BT-Drucksache 17/9611

a) zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Ekin Deligöz, Katja Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/6343 - Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts b) zu dem Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 17/8155 - Recht auf Eheschließung auch gleichgeschlechtlichen Paaren ermöglichen

Vom 10. Mai 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9611
17. Wahlperiode 10. 05. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Volker Beck (Köln),
Ekin Deligöz, Katja Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/6343 –

Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung
für Personen gleichen Geschlechts

b) zu dem Antrag der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/8155 –

Recht auf Eheschließung auch gleichgeschlechtlichen Paaren ermöglichen

A. Problem

Zu Buchstabe a

Ziel des Gesetzentwurfs ist, eine Eheschließung für Personen gleichen Ge-
schlechts zu ermöglichen, um Benachteiligungen zu beseitigen, denen gleich-
geschlechtliche Paare auch nach Einführung des Instituts der eingetragenen
Lebenspartnerschaft in zahlreichen Bereichen ausgesetzt seien. Zu diesem
Zweck soll insbesondere § 1353 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
geändert sowie im Lebenspartnerschaftsgesetz die Möglichkeit eingeführt wer-
den, eingetragene Lebenspartnerschaften unmittelbar in eine Ehe umzuwan-
deln. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stehe das
Grundgesetz einer Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare nicht ent-
gegen, eine Änderung der Verfassung sei nicht erforderlich.

Zu Buchstabe b

Die Antragsteller bemängeln, auch nach Inkrafttreten des Lebenspartner-

schaftsgesetzes existierten weiterhin zahlreiche Diskriminierungen gleichge-
schlechtlicher Paare, insbesondere im Steuer- und Adoptionsrecht. Die Benach-
teiligungen könnten durch eine Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche
Paare beseitigt werden. Der Antrag zielt daher auf einen Beschluss des Deut-
schen Bundestages, mit dem die Bundesregierung aufgefordert werden soll,
einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den die Ehe auch für gleichgeschlecht-
liche Paare geöffnet wird.

Drucksache 17/9611 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Ablehnung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 17/6343 mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei einer
Stimmenthaltung aus der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe b

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/8155 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei einer Stimment-
haltung aus der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Zu Buchstabe a

Annahme des Gesetzentwurfs.

Zu Buchstabe b

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9611

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/6343 abzulehnen,

b) den Antrag auf Drucksache 17/8155 abzulehnen.

Berlin, den 9. Mai 2012

Der Rechtsausschuss

Siegfried Kauder
(Villingen-Schwenningen)
Vorsitzender

Ute Granold
Berichterstatterin

Sonja Steffen
Berichterstatterin

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Stephan Thomae
Berichterstatter

Ingrid Hönlinger
Berichterstatterin

CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen eingebracht habe. Beide nun beratenen Vorlagen fänden

SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
einer Stimmenthaltung aus der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN deren Ablehnung.

Im Verlauf der Beratungen erklärte die Fraktion BÜNDNIS

demgemäß ihre volle Zustimmung.

Ein Mitglied der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
begründete schließlich seine Enthaltung bei der Abstim-
mung zu beiden Vorlagen. Eine Öffnung der Ehe für homo-
Drucksache 17/9611 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Ute Granold, Sonja Steffen, Jörn Wunderlich, Stephan
Thomae und Ingrid Hönlinger

I. Überweisung

Zu Buchstabe a

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
17/6343 in seiner 126. Sitzung am 21. September 2011 be-
raten und an den Rechtsausschuss zur federführenden
Beratung und an den Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend zur Mitberatung überwiesen.

Zu Buchstabe b

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
17/8155 in seiner 149. Sitzung am 15. Dezember 2011 be-
raten und an den Rechtsausschuss zur federführenden
Beratung und an den Finanzausschuss sowie an den Aus-
schuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Mit-
beratung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Zu Buchstabe a

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat die Vorlage auf Drucksache 17/6343 in seiner
66. Sitzung am 9. Mai 2012 beraten und empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN, den Gesetzentwurf abzulehnen.

Zu Buchstabe b

Der Finanzausschuss hat die Vorlage auf Drucksache 17/
8155 in seiner 87. Sitzung am 9. Mai 2012 beraten und
empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag ab-
zulehnen.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat die Vorlage auf Drucksache 17/8155 in seiner
66. Sitzung am 9. Mai 2012 beraten und empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN, den Antrag abzulehnen.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Rechtsausschuss hat die Vorlagen auf Drucksachen
17/6343 und 17/8155 in seiner 83. Sitzung am 9. Mai 2012
beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der

diskriminiert. Beispielsweise müssten sie sich als eingetra-
gene Lebenspartner und damit homosexuell „outen“, wenn
sie ihren Familienstand anzugeben haben. Das Bundesver-
fassungsgericht gehe in seiner Entscheidung zum Transsexu-
ellengesetz davon aus, dass eine Ehe nach der Geschlechts-
umwandlung eines Ehepartners auch zwischen Personen
gleichen Geschlechts weiter bestehen könne. Eine Ehe zwi-
schen Personen gleichen Geschlechts sei im Übrigen bereits
in Belgien, den Niederlanden, Kanada, Südafrika, Spanien,
Norwegen, Schweden, Portugal, Island, Argentinien, in
Mexiko-Stadt sowie in fünf Bundesstaaten der USA und
dem District of Columbia möglich.

Die Fraktion der SPD hob besonders die unterschiedliche
Behandlung von eingetragener Lebenspartnerschaft und
Ehe im Steuer- und Adoptionsrecht hervor. Eine Beseiti-
gung der Benachteiligungen durch eine Öffnung der Ehe für
gleichgeschlechtliche Partnerschaften sei insbesondere aus
Gründen des Kindeswohls mit Blick auf das Adoptionsrecht
erforderlich.

Die Fraktion der CDU/CSU entgegnete, dass zweifelhaft
sei, ob eine „Volladoption“ dem Kindeswohl zuträglich sei,
weshalb sie eine Angleichung im Adoptionsrecht ablehne.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
sei die Sonderstellung der Ehe, an der die Fraktion festhalte,
verfassungskonform, eine Öffnung der Ehe für Homosexu-
elle hingegen nicht. Etwas anderes besage auch nicht die
Entscheidung zum Transsexuellengesetz. Auch habe der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erst im März
2012 das Recht eines lesbischen Paares auf „Volladoption“
verneint. Es gebe kein Menschenrecht auf Eingehung einer
Ehe zwischen Personen gleichen Geschlechts und im Übri-
gen überwiege bei Weitem die Anzahl der Staaten, die eine
solche Ehe in ihrem Recht nicht vorsähen.

Die Fraktion der FDP betonte, dass dort, wo gleiche
Pflichten übernommen würden, auch gleiche Rechte beste-
hen sollten. Eine Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche
Partnerschaften durch einfaches Gesetz, also ohne Grund-
gesetzänderung, wäre allerdings verfassungswidrig. Zu der
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Trans-
sexuellengesetz sei anzumerken, dass die Verschieden-
geschlechtlichkeit im Zeitpunkt der Eheschließung als Vor-
aussetzung vorgelegen habe. Eine Auflösung der Ehe nach
einer Geschlechtsumwandlung hätte unter Umständen viel-
fältige Folgewirkungen, etwa in Abstammungs- und Vater-
schaftsfragen.

Die Fraktion DIE LINKE. verwies darauf, dass sie im Juni
2010 eine Vorlage zur Öffnung der Ehe und zum Abbau von
Diskriminierungen gleichgeschlechtlicher Partnerschaften
90/DIE GRÜNEN, indem gleichgeschlechtlichen Lebens-
partnern die Eingehung einer Ehe verwehrt sei, würden diese

sexuelle Paare sei nach der Rechtsprechung des Bundesver-
fassungsgerichts wohl nicht ohne Grundgesetzänderung

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/9611

möglich. Vorzugswürdig und konsequent in der Fortführung
der bereits erreichten Verbesserungen erscheine ihm eine
vollständige Angleichung der Rechte von eingetragenen Le-
benspartnern an die von Eheleuten.

Berlin, den 9. Mai 2012

Ute Granold
Berichterstatterin

Sonja Steffen
Berichterstatterin

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Stephan Thomae
Berichterstatter

Ingrid Hönlinger
Berichterstatterin

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.