BT-Drucksache 17/72

Bundesregierung setzt Asyl-Rücküberstellungen nach Griechenland trotz Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

Vom 24. November 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 17/72
17. Wahlperiode 24. 11. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Jan van Aken, Sevim Dag˘delen,
Wolfgang Gehrcke, Inge Höger, Andrej Hunko, Harald Koch, Wolfgang Neskovic,
Jens Petermann, Kersten Steinke, Frank Tempel, Alexander Ulrich, Katrin Werner
und der Fraktion DIE LINKE.

Fortsetzung der Asyl-Rücküberstellungen nach Griechenland trotz Entscheidun-
gen des Bundesverfassungsgerichts

Am 5. November 2009 entschied das Bundesverfassungsgericht bereits zum
vierten Mal, dass die Rücküberstellung eines Asylsuchenden nach Griechenland
im Rahmen der EU-Verteilungsregelungen (Dublin-II-Verordnung) vorläufig
auszusetzen ist. „Unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich gerichts-
bekannten, umfangreichen Stellungnahmen verschiedener Organisationen zur
Situation von Asylantragstellern in Griechenland“ müsse in einem Hauptsache-
verfahren untersucht werden, welche grundrechtlichen Vorgaben für den Rechts-
schutz bei Zurückschiebungen in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen
Union gelten („Grenzen des Konzepts der normativen Vergewisserung“, 2 BvQ
77/09, S. 3). Die drohenden Nachteile für Asylsuchende in Griechenland wögen
schwerer als das Interesse der Bundesrepublik Deutschland an einem sofortigen
Vollzug der Rücküberstellung, so das Gericht.

Während das Bayerische Innenministerium angesichts der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts „weitere Rücküberstellungen nach Griechenland auf
der Grundlage der Dublin-Verordnung nicht für vertretbar“ hält (vgl. Bundes-
tagsdrucksache 16/14149, Antwort zu Frage 4), ergaben sich nach Ansicht der
vormaligen Bundesregierung aus den Beschlüssen des Bundesverfassungsge-
richts „keine über den betreffenden Einzelfall hinausgehenden Konsequenzen“.
Die „zuständigen Behörden“ würden „bis zur Entscheidung in der Hauptsache
weiter Dublin-Verfahren bzgl. Griechenland betreiben, es sei denn, es handelt
sich um besonders schutzbedürftige Personen“ (vgl. ebd., Antwort zu Frage 1
und Vorbemerkung): „Von Asylbewerbern, die nicht besonders schutzbedürftig
sind, kann erwartet werden, dass sie auch unter ggf. erschwerten Bedingungen
das Asylverfahren in Griechenland durchführen“, antwortete die Bundesregie-
rung, obwohl das Bundesverfassungsgericht genau gegenteilig entschieden
hatte, denn der erfolgreiche Kläger in dem Verfahren 2 BvQ 56/09 gehörte aus-
drücklich nicht zum Kreis der besonders schutzbedürftigen Personen (vgl. ebd.,
Frage 2), und dennoch hielt das Bundesverfassungsgericht dessen Abschiebung

nach Griechenland bis zur Entscheidung in der Hauptsache für unzumutbar.

Mit ihrem Festhalten an der bisherigen Praxis versucht die Bundesregierung,
Rücküberstellungen zu vollziehen, obwohl sie angesichts der vier gleichlauten-
den Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts weiß oder wissen müsste, dass
(spätestens) das Bundesverfassungsgericht solche Abschiebungen nach Grie-
chenland verhindern würde – wenn es denn die Gelegenheit zur Entscheidung er-

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hält. Die Bundesregierung macht sich jedoch den Umstand zu Nutze, dass nach
geltendem Recht – dessen Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz nach Auffassung
des Bundesverfassungsgerichts aber gerade in Frage steht – Rechtsbehelfe im
Dublin-Verfahren grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung haben. Die Be-
troffenen sollen also durch überrumpelnde Festnahmen und Abschiebungen um
ein faires Verfahren gebracht werden, indem ihnen z. B. erst im Zuge der Rück-
überstellung ein entsprechender Überstellungsbescheid ausgehändigt wird, ge-
gen den dann ein vorläufiger Rechtsschutz faktisch nicht mehr möglich ist – trotz
der hohen Aussichten auf Erfolg. Mehrere Verwaltungsgerichte gewähren in
Kenntnis dieser Praxis deshalb sogar bereits vor Erlass oder Zustellung eines
Überstellungsbescheides einstweiligen Rechtsschutz (vgl. z. B. VG Düsseldorf
– 18 L 1542/09.A –, Beschluss vom 14.Oktober 2009, VG Oldenburg
– 3 B 2837/09 –, Beschluss vom 9. November 2009).

Nach Ansicht der Fragestellerinnen und Fragesteller stellt eine solche Vor-
gehensweise eine Brüskierung des Bundesverfassungsgerichts und eine
eklatante Missachtung der Grundrechte der betroffenen Asylsuchenden sowie
grundlegender Prinzipien des Rechtsstaates dar. Die Fraktion der FDP hat im
Rahmen der Koalitionsverhandlungen zwar die Forderung nach einer Beendi-
gung der Rücküberstellungen nach Griechenland erhoben (vgl. die Äußerungen
des damaligen Abgeordneten und jetzigen Parlamentarischen Staatssekretärs bei
der Bundesministerin der Justiz, Dr. Max Stadler, in der „tageszeitung“ vom
2. Oktober 2009) – im Koalitionsvertrag findet sich hierzu jedoch keine Verein-
barung.

Am 10. November 2009 haben über 20 europäische Flüchtlingsorganisationen,
darunter PRO ASYL, die Europäische Kommission dazu aufgefordert, endlich
ein „Vertragsverletzungsverfahren gegen Griechenland wegen der Missachtung
aller zentralen europäischen Asylrichtlinien einzuleiten“ (Pressemitteilung vom
10. November 2009).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie begründet die Bundesregierung ihre Auffassung, aus den bisherigen Ent-
scheidungen des Bundesverfassungsgerichts würden sich keine über die be-
treffenden Einzelfälle hinausgehenden Konsequenzen ergeben (vgl. Bundes-
tagsdrucksache 16/14149), obwohl das Bundesverfassungsgericht bislang in
allen vier Fällen einheitlich und mit nahezu gleichem Wortlaut entschieden
hat, dass angesichts der bekannten Mängel des griechischen Asylsystems
Rücküberstellungen dorthin derzeit nicht vollzogen werden dürfen, bis eine
Entscheidung in der Hauptsache vorliegt – und zwar ausdrücklich unabhängig
von den personenbezogenen Besonderheiten im Einzelfall?

2. Wie kann die Bundesregierung behaupten, „von Asylbewerbern, die nicht be-
sonders schutzbedürftig sind, kann erwartet werden, dass sie auch unter ggf.
erschwerten Bedingungen das Asylverfahren in Griechenland durchführen“
(vgl. ebd., Antwort zu Frage 2), wenn nach ihrer eigenen Auskunft (ebd.) der
Kläger, dessen Abschiebung durch das Bundesverfassungsgericht wegen der
ihm drohenden Nachteile in Griechenland durch einstweilige Anordnung ver-
hindert wurde, dem Kreis der besonders Schutzbedürftigen gerade nicht ange-
hörte?

3. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung dazu, ob auch die in den anderen
bisherigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu Rücküber-
stellungen nach Griechenland betroffenen Beschwerdeführer (2 BvQ 68/09,
2 BvQ 72/09 und 2 BvQ 77/09) nicht als „besonders schutzbedürftige Person“
anzusehen sind, und mit welcher Begründung hält die Bundesregierung an
ihrer Praxis fest, nur bei besonders schutzbedürftigen Personen von Über-
stellungen nach Griechenland abzusehen, obwohl das Bundesverfassungs-

gericht offenkundig der Auffassung ist, dass die Bedingungen des Asyl-
systems in Griechenland derzeit generell (und nicht nur in besonderen Fällen)
unzumutbar sind?

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4. Inwieweit entspricht es dem „Gebot effektiven Rechtsschutzes, dass Rechts-
behelfe gegen Dublin-Überstellungen grundsätzlich keine aufschiebende
Wirkung haben“ (so die Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache
16/14149, Antwort zu Frage 18), und inwieweit ist diese Auffassung mit den
benannten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vereinbar, wo-
nach die Nachteile, die den erfolgreichen Beschwerdeführern im Falle ihrer
Rücküberstellung nach Griechenland drohten, schwerer wogen als das staat-
liche Interesse am Vollzug der Überstellung (bitte ausführlich begründen)?

5. Wie bewertet es die Bundesregierung, dass angesichts der unveränderten
Überstellungspraxis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge bereits
mehrere Verwaltungsgerichte vorläufigen Rechtsschutz vor Erlass oder
Zustellung eines Überstellungsbescheides gewährt haben, um „über-
rumpelnde“ Abschiebungen zu verhindern (siehe Vorbemerkung), welche
Konsequenzen zieht sie hieraus, und falls sie keine Konsequenzen zieht, hat
dies nicht zwangsläufig zur Folge, dass sich alle über Griechenland einrei-
sende Asylsuchende praktisch mit ihrer Einreise vorsorglich Rechtsschutz
suchend an die Verwaltungsgerichte wenden müssen, um (möglicherweise)
verfassungswidrige Überstellungen nach Griechenland rechtlich überprüfen
lassen und verhindern zu können (bitte begründen)?

6. Was konkret ist die rechtliche und politische Auffassung des Bundesministe-
riums der Justiz zu den oben genannten Fragen, insbesondere zu der Frage,
inwieweit die bisherigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
über die entschiedenen Einzelfälle hinaus zu einer Änderung der Überstel-
lungspraxis in Bezug auf Griechenland führen müssten?

7. Welche weiteren Besprechungen zwischen Bund und Ländern zum Thema
hat es mittlerweile mit welchen konkreten Ergebnissen (oder Dissenspunk-
ten) gegeben, und wie ist die Abschiebungs- und Inhaftierungspraxis im
Dublin-Verfahren in den einzelnen Bundesländern (bitte nach Bundeslän-
dern differenziert antworten)?

8. Gibt es neue Kenntnisse über die Praxis anderer europäischer Staaten bei
Rücküberstellungen nach Griechenland (vgl. Bundestagsdrucksache
16/14149, Frage 6)?

9. Wurde in den beiden von der Bundesregierung genannten Entscheidungen
des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs (vgl. Bundestagsdrucksache
16/14149, Frage 7) „nur“ die Frage eines drohenden Refoulement-Verstoßes
durch die Gefahr einer „Kettenabschiebung“ geprüft, oder auch die Frage
der Aufnahmebedingungen und der Qualität des Asylverfahren in Griechen-
land und deren Übereinstimmung mit EU-Recht (bitte darlegen)?

10. In wie vielen Fällen hat der Europäische Gerichtshofs für Menschenrechte
inzwischen nach Artikel 39 seiner Verfahrensordnung entschieden, Abschie-
bungen nach Griechenland vorläufig auszusetzen, und was ist der Bundes-
regierung zu den Entscheidungsgründen näher bekannt (Wiederholung der
Frage 8 auf Bundestagsdrucksache 16/14149, weil die vormalige Bundes-
regierung diese Frage nur mit Blick auf Verfahren „mit Bezug auf Abschie-
bungen aus Deutschland“ – und damit unvollständig – beantwortet hat; auf
Bundestagsdrucksache 16/11543, Frage 19, hingegen wusste die Bundes-
regierung bereits von „ca. 80 Fällen“ zu berichten, in denen der Gerichtshof
Abschiebungen nach Griechenland nach Artikel 39 ausgesetzt hatte)?

11. Welche offizielle Begründung gab es dafür, dass der griechische Innenminis-
ter trotz starker thematischer Betroffenheit seines Landes nicht zum Rat der
Justiz- und Innenminister vom 21. September 2009 erschienen ist (Wieder-
holung der insoweit unbeantwortet gebliebenen Teilfrage 11 auf Bundes-

tagsdrucksache 16/14149)?

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12. Wie viele Zustimmungen zur Übernahme im Rahmen des Dublin-Systems
gegenüber anderen Mitgliedstaaten der EU hat Griechenland in den Jahren
2005 bis 2008 und im ersten Halbjahr 2009 erteilt, und wie viele Zustimmun-
gen zur Übernahme wurden umgekehrt von anderen Mitgliedstaaten gegen-
über Griechenland erklärt (bitte nach Jahren und einzelnen Ländern aufglie-
dern und Gesamtsummen nennen)?

13. Wie viele nach der Dublin-II-Verordnung rechtlich mögliche Überstellun-
gen nach Griechenland wurden im Jahr 2008 und 2009 (bitte monatlich auf-
schlüsseln) nicht vollzogen, weil

a) vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch gemacht wurde,

b) eine Überstellung durch Gerichtsbeschluss untersagt wurde?

(Wiederholung der Frage 13 auf Bundestagsdrucksache 16/14149, weil die
Zahlen nicht, wie ausdrücklich erbeten, nach Monaten aufgeschlüsselt wur-
den.)

14. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Reaktion der Europäischen
Kommission auf die Beschwerde von über 20 europäischen Flüchtlingsorga-
nisationen dazu, dass noch kein Vertragsverletzungsverfahren gegen Grie-
chenland eingeleitet wurde, und wie ist nach ihrer Kenntnis die aktuelle
Position der Kommission bezüglich eines möglichen Vertragsverletzungs-
verfahrens und wovon hängt die entsprechende Einleitung einer solchen
Klage noch ab?

15. Wie viele Entscheidungen wie vieler (Ober-)Verwaltungsgerichte im Jahr
2009 sind der Bundesregierung inzwischen bekannt, mit denen eine Über-
stellung nach Griechenland (vorläufig) untersagt bzw. gestattet wurde (bitte
Urteile/Beschlüsse mit Datum und Tenor konkret benennen und die jewei-
ligen Entscheidungen aufsummieren; bitte auch Aufhebungen durch das
Bundesverfassungsgericht und öffentlich verfügbare Auflistungen berück-
sichtigen, etwa des Nordrhein-Westfälischen Flüchtlingsrats:
http://www.fluechtlingsrat-nrw.de/2891/index.html)?

a) Nach welchen Auswahlkriterien erfolgte die Auflistung von Gerichtsent-
scheidungen zu Frage 19 auf Bundestagsdrucksache 16/14149 (die Fra-
gesteller fanden dort mehrere Entscheidungen gegen Rücküberstellungen
nach Griechenland nicht, darunter das ausführlich begründete Urteil des
VG Frankfurt vom 8. Juli 2009 – 7 K 4376/07.F.A. (3))?

b) Wie ist die entsprechende Bilanz von Entscheidungen der (Ober-)Verwal-
tungsgerichte seit der ersten Entscheidung des Bundesverfassungsge-
richts vom 9. September 2009, welche (Ober-)Verwaltungsgerichte ha-
ben ihre Rechtsprechung infolge der Entscheidungen des Bundesverfas-
sungsgerichts korrigiert und mit welcher Begründung haben sich Verwal-
tungsgerichte, die auch nach diesem Datum Überstellungen nach
Griechenland noch für zulässig hielten, über die Einschätzung und Ent-
scheidung des Bundesverfassungsgerichts hinweggesetzt – oder war
ihnen dessen Rechtsprechung (noch) unbekannt?

16. Warum hat sich die Bundesregierung – bis heute – nicht „normativ verge-
wissert“, ob die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und
der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) in Griechenland
sichergestellt ist (Nachfrage zu Frage 20 auf Bundestagsdrucksache
16/14149)?

17. Warum hält die Bundesregierung den generellen Ausschluss der aufschie-
benden Wirkung bei Rechtsbehelfen gegen Dublin-Entscheidungen für ge-
rechtfertigt, obwohl sie nach ihrer eigenen Antwort zu Frage 21 auf Bundes-

tagsdrucksache 16/14149 nicht ausschließen kann, dass es in Mitglied-
staaten der EU zu „Defiziten“ in Bezug auf die Verpflichtungen der GFK und
EMRK kommt?

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18. Mit welcher Begründung sieht die Dienstanweisung des Bundesamtes für
Migration und Flüchtlinge zum Dublin-Verfahren vom 4. September 2009
vor, dass auch Einstellungsbescheide infolge einer Rücknahme eines (euro-
paweit) ersten Asylantrags vor der Bescheidzustellung im Dublin-Verfahren
nach § 31 Absatz 1 Satz 4 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) den Be-
troffenen persönlich zugestellt und Dublin-Überstellungen in diesen Fällen
möglich sein sollen, obwohl sich die dortige Regelung nach § 31 Absatz 1
Satz 4 AsylVfG ausdrücklich nur auf Ablehnungen nach § 26a oder § 27a
AsylVfG bezieht, und welche konkrete Rechtsgrundlage für diese Anwei-
sung sieht die Bundesregierung überdies in der Dublin-II-Verordnung?

19. Wie bewertet die Bundesregierung die Studie „Der Asylkompromiss 1993
auf dem Prüfstand“ vom Juli 2009 des Deutschen Instituts für Menschen-
rechte, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung hieraus, insbe-
sondere in Bezug auf die Feststellung, dass

a) angesichts der Weiterentwicklung der Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte in Hinblick auf Anforderungen an
effektiven Rechtschutz in Fällen der Abschiebung und Einreiseverweige-
rung und angesichts der menschen- und flüchtlingsrechtlich unzureichen-
den Zustände insbesondere des griechischen Asylsystems die geltende
bundesdeutsche Drittstaatenregelung (Ausschluss des vorläufigen
Rechtsschutzes) gegen Europarecht und gegen die EMRK verstößt
(S. 11 ff. und 31 f.),

b) der Ausschluss des Rechtsschutzes im Rahmen der Anwendung der
Dublin-II-Verordnung in Deutschland mit Europarecht nicht vereinbar ist
(S. 19 ff. und 32),

c) die bei der bundesdeutschen Drittstaatenregelung seit 2007 geltenden
dynamischen Verweisungen auf Europarecht zu unbestimmt sind und den
verfassungsrechtlich zwingend vorgesehenen Parlamentsvorbehalt um-
gehen (S. 25 ff. und 32)

(bitte auf alle Unterpunkte einzeln und begründet eingehen)?

(Wiederholung der Frage 30 auf Bundestagsdrucksache 16/14149, da die
Antwort der vormaligen Bundesregierung weder – wie ausdrücklich erbeten –
begründet wurde noch auf die einzeln benannten Argumente eingegangen
ist.)

20. Welche EU-Mitgliedstaaten (bitte einzeln auflisten) haben bislang wie viele
Flüchtlinge aus Malta, dem Mitgliedstaat mit der höchsten Zahl Asylsuchen-
der pro Bevölkerung (Malta hat im ersten Halbjahr 2009 im Verhältnis zur
Bevölkerungsgröße etwa zwanzigmal so viele Asylsuchende wie Deutsch-
land aufgenommen), übernommen?

a) Wie begründet die Bundesregierung ihre bisherige Zurückhaltung bei der
konkreten Entlastung Maltas, und wie steht sie generell zu diesem Pilot-
projekt?

b) Wie bewertet die Bundesregierung die bislang gegenüber Malta gezeigte
„europäische Solidarität“ vor dem Hintergrund, dass die USA im Rahmen
eines Resettlement-Programms bislang 303 Flüchtlinge aus Malta über-
nommen haben – und damit vermutlich mehr als alle anderen Länder der
EU zusammengenommen?

c) Welche Forderungen hat Malta bezüglich Änderungen des EU-Asyl-
systems?
Berlin, den 24. November 2009

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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