BT-Drucksache 17/8713

Rechte und Hilfe für transsexuelle, transgender und intersexuelle minderjährige Menschen

Vom 21. Februar 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8713
17. Wahlperiode 21. 02. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Diana Golze, Matthias W. Birkwald,
Jutta Krellmann, Ingrid Remmers, Kathrin Vogler, Harald Weinberg,
Jörn Wunderlich, Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Rechte und Hilfe für transsexuelle, transgender und intersexuelle minderjährige
Menschen

Bereits 1982 setzte das Bundesverfassungsgericht (1 BvR 938/81) die bis dahin
geltende Altersbeschränkung im Transsexuellengesetz (TSG) außer Kraft, die
einen Antrag auf Änderung des Vornamens und Personenstandes erst ab dem
25. Lebensjahr ermöglichte. Mit dem Wegfall der Altersbeschränkung wurde es
auch minderjährigen Betroffenen ermöglicht, einen Antrag auf Änderung des
Personenstands bzw. des Vornamens unter Zustimmung der Erziehungsberech-
tigten zu stellen. Auch die Einleitung einer Hormontherapie ist bei zwei zustim-
menden psychologischen Gutachten sowie der Zustimmung der Erziehungs-
berechtigten möglich. Dies betrifft etwa 100 Fälle pro Jahr (www.spiegel.de/
schulspiegel/leben/0,1518,807219,00.html). In Berlin wurde kürzlich ein Fall
bekannt, wo ein 11-jähriges Mädchen den Wunsch äußerte ihr Geschlecht zu
ändern. Die Erziehungsberechtigten waren sich uneinig, das Jugendamt inter-
venierte und setzte auf Wunsch des Vaters vor dem Berliner Kammergericht eine
Einweisung in die Psychiatrie durch (http://taz.de/Transsexualitaet-im-Kin-
desalter/!87055/). Das zuständige Jugendamt geriet in die Kritik, weil das Ziel
der psychiatrischen Behandlung eine Unterbindung des Wunsches einer Ge-
schlechtsangleichung zur gefühlten Geschlechtsidentität des Kindes sein könnte
(http://taz.de/Transsexualitaet-im-Kindesalter/!87055/).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Beratungs- und Hilfsangebote haben transsexuelle, transgender und
intersexuelle minderjährigen Menschen in Deutschland?

2. Welche Beratungs- und Hilfeangebote haben die Eltern von transsexuellen,
transgender und intersexuellen minderjährigen Menschen in Deutschland?

3. Inwiefern und in welcher Höhe unterstützt die Bundesregierung diese Hilfs-
und Beratungsangebote?

4. Wie beurteilt die Bundesregierung die Situation und das Beratungs- und

Hilfsangebot für intersexuelle, transgender und transsexuelle minderjährige
Menschen und deren Eltern in Deutschland?

5. Inwiefern sind Jugendämter und Schulverwaltung über die Problematik in-
formiert, und welche Hilfestellung können sie Betroffenen und Eltern geben?

Drucksache 17/8713 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
6. Welche Weiterbildungsangebote zum Umgang mit transsexuellen, trans-
gender und intersexuellen minderjährigen Menschen werden Mitarbeite-
rinnen und Mitarbeitern von Jugendämtern und Schulverwaltung sowie
Lehrkräften an Schulen angeboten?

7. Ab welchem Zeitpunkt und unter welchen Bedingungen sieht es die Bun-
desregierung für geboten an, dass Minderjährigen eine Hormontherapie zur
Geschlechtsangleichung ermöglicht wird?

8. Wie beurteilt die Bundesregierung Therapien an Minderjährigen, die ge-
schlechtsatypische Verhaltensweisen unterbinden, um den Wunsch das Ge-
schlecht zu ändern, zu verhindern?

9. Wie viele Anträge auf Änderung des Vornamens und des Personenstands
wurden in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren von Minderjähri-
gen bzw. ihren Erziehungsberechtigten gestellt (bitte nach Bundesland und
Jahrgang auflisten)?

10. In wie vielen Fällen haben Minderjährige eine Hormonbehandlung vor Ein-
tritt in die Pubertät begonnen, um ihr Geschlecht ihrer Geschlechtsidentität
anzugleichen?

11. Welche nationalen und internationalen Studien zur Anpassung des Ge-
schlechts an die Geschlechtsidentität von Minderjährigen sind der Bundes-
regierung bekannt?

12. Wie beurteilt die Bundesregierung diese Studien?

13. Wie beurteilt die Bundesregierung die Situation von intersexuellen Minder-
jährigen, die (bzw. ihre Erziehungsberechtigten) einen Antrag auf Ände-
rung des Personenstands bzw. des Vornamens nur nach dem TSG stellen
können, nicht aber mit Verweis auf ihre Intersexualität?

14. Wie beurteilt die Bundesregierung die aktuelle Situation von Betroffenen,
die ihren Personenstand oder ihren Vornamen ändern wollen, wobei die
Rechtsgrundlage, das TSG, zum Teil vom Bundesverfassungsgericht außer
Kraft gesetzt wurde und die angekündigte und notwendige Reform des TSG
von der Bundesregierung noch immer nicht umgesetzt wurde?

15. In welcher Form und wann gedenkt die Bundesregierung, die notwendige
Reform des TSG umzusetzen?

Berlin, den 16. Februar 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.