BT-Drucksache 17/4913

Festschreiben der geringen Menge im Betäubungsmittelgesetz für Cannabisbesitz

Vom 24. Februar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4913
17. Wahlperiode 24. 02. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Frank Tempel, Dr. Martina Bunge, Jan Korte, Ulla Jelpke,
Petra Pau, Jens Petermann, Kathrin Senger-Schäfer, Raju Sharma, Kathrin Vogler,
Halina Wawzyniak, Harald Weinberg und der Fraktion DIE LINKE.

Festschreiben der geringen Menge im Betäubungsmittelgesetz
für Cannabisbesitz

Über 21 000 Menschen haben bis zum 26. Januar 2011 die Petition zur „konse-
quenten Entkriminalisierung konsumbezogener Cannabisdelikte“ unterschrie-
ben. In der Begründung zur Petition wird angeführt:

„Die Einschätzung, Cannabiskonsumenten seien in Deutschland bereits entkri-
minalisiert, ist ein Trugschluss. In Deutschland gibt es jedes Jahr circa 100 000
Strafverfahren gegen einfache Cannabiskonsumenten. Zwar werden viele Straf-
verfahren wegen des Besitzes geringer Mengen eingestellt, aber bis dahin hat
die Polizei das Cannabis beschlagnahmt und eine Strafanzeige geschrieben.
Nicht selten kommt es aber auch zu harten Strafen für rein konsumbezogene
Delikte, auch bei geringen Mengen. In einigen Bundesländern geht das Vorge-
hen gegen Cannabiskonsumenten noch darüber hinaus. Neben ihrer Diskrimi-
nierung im Straßenverkehr sind Verbraucher Hausdurchsuchungen ausgesetzt
und werden erkennungsdienstlich behandelt. Die über 3 Millionen gelegent-
lichen oder regelmäßigen Cannabiskonsumenten und über 12 Millionen Men-
schen mit Konsumerfahrung sind keine Verbrecher! Eine EMNID-Umfrage des
Deutschen Hanf Verbandes (DHV) hat im Juli dieses Jahres ergeben, dass eine
Mehrheit der Deutschen eine weitere Entkriminalisierung von Cannabiskonsu-
menten befürwortet.“

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wird die Bundesregierung eine bundeseinheitliche Spezifizierung von „ge-
ringen Mengen“ in §§ 29 Absatz 5 und 31a Betäubungsmittelgesetz (BtMG)
umsetzen?

Wenn nein, warum nicht?

2. Für welche Betäubungsmittel wurde in der Vergangenheit für den Besitz ge-
ringer Mengen von der Bestrafung bzw. Verfolgung abgesehen (gemäß
§§ 29 Absatz 5 oder 31a BtMG)?

3. Wie viele Gerichtsurteile sind der Bundesregierung bekannt, in denen von

einer Bestrafung gemäß § 29 Absatz 5 BtMG abgesehen wurde?

Wie verteilt sich dies auf die einzelnen Bundesländer im Verhältnis zu den
Urteilen, in denen von der Bestrafung nicht abgesehen wurde?

Wie beurteilt die Bundesregierung regional unterschiedliche Rechtspraxen
dazu?

Drucksache 17/4913 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Um welche Mengen von welchem Betäubungsmittel handelte es sich je-
weils?

4. Welche Vorgaben für Staatsanwaltschaften sind der Bundesregierung be-
kannt, in denen diese von einer Verfolgung gemäß § 31a BtMG abzusehen
haben?

Um welche Mengen von welchem Betäubungsmittel handelte es sich je-
weils?

Welche regionalen Unterschiede in der Praxis sind der Bundesregierung
dazu bekannt, und wie beurteilt sie diese, insbesondere auch im Hinblick
auf den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes?

Für welche Bundesländer sind keine Vorgaben bekannt?

5. Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass auch der Anbau von
Hanfpflanzen entkriminalisiert wird, bspw. nach dem Vorbild von Anbau-
vereinen wie sie in Spanien existieren?

Wenn nein, warum nicht?

6. Wird sich die Bundesregierung für einen Grenzwert von Tetrahydrocanna-
binol (THC) für den Straßenverkehr, analog zur Alkoholkontrolle, einset-
zen, welcher wissenschaftlich nachvollziehbar ist?

Wenn nein, warum nicht?

7. Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass im Zuge der Ermitt-
lung zum Besitz und Anbau kleiner Cannabismengen zum Eigenverbrauch
von schweren Grundrechtseingriffen wie Hausdurchsuchungen und der er-
kennungsdienstlichen Behandlung abgesehen wird?

Wenn nein, warum nicht?

8. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass sich der überwiegende
Teil der polizeilichen Ermittlungsarbeit gegen Cannabiskonsumenten und
nicht gegen Händler richtet?

Wenn nein, warum nicht, und welche Zahlen untermauern diese Einschät-
zung?

Hält die Bundesregierung das Vorgehen der Polizei für sinnvoll, und geht
die Polizei bei der Verfolgung von BtMG-Verstößen mit anderen Substan-
zen genauso vor?

9. Ist die Bundesregierung der Meinung, dass Cannabiskonsumenten in
Deutschland entkriminalisiert sind?

Wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang Hausdurch-
suchungen und erkennungsdienstliche Behandlungen sowie stattfindende
Gerichtsprozesse und Verurteilungen, jeweils aufgrund des Besitzes gerin-
ger Mengen Cannabis?

10. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass diejenigen, die Hanfpflan-
zen in geringen Mengen für den eigenen Bedarf anbauen, diese dem
Schwarzmarktumsatz entziehen und damit kriminellen Strukturen scha-
den?

Berlin, den 24. Februar 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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