BT-Drucksache 17/8947

Wettbewerb und Rabattverträge

Vom 8. März 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8947
17. Wahlperiode 08. 03. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgitt Bender, Dr. Harald Terpe, Maria Klein-Schmeink,
Elisabeth Scharfenberg, Kerstin Andreae, Katrin Göring-Eckardt,
Sven-Christian Kindler, Markus Kurth, Dr. Tobias Lindner und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Wettbewerb und Rabattverträge

Der deutsche Arzneimittelmarkt ist durch eine hohe Durchdringung mit Gene-
rika geprägt. Hierdurch sind nach Ablauf des Patentschutzes deutliche Einspa-
rungen der Krankenkassen im Vergleich zur Versorgung mit Originalpräparaten
möglich.

Rabattverträge sind für gesetzliche Krankenversicherungen ein Instrument,
Preisvorteile insbesondere im generikafähigen – und damit in der Regel der
Konkurrenz mehrerer Anbieter unterliegenden – Arzneimittelmarkt zu erzielen.
Rabattverträge können, je nach Zeithorizont und Ausgestaltung sowohl wett-
bewerbsfördernd als auch wettbewerbsbehindernd wirken.

Als den Wettbewerb behindernd werden von Generikaherstellern insbeson-
dere Rabattverträge mit Originalherstellern, die über den Zeitpunkt des Patent-
ablaufs hinausgehen, dargestellt, da sie den Markteintritt von generischen
Konkurrenzprodukten behindern. Ähnliche Wirkungen zeigen Portfoliover-
träge mit automatischer Ergänzung um Arzneimittel, deren Patent ausgelau-
fen ist.

Bei Biosimilars (biotechnologisch erzeugte Nachfolgearzneimittel von Bio-
pharmazeutika nach deren Patentablauf) bestehen vergleichsweise hohe Auf-
wendungen für die Entwicklung und Zulassungsverfahren, die zu einem Markt-
eintritt mit deutlichem Abstand zum Patentablauf und zu einer geringen Anzahl
an Anbietern führt. Rabattverträge die einige Monate vor dem Patentablauf
oder direkt nach dem Ablauf des Patentes abgeschlossen werden, erschweren
den Markteintritt dieser Produkte massiv oder verhindern ihn im Extremfall
sogar.

Laut Ärzte Zeitung vom 26. Januar 2012 („Union knöpft sich AMNOG vor“)
schlagen Gesundheitspolitiker der Fraktion der CDU/CSU eine zweijährige
Karenzzeit für Rabattausschreibungen von Biosimilars nach Ablauf des Ori-
ginalpatents vor. Ebenso seien ihnen Rabattverträge mit Originalherstellern, die
vor Ablauf des Patentschutzes geschlossen wurden und darüber hinauslaufen,

ein Dorn im Auge.

Drucksache 17/8947 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Teilt die Bundesregierung die Schlussfolgerung des Gutachtens der IGES
Institut GmbH „Generika in Deutschland: Wettbewerb fördern – Wirtschaft-
lichkeit stärken“, dass der Markteintritt für Generika unattraktiv gemacht
wird und damit die Wettbewerbsintensität verringert wird durch

a) den Abschluss von Rabattverträgen (kurz) vor Patentablauf mit Laufzei-
ten über den Ablauf des Patentes hinaus,

b) Portfolioverträge mit der Aufnahme von sogenannten Altoriginalen?

Falls nein, wie begründet sie dies?

2. a) Welche Informationen liegen der Bundesregierung über die Verbreitung
von Rabattverträgen mit Originalherstellern vor, und wie haben sich diese
in den letzten Jahren entwickelt?

b) Liegen der Bundesregierung Informationen über den Markteintritt und die
Marktdurchdringung von Generika beim Vorliegen solcher Rabattver-
träge mit Originalherstellern vor, und in welchem Verhältnis stehen diese
Zahlen im Vergleich zu Arzneimitteln mit stark ausgeprägtem Generika-
wettbewerb (ohne Rabattvertrag mit Originalhersteller nach Patentablauf)
bereits kurz nach dem Patentablauf?

3. a) Welche Informationen liegen der Bundesregierung über die Verbreitung
und den Umgang mit Portfolioverträgen von gesetzlichen Krankenkassen
mit Originalherstellern und Generikaherstellern vor, und wie haben sich
diese in den letzten Jahren entwickelt?

b) Liegen der Bundesregierung Informationen über den Markteintritt von
und die Marktdurchdringung durch Generika beim Vorliegen solcher
Portfolioverträge mit Originalherstellern vor, und in welchem Verhältnis
stehen diese Zahlen im Vergleich zu Arzneimitteln mit stark ausgepräg-
tem Generikawettbewerb bereits kurz nach dem Patentablauf?

4. Wie bewertet die Bundesregierung die Vorschläge,

a) Rabattverträge mit Originalanbietern mit dem Patentablauf zu beenden,

b) die automatische Aufnahme von Arzneimitteln, deren Patentschutz aus-
gelaufen ist bzw. der mit diesem Wirkstoff neu eingeführten Generika, in
Portfolioverträge zu verbieten, und wie begründet sie ihre Position ins-
besondere mit Blick auf den Aspekt Wettbewerb?

5. Teilt die Bundesregierung die Schlussfolgerung des IGES-Gutachtens „Ge-
nerika in Deutschland: Wettbewerb fördern – Wirtschaftlichkeit stärken“,
dass der Markteintritt von Biosimilars zusätzlich durch Rabattverträge nach
Patentablauf mit dem Originalhersteller massiv behindert wird?

Falls nein, wie begründet sie dies?

6. Teilt die Bundesregierung die Analyse des im Auftrag des Bundesministeri-
ums für Gesundheit erstellten, im August 2010 veröffentlichten, Gutachtens
„Sicherstellung einer effizienten Arzneimittelversorgung in der Onkologie“
(Glaeske et al.), dass Rabattverträge für patentierte Arzneimittel nach Patent-
ablauf zum Zweck der Absatzsicherung und gesetzliche Regulierungen, wie
Festbeträge, Barrieren für die Markteinführung von und Marktdurchdringung
durch von Biosimilars darstellen?

Falls nein, wie begründet sie das?

7. Durch welche Maßnahmen könnte die im Gutachten „Sicherstellung einer
effizienten Arzneimittelversorgung in der Onkologie“ aus ordnungspolitischer
Sicht vorgeschlagene „Ausgestaltung von Rabattverträgen, die die Einfüh-

rung von Biosimilars fördern“ umgesetzt werden, und plant die Bundesregie-
rung entsprechende Maßnahmen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8947

8. Wie bewertet die Bundesregierung die Vorschläge, bei Biosimilars

a) eine zweijährige Karenzzeit zwischen Patentablauf des Originals und
Rabattausschreibung vorzusehen (Vorschlag aus der Fraktion der CDU/
CSU),

b) eine zweijährige Karenzzeit zwischen Markteinführung des ersten Bio-
similars und Rabattausschreibung vorzusehen (Vorschlag aus den Reihen
der Hersteller von Biosimilars),

c) bis auf weiteres Rabattverträge zum Zeitpunkt der Verfügbarkeit von
Biosimilars zu beenden (IGES),

und wie begründet sie ihre Position insbesondere mit Blick auf den Aspekt
eines funktionsfähigen Wettbewerbs?

Berlin, den 8. März 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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