BT-Drucksache 17/597

Freiwillige Weiterversicherung für Selbstständige in der Arbeitslosenversicherung

Vom 29. Januar 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/597
17. Wahlperiode 29. 01. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Katrin Göring-Eckardt, Markus Kurth,
Beate Müller-Gemmeke, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Kerstin Andreae,
Birgitt Bender, Alexander Bonde, Britta Haßelmann, Maria Klein-Schmeink,
Lisa Paus, Elisabeth Scharfenberg und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Freiwillige Weiterversicherung für Selbstständige in der Arbeitslosenversicherung

Die Anzahl der Selbstständigen ist in Deutschland seit den 1980er-Jahren deut-
lich auf 4,14 Millionen im Jahr 2008 angestiegen. Überproportional stark ist
dabei die Zahl der Solo-Selbstständigen, also Selbstständige ohne Beschäftigte,
gewachsen. Im Jahr 2008 gab es 2,1 Millionen Solo-Selbstständige, von denen
der überwiegende Teil zu den Geringverdienenden zählt und von denen 10,4 Pro-
zent als armutsgefährdet gelten. Im August 2009 waren mehr als 127 000 Selbst-
ständige auf Unterstützung durch Arbeitslosengeld II angewiesen, im Januar
2007 waren es weniger als halb so viele.

Seit dem 1. Februar 2006 können sich bestimmte Gruppen von Selbstständigen
nach § 28a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III)
freiwillig in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung weiterversichern. Vor-
aussetzung dafür ist, dass die selbstständige Tätigkeit mehr als 15 Stunden
wöchentlich umfasst, dass der Antragsteller/die Antragstellerin innerhalb der
letzten 24 Monate vor Beginn der Selbstständigkeit mindestens zwölf Monate in
einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden oder eine Entgeltersatzleistung
bezogen hat, dass unmittelbar vor Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit ein
Versicherungspflichtverhältnis bestanden hat oder eine Entgeltersatzleistung be-
zogen wurde und dass der Antrag auf freiwillige Weiterversicherung spätestens in-
nerhalb eines Monats nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit gestellt wird.

Auf Grund dieser restriktiven Voraussetzungen bleibt vielen Selbstständigen
diese Option versagt, so beispielsweise denjenigen, die sich direkt nach dem
Hochschulabschluss oder aus der Grundsicherung heraus für die Selbstständig-
keit entscheiden.

Der über den § 28a SGB III geschaffene Schutz bei Arbeitslosigkeit endet laut
Gesetz für Selbstständige und für Arbeitnehmer, die vorübergehend im Ausland
außerhalb der EU oder EU-assoziierten Staaten tätig sind, am 31. Dezember
2010. Dann steht nicht nur Neugründern diese Möglichkeit nicht mehr zur Ver-
fügung, sondern auch bereits Versicherte nach § 28a SGB III können in der Folge

die Arbeitslosenversicherung nicht weiterführen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welchen Stellenwert misst die Bundesregierung Selbstständigkeit und Grün-
dungen als Alternative zur abhängigen Beschäftigung und zur Arbeitslosig-
keit zu, und wie bewertet sie insbesondere die Entwicklung der Solo-Selbst-
ständigkeit?

Drucksache 17/597 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Wie beurteilt die Bundesregierung die wirtschaftliche Lage der neuen
Selbstständigen und deren Risiko, arbeitslos zu werden?

3. Wie viele Anträge auf ein Versicherungspflichtverhältnis nach § 28a SGB III
sind von Selbstständigen und wie viele von Arbeitnehmern, die im Ausland
tätig sind, verteilt auf die Jahre 2006, 2007, 2008 und 2009, gestellt worden
(bitte differenziert nach Geschlecht und Bundesland)?

4. Wie viele Selbstständige und wie viele Arbeitnehmer, die im Ausland tätig
sind, waren in den Jahren 2006, 2007, 2008 und 2009 nach § 28a SGB III
versichert (bitte differenziert nach Geschlecht und Bundesland)?

5. Wie hoch waren die Einnahmen der Arbeitslosenversicherung jeweils in den
Jahren 2006, 2007, 2008 und 2009 auf Grund der jeweiligen Beiträge, die
von Selbstständigen sowie von Arbeitnehmern, die im Ausland tätig sind,
für die Versicherung nach § 28a SGB III gezahlt wurden?

6. Von wie vielen Selbstständigen und von wie vielen im Ausland Beschäftig-
ten, die nach § 28a SGB III versichert waren, wurden in den Jahren 2006,
2007, 2008 und 2009 Leistungen auf Grund von Arbeitslosigkeit in An-
spruch genommen (bitte differenziert nach Geschlecht und Bundesland)?

7. Wie hoch waren die jeweiligen Gesamtausgaben der Arbeitslosenversiche-
rung auf Grund der Inanspruchnahme der Arbeitslosenversicherung nach
§ 28a SGB III durch Selbstständige sowie durch Arbeitnehmer, die im Aus-
land tätig waren, in den Jahren 2006, 2007, 2008 und 2009?

8. Wie beurteilt die Bundesregierung die Wirkung der freiwilligen Arbeits-
losenversicherung für Selbstständige nach § 28a SGB III

a) im Hinblick auf die soziale Sicherung zunehmend unsteter Erwerbs-
biografien, auch vor dem Hintergrund der Antwort zu den Fragen 1 und 2,
und

b) bezogen auf den Umstand, dass auf Grund der Voraussetzungen viele
Selbstständige von der Versicherungsoption ausgeschlossen sind?

9. Welche Folgen hat das Ende des Versicherungsverhältnisses zum
31. Dezember 2010 für diejenigen Selbstständigen und für diejenigen im
Ausland Tätigen, die nach dieser Regelung versichert sind, bezüglich ihres
Versicherungsschutzes im Falle einer Arbeitslosigkeit, jeweils unterschie-
den danach, ob sie bis zum 31. Dezember 2010 einen Leistungsanspruch
aufgebaut haben werden oder nicht?

10. Wie plant die Bundesregierung mit jenen Fällen umzugehen, die im laufen-
den Jahr ein Versicherungspflichtverhältnis nach § 28a SGB III eingehen
(wollen), aber durch das Auslaufen der Regelung Ende dieses Jahres ab-
sehbar keinen Anspruch auf Leistungen mehr erlangen werden?

11. Wie wird sich das geplante Auslaufen der Regelung nach § 28a SGB III
Ende 2010 nach Einschätzung der Bundesregierung auf die zu erwartende
Anzahl der Anträge von Selbstständigen in diesem Jahr auswirken, und
liegen der Bundesregierung für diese Einschätzung schon erste statistische
Belege vor?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/597

12. Beabsichtigt die Bundesregierung den Arbeitslosenversicherungsschutz für
Selbstständige nach § 28a SGB III auch nach dem 31. Dezember 2010 fort-
zuführen?

a) Wenn nein, warum nicht, und welche Alternativen für Selbstständige zur
Absicherung bei Arbeitslosigkeit jenseits der Grundsicherung für
Arbeitsuchende stehen aus Sicht der Bundesregierung dann zur Ver-
fügung?

b) Wenn ja, plant die Bundesregierung darüber hinaus, die Regelung so zu
modifizieren, dass auch Selbstständige, die direkt nach dem Hochschul-
abschluss oder auch aus der Grundsicherung heraus eine selbstständige
Tätigkeit beginnen, zukünftig eine solche Versicherungsoption erhalten?

Berlin, den 29. Januar 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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