BT-Drucksache 17/5636

Kulturförderung nach § 96 Bundesvertriebenengesetzes

Vom 20. April 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5636
17. Wahlperiode 20. 04. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Agnes Krumwiede, Ekin Deligöz, Katja Dörner, Kai Gehring,
Priska Hinz (Herborn), Memet Kilic, Monika Lazar, Tabea Rößner, Krista Sager,
Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kulturförderung nach § 96 des Bundesvertriebenengesetzes

Der Bund und die Länder haben nach § 96 des Bundesvertriebenengesetzes
(BVFG) die Aufgabe, das Kulturgut der aus den ehemaligen deutschen Sied-
lungsgebieten im östlichen Europa Vertriebenen zu erhalten. Nach der poli-
tischen Öffnung der osteuropäischen Staaten nach 1990 hat sich diese Aufgabe
verändert. Um die Jahrtausendwende wurden die Haushaltsposten, welche
diese Maßnahmen finanzieren, deutlich gekürzt. Seit 2005 jedoch wachsen die
Ausgaben in diesem Bereich wieder. Allein im laufenden Haushaltsjahr wurden
die Ausgaben erneut um 5,3 Prozent erhöht.

Aus Bundesmitteln werden eine Vielzahl von Maßnahmen aus den Bereichen
Kultur und Wissenschaft gefördert, Projekte der kulturellen Breitenarbeit und
des kulturellen Austausches, Institutionen wie Museen, Bibliotheken und
Archiven sowie Maßnahmen zur Sicherung und Erhaltung deutschen Kultur-
guts der historischen Siedlungsgebiete im östlichen Europa. Der Großteil der
Projekte und Institutionen, die in der zweijährlichen Unterrichtung der Bundes-
regierung (zuletzt 2009, Bundestagsdrucksache 17/381) als Beispiele für geför-
derte Maßnahmen genannt werden, stehen in engem Verhältnis zum Bund der
Vertriebenen und den Landsmannschaften der Vertriebenen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Maßnahmen zur „Sicherung und Erhaltung deutschen Kulturguts
der historischen Siedlungsgebiete im östlichen Europa“ werden zum jetzi-
gen Zeitpunkt gefördert (wir bitten darum, eine vollständige Liste mit Pro-
jektträgern und jeweils der Höhe der Förderung durch den Bund anzu-
fügen)?

2. Welche Maßnahmen zur „Sicherung und Erhaltung deutschen Kulturguts
der historischen Siedlungsgebiete im östlichen Europa“ wurden seit 2005
gefördert (wir bitten darum, eine vollständige Liste mit Projektträgern und
jeweils der Höhe der Förderung durch den Bund anzufügen)?

3. Nach welchen Kriterien wird bei der Vergabe von Mitteln aus dem Haus-

haltstitel 687 72 entschieden, ob es sich bei Bau- oder Kulturdenkmälern um
„deutsches Kulturgut“ handelt oder nicht, und wer trifft diese Entscheidun-
gen?

4. Welche Mischformen zwischen deutschem und nichtdeutschem Kulturgut
sind aus dem Haushaltstitel 687 72 nach Ansicht der Bundesregierung för-
derwürdig und welche nicht?

Drucksache 17/5636 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

5. Nach welchen Kriterien wird entschieden, welche Maßnahmen zur „Siche-
rung und Erhaltung deutschen Kulturguts der historischen Siedlungsge-
biete im östlichen Europa“ gefördert werden und welche nicht?

6. Welches Verfahren wird zur Entscheidungsfindung angewendet, falls die
Mittel nicht ausreichen, um alle Projektanträge zu bewilligen, die sich um
eine Förderung gemäß der „Sicherung und Erhaltung deutschen Kulturguts
der historischen Siedlungsgebiete im östlichen Europa“ bewerben?

7. Mit welchen konkreten Maßnahmen bewirbt die Bundesregierung die
Möglichkeit, für die „Sicherung und Erhaltung deutschen Kulturguts der
historischen Siedlungsgebiete im östlichen Europa“ Fördermittel zu be-
kommen?

8. Welche rechtlichen Gründe stehen einer Förderung von Maßnahmen zur
„Erhaltung und Sicherung deutscher Kulturgüter in den historischen Sied-
lungsgebieten im östlichen Europa“ ohne deutschem Projektträger entge-
gen?

9. Wie hoch ist der Anteil der seit 2005 geförderten Maßnahmen zur „Siche-
rung und Erhaltung deutschen Kulturguts der historischen Siedlungs-
gebiete im östlichen Europa“, der sich mit Denkmälern mit säkularer Tra-
dition, wie zum Beispiel Rathäuser oder Schulen, beschäftigte?

10. Wie hoch ist der Anteil der seit 2005 geförderten Maßnahmen zur „Siche-
rung und Erhaltung deutschen Kulturguts der historischen Siedlungsgebiete
im östlichen Europa“, der sich mit Denkmälern mit religiöser Tradition, wie
zum Beispiel Kirchen, Klöster und deren Einrichtung, beschäftigte?

11. Wie viele Anträge um Fördermittel für die „Sicherung und Erhaltung deut-
schen Kulturguts der historischen Siedlungsgebiete im östlichen Europa“
gab es seit 2005?

a) Wie viele davon wurden abgelehnt?

b) Wie viele davon kamen von potentiellen Projektträgern mit jüdischem
Hintergrund?

12. Inwiefern betrachtet die Bundesregierung das Kulturgut deutsch- und jid-
dischsprachiger Menschen jüdischen Glaubens in ihren historischen Sied-
lungsgebieten im östlichen Europa als Teil des „deutschen Kulturguts in
den historischen Siedlungsgebieten“?

13. Sind unter den seit 1990 abgeschlossenen Maßnahmen zur „Sicherung und
Erhaltung deutschen Kulturguts der historischen Siedlungsgebiete im östli-
chen Europa“ Gebäude mit jüdischer Tradition, wie zum Beispiel Synago-
gen (falls ja, bitten wir darum, eine vollständige Liste dieser Maßnahmen
anfügen)?

Falls nein, mit welcher Begründung?

14. Welche der als kulturelle Breitenarbeit im Rahmen des § 96 BVFG durch
den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien in den letz-
ten fünf Jahren auf dem Projektweg geförderten Projekte beschäftigten sich
mit der Kultur von Menschen mit jüdischem Glauben (wir bitten darum,
eine vollständige Liste anzufügen)?

15. Welche der als kulturelle Breitenarbeit aus den Etats der Kulturreferentinnen
und -referenten an den Regionalmuseen (dem Pommerschen Landesmuseum
in Greifswald, dem Schlesischen Museum zu Görlitz, dem Westpreußischen
Landesmuseum in Münster und dem Donauschwäbischen Zentralmuseum
Ulm) und beim Adalbert Stifter Verein e. V. in München in den letzten fünf
Jahren geförderten Projekte beschäftigten sich mit der Kultur von Menschen

mit jüdischem Glauben (wir bitten darum, eine vollständige Liste anzufü-
gen)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5636

16. Wie spiegelt sich die Kultur und der Alltag von Menschen jüdischen Glau-
bens in den jeweiligen Regionen in den mit Bundesmitteln im Rahmen des
§ 96 BVFG geförderten Museen?

17. Welche Projekte zur Erforschung der Kultur und des Alltags von Menschen
jüdischen Glaubens werden durch die akademischen Förderprogrammen
im Rahmen des § 96 BVFG gefördert (wir bitten darum, eine vollständige
Liste anzufügen)?

18. Welche konkreten Maßnahmen wurden seit 2005 als kulturelle Breitenar-
beit im Rahmen des § 96 BVFG auf dem Projektweg mit Mitteln des Be-
auftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert (wir bit-
ten darum, eine vollständige Liste der Projekte mit Projektträgern und der
jeweiligen Höhe der Förderung durch den Bund anzufügen)?

19. Wie ist das Verfahren gestaltet, nach welchem der Beauftragten der Bun-
desregierung für Kultur und Medien Maßnahmen der kulturellen Breitenar-
beit im Rahmen des § 96 BVFG auf dem Projektweg fördert?

20. Nach welchen Kriterien wird entschieden, welche Maßnahmen der kultu-
rellen Breitenarbeit im Rahmen des § 96 BVFG durch den Beauftragten der
Bundesregierung für Kultur und Medien auf dem Projektweg gefördert
werden und welche nicht?

21. Welche konkreten Projekte wurden seit 2005 aus den Etats der Kulturrefe-
rentinnen und -referenten bei den Regionalmuseen und dem Adalbert Stifter
Verein e. V. gefördert (wir bitten darum, eine vollständige Liste der Projekte
mit Projektträgern und der jeweiligen Höhe der Förderung durch den Bund
anzufügen)?

22. Nach welchen Kriterien wird entschieden, welche Projekte aus den Etats
der Kulturreferentinnen und -referenten bei den Regionalmuseen und dem
Adalbert Stifter Verein e. V. gefördert werden und welche nicht?

23. Sind außer dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien
und den Kulturreferentinnen und Kulturreferenten weitere Stellen mit der
Vergabe von Projektmitteln des Beauftragten der Bundesregierung für Kul-
tur und Medien für die kulturelle Förderung im Rahmen des § 96 BVFG
betraut?

Wenn ja, welche?

24. Welche konkreten Maßnahmen wurden im Rahmen der Förderung des kul-
turellen Austausches mit Bezug auf die Geschichte und Kultur der Deut-
schen im östlichen Europa gefördert, seitdem dieser Posten im Jahre 2008
geschaffen wurde (wir bitten darum, eine vollständige Liste der Projekte
mit Projektträgern und jeweils der Höhe der Förderung durch den Bund an-
zufügen)?

25. Mit welcher Begründung wurden die Mittel zur Förderung kultureller Maß-
nahmen im Rahmen des § 96 BVFG im Bundeshaushalt 2011 gegenüber
dem Vorjahr um 877 000 Euro auf 17 541 000 Euro erhöht?

a) Wofür werden die dadurch zusätzlich zur Verfügung gestellten Mittel
verwendet?

b) Welche konzeptionellen Überlegungen stecken hinter der stetigen Erhö-
hung der Mittel seit 2005 um insgesamt mehr als 25 Prozent?

26. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass von den Mitteln, mit welchen
der Bund Förderung kultureller Maßnahmen im Rahmen des § 96 BVFG
betreibt, keine Organisationen profitieren, die mit Rechtsextremen zusam-

menarbeiten?

Drucksache 17/5636 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
27. Werden die Projekte, die der Bund im Rahmen der Kulturförderung nach
§ 96 BVFG fördert, evaluiert?

Wenn ja, was sind die Kriterien einer solchen Evaluation, und zu welchen
Ergebnissen sind bereits erfolgte Evaluationen gekommen?

Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 20. April 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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