BT-Drucksache 17/5746

Gleichwertige Lebensbedingungen in Deutschland und Berhindertenpolitik

Vom 5. Mai 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5746
17. Wahlperiode 05. 05. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katja Kipping, Diana Golze, Dr. Ilja Seifert, Matthias W. Birkwald,
Dr. Martina Bunge, Heidrun Dittrich, Jutta Krellmann, Cornelia Möhring, Kornelia
Möller, Yvonne Ploetz, Ingrid Remmers, Harald Weinberg, Sabine Zimmermann
und der Fraktion DIE LINKE.

Gleichwertige Lebensbedingungen in Deutschland und Behindertenpolitik

Für die Bundesrepublik Deutschland als ein demokratischer und sozialer Bun-
desstaat ist die Verantwortung für die „Herstellung gleichwertiger Lebensver-
hältnisse“ ein Kernelement des Sozialstaates (Artikel 20 des Grundgesetzes).
Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist es die Aufgabe des Staates,
für soziale Gerechtigkeit und für einen Ausgleich sozialer Gegensätze und Un-
gleichheiten zu sorgen.

Der Begriff „gleichwertige Lebensverhältnisse“ gehört zur zentralen Leitvorstel-
lung des Bundes und der Länder. Das Raumordnungsgesetz (ROG) des Bundes
konkretisiert gleich im ersten Grundsatz: „Im Gesamtraum der Bundesrepublik
Deutschland und in seinen Teilräumen sind ausgeglichene soziale, infrastruktu-
relle, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben“ (§ 2
Absatz 2 Nummer 1 ROG). Länderverfassungen und Landesplanungsgesetze
zitieren den Begriff ihrerseits und verpflichten sich damit zu einer entsprechen-
den Strukturpolitik und Entwicklung ihres Landesgebietes.

Um die Herstellung der Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen in der Bun-
desrepublik Deutschland zu bewerten, bedarf es auch einer Analyse relevanter
sozialer Aspekte im Bereich der Behindertenpolitik, sowohl auf der Ebene des
Bundes als auch auf der Ebene der Bundesländer. Insbesondere geht es aber auch
darum, perspektivisch Konzepte zu entwickeln und umzusetzen, um langfristig
allen Bevölkerungsschichten und Generationen in allen Teilen Deutschlands ein
Leben in Würde und gleichberechtigter Teilhabe zu sichern.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. In welchen Bundesländern gibt es nach Kenntnis der Bunderegierung ein
Landesgleichstellungsgesetz für Menschen mit Behinderung, und welche
dieser Landesgleichstellungsgesetze wurden nach Inkrafttreten der UN-Be-
hindertenrechtskonvention am 26. März 2009 beschlossen bzw. novelliert?
2. In welchen Bundesländern gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung haupt-
bzw. ehrenamtliche Behindertenbeauftragte bei den Landesregierungen so-
wie Landesbehindertenbeiräte?

Bei wem sind sie angebunden?

Drucksache 17/5746 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

3. Wie viele Personen hatten in den einzelnen Jahren 2005 bis 2010 ein steu-
erpflichtiges Einkommen von über 100 000 Euro, wie viele davon sind
Menschen mit einem Grad der Behinderung (GdB) ab 50 Prozent (Bundes-
republik Deutschland gesamt und aufgeschlüsselt nach Bundesländern)?

4. Wie viele Personen erhielten in den einzelnen Jahren 2005 bis 2010 Leis-
tungen nach dem Zweiten, Dritten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch,
und wie viele davon haben einen GdB ab 50 Prozent (Bundesrepublik
Deutschland gesamt und aufgeschlüsselt nach Bundesländern und Leis-
tungsart)?

5. Wie hoch ist die absolute Anzahl der vom Armutsrisiko Betroffenen und die
Armutsrisikoquote (gemäß EU Standard: 60 Prozent des mediangemittelten
Nettoäquivalenzeinkommens, neue Äquivalenzskala der Organisation für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – OECD, mit imputier-
ten Einkommensvorteilen, z. B. für Haushalte in subventionierten Wohnun-
gen oder in selbst genutztem Wohneigentum, bestimmen; wo dies nicht oder
nur teilweise geschieht, bitte ausdrücklich kennzeichnen) in der Bundes-
republik Deutschland und in den einzelnen Bundesländern nach EU-SILC
(Statistik der Europäischen Union über Einkommen und Lebensbedingun-
gen), SOEP (Sozio-oekonomisches Panel), EVS (Einkommens- und Ver-
brauchsstichprobe) und Mikrozenzus in den einzelnen Jahren 2005 bis
2010, und wie hoch ist die absolute Anzahl der vom Armutsrisiko Betroffe-
nen und die Armutsrisikoquote bei Menschen mit Behinderung in der
Bundesrepublik Deutschland und in den einzelnen Bundesländern in ge-
nannten Jahren und bei genannten Datenbasen (generell nach Geschlecht
unterteilt, die Quote für Menschen mit Behinderung bezogen auf alle
Personen und auf Menschen mit Behinderung)?

6. Welchen Zusammenhang sieht die Bundesregierung zwischen Behinderung
und Armut bzw. Armutsrisiko?

7. Welche Strategien und Maßnahmen gibt es durch die Bundesregierung und
nach deren Kenntnis in den einzelnen Ländern, um das Risiko für Betrof-
fene und Angehörige zu minimieren bzw. auszuschließen, infolge einer Be-
hinderung zu verarmen?

8. Wie hat sich die Arbeitslosenquote bei Schwerbehinderten in den einzelnen
Bundesländern und in der Bundesrepublik Deutschland gesamt von 2005
bis 2010 entwickelt (nach Geschlecht, prozentual zur Anzahl Schwerbehin-
derter und zur Anzahl offiziell registrierter Arbeitsloser gesamt)?

9. Wie hat sich der Anteil von beschäftigten Schwerbehinderten in den einzel-
nen Bundesländern und in der Bundesrepublik Deutschland gesamt von
2000 bis 2010 entwickelt (nach Geschlecht, prozentual zur Anzahl Schwer-
behinderter und zur Anzahl abhängig Beschäftigter, bitte getrennt nach Teil-
zeit und Vollzeit, befristet und unbefristet, Teilnehmerinnen und Teilnehmer
in Werkstätten für behinderte Menschen – WfbM, Beschäftigte in sonstigen
Maßnahmen, wie Weiterbildung, „Ein-Euro-Jobs“, Leiharbeiterfirmen usw.)?

10. Wie hoch sind derzeit die jährlichen Eingliederungsleistungen in den ein-
zelnen Bundesländern und in der Bundesrepublik Deutschland gesamt pro
schwerbehinderten Beschäftigten?

11. Wie viele Plätze in WfbM sind in den einzelnen Bundesländern und in der
Bundesrepublik Deutschland gesamt vorhanden (nach Geschlecht aufge-
schlüsselt und nach den Jahren 2000, 2005, 2010)?

12. Wie viele Schwerbehinderte sind in den einzelnen Bundesländern und in
der Bundesrepublik Deutschland gesamt in Integrationsprojekten, Integra-

tionsbetrieben und Integrationsabteilungen tätig (nach Geschlecht aufge-
schlüsselt und nach den Jahren 2000, 2005, 2010)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5746

13. Ist der Bundesregierung bekannt, wie hoch in den einzelnen Bundesländern
gegenwärtig das Landesblindengeld ist (wenn ja, bitte die jeweilige Höhe
nennen)?

14. Ist der Bundesregierung bekannt, in welchen Bundesländern für weitere Be-
hindertengruppen derzeit ein Nachteilsausgleich in welcher Höhe gezahlt
wird (wenn ja, bitte detailliert nennen)?

15. Wie viele Schwerbehinderte nutzen in der Bundesrepublik Deutschland
gesamt und in den einzelnen Bundesländern das persönliche Budget (ab-
solut, prozentual zur Anzahl Schwerbehinderter, durchschnittliche sowie
geringste und höchste Höhe des persönlichen Budgets)?

16. Wie hoch waren zwischen 2000 und 2010 die jährlichen Ausgaben für
Wohnprojekte sowie für den Umbau zu barrierefreiem Wohnraum in der
Bundesrepublik Deutschland gesamt und in den einzelnen Bundesländern,
und wie hat sich der Anteil barrierefreier Wohnungen von 2000 bis 2010
entwickelt?

17. Wie hoch sollte nach Auffassung der Bundesregierung mindestens der
Anteil barrierefreier Wohnungen am Gesamtbestand sein, und welche Stra-
tegien und Maßnahmen gibt es seitens der Bundesregierung, um den Anteil
an barrierefreien Wohnungen in diesem Sinne kurz- und mittelfristig zu
erhöhen?

18. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um ihre statistische
Aussagefähigkeit für Menschen mit Behinderung, die nicht schwerbehin-
dert sind (also mit einem anerkannten GdB unter 50 Prozent), zu verbes-
sern?

Berlin, den 2. Mai 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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