BT-Drucksache 17/5235

Integration Älterer in den Arbeitsmarkt verbessern

Vom 23. März 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5235
17. Wahlperiode 23. 03. 2011

Antrag
der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Fritz Kuhn, Katrin Göring-Eckardt,
Markus Kurth, Priska Hinz (Herborn), Beate Müller-Gemmeke,
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Britta Haßelmann, Tabea Rößner,
Birgitt Bender, Ekin Deligöz, Kai Gehring, Maria Klein-Schmeink, Tom Koenigs,
Elisabeth Scharfenberg und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Integration Älterer in den Arbeitsmarkt verbessern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die niedrigen Beschäftigungsquoten Älterer in Deutschland sind kein Schicksal,
sondern hausgemacht. Durch eine jahrzehntelange Frühverrentungspolitik
wurden Ältere aus dem Arbeitsleben gedrängt und die Betriebe setzten fast
ausschließlich auf junge Belegschaften. In der Folge beschäftigten 2008 laut
dem Betriebspanel des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der Bun-
desagentur für Arbeit (IAB) 35 Prozent aller Betriebe keine Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter über 50 Jahren. Ältere sind überdurchschnittlich häufig von Ar-
beitslosigkeit und Langzeitarbeitslosigkeit betroffen und weisen geringere Er-
werbsbeteiligungsquoten auf als andere Altersgruppen. Auch wenn sich die Si-
tuation Älterer am Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahren positiv entwickelt
hat, kann von einer wirklichen Trendwende noch keine Rede sein. Altersdiskri-
minierung ist in den Personalbüros noch weit verbreitet. Dies drückt sich sowohl
in der mangelnden Bereitschaft zur Neueinstellung Älterer als auch in der gerin-
geren Weiterbildungsbeteiligung von Älteren aus.

Die Fehlentwicklung bei der Beschäftigung Älterer muss umgekehrt werden.
Das ist nicht nur wegen der berechtigten Teilhabeansprüche Älterer und der ab
2012 erfolgenden schrittweisen Erhöhung des Renteneintrittsalters erforderlich.
Auch die demografisch bedingt alternde Erwerbsbevölkerung und der wach-
sende Fachkräftemangel sorgen dafür, dass auf die Kompetenzen Älterer nicht
mehr verzichtet werden kann. So prognostiziert das Statistische Bundesamt eine
starke Alterung der Erwerbsbevölkerung bereits für das kommende Jahrzehnt,
da dann die Generation der Babyboomer in die Spätphase ihres Erwerbslebens
kommt. Der Anteil der Menschen im Alter von 50 bis 64 Jahren wird von heute
31 Prozent auf 40 Prozent um das Jahr 2020 ansteigen. Für die Sicherung der
wirtschaftlichen Basis Deutschlands werden Ältere in Zukunft unentbehrlich

werden.

Ziel einer vorausschauenden Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Unternehmens-
politik muss es sein, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Arbeitnehme-
rinnen und Arbeitnehmer bis zum Renteneintritt motiviert, qualifiziert und
gesund ihrer Erwerbsarbeit nachgehen können. Darüber hinaus müssen die
Chancen ältere Arbeitsloser wieder in Beschäftigung zu kommen signifikant
verbessert werden.

Drucksache 17/5235 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Nur mit Investitionen in Qualifizierung, in alterns- und altersgerechte Arbeits-
bedingungen und in Gesundheitsförderung können Rahmenbedingungen für ein
längeres Berufsleben und eine tragfähige Kultur der Altersarbeit entstehen. Dar-
über hinaus muss die Vermittlung älterer Arbeitsloser erheblich verbessert wer-
den, damit Arbeitslosigkeit für Ältere nicht mehr regelmäßig gleichbedeutend
mit dem Ende des Erwerbslebens ist. Die demografische Entwicklung bietet die
Chance, überkommene zumeist negative Einstellungen gegenüber dem Alter
und der beruflichen Leistungsfähigkeit Älterer zu verändern. Wie im Sechsten
Altenbericht gefordert, ist hierzu ein konsequentes und überzeugendes Mitein-
ander von Politik, Arbeitgebern und Sozialpartnern notwendig.

II. Der Deutsche Bundestag wolle deshalb folgende zentrale Maßnahmen
beschließen:

1. Zukunftsorientierte Qualifizierung

Ältere Beschäftigte werden nur in sehr geringem Umfang an betrieblichen Wei-
terbildungen beteiligt. Dadurch droht ihre Qualifikation zu veralten und den sich
ändernden Arbeitsanforderungen nicht mehr zu genügen. Notwendig ist ein
Paradigmenwechsel und die Ausrichtung der betrieblichen Weiterbildung auf
das Prinzip des Lebenslangen Lernens. Um diese Entwicklung zu unterstützen,
werden folgende Maßnahmen ergriffen:

a) Kleine und mittlere Unternehmen werden durch Beratung und vernetzte An-
gebote gezielt gefördert, um ihre Weiterbildungsaktivitäten zu erhöhen und
eine altersgerechte Personalentwicklung zu realisieren. Die Betriebe sollen
vor allem dabei unterstützt werden, diejenigen zu fördern, deren berufliche
Qualifikationen veraltet sind.

b) Das Programm Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer
Arbeitnehmer in Unternehmen (WeGebAU), mit dem die Qualifizierung von
älteren Beschäftigten in kleinen und mittleren Betrieben sowie von Gering-
qualifizierten gefördert wird, muss unbefristet im Dritten Buch Sozialgesetz-
buch (SGB III) verankert werden.

c) Die über die Arbeitsagenturen und Jobcenter geförderten Weiterbildungsan-
gebote werden auf Geringqualifizierte und auf Angebote mit einem
anerkannten Berufsabschluss konzentriert. Darüber hinaus ist die modulare,
mit Teilqualifikation versehene Weiterbildung zu verstärken, mit der beruf-
liche Abschlüsse schrittweise erworben werden können.

d) Über ein neues Erwachsenenbildungsförderungsgesetz werden Umschulun-
gen auch für diejenigen gefördert, die aus ihrem aktuellen Beruf heraus in
eine Zukunftsbranche wechseln wollen. Der Rechtsanspruch für eine För-
derung wird nicht an starre Altersgrenzen gebunden. Das neue Gesetz wird
die Finanzierung des Lebensunterhaltes in der Weiterbildungsphase durch
Zuschüsse und Darlehen abhängig von der individuellen Situation der Be-
rechtigten regeln.

2. Kultur der Altersarbeit verbessern

Eine alterns- und altersgerechte Arbeitsgestaltung ist Voraussetzung für Ältere
und für Jüngere, um ihre langfristige Erwerbsfähigkeit sicherzustellen. Mit
Blick auf dieses Ziel und die insgesamt alternde Erwerbsbevölkerung müssen
gute Arbeitsbedingungen, Arbeitsschutzmaßnahmen, die physische und psy-
chische Gesunderhaltung von Beschäftigten und die Wiedereingliederung
leistungsgewandelter Beschäftigter in der betrieblichen Praxis einen höheren
Stellenwert als bisher bekommen. Des Weiteren sind flexiblere Arbeitszeit-

modelle für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und den gleitenden
Übergang in den Ruhestand notwendig.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5235

a) Kleine und mittlere Unternehmen sollen mithilfe von Beratungen dabei
unterstützt werden, betriebsspezifische Lösungen im Bereich Arbeitsorgani-
sation (z. B. altersgemischte Teamarbeit, Tandemlösungen von jüngeren und
älteren Beschäftigten, Arbeitszeitmodelle) und Gesundheitsförderung (z. B.
Arbeitsplatzgestaltung) zu entwickeln.

b) Die Möglichkeiten zur selbstbestimmten Arbeitszeitgestaltung durch Lang-
zeitkonten, Teilzeitoptionen oder temporäre Freistellungen sind weiterzuent-
wickeln und auszubauen. Passgenaue und flexible Arbeitszeitmodelle sind
wichtige Stellschrauben, um Anforderungen von Beruf und Familie zu ver-
einbaren und auf veränderte gesundheitliche Anforderungen zu reagieren.

c) Die Träger der Berufsgenossenschaften und der betrieblichen Gesundheits-
förderung müssen ihre Aktivitäten ausbauen und stärker auf Beschäftigte in
kleinen und mittleren Betrieben sowie weibliche Beschäftigte ausrichten.

d) Das Instrument des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) nach
§ 84 Absatz 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch muss in sämtlichen
Betrieben zur Anwendung kommen, damit Beschäftigte, die aufgrund ihres
Alters, eines Unfalls oder einer Krankheit ihrer regulären Arbeit nicht mehr
in gewohntem Maße nachkommen können, auf sie zugeschnittene Arbeits-
bedingungen, Hilfsmittel bzw. Assistenz bekommen.

e) Gefährdungsbeurteilungen sind ein zentrales Instrument im Arbeitsschutz-
gesetz. Eine flächendeckende Umsetzung der Regelungen und bessere Kon-
trollen sind notwendig. Der betriebliche Arbeitsschutz muss darüber hinaus
mehr als heute vor Stress und psychischer Überlastung schützen.

f) Beschäftigungspakte und Demografie-Tarifverträge zwischen den Sozial-
partnern, die die Integration Älterer ins Arbeitsleben und alters- und alterns-
gerechte Arbeit fördern, sind genauso zu unterstützen wie die Gründung und
Arbeit von Betriebsräten als wichtige Akteure bei der Entwicklung alters-
gerechter Arbeitsbedingungen.

g) Eine Teilrente bei Verringerung der Arbeitszeit ab dem 60. Lebensjahr wird
eingeführt. Sie wird auch für Menschen jenseits der Regelaltersgrenze attrak-
tiv ausgestaltet, um einen längeren Verbleib in Erwerbstätigkeit zu ermög-
lichen. Dabei sollen die Hinzuverdienstgrenzen transparenter gestaltet und
insbesondere für Geringverdienende verbessert werden.

3. Effektive Vermittlung Älterer aus Arbeitslosigkeit

Ältere Arbeitslose haben größere Schwierigkeiten als andere Gruppen wieder in
Arbeit zu kommen. Ihr Anteil an den Neueinstellungen ist im Verhältnis zu
ihrem Anteil am Erwerbspersonenpotenzial unterdurchschnittlich, entsprechend
hoch ist der Anteil der Langzeitarbeitslosen unter Älteren. Vorbehalte gegenüber
der Leistungsfähigkeit älterer Beschäftigter halten sich hartnäckig, obwohl dies
sowohl von Seiten der Wissenschaft als auch aus der betrieblichen Praxis wider-
legt ist. Um dies zu ändern sind Verbesserungen bei der Vermittlung notwendig.

a) Als Voraussetzungen für eine qualitativ hochwertige Betreuung und ein indi-
viduelles Fallmanagement unter anderem auch für die Unterstützung älterer
Arbeitsloser werden die Jobcenter und Arbeitsagenturen mit den dafür erfor-
derlichen personellen und materiellen Grundlagen ausgestattet. Bereits be-
schlossene und weitere geplante Kürzungen bei der aktiven Arbeitsmarkt-
politik sind daher zurückzunehmen bzw. nicht umzusetzen.

b) Die Beteiligung Älterer an qualifizierenden Maßnahmen muss erhöht wer-
den. Dies gilt insbesondere für ältere Arbeitslose mit geringen und veralteten
Qualifikationen. Hierfür ist auch auf die ausschließliche Organisation der

Weiterbildung über Bildungsgutscheine zu verzichten. Darüber hinaus sind
Ältere mehr als bisher an Maßnahmen und Förderungen zu beteiligen, die

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potenziell höhere Eingliederungserfolge aufweisen, wie zum Beispiel Ein-
gliederungszuschüsse.

c) Alle Regelungen, die nicht auf die Integration, sondern auf die Aussteuerung
älterer Arbeitsloser zielen, sind zu streichen. Das betrifft sowohl die Regelung
in § 53a Absatz 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II), nach der
über 58-jährige erwerbsfähige Leistungsbezieher und -bezieherinnen unter
bestimmten Bedingungen nicht mehr als arbeitslos gelten, als auch die mög-
liche Zwangsverrentung Arbeitsuchender nach § 12a Absatz 1 Satz 2 SGB II.

d) Prävention und Gesundheitsförderung müssen im SGB II und SGB III als
Auftrag verankert werden. Arbeitslosen müssen konkrete Angebote offen-
stehen, die arbeitsmarktintegrative und gesundheitsbezogene Leistungen
miteinander kombinieren. Gesetzliche Krankenkassen, Bundesagentur für
Arbeit und Grundsicherungsträger sollen hierfür entsprechende Leitlinien
und Kooperationsformen vereinbaren.

e) Ältere Arbeitsuchende, für die es auf absehbare Zeit keine Perspektive für
eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt gibt, erhalten auf einem verläss-
lichen sozialen Arbeitsmarkt eine langfristige Beschäftigungsperspektive.

f) Gemeinsam mit den Sozialpartnern und der Bundesagentur für Arbeit startet
das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine langfristig angelegte
Informationskampagne für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, um die un-
verzichtbaren Potenziale und Kompetenzen älterer Beschäftigter bekannter
zu machen und Vorurteile abzubauen.

Berlin, den 22. März 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Begründung

Die Situation Älterer auf dem deutschen Arbeitsmarkt entwickelt sich zwar
positiv, sie ist jedoch bei Weitem noch nicht zufriedenstellend. Trotz zahlreicher
Reformen ist die Frühverrentungsmentalität noch immer latent in der Gesell-
schaft verwurzelt. Dies mag eine Erklärung dafür sein, warum Ergebnisse aus
dem IAB-Betriebspanel zeigen, dass Betriebe zwar die Eigenschaften Älterer in
hohem Maße schätzen, sie aber dennoch kaum rekrutieren1. Vor allem demogra-
fie- und konjunkturbedingt steigt die Erwerbstätigenquote der 55- bis 64-Jähri-
gen. Allerdings liegt sie mit etwa 56 Prozent weiterhin deutlich unter der Quote
aller Erwerbspersonen. Bei den 60- bis 64-Jährigen beträgt der Anteil derjenigen,
die noch berufstätig sind sogar nur 38 Prozent2. Auch sind lediglich etwas mehr
als die Hälfte der älteren Erwerbstätigen sozialversicherungspflichtig beschäf-
tigt. Mini-/Midi- und Ein-Euro-Jobs oder Maßnahmenkarrieren sind keine
Seltenheit beim Übergang in die Rente. Die Erwerbstätigkeit älterer Männer und
Frauen unterscheidet sich dabei erheblich. Nach Angaben der Organisation für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) lag sie in Deutsch-
land bei Männern 2008 bei 61,7 Prozent und bei Frauen bei lediglich 46 Prozent.

Ein wesentlicher Faktor für die Beschäftigungschancen Älterer ist ebenso wie
bei anderen Altersgruppen ihre Qualifikation. Während die Erwerbstätigenquote
von älteren Beschäftigten mit Hochschulabschluss nicht weit von der Quote der
1 Bellmann/Brussig 2007.
2 Durchschnittswerte für 2009 aus Bundesagentur für Arbeit (2010): Ältere am Arbeitsmarkt.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/5235

Jüngeren entfernt ist, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit der Erwerbslosigkeit
im Alter bei niedrigem Qualifikationsstand deutlich.

Ältere Menschen sind überdurchschnittlich von Arbeitslosigkeit betroffen. Ak-
tuell liegt die Arbeitslosenquote für 55- bis unter 65-Jährige bei 9,6 Prozent
gegenüber einer Quote von 7,9 Prozent bei allen Arbeitslosen 3. Diese Quote hat
in den letzten Jahren sogar zugenommen, was allerdings auch an der Reduzie-
rung der vorruhestandsähnlichen Sonderregelungen liegt. Ältere sind durch-
schnittlich vor allem deutlich länger arbeitslos als jüngere Menschen. Im Jahres-
durchschnitt 2009 waren mehr als 40 Prozent aller über 55-jährigen Arbeitslosen
langzeitarbeitslos, das sind fast 200 000 Menschen.

Mit diesen Zahlen korrespondiert im negativen Sinne der Anteil Älterer an den
Neueinstellungen: Obwohl Ältere 20 Prozent des Erwerbspersonenpotenzials
ausmachen, sind lediglich 8,5 Prozent aller Neuangestellten älteren Semesters.
Dabei legen insbesondere Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten ausge-
sprochene Zurückhaltung an den Tag: Nur knapp 6 Prozent aller Neueingestell-
ten in diesem Betriebssegment sind älter als 50 Jahre, bei Unternehmen mit mehr
als 1 000 Beschäftigten sind es sogar nur 3 Prozent (alle Daten: IAB-Betriebs-
panel 2005).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Ältere zwar beschäftigt werden, im
Falle von Arbeitslosigkeit aber signifikant geringere Chancen auf Arbeit haben
als jüngere Mitbewerberinnen und -bewerber. Dafür sind im Wesentlichen zwei
Gründe verantwortlich. Zum einen verursachen fehlende oder veraltete Quali-
fikationen das Problem der Reintegration Älterer in den Arbeitsmarkt. Dies ist
nicht nur auf eine fehlende oder eine eher geringe formale Berufsausbildung zu-
rückzuführen, sondern auch auf den Umstand, dass gerade Geringqualifizierte
und ältere Beschäftigte nur unterdurchschnittlich an betrieblicher Weiterbildung
beteiligt werden.

Ein weiterer Faktor für die Beschäftigungschancen Älterer ist die Gestaltung al-
terns- und altersgerechter Arbeitsbedingungen. Die Arbeitsbedingungen von
vielen Beschäftigten führen zu gesundheitlichen Belastungen, die eine längere
Lebensarbeitszeit erschweren. Auf der betrieblichen Ebene sind jedoch die
Anforderungen des demografischen Wandels noch nicht in entsprechende Maß-
nahmen gemündet. Zwar haben einzelne Betriebe begonnen, Unternehmens-
und Personalstrategien zu entwickeln, die in der Einrichtung von „Diversity-“,
„Disability-“ und „Demografie-Beauftragten“ münden. Das Gros der Betriebe
sieht hierin jedoch bislang entweder keinen Mehrwert oder es fehlen die entspre-
chenden personellen bzw. finanziellen Ressourcen.

Das IAB-Betriebspanel weist für das Jahr 2008 aus, dass lediglich 7 Prozent der
Betriebe, die Ältere beschäftigen, diese auch an Weiterbildungen beteiligen. Nur
1 Prozent der weiterbildenden Betriebe bietet speziell auf Ältere zugeschnittene
Angebote an. Ähnlich schlecht sieht es bei anderen altersspezifische Personal-
maßnahmen aus: Besondere Ausstattung der Arbeitsplätze halten nur 2 Prozent
der Betriebe vor, altersgemischte Gruppen lediglich 6 Prozent. Die Altersteilzeit
spielt immer noch die größte, allerdings abnehmende Rolle in den Betrieben, sie
wird in 9 Prozent der Betriebe eingesetzt, 2002 boten dies noch 11 Prozent an.

Zum anderen bestehen große Vorbehalte gegenüber der Leistungsfähigkeit älte-
rer Beschäftigter. Ihnen gegenüber legen Personalverantwortliche eher eine De-
fizit- als eine Stärkenbetrachtung an den Tag. Arbeitswissenschaftliche Studien
belegen jedoch, dass Ältere über spezifische Kompetenzen verfügen, die wett-
bewerbsentscheidend sein können. Dazu gehören beispielsweise Erfahrungs-
wissen, Verantwortungsbewusstsein, Qualitätsbewusstsein und eine große Ent-
3 Bundesagentur für Arbeit – Monatsbericht Februar 2011.

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scheidungs- und Handlungsökonomie4. Diese Erkenntnisse haben das gesell-
schaftliche Altersbild jedoch bisher nicht geprägt. Auch der prognostizierte
wachsende Fachkräftebedarf, der absehbar eine grundlegend andere Integration
Älterer in das Erwerbsleben erforderlich macht, hat hieran noch nicht viel ge-
ändert. Zwar wächst die Bedeutung dieser Frage in der öffentlichen Debatte, auf
die betriebliche Praxis hat sich diese Erkenntnis bisher jedoch nur punktuell
niedergeschlagen.

Die vorliegenden Zahlen zeigen, dass sich die Integration Älterer in das Erwerbs-
leben nicht automatisch verbessern wird. Hierzu ist ein Bündel von Maßnahmen
notwendig, das für mehr Qualifizierung, die bessere Vermittlung älterer Arbeits-
loser, alterns- und altersgerechte Arbeitsbedingungen und betriebliche Gesund-
heitsförderung sorgt und so eine neue Kultur der Altersarbeit befördert.

4 Vergleiche dazu zum Beispiel die schriftlichen Stellungnahmen von Dr. Jürgen Pfister und Professor
Dr. Andreas Kruse zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales zum Thema

Fachkräftemangel im Deutschen Bundestag am 21. Februar 2011 (Ausschussdrucksachen 17(11)402
und 17(11)407).

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