BT-Drucksache 17/5942

Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsexportgütern nach Saudi-Arabien stoppen

Vom 25. Mai 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5942
17. Wahlperiode 25. 05. 2011

Antrag
der Abgeordneten Jan van Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz,
Sevim Dag˘delen, Dr. Diether Dehm, Wolfgang Gehrcke, Annette Groth,
Heike Hänsel, Inge Höger, Andrej Hunko, Harald Koch, Stefan Liebich,
Niema Movassat, Thomas Nord, Paul Schäfer (Köln), Alexander Ulrich,
Kathrin Vogler, Katrin Werner und der Fraktion DIE LINKE.

Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Saudi-Arabien
stoppen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Die Bundesregierung genehmigte im Zeitraum von 2000 bis 2009 Rüstungs-
exporte nach Saudi-Arabien in Höhe von 675 Mio. Euro (Rüstungsexportbe-
richte der Bundesregierung von 2000 bis 2009). Allein im Jahr 2009 waren
es Genehmigungen in Höhe von 168 Mio. Euro, unter anderem für Boden-
überwachungsradar, Teile für Feuerleiteinrichtungen, Teile für Kampfflug-
zeuge und Tankflugzeuge, Kommunikationsausrüstung, Software für Waf-
fensysteme und Grenzsicherungssysteme und Teile für Raketen, Flugkörper
und Granaten.

Zudem hat die Bundesregierung den Export von Fertigungsunterlagen und
Spezialmaschinen zum Aufbau einer Waffenfabrik genehmigt. Das deutsche
Rüstungsunternehmen Heckler & Koch GmbH hat eine Lizenz an Saudi-
Arabien zur Produktion des neuen Sturmgewehres G 36 vergeben und baut
gegenwärtig eine Produktionsanlage für dieses Gewehr auf (Rüstungsexport-
berichte 2004 bis 2009, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage
der Fraktion DIE LINKE., Bundestagsdrucksache 17/4383). Die Fabrik wird
bald fertiggestellt sein und dann über Jahrzehnte diese Waffe produzieren
können.

2. Die Bundesregierung hat sich in ihren „Politischen Grundsätzen“ verpflich-
tet, bei der Entscheidung über Rüstungsexporte „der Beachtung der Men-
schenrechte im Bestimmungs- und Endverbleibsland […] besonderes Ge-
wicht“ beizumessen (Politische Grundsätze der Bundesregierung für den
Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern vom 19. Januar
2000).
In Saudi-Arabien werden grundlegende Menschen- und Bürgerrechte syste-
matisch missachtet. Laut Menschenrechtsberichten der Bundesregierung ist
Folter weit verbreitet, die Todesstrafe wird oft verhängt und vollstreckt, grau-
same, unmenschliche und erniedrigende Strafen, wie Körperstrafen (z. B.
Auspeitschen), werden regelmäßig vollzogen. Freie Meinungsäußerung ist
nur sehr eingeschränkt möglich, Dissidenten werden inhaftiert, Geständnisse
erzwungen, die Religionsausübung für nichtmuslimische Religionen ist ver-

Drucksache 17/5942 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
boten, die schiitische Minderheit im Osten des Landes wird diskriminiert und
ausländische Arbeitskräfte sind weitgehend rechtlos (8. und 9. Menschen-
rechtsbericht der Bundesregierung). Frauen werden wesentliche Menschen-
rechte vorenthalten (9. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschen-
rechtspolitik) und haben keine Rechtspersönlichkeit (www.auswaertiges-
amt.de). So ist das Prinzip der Vormundschaft der Männer über Frauen zwar
rechtlich nicht vorgeschrieben, aber weithin akzeptierte Praxis, gegen die
auch die Regierung wenig unternimmt. Es gibt kein spezifisches Gesetz, das
Gewalt gegen Frauen zum Gegenstand hat und Gewalttäter werden weder
verfolgt noch bestraft (Concluding Comments of CEDAW Saudi-Arabia,
8. April 2008 – CEDAW = Committee on the Elimination of Discrimination
against Women). Homosexuelle Handlungen werden nach Ermessen des
Richters mit Freiheitsentzug und/oder Stockschlägen bestraft, sogar die
Todesstrafe kann verhängt werden (www.auswaertiges-amt.de). Dem Inter-
nationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom
19. Dezember 1966 sowie dem Internationalen Pakt über bürgerliche und po-
litische Rechte vom 19. Dezember 1966 ist Saudi Arabien nicht beigetreten
(http://treaties.un.org).

3. Die Bundesregierung hat sich mit dem „Gemeinsamen Standpunkt“ der EU
dazu verpflichtet, die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Stabilität einer
Region als ein wichtiges Kriterium bei der Entscheidung über Rüstungs-
exporte zu beachten (Gemeinsamer Standpunkt, Artikel 2 Kriterium 4, 2008/
944/GASP des Rates vom 8. Dezember 2008; GASP – Gemeinsame Außen-
und Sicherheitspolitik).

Saudi-Arabien liegt in einem Krisengebiet. Seit Jahrzehnten ist die Region
von Konflikten – zum Teil offenen Gewaltkonflikten und Kriegen – geprägt.

Saudi-Arabien greift militärisch in Konflikte in Nachbarländern ein, so zu-
letzt durch die Entsendung von Truppen zur Unterdrückung der Protestbewe-
gung in Bahrain.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

keine Genehmigungen für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüs-
tungsgütern nach Saudi-Arabien mehr zu erteilen.

Berlin, den 25. Mai 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.