BT-Drucksache 17/5670

Entwicklung des Leistungsgeschehens im Bereich der Mutter-/Vater-Kind-Maßnahmen

Vom 27. April 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5670
17. Wahlperiode 27. 04. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Katrin Kunert, Diana Golze, Heidrun
Dittrich, Inge Höger, Yvonne Ploetz, Ingrid Remmers, Dr. Ilja Seifert, Kathrin
Senger-Schäfer, Kathrin Vogler, Harald Weinberg, Jörn Wunderlich und der
Fraktion DIE LINKE.

Entwicklung des Leistungsgeschehens im Bereich der Mutter-/Vater-Kind-Maß-
nahmen

Seit dem Jahr 2000 gehen die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen (GKV)
für Mutter-/Vater-Kind-Maßnahmen nach den §§ 24 und 41 des Fünften Buches
Sozialgesetzbuch (SGB V) zurück, obwohl zahlreiche Studien Nutzen und
Bedarf nachweisen. Die Maßnahmen erreichen nicht nur kurzfristig gesundheit-
liche Verbesserungen, sondern wirken sich langfristig positiv auf die Gesundheit
der Mütter, Väter und Kinder aus. Im Jahr 2007 hat der Gesetzgeber mit dem
GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz diese Maßnahmen zu Pflichtleistungen der
gesetzlichen Krankenkassen erklärt, um den Rechtsanspruch von Müttern und
Vätern auf medizinische Vorsorge und Rehabilitation gesetzlich zu verankern.

Die gesetzlichen Krankenkassen wurden 2008 zu einer statistischen Erfassung
ihrer Antrags- und Bewilligungspraxen verpflichtet. Die Gesundheitsbericht-
erstattung des Bundes (www.gbe-bund.de) zeigt eine Ausgabensteigerung für das
Jahr 2008 und einen Ausgabenrückgang um 5,11 Prozent im Jahr 2009. Für das
erste Halbjahr 2010 zeigt die GKV-Ausgabenstatistik ein Minus von 11,16 Pro-
zent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2009. Die politisch beabsichtigten posi-
tiven Gesetzeseffekte waren nur kurzzeitig.

Medizinische Vorsorgeleistungen und Rehabilitationsleistungen für Mütter und
ab dem 1. August 2002 auch für Väter in Einrichtungen der Elly Heuss-Knapp-
Stiftung – Deutsches Müttergenesungswerk (MGW) und gleichartigen Ein-
richtungen berücksichtigen die besondere Situation und die Bedürfnisse von
Müttern und Vätern. Der Grundsatz „ambulant vor stationär“ in § 23 Absatz 4
SGB V gilt explizit nicht. Dennoch erfolgen zahlreiche Ablehnungen von An-
trägen durch die gesetzlichen Krankenkassen mit genau dieser Begründung wie
ein Schreiben des Bundesversicherungsamtes an die Spitzenverbände der Kran-
kenkassen vom 5. Februar 2008 belegt. Das Bundesversicherungsamt beanstan-
det außerdem unzureichende Begründungen für die Ablehnung durch den
Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK). Das MGW, aber auch viele

Kur- und Rehabilitationseinrichtungen, die in ihrer wirtschaftlichen Existenz
bedroht sind, berichten ebenfalls von Ablehnungen mit Verweis auf ambulante
Behandlung oder den Rentenversicherungsträger.

Die Zahl der Anträge, aber auch die Bewilligungspraxis differiert zwischen den
gesetzlichen Krankenkassen. So hat beispielsweise die Knappschaft-Bahn-See
bei 1,7 Millionen Mitgliedern 4 379 Anträge im Jahr 2009, die Allgemeinen
Ortskrankenkassen bei 23,8 Millionen Mitgliedern 35 208 Anträge. Die Knapp-

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schaft hat also pro Mitglied fast doppelt so viele Anträge, aber nur ein Viertel
der Ablehnungen. Diese Schwankungen sind nicht mit unterschiedlichen Ver-
sichertenstrukturen oder qualifizierterer Beratung durch die Kassen zu erklären.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Mutter-/Vater-Kind-Maßnahmen wurden auf Grundlage der
§§ 24, 41 SGB V beantragt und bewilligt (bitte in absoluten Zahlen pro
Kalenderjahr seit 2007 sowie getrennt nach den §§ 24, 41 SGB V aufschlüs-
seln)?

2. Aufgrund welcher Indikationen wurden diese Kuren bewilligt (bitte aufge-
schlüsselt nach Kalenderjahren seit 2007, den §§ 24, 41 SGB V, Bundes-
land, Alleinerziehende und Geschlecht angeben)?

3. Wie viele Kuren nach den §§ 24 und 41 SGB V wurden durchgeführt (bitte
in absoluten Zahlen pro Kalenderjahr seit 2007 sowie getrennt nach den
§§ 24, 41 SGB V aufschlüsseln)?

4. Wie viele der Kuren fanden mit Kindern statt (bitte aufgeschlüsselt nach
Anzahl und Alter der teilnehmenden Kinder pro Kalenderjahr seit 2007)?

5. In welchen Altersgruppen waren die Teilnehmenden (bitte aufschlüsseln
nach Geschlecht und Alleinerziehende in den Altersgruppen bis 20 Jahre,
21 bis 25 Jahre, 26 bis 30 Jahre, 31 bis 35 Jahre, 36 bis 40 Jahre, 41 bis 45
Jahre, 46 Jahre und älter sowie getrennt nach den §§ 24, 41 SGB V)?

6. Wie viele Mütter und Väter haben teilgenommen, wie viele waren alleiner-
ziehend (bitte aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren seit 2007, Anzahl der
Kinder und Bundesland sowie getrennt nach den §§ 24, 41 SGB V)?

7. Wie viele der teilnehmenden Eltern waren berufstätig (bitte aufgeschlüsselt
angeben nach Vollzeit, Teilzeit und geringfügig beschäftigt sowie Ge-
schlecht, Alleinerziehende, Bundesland und Kalenderjahr seit 2007 sowie
getrennt nach den §§ 24, 41 SGB V)?

8. Wie viele der teilnehmenden Eltern waren im Arbeitslosengeld-II-Bezug
(bitte aufgeschlüsselt nach Aufstockern sowie Geschlecht, Alleinerziehende,
Bundesland und Kalenderjahr seit 2007 sowie getrennt nach den §§ 24, 41
SGB V)?

9. Wie groß ist die Zeitspanne zwischen Antrag und Bewilligung sowie Antritt
der Kur (bitte aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren seit 2007, Herkunft
Bundesland, Alleinerziehende und Geschlecht sowie getrennt nach den
§§ 24, 41 SGB V)?

10. Wie viele Anträge wurden abgelehnt (bitte in absoluten Zahlen und in Pro-
zent angeben, aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren seit 2007, Bundesland,
Alleinerziehende und Geschlecht sowie getrennt nach den §§ 24, 41
SGB V)?

11. Was waren die zehn häufigsten Gründe für eine Ablehnung einer Vorsorge-
maßnahme nach § 24 SGB V und einer medizinischen Rehabilitation nach
§ 41 SGB V (bitte in absoluten Zahlen und in Prozent angeben sowie auf-
geschlüsselt nach Kalenderjahren seit 2007, Bundesland, Alleinerziehende
und Geschlecht sowie getrennt nach den §§ 24, 41 SGB V)?

12. Wie viele Widersprüche wurden eingelegt, und wie viele der Widersprüche
waren erfolgreich (bitte in absoluten Zahlen und in Prozent angeben sowie
aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren seit 2007, Bundesland, Alleinerzie-
hende und Geschlecht sowie getrennt nach den §§ 24, 41 SGB V)?
13. Welche fünf Krankenkassen haben die höchsten bzw. die niedrigsten Ableh-
nungsquoten von Anträgen nach den §§ 24, 41 SGB V?

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14. Wie erklärt die Bundesregierung die teilweise sehr hohen Ablehnungsquo-
ten verbunden mit einer steigenden Zahl erfolgreicher Widerspruchsverfah-
ren der Versicherten?

15. Welche Gründe und ursächliche Faktoren gibt es für die stark divergierende
Entwicklung bei den verschiedenen Kassen und Kassenarten?

16. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit angesichts der genannten Un-
gereimtheiten die Beantragung und Bewilligung von Mutter-/Vater-Kind-
Maßnahmen exakter als bisher zu evaluieren, und wenn ja, wann wird die
Bundesregierung die Evaluation in die Wege leiten, und wenn nein, warum
nicht?

17. Zeigen die wiederkehrenden Probleme in der Bewilligungspraxis der letzen
Jahre aus Sicht der Bundesregierung an, dass es weiterer Bemühungen be-
darf, um den Anspruch der Mütter und Väter auf diese Maßnehmen zu stär-
ken und gegebenenfalls durch Sanktionen durchzusetzen?

18. Welche konkreten Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung zur
Durchsetzung des Rechtsanspruchs der Mütter und Väter?

19. Wie viele der alleinerziehenden Kurteilnehmerinnen und -teilnehmer haben
für zu Hause gebliebene Kinder Haushaltshilfen beantragt und bewilligt be-
kommen (bitte in absoluten Zahlen und in Prozent angeben sowie aufge-
schlüsselt nach Kalenderjahren seit 2007, Bundesland und Geschlecht)?

20. Wie viele alleinerziehende Kurteilnehmerinnen und -teilnehmer haben für
zu Hause gebliebene Kinder Haushaltshilfen beantragt, aber nicht bewilligt
bekommen?

Wie viele konnten deshalb nicht an der Vorsorgemaßnahme teilnehmen
(bitte in absoluten Zahlen und in Prozent angeben sowie aufgeschlüsselt
nach Kalenderjahren seit 2007, Bundesland und Geschlecht sowie getrennt
nach den §§ 24 und 41 SGB V)?

21. In wie vielen Fällen wurden die gesetzlichen Maßgaben eines ordnungsge-
mäßen Verwaltungsverfahrens nach den Regelungen des Zehnten Buches
Sozialgesetzbuch nicht eingehalten (bitte aufgeschlüsselt nach Kalender-
jahren seit 2007, Bundesland, Alleinerziehende und Geschlecht sowie ge-
trennt nach den §§ 24, 41 SGB V)?

Welche zehn Krankenkassen sind hierbei besonders negativ bzw. positiv
aufgefallen?

22. Wie viele der Kuranträge wurden fernmündlich rechtswidrig abgelehnt
(bitte aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren seit 2007, Bundesland, Alleiner-
ziehende und Geschlecht sowie getrennt nach den §§ 24, 41 SGB V)?

Welche zehn Krankenkassen sind hierbei besonders negativ bzw. positiv
aufgefallen?

Berlin, den 20. April 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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