BT-Drucksache 17/8993

Die Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen im Rahmen des Gutachtens "Die Begünstigung des Unternehmensvermögens in der Erbschaftsteuer"

Vom 14. März 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8993
17. Wahlperiode 14. 03. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Lisa Paus, Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann, Kerstin
Andreae, Katja Dörner, Sven-Christian Kindler, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn,
Dr. Harald Terpe und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium
der Finanzen im Rahmen des Gutachtens „Die Begünstigung des
Unternehmensvermögens in der Erbschaftsteuer“

Das Bundesministerium der Finanzen hat am 2. März 2012 auf seinen Internet-
seiten das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats „Die Begünstigung des
Unternehmensvermögens in der Erbschaftsteuer“ veröffentlicht. Der Beirat
kommt in diesem Gutachten unter anderem zu folgenden Schlussfolgerungen:

„Die weitreichenden Vergünstigungen beim Unternehmensvermögen sind im
Hinblick auf die Beschäftigungseffekte der Erbschaftsteuer nicht zu rechtferti-
gen.“

„Eine gravierende Bedrohung der Existenz von Unternehmen und Arbeitsplät-
zen durch die Erbschaftsteuer in der Vergangenheit wird empirisch nicht bestä-
tigt.“

„Durch eine entschlossene Verbreiterung der Bemessungsgrundlagen bei Reduk-
tion der Steuertarife und durch verbesserte Stundungsregeln könnten auch bei
einer Gleichbehandlung der Vermögensarten negative Auswirkungen der Erb-
schaftsteuer weitgehend vermieden werden.“

„Anstatt Arbeitsplätze zu erhalten, kann die praktizierte Begünstigung sogar
Arbeitsplatzverluste mit sich bringen …“

Der Beirat kommt in der Beurteilung der Erbschaftsteuerreform 2008 weiter zu
der Einschätzung, dass „der eingeschlagene Weg einer Verengung der Bemes-
sungsgrundlage bei gleichzeitig hohen Steuersätzen – sehr problematisch“ sei.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung die Empfehlungen des Wissenschaft-
lichen Beirats aus dem Gutachten „Die Begünstigung des Unternehmensver-
mögens in der Erbschaftsteuer“, und welchen Handlungsbedarf leitet die
Bundesregierung aus diesem Gutachten ab?
2. Wie beurteilt die Bundesregierung die Einschätzung des Beirats, die Ver-
schonungsregelungen für Unternehmensvermögen seien nicht zu rechtferti-
gen?

3. Wie beurteilt die Bundesregierung die Einschätzung des Beirats, dass die
Erbschaftsteuer auch vor der Reform 2008 beim erbschaftsteuerlichen Er-
werb von Unternehmensvermögen auch für Familienbetriebe nicht existenz-
gefährdend war?

Drucksache 17/8993 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
4. Wie beurteilt die Bundesregierung die Einschätzung des Beirats, dass die
Verschonung des Unternehmensvermögens nach aktueller Gesetzeslage
Fehlanreize setzt und Lock-in-Effekte begünstigt, sodass diese Regelungen
eher geeignet seien, Arbeitsverluste zu begünstigen, statt Arbeitsplätze zu
erhalten?

5. Wie beurteilt die Bundesregierung die Einschätzung des Beirats, dass die
Erbschaftsteuerreform 2008 die Allokation hoher Vermögen begünstigt hat,
statt auf eine gerechtere Vermögensverteilung abzustellen, und welchen
Handlungsbedarf leitet sie daraus ab?

6. Wie beurteilt die Bundesregierung die Einschätzung des Beirats, dass eine
Trennung von produktivem und unproduktivem Vermögen grundsätzlich
nicht möglich ist und daher eine Gleichbehandlung aller Vermögen anzu-
streben ist?

7. Wie beurteilt die Bundesregierung die Einschätzung des Beirats, dass die
jetzigen Sonderregelungen für Betriebsvermögen zu zahlreichen nicht
intendierten Steuergestaltungen führen und daher abgeschafft werden soll-
ten?

8. Teilt die Bundesregierung das grundsätzliche Ziel des Beirats, die Bemes-
sungsgrundlage der Erbschaftsteuer zu verbreitern, um mit niedrigen
Steuersätzen Sondertatbestände entbehrlich zu machen, und welche Schritte
gedenkt sie diesbezüglich zu unternehmen?

9. Weshalb orientiert sich das Gutachten an dem Ziel, ein Erbschaftsteuerauf-
kommen von ca. 4 Mrd. Euro zu erreichen; wurde dieser Zielwert dem Bei-
rat vorgegeben oder nahegelegt?

10. Wie lautete der Auftrag zur Erstellung dieses Gutachtens, und wann wurde
er erteilt?

11. Weshalb wurde das Gutachten erst im März 2012 veröffentlicht, obgleich
das Gutachten selbst auf November 2011 datiert?

Berlin, den 14. März 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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