BT-Drucksache 17/7484

Die Europäische Sozialcharta unverzüglich umsetzen

Vom 26. Oktober 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7484
17. Wahlperiode 26. 10. 2011

Antrag
der Abgeordneten Andrej Hunko, Dr. Diether Dehm, Thomas Nord, Alexander
Ulrich, Matthias W. Birkwald, Heidrun Dittrich, Klaus Ernst, Diana Golze, Katja
Kipping, Jutta Krellmann, Cornelia Möhring, Yvonne Ploetz, Jörn Wunderlich,
Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Die Europäische Sozialcharta unverzüglich umsetzen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Deutschland hat die revidierte Fassung der Europäischen Sozialcharta, mit der
weitergehende soziale Grundrechte auf europäischer Ebene festgeschrieben
wurden, zwar unterzeichnet, aber nicht ratifiziert.

50 Jahre nach der Unterzeichnung der Europäischen Sozialcharta hat Deutsch-
land wichtige Teile ihres Inhalts nicht umgesetzt, so wie dies auch im Bericht
des Europäischen Ausschusses für soziale Rechte (ECSR) des Europarats 2010
erneut festgestellt worden ist.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die revidierte Fassung der Europäischen Sozialcharta umgehend zur Ratifi-
zierung an den Deutschen Bundestag weiterzuleiten;

2. 50 Jahre nach der Unterzeichnung unverzüglich die Europäische Sozial-
charta umzusetzen, insbesondere durch die Einleitung der folgenden Maß-
nahmen:

a) Zur Umsetzung von Artikel 1 Absatz 2 der Charta, in dem die Unter-
zeichner sich verpflichten, „das Recht des Arbeitnehmers wirksam zu
schützen, seinen Lebensunterhalt durch eine frei übernommene Tätigkeit
zu verdienen“ und Artikel 4 Absatz 1 der Charta, mit dem die Vertrags-
parteien sich verpflichten, „das Recht der Arbeitnehmer auf ein Arbeits-
entgelt anzuerkennen, welches ausreicht, um ihnen und ihren Familien
einen angemessenen Lebensstandard zu sichern“, wird ein flächen-
deckender gesetzlicher Mindestlohn eingeführt, der noch in dieser Wahl-
periode auf 10 Euro brutto pro Stunde erhöht wird und jährlich mindes-
tens in dem Maße wächst, wie die Lebenshaltungskosten steigen.

b) Zur Umsetzung von Artikel 2 Absatz 1 der Charta, in dem die Vertrags-

parteien die Verpflichtung eingegangen sind, „die Arbeitswoche fort-
schreitend zu verkürzen, soweit die Produktivitätssteigerung und andere
mitwirkende Faktoren dies gestatten“, wird eine gesetzliche Höchst-
arbeitszeit von 40 Stunden, statt der bisherigen 48 Stunden eingeführt.
Die daraus folgende Arbeitszeitverkürzung muss bei vollem Lohnaus-
gleich gewährt werden.

Drucksache 17/7484 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
c) Zur Umsetzung von Artikel 13 Absatz 1 der Charta, mit dem sich die
Vertragsparteien verpflichten „sicherzustellen, daß jedem, der nicht über
ausreichende Mittel verfügt und sich diese auch nicht selbst oder von
anderen, insbesondere durch Leistungen aus einem System der sozialen
Sicherheit verschaffen kann, ausreichende Unterstützung gewährt wird
und im Falle der Erkrankung die Betreuung, die seine Lage erfordert“,
wird eine sanktionsfreie, bedarfsdeckende Mindestsicherung, die mindes-
tens in dem Maße steigt wie die Lebenshaltungskosten, eingeführt. In
einem ersten Schritt wird der Regelsatz auf 500 Euro, unabhängig von
den Kosten der Unterkunft, angehoben. Sanktionen und das Konstrukt
der Bedarfsgemeinschaft werden abgeschafft.

Berlin, den 26. Oktober 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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