BT-Drucksache 17/7994

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 17/6643 - Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer Visa-Warndatei und zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes

Vom 30. November 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7994
17. Wahlperiode 30. 11. 2011

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 17/6643 –

Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer Visa-Warndatei und zur Änderung
des Aufenthaltsgesetzes

A. Problem

Deutsche Visumbehörden haben derzeit keine Möglichkeit, bei allen Visum-
anträgen die an einem Visumantrag beteiligten Personen gezielt auf rechts-
widriges Verhalten im Zusammenhang mit einem Visumverfahren oder mit
sonstigem Auslandsbezug zu überprüfen. Schon im Visa-Untersuchungsaus-
schuss der 15. Legislaturperiode wurde eine zentrale Warndatei als ein sinn-
volles Mittel zur Unterstützung deutscher Visumbehörden im Visumverfahren
genannt.

Negative Folgen und Begleiterscheinungen der Einreisen mit erschlichenen
Schengen-Visa sind in erster Linie illegale Beschäftigung, aber auch Rausch-
giftschmuggel, Menschenhandel und Kinderhandel.

Nach gegenwärtiger Rechtslage ist eine wirksame Unterstützung im Visum-
verfahren und damit eine wirksame Bekämpfung von Visaerschleichungen so-
wie eine Eindämmung der damit verbundenen organisierten Kriminalität kaum
möglich, da die einzelnen Auslandsvertretungen nur über die jeweils von ihnen
selbst erkannten Missbrauchsfälle informiert sind. Erkenntnisse anderer Stellen
wie auch Erkenntnisse anderer deutscher Auslandsvertretungen und Grenz-
behörden erfahren sie nur zufällig oder auf Nachfrage im Einzelfall. Die bis-
herigen Erfahrungen haben gezeigt, dass die Ablehnung eines Visumantrag-
stellers häufig in der Person des Einladers begründet ist, obwohl der Visum-
antragsteller unbedenklich erscheint, und dass die Person des Einladers häufig
die Quervernetzung zu problematischen anderen (früheren, gleichzeitigen)
Visumantragstellern bei anderen Auslandsvertretungen aufzeigt. Um auf-
wändige und personalintensive Nachfragen bei den deutschen Auslands-
vertretungen zu vermeiden, ist eine Speicherung von Täuschungen in Visum-

verfahren neben visumrelevanten Verurteilungen in einer zentralen Datei für
die Visumbehörden ebenso wichtig wie die zentrale Speicherung der Antrags-
daten des Visumantragstellers in der Visadatei des Ausländerzentralregisters.

Drucksache 17/7994 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

B. Lösung

Zur Behebung der aufgeführten Defizite werden die gesetzlichen Grundlagen
für die Errichtung einer zentralen Visa-Warndatei sowie für ein Verfahren für
einen mittelbaren Abgleich von bestimmten Daten aus Visaverfahren für
Sicherheitszwecke geschaffen.

Die Visa-Warndatei soll in erster Linie der Vermeidung von Visummissbrauch
dienen. In ihr werden Warndaten zu Personen gespeichert, die im Zusammen-
hang mit einer der für das Visumverfahren relevanten Katalogstraftaten nach
dem Aufenthaltsgesetz und dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz oder im
Zusammenhang mit Schleusung, Menschen- und Kinderhandel oder schwers-
ten Betäubungsmitteldelikten auffällig geworden sind, indem sie wegen solcher
Delikte als Täter oder Teilnehmer rechtskräftig zu einer Geld- oder Freiheits-
strafe einschließlich der Jugendstrafe verurteilt worden sind. Der Delikts-
katalog ist mit Blick auf den mit der Visa-Warndatei verfolgten Zweck der
Vermeidung des Visummissbrauchs auf wenige Straftaten beschränkt, die einen
besonderen Bezug zum Visumverfahren oder einen entsprechenden sonstigen
Auslandsbezug aufweisen. Darüber hinaus werden Warndaten nur gespeichert
zu Visumantragstellern, die sich im Visumverfahren selbst rechtswidrig ver-
halten haben, sowie zu Einladern, Verpflichtungsgebern und Personen, die im
Visumverfahren Bestätigungen abgegeben haben, wenn diese im Rahmen ihrer
Erklärungen falsche Angaben gemacht haben oder – im Fall des Verpflich-
tungsgebers – ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen sind.

Da diese Datei allein der Unterstützung der Visumbehörden zur Vermeidung
von Visummissbrauch dient, werden die Daten aus dieser Datei auf der Grund-
lage eng begrenzter Übermittlungsvorschriften übermittelt. Ein Zugriff von
Sicherheitsbehörden auf diese Datei wird – abgesehen von den mit der polizei-
lichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden
für die Erteilung von Ausnahmevisa und die Rücknahme von Visa an den
Grenzen – nicht möglich sein. Soweit Daten aus der Datei übermittelt werden
– in der Mehrzahl der Fälle also an die Auslandsvertretungen –, werden hieran
keine Rechtsfolgen geknüpft. Vielmehr wird dadurch lediglich die Datenbasis,
auf der die anfordernde Behörde ihre Entscheidung treffen muss, auf eine
breitere Grundlage gestellt.

Um dem besonderen sicherheitspolitischen Interesse im Visumverfahren Rech-
nung zu tragen, wird getrennt von einer auf den Zugriff der Visumbehörden und
der mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs be-
auftragten Behörden beschränkten Visa-Warndatei ein neues Verfahren zum
Abgleich der Visumantragsdaten mit den Erkenntnissen der Sicherheitsbehör-
den zu Personen mit Verbindung zum internationalen Terrorismus eingeführt.
Damit soll auch bei Staatsangehörigen und Personengruppen, bei denen eine
Visumpflicht besteht und deren Visumanträge nicht im nationalen Konsulta-
tionsverfahren nach § 73 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes einer Prüfung durch
die Sicherheitsbehörden unterliegen, eine Rückmeldung an die Auslandsver-
tretungen ermöglicht werden, wenn Personen aus dem terroristischen Umfeld
beabsichtigen, nach Deutschland einzureisen.

Hierzu übermitteln die Auslandsvertretungen neben den Daten der Visum-
antragsteller die Daten von Einladern, Verpflichtungsgebern und sonstigen
Referenzpersonen an eine im Bundesverwaltungsamt einzurichtende besondere
Organisationseinheit, die einen Abgleich der Visumantragsdaten mit bestimm-
ten Daten aus der Antiterrordatei durchführt. Nur im Trefferfall übermittelt das
Bundesverwaltungsamt die Daten aus dem Visumverfahren an die betreffende
Sicherheitsbehörde. Im Übrigen sind die Daten unverzüglich zu löschen.

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der

Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/7994

C. Alternativen

Keine.

D. Finanzielle Auswirkungen

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Keine.

2. Vollzugsaufwand

Die Umsetzung des Gesetzes orientiert sich an Komponenten, die bereits im
Ausländerzentralregister beim Bundesverwaltungsamt realisiert worden sind,
so dass Synergieeffekte erzielt werden können.

Die Kosten für die Errichtung der Visa-Warndatei belaufen sich voraussichtlich
auf rund 6,9 Mio. Euro, hiervon entfallen ca. 4,4 Mio. Euro auf die Entwick-
lung und Bereitstellung einer Softwarelösung und ca. 2,5 Mio. Euro auf die
Bereitstellung der IT- Infrastruktur inklusive der Netzanbindung.

Die jährlichen Kosten für Wartung, Pflege und Weiterentwicklung der Visa-
Warndatei belaufen sich auf rund 1 Mio. Euro.

Es ist beabsichtigt, bei der Errichtung auf eine im Geschäftsbereich des
Bundesministeriums des Innern bestehende IT-Infrastruktur zurückzugreifen;
die daraus resultierenden Synergieeffekte tragen zur Deckung des Bedarfs bei
und sind in der Kostenaufstellung bereits berücksichtigt.

Die Errichtungskosten und die jährlichen Kosten für Wartung, Pflege und
Weiterentwicklung der Visa-Warndatei sollen aus dem Einzelplan 06 finanziell
ausgeglichen werden.

Für die Wahrnehmung der Fachaufgabe, die Errichtung und den Betrieb der
Visa-Warndatei werden 23 zusätzliche Planstellen/Stellen beim Bundesver-
waltungsamt benötigt. Die jährlichen Personalkosten betragen knapp 1,6 Mio.
Euro. Beim Auswärtigen Amt und seinen Auslandsvertretungen ist zunächst
mit einem erhöhten Verwaltungsaufwand mit Auswirkungen auf die Sach- und
Personalkosten zu rechnen, der jedoch durch die zu erwartenden Verbesse-
rungen im Visumverfahren gerechtfertigt ist. Der Mehrbedarf an Stellen soll
stellenmäßig im Einzelplan 06 ausgeglichen werden.

Den Sicherheitsbehörden (Polizei und Nachrichtendienst) entsteht durch die
Einrichtung des Abgleichsverfahrens und die Anpassung der Quellsysteme ein
erhöhter Verwaltungsaufwand, der auch Auswirkungen auf die Sach- und
Personalkosten haben wird, der derzeit noch nicht konkret bezifferbar ist.

Kostenfolgen für das Abgleichsverfahren sind hier nicht berücksichtigt.

Den Landes- und Kommunalbehörden entsteht durch die Einrichtung einer
Visa-Warndatei ein geringer Verwaltungsaufwand. Mit Auswirkungen auf den
Sach- und Personalhaushalt ist dadurch aber nicht zu rechnen.

E. Sonstige Kosten

Durch dieses Gesetz entstehen der Wirtschaft keine sonstigen Kosten, da sie
nicht direkt von den Regelungen betroffen ist. Auswirkungen auf Einzelpreise
und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht
zu erwarten.

Drucksache 17/7994 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

F. Bürokratiekosten

Für die Wirtschaft werden keine Informationspflichten neu eingeführt, geändert
oder aufgehoben.

Für die Bürgerinnen und Bürger werden zwei Informationspflichten neu ein-
geführt und keine Informationspflichten geändert oder abgeschafft.

Für die Verwaltung werden 13 Informationspflichten neu eingeführt und keine
Informationspflichten geändert oder abgeschafft.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/7994

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/6643 mit folgenden Maßgaben, im Übri-
gen unverändert anzunehmen:

Artikel 3 wird wie folgt gefasst:

‚Artikel 3
Änderung der Aufenthaltsverordnung

§ 69 Absatz 2 der Aufenthaltsverordnung vom 25. November 2004 (BGBl. I
S. 2945), die zuletzt durch … geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Nummer 1 wird wie folgt geändert:

a) In Buchstabe a werden die Wörter „und frühere Nachnamen“ gestrichen.

b) Nach Buchstabe c wird folgender Buchstabe d eingefügt:

„d) abweichende Namensschreibweisen, andere Namen und frühere
Namen,“.

c) Die Buchstaben d bis o werden die Buchstaben e bis p.

2. In Nummer 2 Buchstabe g werden nach dem Wort „Nachname“ ein Komma
und die Wörter „abweichende Namensschreibweisen, andere Namen und
frühere Namen“ eingefügt, nach dem Wort „Geburtsdatum“ wird ein
Komma und das Wort „Geburtsort“ eingefügt und nach den Wörtern
„E-Mail-Adresse der Organisation“ werden ein Komma und die Wörter
„Sitz, Aufgabenstellung oder Wirkungsbereich und Bezeichnung und der
Ort des Registers, in das die Organisation eingetragen ist, die Register-
nummer der Organisation“ eingefügt.‘

Berlin, den 30. November 2011

Der Innenausschuss

Wolfgang Bosbach
Vorsitzender

Reinhard Grindel
Berichterstatter

Michael Hartmann (Wackernheim)
Berichterstatter

Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Josef Philip Winkler
Berichterstatter

Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner
59. Sitzung am 30. November 2011 abschließend beraten res Hinschauen angebracht sei.
und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD,
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die An-
nahme des Gesetzentwurfs in der Fassung des Änderungs-

Die Fraktion der SPD erkennt an, dass die Ergebnisse des
Visa-Untersuchungsausschusses – umfangreicher Miss-
brauch des Visumverfahrens, Zwangsprostitution, Men-
schenhandel und andere Formen der organisierten Krimina-
Drucksache 17/7994 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Reinhard Grindel, Michael Hartmann (Wackernheim),
Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Ulla Jelpke und Josef Philip Winkler

I. Zum Verfahren

1. Überweisung

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 17/6643 wurde in der
126. Sitzung des Deutschen Bundestages am 21. September
2011 an den Innenausschuss federführend sowie an den
Auswärtigen Ausschuss, den Rechtsausschuss, den Aus-
schuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und den
Ausschuss für Tourismus zur Mitberatung überwiesen.

2. Voten der mitberatenden Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat in seiner 50. Sitzung am
30. November 2011 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die
Annahme des Gesetzentwurfs empfohlen.

Der Rechtsausschuss hat in seiner 61. Sitzung am 28. Sep-
tember 2011 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den
Gesetzentwurf in der Fassung des Änderungsantrags der
Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP anzunehmen.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat in seiner 53. Sitzung am 30. November 2011 mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme des Gesetz-
entwurfs in der Fassung des Änderungsantrags der Koali-
tionsfraktionen empfohlen.

Der Ausschuss für Tourismus hat in seiner 44. Sitzung am
30. November 2011 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN emp-
fohlen, den Gesetzentwurf in der Fassung des Änderungs-
antrags der Koalitionsfraktionen anzunehmen.

3. Beratungen im federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat in seiner 51. Sitzung am 28. Sep-
tember 2011 beschlossen, eine öffentliche Anhörung zum
Thema Visa-Warndatei durchzuführen. Die öffentliche An-
hörung hat der Innenausschuss in seiner 54. Sitzung am
24. Oktober 2011 durchgeführt. Auf das Protokoll Nr. 17/54
der Anhörung, an der sich sieben Sachverständige beteiligt
haben, wird hingewiesen.

II. Zur Begründung
Zur Begründung wird allgemein auf Drucksache 17/6643
hingewiesen. Die vom Innenausschuss auf Grundlage des
Änderungsantrags der Koalitionsfraktionen auf Ausschuss-
drucksache 17(4)350 empfohlenen Änderungen berücksich-
tigen die Änderung des § 69 der Aufenthaltsverordnung
durch die Siebte Verordnung zur Änderung der Aufenthalts-
verordnung (Bundesratsdrucksache 584/11). Die Visa-
dateien der einzelnen Auslandsvertretungen sind nun um
diejenigen Daten zu ergänzen, die nicht auf der Grundlage
der mit der Siebten Verordnung zur Änderung der Aufent-
haltsverordnung getroffenen Regelungen gespeichert wer-
den, nach Artikel 1 des Entwurfs eines Gesetzes zur Errich-
tung einer Visa-Warndatei und zur Änderung des Aufent-
haltsgesetzes jedoch von den Auslandsvertretungen an die
Visa-Warndatei zu übermitteln sind.

Die Fraktion der CDU/CSU betont die Bedeutung des vor-
liegenden Gesetzentwurfs für die effektive Bekämpfung
von Visaerschleichungen und die Eindämmung der damit
zusammenhängenden organisierten Kriminalität. Der Visa-
Untersuchungsausschuss der 15. Wahlperiode habe die Un-
zulänglichkeiten im bisherigen Verfahren deutlich gemacht.
Dazu gehöre insbesondere die Tatsache, dass deutsche Aus-
landsvertretungen bislang im Wesentlichen nur über Infor-
mationen zu von ihnen selbst aufgedeckten Missbrauchs-
fällen verfügten und Erkenntnisse anderer Auslandver-
tretungen oder Sicherheitsbehörden nur im Einzelfall bzw.
auf konkrete Nachfrage erhielten. Die Visa-Warndatei führe
endlich zu einer weltweiten Vernetzung der in den Visa-
stellen vorhandenen Erkenntnisse und zu einer Erleichte-
rung von deren Arbeit. Zur Vermeidung von Visummiss-
brauch würden in der Datei Daten zu Personen gespeichert,
die wegen Delikten mit besonderem Bezug zum Visumver-
fahren rechtskräftig verurteilt worden seien, zu Antrag-
stellern, die sich im Visumverfahren selbst rechtswidrig ver-
halten hätten und zu Einladern und Verpflichtungsgebern,
die falsche Angaben gemacht oder ihren Verpflichtungen
nicht nachgekommen seien. Eine gleich effektive euro-
päische Regelung gebe es bislang nicht. Das EU-VIS regist-
riere eben keine Einlader und Verpflichtungsgeber. Gerade
diese seien aber häufig die einzigen Glieder von Netz-
werken, die den Auslandsvertretungen oder Sicherheits-
behörden bereits bekannt seien. Ergänzend regele man einen
Abgleich der Antragsdaten mit sicherheitsbehördlichen Er-
kenntnissen zu Personen mit Verbindungen zum internatio-
nalen Terrorismus und ggf. die Rückmeldung an die Aus-
landsvertretungen. Insgesamt gebe man den Entscheidern
im Visumverfahren mit dem Gesetz ein effektives Hilfsmit-
tel für ihre schwierige Aufgabe an die Hand und ermögliche
ihnen, gezielt die Fälle herauszufinden, in denen ein genaue-
antrags der Koalitionsfraktionen auf Ausschussdrucksache
17(4)350.

lität – Handlungsbedarf offenbart hätten. Die jetzige Um-
setzung durch den Gesetzentwurf der Koalition halte man

Die Fraktion DIE LINKE. begrüßt, dass der Entwurf keine
Einladerdatei und keine anlasslose Speicherung mehr ent-
halte. Dafür gebe es aber nunmehr den umfassenden Ab-
gleich mit der Anti-Terror-Datei. Hier zeige sich ein Gene-

mehrere Schreibweisen existierten, könne dies von den
deutschen Behörden als Falschangabe gewertet werden. Zu
bedauern sei schließlich, dass das bestehende Konsulta-
tionsverfahren nicht evaluiert worden sei.

Berlin, den 30. November 2011

Reinhard Grindel
Berichterstatter

Michael Hartmann (Wackernheim)
Berichterstatter

Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Josef Philip Winkler
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/7994

aber für nicht adäquat. Eine europäische Regelung sei ge-
boten, da auch Antragsteller, Einlader und Verpflichtungs-
geber europäisch agierten und da Deutschland zudem nicht
isoliert vorpreschen und erwünschte Besucher abschrecken
dürfe. Die Politik der Bundesregierung sei auch nicht kon-
sistent: Eine Verschärfung des Verfahrens – mit der Visa-
Warndatei – passe nicht mit außenpolitischen Initiativen für
die Visumfreiheit für Länder wie Russland, Weißrussland
und die Ukraine zusammen, bei denen größte Sicherheits-
bedenken bestünden. Entsprechendes gelte für Pläne zur
teilweisen Privatisierung im Rechts- und Konsularwesen.
Dieser Bereich sei hochanfällig für Korruption und den
sonstigen Einfluss Dritter.

Die Fraktion der FDP sieht im Gesetzentwurf keinen
Generalverdacht gegen Ausländer. Die Visa-Warndatei solle
vielmehr gezielt den Missbrauch im Visumverfahren be-
kämpfen, der schon im Visa-Untersuchungsausschuss der
15. Legislaturperiode erkennbar geworden sei. Es werde
insbesondere geschaut, ob eine an einem Visumantrag be-
teiligte Person in der Vergangenheit durch rechtswidriges
Verhalten im Zusammenhang zum Visumverfahren auffällig
geworden sei. Es gehe um eine Vereinfachung und Be-
schleunigung des Verfahrens für die Visumbehörden und
um Bürokratieabbau. Es gebe keine anlasslose Speicherung.
Datenübermittlung und Datenzugriff seien eng begrenzt.
Keinesfalls müssten Visumanträge bei Warnhinweisen auto-
matisch abgelehnt werden.

ralverdacht. In der Sachverständigenanhörung hätten sämt-
liche Experten – mit Ausnahme des Vertreters des BKA – im
Grunde die Visa-Warndatei für nicht erforderlich gehalten.
Auch der BfDI teile diese Auffassung. Die Daten seien in
anderen Dateien – wie beispielsweise dem EU VIS – ohnehin
erfasst. Auch die Visa-Warndatei werde im Übrigen nichts
am Menschenhandel und an der Zwangsprostitution ändern:
Dies könne zielfördernd nur über eine deutliche Verbesse-
rung des Opferschutzes erreicht werden. Der Vertreter des
BDI habe gleichfalls seine Bedenken gegenüber der faktisch
automatischen Sperrwirkung einer Eintragung in der Datei
für eine Visumerteilung deutlich gemacht. Es gehe darum,
über echte Erleichterungen für Menschen nachzudenken, die
regelmäßig nach Deutschland kämen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisiert den
Gesetzentwurf. Ein Fortschritt gegenüber früheren Ent-
würfen sei, dass nicht mehr jeder Mehrfacheinlader gleich
in einer Datei gespeichert werde; ein Rückschritt liege aber
darin, dass jeder, der in irgendeiner Weise mit einem Visum
in Verbindung stehe, mit der Anti-Terror-Datei abgeglichen
werde. Darin werde ein generelles Misstrauen gegenüber
Menschen mit ausländischem Hintergrund erkennbar und
die implizite Unterstellung, Ausländer seien per se krimi-
nell. Eine solche Pauschalverdächtigung sei geschmacklos
und perfide. Unverhältnismäßig sei es, wenn bereits gering-
fügige Fehler bei den Angaben zur Speicherung führten. So-
gar wenn – wie bei afghanischen oder arabischen Namen –

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