BT-Drucksache 17/6936

Situation der Integrationskurse

Vom 6. September 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6936
17. Wahlperiode 06. 09. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Memet Kilic, Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln),
Ingrid Hönlinger und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Situation der Integrationskurse

Mit dem Zuwanderungsgesetz wurde die Integrationspolitik in Deutschland auf
eine neue gesetzliche Grundlage gestellt: Während bis dahin kaum 10 Prozent
der jährlichen Neuzuwandererinnen und -zuwanderer ein Sprachkurs angebo-
ten wurde, erhalten nunmehr alle, die nach Deutschland einwandern, einen
Rechtsanspruch auf den Besuch eines Integrationskurses. Dieser integrations-
politische Neuanfang wurde maßgeblich durch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
erreicht. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fühlen sich daher dem Gelingen der
Integrationskurse im besonderen Maße verpflichtet.

1. Entwicklung der Teilnahme

Ausweislich der aktuellen Integrationskursgeschäftsstatistik des Bundesamtes
für Migration und Flüchtlinge (BAMF) haben in den Jahren 2005 bis 2010

● 917 503 Personen eine Berechtigung für einen Integrationskurs erhalten,

● 689 003 Personen haben einen Integrationskurs begonnen und

● 403 274 Personen davon haben ihn beendet.

2010 lagen die Parameter im Vergleich zu 2009 wie folgt:

● Teilnahmeberechtigung: 115 427 Personen (– 21 Prozent)

● Beginn: 88 629 Personen (– 24 Prozent)

● Abschluss: 83 818 Personen (+ 15 Prozent).

Bei diesen Daten fällt auf, dass ein Viertel aller Berechtigten das Kursangebot
nicht wahrgenommen hat und nur 58 Prozent aller Teilnehmenden sich zu einer
Abschlussprüfung angemeldet haben.

Das BAMF kündigte an, „neue Wege“ beschreiten zu wollen, „um auch noch
diejenigen zu erreichen, die im Sinne der nachholenden Integration bislang
noch nicht an einem Integrationskurs teilgenommen haben“.

Von 2005 bis 2010 haben 537 556 Personen eine Teilnahmeberechtigung mit
freiwilliger Teilnahmemöglichkeit erhalten. 409 126 (76 Prozent) von ihnen

haben bislang freiwillig an dem Integrationskurs teilgenommen.

Von 2009 auf 2010 ist die Zahl der freiwillig Teilnehmenden überdurchschnitt-
lich zurückgegangen – eine integrationspolitisch höchst unbefriedigende Ent-
wicklung. 2010 wurden 52 565 Teilnahmeberechtigungen an Freiwillige erteilt
(– 36 Prozent). Davon gingen 40 981 an sog. Altzuwanderer, deren Anteil sogar
um 40 Prozent sank. Nur noch 40 520 der berechtigten Freiwilligen (– 38 Pro-

Drucksache 17/6936 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

zent) konnten 2010 tatsächlich an einem Integrationskurs teilnehmen. Der
Rückgang bei den Altzuwanderern lag sogar bei ca. 41 Prozent.

Im Hinblick auf die dramatisch eingebrochene Zahl der Teilnehmenden weist
das BAMF auf Folgendes hin: Diese Zahl werde „in den nächsten Jahren struk-
turell abnehmen, da nachwachsende Generationen das deutsche Bildungssystem
durchlaufen und auf diese Weise von klein auf sprachlich gefördert werden. Für
die kommenden Jahre ist also damit zu rechnen, dass die Teilnehmerzahlen der
Integrationskurse im Bereich der nachholenden Integration zurückgehen wer-
den.“

2. Effektivität einer leistungsbezogenen Kursdifferenzierung

Um die Teilnehmerinnen und Teilnehmer entsprechend ihrer Vorkenntnisse auf
verschiedene Kursmodule aufzuteilen und damit eine weitgehende Homogeni-
tät in den Kursen zu erreichen, nehmen die Teilnahmeberechtigten vor Kurs-
beginn an dem Einstufungsverfahren „Einstufungssystem für die Integrations-
kurse in Deutschland“ teil.

Das vom Bundesministerium des Innern herausgegebene Evaluationsgutachten
von Rambøll-Management über die Integrationskurse kam bereits im Jahr 2006
zu dem Ergebnis, dass der Einstufungstest nicht geeignet sei, die Teilnahme-
berechtigten sinnvoll in lernhomogene Gruppen aufzuteilen. Darüber hinaus
bieten nur die wenigsten Träger parallel stattfindende Kurse unterschiedlicher
Lernprogression und Niveaustufen an. Praktisch alle Teilnehmerinnen und Teil-
nehmer würden unabhängig von ihrem Testergebnis dem nächsten Kurs zu-
geordnet, der bei dem Träger beginnt.

3. Entwicklung der Prüfungsabschlüsse

Um den Aufenthalt in Deutschland verfestigen zu können, müssen „aus-
reichende Sprachkenntnisse“ auf dem Niveau B1 des Gemeinsamen Europäi-
schen Referenzrahmens für Sprachen nachgewiesen werden (vgl. 9.2.1.7 der
Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz vom 26. Oktober
2009).

Tatsächlich erreichten zwischen 2005 und 2007 aber nur 45 Prozent aller Kurs-
absolventinnen und -absolventen – und sogar nur 21 Prozent aller Teilnehmen-
den – in ihrer Abschlussprüfung das vorgeschriebene Niveau B1 (vgl. die Ant-
wort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN, Bundestagsdrucksache 16/9222). Um diesen statistischen Miss-
stand zu beheben, können Teilnehmende nunmehr auch mit einem Sprachniveau
A2 den Abschlusstest des Integrationskurses „Deutsch-Test für Zuwanderer“
erfolgreich absolvieren. Die für eine Aufenthaltsverfestigung erforderlichen
Spracherfordernisse wurden jedoch nicht abgesenkt – aufenthaltsrechtlich maß-
geblich ist nach wie vor allein das Sprachniveau B1.

In den Jahren von 2008 bis 2010 haben 136 383 Personen die Prüfung auf dem
Niveau B1 und 68 453 Personen auf dem Niveau A2 bestanden. 20 449 Perso-
nen haben den Kurs abgeschlossen ohne das Niveau A2 zu erreichen (dieser
Wert wird erst mit Beginn des 2. Halbjahres 2009 erfasst).

Somit haben in den Jahren von 2008 bis 2010 zwar 89 Prozent der Kursab-
solventen – aber nur 63 Prozent der Teilnehmenden – das „Zertifikat Deutsch“
erwerben können. Aber:

● „nur“ 60 Prozent der Kursabsolventinnen und -absolventen (50 Prozent der
Teilnehmenden) erreichten das für eine Aufenthaltsverfestigung erforder-
liche Sprachniveau B1.
● 30 Prozent der Kursabsolventinnen und -absolventen (21 Prozent der Teil-
nehmenden) erzielten das Sprachniveau A2.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/6936

● 10 Prozent der Kursabsolventinnen und -absolventen (6 Prozent der Teilneh-
menden) bestanden die Prüfung nicht. Wenn man hierzu noch die rund
100 000 Teilnehmenden hinzurechnet, die sich erst gar nicht zu einer
Abschlussprüfung angemeldet haben, bleibt damit über ein Drittel aller, die
seit 2008 einen Integrationskurs begonnen haben, ohne jeglichen Abschluss.

4. Sparmaßnahmen an den Integrationskursen 2010

Anstatt das Integrationskursangebot zu verbessern, hat die Bundesregierung
2010

a) die Zulassung von freiwillig am Integrationskurs Teilnehmenden einge-
schränkt. Rund 12 000 hochmotivierten Einwanderinnen und Einwanderern
konnte daher im letzten Jahr kein Integrationskurs angeboten werden;

b) die Mindestteilnehmerzahl für die Garantievergütung bei Alphabetisierungs-
kursen von acht auf zehn Personen erhöht;

c) erhebliche Einschnitte bei der Kinderbetreuung vorgenommen;

d) Prüfungsteilnehmern, die das Sprachniveau „A2“ nicht erreichen, seither zu
keinem Aufbausprachkurs mehr zugelassen;

e) Angebotsbeschneidungen auch bei den beliebten Teilzeitkursen vorgenom-
men, die etwa 30 Prozent des Kursangebotes ausmachen. Hiervon betroffen
sind insbesondere Personen mit Kinderbetreuungspflichten, Berufstätige
oder lernschwächere Teilnehmende, die nicht über die zeitlichen oder persön-
lichen Möglichkeiten verfügen, um an intensiveren Kursen teilzunehmen.

Aus Sicht des BAMF sind aber nicht diese drastischen Mittelkürzungen
„primär“ für den Einbruch der Teilnehmerzahlen ursächlich, sondern vielmehr
der sinkende Bedarf (siehe Abschnitt 1).

5. Beschluss der Integrationsministerkonferenz 2011

Auf der 6. Konferenz der für Integration zuständigen Ministerinnen und Minis-
ter bzw. Senatorinnen und Senatoren der Länder forderten diese den Bund
Anfang 2011 u. a. auf,

a) sicherzustellen, dass 2011 der Besuch eines Integrationskurses wieder ohne
Wartezeiten möglich ist,

b) die nachholende Integration zu forcieren,

c) bis spätestens 2017 allen interessierten Menschen mit Migrationshinter-
grund den Besuch eines Integrationskurses zu ermöglichen,

d) Rahmenbedingungen zu schaffen, damit alle berechtigten Zugewanderten
einen Integrationskurs tatsächlich besuchen können,

e) die 2010 eingeführten Einschränkungen (z. B. bei der Fahrtkostenerstattung,
der Kinderbetreuung und den Teilzeitangeboten) zurückzunehmen,

f) eine den Integrationskurs begleitende Kinderbetreuung durch Fachkräfte
gemäß § 72 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) oder speziell
qualifizierte Tagespflegepersonen zu gewährleisten sowie

g) den Kreis teilnahmeberechtigter Personen auf solche mit einer Aufenthalts-
erlaubnis aus humanitären Gründen gemäß § 25 Absatz 3, Absatz 4 Satz 2
und Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) auszuweiten.

Eine Ausweitung der teilnahmeberechtigten Personen ist insbesondere für zwei
Gruppen dringend notwendig. Zum einen für Personen mit einer Bleibe-
perspektive nach § 104a des Aufenthaltsgesetzes, zum anderen für Personen,

denen internationaler Schutz gemäß § 25 Absatz 3 AufenthG gewährt wird. Ar-
tikel 33 Absatz 2 der Qualifikationsrichtlinie der EU (2004/83/EG) sieht schon

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jetzt für die letztgenannte Personengruppe den Zugang zu den Integrations-
angeboten des aufnehmenden Mitgliedstaates vor. Zudem hat die EU-Kommis-
sion die Angleichung des Schutzstatus für Personen, denen ein Flüchtlingsstatus
bzw. ein subsidiärer Schutz zu gewähren ist, zum Kernanliegen der künftigen
„Asylstrategie der Europäischen Union“ erklärt (KOM(2008) 360, S. 4 ff.). Die-
sem Anliegen hat die Bundesregierung im Rahmen des Europäischen Paktes zu
Einwanderung und Asyl bzw. des Stockholmer Programms ausdrücklich zuge-
stimmt.

6. Verschärfung der Integrationskursgesetzgebung

Kürzlich hat die schwarz-gelbe Regierungskoalition beschlossen, dass bei sol-
chen Personen, die zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichtet sind,
die Aufenthaltserlaubnis jeweils nur um „höchstens ein Jahr“ verlängert wird,
solange die/der Betroffene den Integrationskurs noch nicht erfolgreich ab-
geschlossen oder nicht den Nachweis erbracht hat, dass ihre/seine Integration in
das gesellschaftliche und soziale Leben anderweitig erfolgt ist (BGBl. I vom
23. Juni 2011, S. 1266).

7. Dialogforum „Sprache – Integrationskurse“

Ende August 2011 wurde der Abschlussbericht des 7. Dialogforums zum
Nationalen Aktionsplan „Sprache – Integrationskurse“ veröffentlicht. Darin
sind fünf, allgemein gehaltene operative Ziele enthalten:

a) qualitative Weiterentwicklung des Integrationskurses durch digitale Medien,

b) inhaltliche und organisatorische Fortentwicklung der Zusatzqualifizierung
von Lehrkräften in den Integrationskursen,

c) Beibehaltung eines flächendeckenden, bedarfsorientierten Integrationskurs-
angebots unter Fortentwicklung der Kursqualität und Verbesserung des
Zugangs,

d) Steigerung der Qualität der Test- und Prüfungsverfahren im Integrationskurs
sowie

e) Erreichung spezieller Zielgruppen.

Daneben wurden zwei übergreifende Zielbestimmungen ohne operative Unter-
setzung vereinbart: Zum einen die Sicherung und Aufrechterhaltung eines
qualitativ hochwertigen Angebots der sprachlichen Bildung für Zugewanderte
in Deutschland und zum anderen die qualitative Weiterentwicklung der Integra-
tionskurse in Vorbereitung auf zukünftige Erfordernisse der Zielgruppen-
erreichung.

8. Statistische Lücken der Integrationskursgeschäftsstatistik

Viele wichtige Sachverhalte werden in der Integrationskursgeschäftsstatistik
des BAMF entweder nicht erhoben oder nicht veröffentlicht:

a) Es fehlen Angaben zu der einen Integrationskurs begleitenden Kinder-
betreuung.

b) Das BAMF erfasst nicht, wie viele Personen Anträge auf Zulassung zu einem
Integrationskurs bzw. auf eine Kinderbetreuung stellen. Wer aber die Nach-
frage nicht erfasst, kann auch nicht prüfen, ob die Angebote ausreichen.

c) Das BAMF erklärt, es könne trotz § 44 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes
nichts darüber aussagen, welchen Aufenthaltsstatus die Teilnehmenden der
Integrationskurse haben, weil die entsprechenden Unterlagen hierzu „keine
Angaben“ enthielten (Bundestagsdrucksache 16/9222 Antwort zu Frage 14).

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d) Bei den Eltern- und Frauen-, den Jugend- und den Alphabetisierungskursen
wird lediglich die Zahl der Kursabsolventinnen und Kursabsolventen an-
gegeben, nicht aber, ob die Teilnehmenden in der Lage waren, den Kurs
auch erfolgreich mit dem „Zertifikat Deutsch“ abzuschließen. Ohne diese
Daten kann aber die Effizienz bzw. ein etwaiger Nachsteuerungsbedarf für
diese Kurse nicht ermittelt werden.

e) Entgegen früherer Geschäftsstatistiken fehlen Angaben über Anträge und
Bewilligungen von Kostenbefreiungen und Fahrtkostenzuschüssen.

Wir fragen die Bundesregierung:

Entwicklung der Teilnahme

1. Ist es der Bundesregierung gelungen, im Jahr 2010 bzw. im ersten Halbjahr
2011 allen Teilnahmeberechtigten ohne Wartezeit den Zugang zu einem
Integrationskurs tatsächlich zu ermöglichen, und wenn nein, warum nicht?

2. Wie erklärt die Bundesregierung den Rückgang von Teilnahmeberechtigun-
gen bzw. der Integrationskursteilnahme von 2009 auf 2010 um 21 Prozent
bzw. 24 Prozent?

3. Wie erklärt die Bundesregierung den überdurchschnittlichen Rückgang aus-
gerechnet der freiwilligen Teilnehmerinnen und Teilnehmer um 36 Prozent
bzw. 38 Prozent?

4. In welchem Ausmaß ist „für die kommenden Jahre damit zu rechnen, dass
die Teilnehmerzahlen der Integrationskurse im Bereich der nachholenden
Integration zurückgehen werden“ (bitte ausführen)?

a) Gibt es hierfür auch Gründe jenseits dessen, dass „nachwachsende Gene-
rationen das deutsche Bildungssystem durchlaufen und auf diese Weise
von klein auf sprachlich gefördert werden“, und wenn ja, welche?

b) Wie kommt die Bundesregierung zu der Feststellung, dass für diesen
Rückgang der Teilnehmerzahlen um bis zu 41 Prozent nicht die Mittel-
kürzungen der Bundesregierung, sondern „primär strukturelle Gründe“
schuld seien (bitte ausführen)?

5. Ist es – angesichts des nach wie vor starken Interesses gerade der bereits
länger in Deutschland lebenden Einwanderinnen und Einwanderer – nach
Auffassung der Bundesregierung nicht gerade das falsche integrations-
politische Signal, mit reduzierten Teilnehmerzahlen zu kalkulieren, anstatt
alles zu versuchen, die Zugangszahlen gerade aus diesem Personenkreis
(ggf. durch aktive Werbung, Einschaltung von Migrantenselbstorganisatio-
nen etc.) noch weiter zu erhöhen, und wenn nein, warum nicht?

6. Rechnet die Bundesregierung auch mit einem Rückgang der Zahl von Neu-
zuwanderinnen und -zuwandern, und wenn ja, bei welchen Einwanderer-
gruppen bzw. innerhalb welcher Zeiträume?

7. Mit welchen Teilnehmerzahlen kalkuliert die Bundesregierung in den kom-
menden fünf Jahren vor diesem Hintergrund (bitte ausführen)?

8. Welche „neuen Wege“ will die Bundesregierung beschreiten, um auch jenen
rund 230 000 Berechtigten die Teilnahme zu ermöglichen, die das Kurs-
angebot bislang nicht wahrgenommen haben?

9. Plant die Bundesregierung ergänzend hierzu auch Maßnahmen, um den rund
285 000 Personen, die sich bislang nicht zu einer Abschlussprüfung ihres
Integrationskurses angemeldet haben, dies doch noch zu ermöglichen, und
wenn ja, welche?

Drucksache 17/6936 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Effektivität einer leistungsbezogenen Kursdifferenzierung

10. Was hat die Bundesregierung unternommen, um ihr Ziel, in den Integra-
tionskursen möglichst lernhomogene Gruppen zu gewährleisten, besser
umzusetzen?

11. Durch welche Maßnahmen hat die Bundesregierung versucht, die Schwä-
chen des Einstufungsverfahrens zu beseitigen, auf die die Rambøll-Evalua-
tion 2006 hingewiesen hat?

12. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung unternommen, damit auf
Trägerseite endlich Kurse unterschiedlicher Lernprogression und Niveau-
stufen tatsächlich regelmäßig angeboten werden?

Entwicklung der Prüfungsabschlüsse

13. Welche Konzepte hat die Bundesregierung, damit künftig nicht mehr
40 Prozent der Kursabsolventinnen und -absolventen (= 50 Prozent der
Teilnehmenden) am Ende des Integrationskurses das für eine Aufenthalts-
verfestigung erforderliche Sprachniveau B1 verfehlen?

14. Was ist – aufenthaltsrechtlich gesehen – der Nutzen eines „Zertifikat
Deutsch“-Abschlusses auf dem Sprachniveau A2?

15. Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um insbesondere die
über 100 000 Integrationskursteilnehmerinnen und -teilnehmer, die ent-
weder keinen oder einen Abschluss unterhalb von A2 erreicht haben, weiter
sprachlich zu fördern?

16. Wie viele der Kurswiederholer haben in den Jahren 2008 bis 2010 nach-
träglich das Niveau B1 bzw. das Niveau A2 erreicht, und wie viele haben
ein Abschlussniveau unterhalb von A2 erreicht?

17. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über das Abschneiden der
Teilnehmenden von Jugend-, Eltern- bzw. Frauenkursen sowie von Alpha-
betisierungskursen bei der Abschlussprüfung ihres Kurses (bitte ausfüh-
ren)?

Sparmaßnahmen an den Integrationskursen 2010

18. Wie hoch waren die Einsparungen aufgrund der im April und Juli 2010
erfolgten Sparmaßnahmen im Einzelplan 06, und mit welchen diesbezüg-
lichen Einsparungen rechnet die Bundesregierung derzeit für das Jahr
2011?

19. Haben sich die o. g. Sparmaßnahmen nach Ansicht der Bundesregierung
integrationspolitisch bewährt, und wenn nein, welche Korrekturen hält sie
für angebracht?

20. Welchen integrationspolitischen Nutzen verspricht sich die Bundesregie-
rung davon, Personen, die in einem Integrations- bzw. Wiederholungskurs
das Sprachniveau A2 nicht erreichen konnten, keine weiteren Sprachkurs-
stunden zu bewilligen?

Müssten diese Menschen nicht – im Gegenteil – besonders sprachpädago-
gisch unterstützt werden, und wenn nein, warum nicht?

Beschluss der Integrationsministerkonferenz 2011

21. Wie positioniert sich die Bundesregierung zu den Beschlüssen der 6. Inte-
grationsministerkonferenz bezüglich

a) Sicherstellung eines Kurszugangs ohne Wartezeiten,
b) Forcierung der nachholenden Integration,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/6936

c) Gewährleistung eines Kurszugangs für alle Interessenten bis 2017,

d) Schaffung von Rahmenbedingungen, die allen Berechtigten einen Kurs-
zugang ermöglichen,

e) Rücknahme der 2010 eingeführten Einschränkungen,

f) Gewährleistung einer qualifizierten Kinderbetreuung sowie

g) eines Teilnahmeanspruchs auch für Personen mit einer Aufenthaltser-
laubnis gemäß § 25 Absatz 3, 4 Satz 2 und Absatz 5 des Aufenthaltsge-
setzes (bitte einzeln ausführen)?

22. Wie viele Personen leben in Deutschland mit einer Aufenthaltserlaubnis
gemäß § 25 Absatz 3 bzw. § 104a des Aufenthaltsgesetzes (bitte aufschlüs-
seln)?

23. Welchen haushalterischen Mehraufwand würde es bedeuten, nunmehr auch
diesen beiden Personengruppen einen Anspruch auf Teilnahme an einem
Integrationskurs zu gewähren?

Auf welcher Berechnungsgrundlage beruht diese Prognose?

Verschärfung der Integrationskursgesetzgebung

24. Mit welchem Sprachniveau (z. B. B1, A2) kann eine Person den „erfolg-
reichen Abschluss“ eines Integrationskurses im Sinne von § 8 Absatz 3
Satz 5 des Aufenthaltsgesetzes nachweisen?

25. Sind solche Personen von der Einschränkung einer nur noch jeweils ein-
jährigen Verlängerungsmöglichkeit ihrer Aufenthaltserlaubnis ausgenom-
men, die – analog zu § 9 Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes – wegen
einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung
nicht imstande sind, die sprachlichen Voraussetzungen eines erfolgreichen
Integrationskursabschlusses zu erfüllen?

Wenn ja, inwiefern?

Wenn nein, warum nicht?

26. Welcher integrationspolitische Nutzen besteht nach Ansicht der Bundes-
regierung darin, die Aufenthaltserlaubnis einer Person nur noch jeweils um
ein Jahr zu verlängern, wenn sie die sprachlichen Voraussetzungen eines
erfolgreichen Integrationskursabschlusses nicht erfüllt?

27. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass die neue Regelung in § 8
Absatz 3 Satz 5 des Aufenthaltsgesetzes gegen das Assoziationsrecht ver-
stößt, und wenn nein, warum nicht (bitte auch im Lichte der Sachverständi-
genanhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages vom März
2011 bzw. des entsprechenden Gutachtens des Wissenschaftlichen Dienstes
des Deutschen Bundestages ausführen)?

28. Welche anderen Möglichkeiten hat eine Person, um den Nachweis im
Sinne von § 8 Absatz 3 Satz 5 des Aufenthaltsgesetzes zu erbringen, dass
ihre Integration in das gesellschaftliche und soziale Leben anderweitig er-
folgt ist (bitte anhand von konkreten Beispielsfällen ausführen)?

Dialogforum „Sprache – Integrationskurse“

29. Welche Handlungsempfehlungen zur Sicherung und Aufrechterhaltung
eines qualitativ hochwertigen Angebots der sprachlichen Bildung für
Zugewanderte sollten – dem Beschluss des Dialogforums zufolge – durch
das Bundesministerium für Arbeit und Soziales umgesetzt werden?

Drucksache 17/6936 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

30. Was schlägt das Dialogforum konkret vor, um

a) das Einstufungssystem für die Integrationskurse zu optimieren bzw.

b) die Verfahren zum Einbürgerungstest und zum bundesweiten Orientie-
rungskurstest zu vereinheitlichen?

31. Welche Formen begleitender Kontrolle von Lernfortschritten im Integra-
tionskurs will das Dialogforum

a) für welche Zielgruppen,

b) mit welchen Methoden,

c) innerhalb welchen Zeitraums

erproben?

32. Innerhalb welchen Haushaltstitels wurden seit 2009 wie viele Haushalts-
mittel im Rahmen der in Kooperation mit der Zeitbild Stiftung durch-
geführten Motivationskampagne „Deutsch lernen, Deutschland kennen
lernen“ verausgabt, deren Ziel es ist, Eltern mit Migrationshintergrund
verstärkt anzusprechen bzw. für die Teilnahme am Integrationskurs zu
gewinnen?

33. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Erfolg bzw. über
den etwaigen Verbesserungsbedarf dieser Kampagne angesichts der deut-
lich gesunken Zahlen gerade auch der freiwillig teilnehmenden Altzuwan-
derer?

Statistische Lücken der Integrationskursgeschäftsstatistik

34. Wie viele Kinder wurden im Jahr 2010 parallel zu den Integrationskursen
betreut, und in wie vielen Fällen geschah dies durch qualifizierte Fach-
kräfte (bitte aufschlüsseln nach Integrationskurs (allgemein) bzw. nach den
jeweiligen Spezialkurstypen)?

Welche Kosten sind dem Bund hierdurch entstanden?

35. Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, dass es sinnvoll und not-
wendig ist zu erfassen, wie viele Personen Anträge auf Zulassung zu einem
Integrationskurs bzw. auf eine Kinderbetreuung stellen, um zu klären,
inwiefern das Kursangebot ausreichend ist?

Wenn ja, warum erfasst das BAMF entsprechende Daten nicht?

Wenn nein, warum nicht?

36. Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, dass es sinnvoll und
notwendig ist, den Aufenthaltsstatus einer Integrationskursteilnehmerin
bzw. eines -teilnehmers entsprechend § 44 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes
statistisch zu erfassen, und wenn nein, warum nicht?

a) Was müsste getan werden, damit das BAMF den Aufenthaltsstatus der
Integrationskursteilnehmerinnen bzw. -teilnehmer erfassen kann?

b) Warum hat die Bundesregierung hierfür erkennbar nichts unternom-
men?

37. Warum werden in der aktuellen Integrationskursgeschäftsstatistik keine
Angaben über Kostenbefreiungen bzw. Fahrtkostenzuschüsse mehr ver-
öffentlicht?

a) Wie viele Anträge auf Kostenbefreiungen bzw. Fahrtkostenzuschüsse
wurden 2010 gestellt, und wie viele hiervon wurden bewilligt?
b) Inwiefern haben sich die Sparmaßnahmen der Bundesregierung auf die
Anträge bzw. Bewilligung von Fahrtkostenzuschüssen ausgewirkt?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/6936

38. Wann plant die Bundesregierung die erstmalige Veröffentlichung der nach
dem neu eingefügten § 88a des Aufenthaltsgesetzes erhobenen Daten?

Berlin, den 6. September 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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