zenden Maßnahmen zu erklären und dabei insbesondere im Bereich von Ver-
einbarkeit von Familie und Dienst

a) Angebote zur Kinderbetreuung an den Standorten schnellstmöglich und
umfassend zur Verfügung zu stellen,

b) Verwendungs- und Lehrgangsplanung, Dienstplanaufstellung und Ein-
satzverwendung individuell mit den Betroffenen auf die Vereinbarkeit mit
familiären Gegebenheiten hin zu prüfen,

c) die Bewilligung von Teilzeitarbeitsmöglichkeiten großzügig zu prakti-
zieren,

d) die Flexibilisierung von Dienstzeiten und die gegebenenfalls notwendige
Anpassung an die Öffnungszeiten von externen Kinderbetreuungseinrich-
tungen dort zu ermöglichen, wo keine standorteigene Kinderbetreuung ge-
währleistet werden kann,

e) den Antrag auf Bundestagsdrucksache 17/8895 „Für eine moderne und
umfassende Betreuungskommunikation im Einsatz“ unverzüglich und
umfassend umzusetzen;

3. ein umfassendes und solides Konzept zur Nachwuchsgewinnung vorzulegen,
das

a) die demographischen Veränderungen in Deutschland berücksichtigt,

b) verstärkt auf die Rekrutierung von Frauen setzt, um die eigens gesetzte
Quote von mindestens 15 Prozent Frauen in den Streitkräften zu erreichen,

c) auf die freiwillige Rekrutierung Minderjähriger gänzlich verzichtet,

d) den Besonderheiten der Bundeswehr Rechnung trägt und auch klare Gren-
zen bei Strategien und Mitteln der Nachwuchsgewinnung zieht;

4. Angebote der Fort- und Weiterbildung auszubauen und die Teilnahme an den
Angeboten großzügig zu gewährleisten, dabei insbesondere die Angebote zur
Fort- und Weiterbildung im Bereich Führungsverhalten, Innere Führung und
Interkulturelle Kompetenz zu erhöhen und verpflichtend in allen Laufbahnen
einzuführen;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9987

5. die Angebote zur technischen und gewerblichen Ausbildung mindestens bei-
zubehalten und die Ausweitung der Angebote je nach Nachfrage zu prüfen;

a) sich dabei verstärkt für die Anerkennung von Abschlüssen und Verwen-
dungen der Bundeswehr auf dem zivilen Arbeitsmarkt einzusetzen,

b) die Wiedereingliederung auf dem zivilen Arbeitsmarkt durch konkrete
Angebote zur Vorbereitung und Unterstützung je nach individuellem Be-
darf zu unterstützen;

6. Verpflichtungsmodelle zu flexibilisieren, Quereinstiegsmöglichkeiten auszu-
weiten und die Angebote für Reservisten zu verbessern.

Berlin, den 12. Juni 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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