BT-Drucksache 17/7155

Auswirkungen der Handwerksrechtsnovelle 2004

Vom 26. September 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7155
17. Wahlperiode 26. 09. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Kerstin Andreae, Kai Gehring, Brigitte Pothmer,
Birgitt Bender, Beate Müller-Gemmeke, Dr. Tobias Lindner, Tabea Rößner,
Elisabeth Scharfenberg, Christine Scheel, Dr. Gerhard Schick
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Auswirkungen der Handwerksrechtsnovelle 2004

Am 1. Januar 2004 trat die letzte Handwerksrechtsnovelle (Drittes Gesetz zur
Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschrif-
ten) in Kraft. Mit der aus zwei Reformgesetzen bestehenden Novelle der Hand-
werksordnung nahm der Gesetzgeber die umfangreichsten Änderungen an der
Handwerksordnung seit ihrem Bestehen vor und veränderte damit grundlegend
den rechtlichen Rahmen für das Handwerk. Mit dieser Novelle wurde erstmalig
auch der sogenannte Meistervorbehalt, der grundsätzlich das Bestehen der
Meisterprüfung für den selbständigen Betrieb eines Handwerks voraussetzt,
eingeschränkt.

Diese Änderungen wurden vorgenommen, um die wirtschaftliche Entwicklung
des Handwerks zu stärken, Existenzgründungen zu erleichtern, Arbeitsplätze
zu sichern und Schwarzarbeit zu bekämpfen. Nach einer Untersuchung des
Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung e. V. (DIW Berlin) im Jahr 2008
ist unmittelbar nach der Gesetzesänderung die Zahl der Betriebe im zulassungs-
freien Handwerk sprunghaft gestiegen. In der Zeit von Anfang 2004 bis Mitte
2007 hat sich die Zahl der Betriebe mehr als verdoppelt und der Anteil der Be-
triebe im Handwerk ohne Meisterzwang stieg auf mehr als 20 Prozent aller
Handwerksbetriebe. Im Handwerk mit Meisterzwang hat dagegen in derselben
Zeit die Zahl der Betriebe nahezu stagniert. Eine Evaluierung über die Auswir-
kungen der Handwerksrechtsnovelle 2004 hat bisher allerdings nicht stattge-
funden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie haben sich die Beschäftigungs- und Ausbildungszahlen der Handwerks-
betriebe seit 2004 entwickelt (bitte nach Branchen aufschlüsseln)?

2. Welchen Einfluss hatte nach Ansicht der Bundesregierung die Handwerks-
rechtsnovelle 2004 auf diese Entwicklung?
3. Wie hat sich die Zahl der Gesellen- und Meisterprüfungen bei den zulas-
sungsfreien und bei den zulassungspflichtigen Handwerken seit 2004 entwi-
ckelt (bitte nach Branchen aufschlüsseln)?

4. Welchen Einfluss hatte nach Ansicht der Bundesregierung die Handwerks-
rechtsnovelle 2004 auf diese Entwicklung?

Drucksache 17/7155 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

5. Wie hat sich die Inanspruchnahme der Aufstiegsfortbildungsförderung
(Meister-BaföG) bei den zulassungsfreien und bei den zulassungspflich-
tigen Handwerken ausgewirkt (bitte nach Branchen aufschlüsseln)?

6. Wie hat sich die Zahl der Existenzgründungen und der Insolvenzen im
Handwerk seit 2004 entwickelt (bitte nach Branchen aufschlüsseln)?

7. Welchen Einfluss hatte nach Ansicht der Bundesregierung die Handwerks-
rechtsnovelle 2004 auf diese Entwicklung?

8. Wie hat sich die Handwerksrechtsnovelle 2004 auf die Entwicklung der
Schwarzarbeit ausgewirkt?

9. Welche Auswirkungen hatte die teilweise Abschaffung der Meisterpflicht
in Bezug auf Qualität und Umfang der Handwerksleistungen und auf die
wirtschaftliche Entwicklung der betroffenen Unternehmen?

10. Wie viele Auszubildende kamen in den letzten sechs Jahren auf hundert
B1-Betriebe, und wie viele auf hundert Betriebe im zulassungspflichtigen
Handwerk?

Wie hat sich in diesem Zeitraum die absolute Zahl der Auszubildenden, die
Zahl der Ausbildungsabbrüche und die Zahl der erfolgreichen Ausbil-
dungsabschlüsse in den B1-Betrieben entwickelt?

11. Welche Auswirkungen hatte die teilweise Abschaffung der Meisterpflicht
in Bezug auf Qualität und Umfang der Ausbildung im Handwerksbereich?

Welche Auswirkungen hatte die Aussetzung der Ausbilder-Eignungsver-
ordnung (AEVO) im Jahr 2003 im Handwerksbereich?

Welche Auswirkungen hatte die Wiedereinführung der AEVO im Jahr
2009 im Handwerksbereich?

12. Wie hoch ist der Anteil der Handwerksbereiche mit bzw. ohne Zulassungs-
pflicht an der Zahl derjenigen, die Kurse zur Ausbildereignung nach der
neuen AEVO besuchen (bitte auch aufschlüsseln, ob gegebenenfalls im
Rahmen einer Meisterprüfung)?

13. Welche Gründe sprechen aus Sicht der Bundesregierung für die Beibehal-
tung der Meisterpflicht in den zulassungspflichtigen Handwerken?

14. Welche Auswirkungen hatte die Aufhebung des „Inhaberprinzips“ auf die
Zahl und Struktur der Handwerksunternehmen?

15. Aufgrund welcher Kriterien werden die Sitze der Gewerbegruppe B1 für
die Vollversammlungen der Handwerkskammern ermittelt?

Gibt es diesbezüglich ein bundesweit einheitliches Berechnungsverfahren?

16. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung hinsichtlich der Beteiligung
der Gewerbegruppe B1 an der Selbstverwaltung des Handwerks, insbeson-
dere bezogen auf die Berufsausbildungsausschüsse, und wie bewertet sie
diese Erkenntnisse?

17. Wie sehen die Marktzugangsbedingungen für Handwerker in den anderen
EU-Staaten aus?

Gibt es neben Deutschland weitere EU-Staaten mit einer Meisterpflicht
oder vergleichbarer Regelungen?

18. Wie hat sich die Zahl von Betrieben im zulassungsfreien sowie im zulas-
sungspflichtigen Handwerk mit Inhabern aus anderen EU-Mitgliedstaaten
seit 2004 entwickelt (bitte nach Branchen aufschlüsseln)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/7155

19. Wie viele Ausnahmebewilligungen nach § 8 der Handwerksordnung sind
in den Jahren 2004 bis 2010 erteilt worden (bitte nach Jahren aufschlüs-
seln)?

20. Wie bewertet die Bundesregierung die Kritik, die aktuelle Regelung zur
Meisterpflicht führe zur Inländerdiskriminierung, da Handwerker mit Er-
fahrungen aus anderen europäischen Ländern eine Ausnahmebewilligung
zur Eintragung in die Handwerksrolle erhalten, inländischen Handwerkern
diese Möglichkeit aber verwehrt bleibt?

21. Wie bewertet die Bundesregierung die Kritik der Europäischen Kommis-
sion gegenüber Deutschland, wonach im Handwerk die eintritts- und rege-
lungsbedingten Schranken zu hoch sind?

22. Wie viele Durchsuchungen wegen angeblich unerlaubter Handwerksaus-
übungen hat es in den vergangenen Jahren gegeben, in wie vielen Fällen
wurde dagegen Verfassungsbeschwerde erhoben, und wie bewertet die
Bundesregierung diese Sachverhalte?

23. Welchen Einfluss hatte die Handwerksrechtsnovelle 2004 auf die Entwick-
lung dieser Vorfälle, und wie bewertet die Bunderegierung diese?

24. Plant die Bundesregierung die Einführung einer Mindestqualifikation für
meisterfreie Berufe, und falls ja, wie soll diese konkret aussehen?

25. Wann beabsichtigt die Bundesregierung eine Evaluierung der Handwerks-
rechtsnovelle durchzuführen, und welche Bereiche werden dabei unter-
sucht?

26. Plant die Bundesregierung weitere Änderungen der Handwerksordnung
insbesondere in Bezug auf den Meisterbrief, und falls ja, welche?

Berlin, den 26. September 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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