BT-Drucksache 17/8971

zu dem Antrag der Abgeordneten Niema Movassat, Sevim Dagdelen, Stefan Liebich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 17/8767 - Die deutschen Kolonialverbrechen im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika als Völkermord anerkennen und wiedergutmachen

Vom 9. März 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8971
17. Wahlperiode 09. 03. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Niema Movassat, Sevim Dag˘delen, Stefan Liebich,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/8767 –

Die deutschen Kolonialverbrechen im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika
als Völkermord anerkennen und wiedergutmachen

A. Problem

Die antragstellende Fraktion führt aus, dass der Völkermord an den Stämmen
der Herero, Nama, Damara und San während der deutschen Kolonialzeit in
Deutsch-Südwestafrika, heute Namibia, bis jetzt im Wesentlichen nicht als
solcher anerkannt oder entschädigt wurde. Dieser wirke sich heute noch in der
prekären Lebenssituation der Stämme aus.

Der Deutsche Bundestag soll daher der namibischen Nationalversammlung
einen Parlamentarierdialog vorschlagen, bei dem auch die Entschädigungsfrage
nicht ausgelassen wird. Außerdem schlägt die Fraktion die Gründung einer
deutsch-namibischen Parlamentariergruppe vor.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Völkermord an namibischen Stäm-
men anzuerkennen, für diesen um Entschuldigung zu bitten und mit der nami-
bischen Regierung in einen Dialog über den Versöhnungsprozess und Wieder-
gutmachungsleistungen einzutreten. Des Weiteren soll ein Fonds oder eine Stif-
tung, unter Beteiligung der Unternehmen, die während der Kolonialzeit von
Zwangsarbeit und Enteignungen der betreffenden Stämme profitiert haben, ge-
schaffen werden, um die nachwirkenden strukturellen Nachteile der Betroffenen
auszugleichen. Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Rückführung von
menschlichen Überresten und Kulturgütern, die aus der Kolonialzeit stammen,
zu veranlassen. Auf nationaler Ebene wird die Bundesregierung aufgefordert,
eine Stiftung zu gründen, deren Ziel es ist, das Bewusstsein über Kolonialismus
und die deutsche Kolonialvergangenheit zu stärken. Es soll der namibischen
Regierung die Einrichtung einer deutsch-namibischen Schulbuchkommission
vorgeschlagen werden nach Vorbild der deutsch-polnischen Schulbuchkommis-
sion. Des Weiteren wird die Bundesregierung aufgefordert, in der Kultusminis-
terkonferenz darauf hinzuwirken, dass in den Lehrplänen an deutschen Schulen
ein stärkerer Fokus auf die deutsche Kolonialvergangenheit gelegt wird.

Drucksache 17/8971 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthal-
tung der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Keine.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8971

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/8767 abzulehnen.

Berlin, den 7. März 2012

Der Auswärtige Ausschuss

Ruprecht Polenz
Vorsitzender

Hartwig Fischer (Göttingen)
Berichterstatter

Heidemarie Wieczorek-Zeul
Berichterstatterin

Marina Schuster
Berichterstatterin

Stefan Liebich
Berichterstatter

Hans-Christian Ströbele
Berichterstatter

Drucksache 17/8971 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Hartwig Fischer (Göttingen), Heidemarie Wieczorek-Zeul,
Marina Schuster, Stefan Liebich und Hans-Christian Ströbele

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/8767 in seiner 162. Sitzung am 1. März 2012 in erster
Lesung beraten und zur federführenden Beratung dem Aus-
wärtigen Ausschuss, zur Mitberatung dem Ausschuss für
Menschenrechte und humanitäre Hilfe und dem Ausschuss
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung über-
wiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die antragstellende Fraktion führt aus, dass der Völkermord
an den Stämmen der Herero, Nama, Damara und San wäh-
rend der deutschen Kolonialzeit in Deutsch-Südwestafrika,
heute Namibia, bis jetzt im Wesentlichen nicht als solcher
anerkannt oder entschädigt wurde. Dieser wirke sich heute
noch in der prekären Lebenssituation der Stämme aus.

Der Deutsche Bundestag soll daher der namibischen Natio-
nalversammlung einen Parlamentarierdialog vorschlagen,
bei dem auch die Entschädigungsfrage nicht ausgelassen
wird. Außerdem schlägt die Fraktion die Gründung einer
deutsch-namibischen Parlamentariergruppe vor.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Völkermord an
namibischen Stämmen anzuerkennen, für diesen um Ent-
schuldigung zu bitten und mit der namibischen Regierung in
einen Dialog über den Versöhnungsprozess und Wieder-
gutmachungsleistungen einzutreten. Des Weiteren soll ein
Fonds oder eine Stiftung, unter Beteiligung der Unterneh-
men, die während der Kolonialzeit von Zwangsarbeit und
Enteignungen der betreffenden Stämme profitiert haben,
geschaffen werden, um die nachwirkenden strukturellen
Nachteile der Betroffenen auszugleichen. Die Bundesregie-
rung wird aufgefordert, die Rückführung von menschlichen
Überresten und Kulturgütern, die aus der Kolonialzeit stam-
men, zu veranlassen. Auf nationaler Ebene wird die Bundes-

regierung aufgefordert, eine Stiftung zu gründen, deren Ziel
es ist, das Bewusstsein über Kolonialismus und die deutsche
Kolonialvergangenheit zu stärken. Es soll der namibischen
Regierung die Einrichtung einer deutsch-namibischen
Schulbuchkommission vorgeschlagen werden nach Vorbild
der deutsch-polnischen Schulbuchkommission. Des Wei-
teren wird die Bundesregierung aufgefordert, in der Kultus-
ministerkonferenz darauf hinzuwirken, dass in den Lehr-
plänen an deutschen Schulen ein stärkerer Fokus auf die
deutsche Kolonialvergangenheit gelegt wird.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
hat den Antrag auf Drucksache 17/8767 in seiner 56. Sitzung
am 7. März 2012 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat den Antrag auf Drucksache 17/8767 in sei-
ner 56. Sitzung am 7. März 2012 beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung
der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die
Ablehnung.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag auf Drucksache
17/8767 in seiner 56. Sitzung am 7. März 2012 beraten und
empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei
Stimmenthaltung der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN die Ablehnung.

Berlin, den 7. März 2012

Hartwig Fischer (Göttingen)
Berichterstatter

Heidemarie Wieczorek-Zeul
Berichterstatterin

Marina Schuster
Berichterstatterin

Stefan Liebich
Berichterstatter

Hans-Christian Ströbele
Berichterstatter

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