BT-Drucksache 17/5220

Verhalten der Bundesregierung zu den Korruptionsfällen im Globalen Fonds zur Bekämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria

Vom 21. März 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5220
17. Wahlperiode 21. 03. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Ute Koczy, Thilo Hoppe, Marieluise Beck
(Bremen), Volker Beck (Köln), Viola von Cramon-Taubadel, Ulrike Höfken,
Katja Keul, Tom Koenigs, Agnes Malczak, Kerstin Müller (Köln), Omid Nouripour,
Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt, Hans-Christian
Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Verhalten der Bundesregierung zu den Korruptionsfällen im Globalen Fonds
zur Bekämpfung von HIV/AIDS, Tuberkulose und Malaria

Die Korruptionsfälle in Projekten des Globalen Fonds zur Bekämpfung von
HIV/AIDS, Tuberkulose und Malaria (GFATM) sind besorgniserregend. Vor
allem in Mali, Mauretanien und Djibouti sind Gelder des Globalen Fonds durch
Korruption verschwunden. In Mauretanien waren es etwa 70 Prozent der über-
prüften Gelder, in Mali 39 Prozent und in Djibouti 30 Prozent. Diese Vorfälle
verlangen uneingeschränkte Aufklärung und strikte Maßnahmen zur künftigen
Verhinderung solcher Fälle.

Die Reaktion des Globalen Fonds auf die Korruptionsfälle erfüllte die Kriterien,
die in einem solchen Fall an eine verantwortungsvolle internationale Entwick-
lungsorganisation gestellt werden: Die Vorfälle wurden durch interne Anti-Kor-
ruptions-Mechanismen aufgedeckt und der Globale Fonds ergriff umgehend
entsprechende Maßnahmen. So hat der Globale Fonds die Zahlungen an Mali
und Mauretanien ausgesetzt und fordert das veruntreute Geld zurück.

Der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk
Niebel, reagierte Ende Januar 2011 auf Zeitungsberichte vom 24. Januar 2011
und suspendierte die Zahlungen an den Globalen Fonds. Viele Fragen zum Ver-
halten der Bundesregierung in Bezug auf die Korruptionsfälle im GFATM sind
jedoch nach wie vor ungeklärt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung die bisherige Reaktion des GFATM auf
die Korruptionsfälle?

2. Wie hätte sich der GFATM aus Sicht der Bundesregierung verhalten müssen,
um eine Suspendierung der Gelder zu vermeiden?
3. Wie beurteilt die Bundesregierung die Untersuchungen, die der Globale
Fonds nun eingeleitet hat?

4. Warum erachtet die Bundesregierung es als nötig, eine eigene innerdeutsche
Prüfung neben der international eingeleiteten Untersuchung durchzuführen?

5. Wie wird die Bundesregierung die Untersuchung der Korruptionsvorfälle
durch eine deutsche Sonderprüfung konkret gestalten?

Drucksache 17/5220 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

a) Wie sieht der genaue Zeitplan für die Sonderprüfung aus?
b) Wer wird die Untersuchung durchführen?
c) Wie viel wird die Untersuchung kosten?
d) In welchem Verhältnis wird die Untersuchung zur internationalen Unter-

suchung stehen, und welche Unterschiede wird es zwischen den beiden
Untersuchungen geben?

e) Welche konkreten Ziele und Aufgaben gibt die Bundesregierung für die
deutsche Untersuchung vor?

f) Wie soll die Untersuchung konkret durchgeführt werden?

6. Warum betont die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Schriftliche
Frage 138 auf Bundestagsdrucksache 17/4987 mit den Worten „die Auf-
hebung des Zahlungsstopps für die Zusagen für das Jahr 2011 hängen von der
politischen Bewertung des Umfangs der beim GFATM aufgetretenen korrup-
tiven Mittelfehlverwendung ab“ die explizit politische Bewertung der Kor-
ruptionsfälle?

a) Was versteht die Bundesregierung unter einer „politischen Bewertung“
der Ergebnisse der eingeleiteten Untersuchungen?

b) Welches sind die objektiven Kriterien, die die Bundesregierung bei den
anstehenden Untersuchungen anwenden wird?

c) Welches Prüfungsergebnis würde, gemessen an diesen objektiven Kri-
terien, aus Sicht der Bundesregierung eine dauerhafte Kürzung oder Aus-
setzung der Mittel rechtfertigen?

7. Warum betont die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Schriftliche
Frage 96 auf Bundestagsdrucksache 17/4740, „die Presseberichterstattung
[vom 24. Januar 2011] und die daran anschließende öffentliche Debatte
macht es erforderlich […] die Auszahlung bis zur Klärung dieser Fragen zu
suspendieren“, wenn sie in der gleichen Antwort schreibt, „die Dimension
des Problems wurde erstmals im Bericht […] des GFATM-Generalinspektors
vom 25. November 2010 deutlich“?

a) Warum ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die Steuergelder,
welche die Bundesregierung laut der Presseveröffentlichung vom
24. Januar 2011 schützen wollte, vor dem Zeitpunkt der Presseveröffent-
lichung nicht gefährdet waren?

b) Warum hat die Bundesregierung es nicht für nötig erachtet, die Mittel zu
suspendieren, als die Dimension des Problems am 25. November 2010
klar wurde?

c) Welche neuen Erkenntnisse haben die Bundesregierung nach der Bericht-
erstattung vom 24. Januar 2011 dazu veranlasst, die Mittel zu suspen-
dieren?

d) Wie passt die Beschwerde der Parlamentarischen Staatssekretärin beim
Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung,
Gudrun Kopp, in der Sitzung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung des Deutschen Bundestages am 26. Januar
2011, vom GFATM nicht über die Korruptionsfälle informiert worden zu
sein, mit der Aussage zusammen, die Dimension der Korruptionsfälle sei
der Bundesregierung bereits am 25. November 2010 vom GFATM mitge-
teilt worden?

8. Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung „proaktiv in der
Verwaltungsratssitzung vom 13. bis zum 15. Dezember 2010 in Sofia sowie
im laufenden Kontakt danach“ ergriffen, wie sie es in ihrer Antwort auf die
Schriftliche Frage 96 auf Bundestagsdrucksache 17/4740 angibt?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5220

9. Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, dass das englische „De-
partment For International Development“ (DFID) den Globalen Fonds in
einer Studie vom März 2011 bei der Frage „value for money“ als „very
good“ einstuft (vgl. www.dfid.gov.uk/Documents/MAR/Taking_forward.
pdf. S. 8)?

10. Wie beurteilt die Bundesregierung, dass der britische Entwicklungsminister
Andrew Mitchell am 1. März 2011 angekündigt hat, die Unterstützung für
den Globalen Fonds weiter aufzustocken, da der Fonds eine „excellent track
record for delivering results“ aufweise?

11. Teilt die Bundesregierung die Meinung der Fraktion der FDP (Presseinfor-
mation Nr. 87 vom 26. Januar 2011), dass wahrscheinlich in vier Ländern
Mittel von insgesamt etwa 3 Mrd. US-Dollar veruntreut wurden?

12. Teilt die Bundesregierung die Meinung der Fraktion der FDP (Presseinfor-
mation Nr. 87 vom 26. Januar 2011), dass Deutschland dem GFATM für die
nächsten drei Jahre 600 Mio. Euro zugesagt habe?

13. Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Fraktion der FDP (Presseinfor-
mation vom 27. Februar 2011), dass die „bereits bekannt gewordenen Fälle
der Veruntreuung von Geldern nichts Gutes ahnen“ lassen, und wenn ja,
was gibt der Bundesregierung Anlass zu dieser Ahnung?

14. Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Fraktion der FDP (Presseinfor-
mation vom 27. Februar 2011), dass sich die globale Versorgung von Kran-
ken durch die Suspendierung und die mögliche Streichung der Gelder an
den GFATM in 2012 nicht verschlechtern werde, da „die entsprechenden
Gelder […] über andere Wege ihrer Bestimmung“ zukommen würden, und
wenn ja, welche „anderen Wege“ möchte die Bundesregierung hier be-
schreiten?

15. Wie beurteilt die Bundesregierung Zahlen des GFATM, wonach für den
Fall, dass Deutschland 2012 keine Gelder mehr zur Verfügung stellt, Mittel
zur Rettung von mindestens 43 000 Menschenleben fehlen werden?

Berlin, den 18. März 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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