BT-Drucksache 17/9723

zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Volker Beck (Köln), Josef Philip Winkler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/8869 - zu der Beratung der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Tom Koenigs, Manuel Sarrazin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksachen 17/5536, 17/7131 - Zur Situation von Roma in der Europäischen Union und in den (potentiellen) EU-Beitrittskandidatenstaaten

Vom 22. Mai 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9723
17. Wahlperiode 22. 05. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Volker Beck
(Köln), Josef Philip Winkler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/8869 –

zu der Beratung der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der
Abgeordneten Volker Beck (Köln), Tom Koenigs, Manuel Sarrazin, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksachen 17/5536, 17/7131 –

Zur Situation von Roma in der Europäischen Union und in den (potentiellen)
EU- Beitrittskandidatenstaaten

A. Problem

Die Antragsteller verweisen darauf, dass im Kosovo Roma, Ashkali und Ko-
sovo-Ägypter am Rande der Gesellschaft lebten. Gleichwohl habe die Bun-
desregierung im April 2010 ein Rücknahmeabkommen mit dem Kosovo abge-
schlossen, das die Rückführung von etwa 12 000 kosovarischen Minderheiten-
angehörigen in den nächsten Jahren vorsehe. Bislang seien Reintegrationsmaß-
nahmen im Kosovo aber völlig unzureichend. Vielen rückgeführten Familien
stehe kein angemessener Wohnraum zur Verfügung und ihre medizinische Ver-
sorgung sei schlecht. Zudem habe sich die Situation von rückgeführten schul-
pflichtigen Kindern aus Roma-Familien nicht verbessert. Mit dem Antrag soll
die Bundesregierung daher aufgefordert werden, sich gegenüber den Bundes-
ländern für eine Aussetzung der Abschiebung von Roma, Ashkali und Kosovo-
Ägyptern einzusetzen – und dabei insbesondere das Wohl der Kinder vorrangig
zu berücksichtigen – sowie an die Regierungen anderer EU-Mitgliedstaaten zu
appellieren, ebenso zu verfahren und dem genannten Personenkreis eine Auf-
enthaltserlaubnis aus humanitären Gründen zu gewähren.

B. Lösung
Ablehnung des Entschließungsantrags mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der
SPD.

Drucksache 17/9723 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

C. Alternativen

Annahme des Entschließungsantrags.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9723

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Entschließungsantrag auf Drucksache 17/8869 abzulehnen.

Berlin, den 9. Mai 2012

Der Innenausschuss

Wolfgang Bosbach
Vorsitzender

Michael Frieser
Berichterstatter

Gabriele Fograscher
Berichterstatterin

Serkan Tören
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Josef Philip Winkler
Berichterstatter

gen von Roma und anderen Minderheitenangehörigen
komme. Es müsse aber klargestellt werden, dass es eben

Europa) zeigten, dass für zurückkehrende Minderheitenan-
gehörige, insbesondere für Familien mit Kindern, die Zu-
nicht um eine „Roma-Rückführung“ in den Kosovo gehe,
sondern um die Rückkehr von Flüchtlingen dorthin allge-
mein. Es sei im Übrigen auch Ansicht der Sinti- und Roma-
verbände in Deutschland, dass es keine spezifische Rege-

stände unzumutbar seien. Diese Erfahrungen stünden im
deutlichen Gegensatz zu der Antwort der Bundesregierung
auf die Große Anfrage, die offenbar einseitig auf die Darstel-
lung der kosovarischen Behörden abstelle. Tatsächlich täten
Drucksache 17/9723 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Michael Frieser, Gabriele Fograscher, Serkan Tören,
Ulla Jelpke und Josef Philip Winkler

I. Überweisung

Der Entschließungsantrag auf Drucksache 17/8869 wurde
in der 166. Sitzung des Deutschen Bundestages am 9. März
2012 an den Innenausschuss federführend sowie an den
Auswärtigen Ausschuss, den Ausschuss für Familie, Senio-
ren, Frauen und Jugend, den Ausschuss für Menschenrechte
und humanitäre Hilfe und den Ausschuss für die Angele-
genheiten der Europäischen Union zur Mitberatung über-
wiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Auswärtiger Ausschuss hat in seiner 60. Sitzung am
9. Mai 2012 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung
des Entschließungsantrags empfohlen.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend hat in seiner 66. Sitzung am 9. Mai 2012 mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD
empfohlen, den Entschließungsantrag abzulehnen.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe hat in seiner 60. Sitzung am 9. Mai 2012 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Entschließungsan-
trags empfohlen.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europä-
ischen Union hat in seiner 65. Sitzung am 9. Mai 2012 mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP ge-
gen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Entschlie-
ßungsantrag abzulehnen.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat den Entschließungsantrag in seiner
73. Sitzung am 9. Mai 2012 abschließend beraten und emp-
fiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der SPD die Ablehnung des Entschließungsantrags.

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP be-
streiten nicht, dass es in vielen Ländern zu Diskriminierun-

rer negieren, sei aber der Auffassung, dass diese vor Ort im
Kosovo gelöst werden müssten. Zu diesem Zweck gebe es
ja auch eine Reihe von deutschen Hilfsmaßnahmen, wie das
Projekt URA 2, das Maßnahmen zur Integration, Betreuung
und Unterstützung für kosovarische Rückkehrer biete. Zu-
dem ermögliche es das Aufenthaltsgesetz – gerade durch
die Neuregelungen – Kindern und Jugendlichen, unter be-
stimmten Bedingungen in Deutschland zu bleiben und den
Schulbesuch fortzusetzen. Schließlich gebe es keinen An-
lass, daran zu zweifeln, dass die Länder die Einzelfallprü-
fungen sachgerecht und mit Fingerspitzengefühl vornäh-
men.

Die Fraktion der SPD erinnert daran, dass sie schon früher
einen ähnlichen Antrag gestellt habe und daher die Ziele des
Entschließungsantrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN grundsätzlich teile. Von Delegationsreisen des In-
nenausschusses in den Kosovo sei bekannt, dass es eindeutig
Roma-spezifische Probleme gebe. Für in Deutschland aufge-
wachsene Jugendliche, die häufig weder Kosovarisch noch
Serbisch, sondern nur Deutsch sprächen, gebe es faktisch
keinen Schulunterricht, dem sie folgen könnten, keine Arbeit
und nur kurzfristige Überbrückungshilfen. Gerade die
Gruppe der Roma falle häufig im Kosovo durch alle staatli-
chen Versorgungsraster. Daher sei eine Differenzierung nach
einzelnen Gruppen innerhalb der Kosovo-Rückkehrer not-
wendig. Da einige Forderungen des Entschließungsantrags
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN über das von der
Fraktion der SPD Angestrebte hinausgingen, werde man sich
der Stimme enthalten.

Die Fraktion DIE LINKE. sieht die Lage der Rückkehrer in
den Kosovo als hoffnungslos an. Zudem sei es klar, dass
Roma besonders betroffen seien: Von den 12 000 Menschen,
die 2009 in den Kosovo zurückkehren sollten, seien 80 Pro-
zent Roma gewesen. Die Menschen würden ins Nichts abge-
schoben. Im Kosovo gebe es für sie in der Regel weder Un-
terkünfte noch eine Perspektive. 75 Prozent derjenigen, die
beispielsweise von der Ausländerbehörde Bielefeld über ihre
Abschiebung informiert würden, tauchten aus Angst in den
Untergrund ab. Hier müsse gehandelt werden. Der Entschlie-
ßungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gehe aber nicht weit genug. Notwendig sei ein großzügiges
humanitäres Bleiberecht, auch aufgrund der historischen
Verantwortung Deutschlands gegenüber den Roma.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verweist auf
Begründung und Forderungen ihres Entschließungsantrags
und führt aus, dass sowohl Besuche vor Ort im Kosovo als
auch Berichte dort tätiger Organisationen wie UNICEF oder
OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in
lung für diese Gruppe – etwa im Aufenthaltsgesetz – geben
solle. Die Koalition wolle nicht die Probleme für Rückkeh-

die kosovarischen Stellen nicht das Notwendige, um eine
Eingliederung der Rückkehrer zu ermöglichen. Ausgren-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/9723

zung sei Realität. Eine UNICEF-Untersuchung zeige, dass
jedes dritte zurückkehrende Kind unter posttraumatischen
Belastungen leide, dass ein Viertel Selbstmordgedanken
hege und dass 70 Prozent keine Schule besuchten.

Berlin, den 9. Mai 2012

Michael Frieser
Berichterstatter

Gabriele Fograscher
Berichterstatterin

Serkan Tören
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Josef Philip Winkler
Berichterstatter

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