BT-Drucksache 17/7627

Erwünschte und unbeabsichtigte Folgen des geltenden Drogenstrafrechts

Vom 7. November 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7627
17. Wahlperiode 08. 11. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Frank Tempel, Jan Korte, Dr. Martina Bunge, Inge Höger,
Ulla Jelpke, Wolfgang Neskovic, Petra Pau, Jens Petermann, Raju Sharma,
Kathrin Vogler, Halina Wawzyniak, Harald Weinberg und der Fraktion DIE LINKE.

Erwünschte und unbeabsichtigte Folgen des geltenden Drogenstrafrechts

Am 7. September 2011 unterzeichneten 41 deutsche Professorinnen und Pro-
fessoren des Strafrechts eine Resolution an die Abgeordneten des Deutschen
Bundestages. In dieser wird eine kritische Würdigung der Wirksamkeit des bis-
herigen Drogenstrafrechts eingefordert. Inzwischen haben 78 Professorinnen
und Professoren die Resolution unterschrieben. Die Unterzeichner wollen den
Gesetzgeber auf die unbeabsichtigten und schädlichen Nebenwirkungen und
Folgen der Kriminalisierung bestimmter Drogen aufmerksam machen. Eine
Evaluation des 10-Jahres-Programms der UNO zur Drogenbekämpfung kam
im Jahr 2008 zu dem Schluss, dass die Prohibition zwar den schädlichen Kon-
sum bestimmter Drogen verhindern sollte, dieses Ziel aber nicht erreicht
wurde. Zwar schreckt die Illegalisierung bestimmter Drogen einige Menschen
von deren Konsum ab, verhindert aber Aufklärung und vergrößert gleichzeitig
dramatisch die gesundheitlichen und sozialen Schäden für diejenigen, die nicht
abstinent leben wollen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Stimmt die Bundesregierung der Aussage der Resolution zu, dass „aus straf-
rechtswissenschaftlicher Sicht sowie auch aufgrund empirischer For-
schungsergebnisse die dringende Notwendigkeit besteht, die Geeignetheit,
Erforderlichkeit und normative Angemessenheit des Betäubungsmittelstraf-
rechts zu überprüfen und gegebenenfalls Vorschläge zu Gesetzesänderungen
aus solcher Evaluation abzuleiten“?

Wenn nein, warum nicht?

2. Stimmt die Bundesregierung der Aussage der Resolution zu, dass 17 Jahre
nach der Cannabis-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (1994)
„diese Thematik neuerlich auf die rechtspolitische Agenda zu setzen“ ist?

Wenn nein, warum nicht?

3. Stimmt die Bundesregierung der Aussage der Resolution zu, dass der inter-

nationale Drogenmarkt eine „extreme und globalisierte Schattenwirtschaft“
generiert „mit weiterer Folgekriminalität und destabilisierenden Auswirkun-
gen auf globale Finanzmärkte ebenso wie nationale Volkswirtschaften“?

Wenn nein, warum nicht?

4. Stimmt die Bundesregierung der Aussage der Resolution zu, dass „die Ge-
fährdung durch bislang illegale Drogen ebenso wie solche durch Medika-

Drucksache 17/7627 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
mente und Alkohol besser durch gesundheitsrechtliche Regulierung mit ak-
zessorischer [Anmerkung des Fragestellers: d. h. geringfügiger] ordnungs-
oder strafrechtlicher Sanktionierung sowie mit adäquaten Jugendhilfemaß-
nahmen zu bewältigen wären“?

Wenn nein, warum nicht?

5. Stimmt die Bundesregierung der These der Resolution zu, dass die Illegali-
sierung bestimmter Drogen den Konsum verhindern sollte, dieses Ziel aber
tatsächlich nicht erreicht wurde?

Wenn nein, warum nicht?

6. Stimmt die Bundesregierung der These der Resolution zu, dass die Illegali-
sierung bestimmter Drogen die organisierte Kriminalität fördert?

Wenn nein, warum nicht?

7. Stimmt die Bundesregierung der These der Resolution zu, dass die Ille-
galisierung bestimmter Drogen Konsumenten strafrechtlich verfolgt obwohl
es sich um „opferlose“ Kontrolldelikte handelt, ihnen einen Verbraucher-
und Jugendschutz verwehrt was wiederum riskante Konsumformen fördert
und die Konsumenten gefährlichen Krankheiten aussetzt (bspw. AIDS, He-
patitis C)?

Wenn nein, warum nicht?

8. Stimmt die Bundesregierung der These der Resolution zu, dass normales
jugendliches Experimentierverhalten durch die Illegalisierung bestimmter
Drogen kriminalisiert, das Erlernen von Drogenmündigkeit erschwert, jun-
gen Menschen damit dauerhaft stigmatisiert und ihre Lebenschancen ge-
mindert werden?

Wenn nein, warum nicht?

9. Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, dass der Konsum von lega-
len und illegalen Drogen zur Lebensrealität der Gesamtbevölkerung
Deutschlands gehört?

Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 8. November 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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