BT-Drucksache 17/4532

Deutschland braucht dringend eine kohärente Strategie für die zivile Krisenprävention

Vom 25. Januar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4532
17. Wahlperiode 25. 01. 2011

Antrag
der Abgeordneten Edelgard Bulmahn, Lothar Binding (Heidelberg), Klaus
Brandner, Dr. h. c. Gernot Erler, Petra Ernstberger, Dagmar Freitag, Iris Gleicke,
Günter Gloser, Dr. Barbara Hendricks, Hans-Ulrich Klose, Dr. Bärbel Kofler,
Ute Kumpf, Burkhard Lischka, Dr. Rolf Mützenich, Thomas Oppermann, Johannes
Pflug, Dr. Sascha Raabe, Karin Roth (Esslingen), Frank Schwabe, Franz Thönnes,
Wolfgang Tiefensee, Heidemarie Wieczorek-Zeul, Uta Zapf, Manfred Zöllmer,
Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Deutschland braucht dringend eine kohärente Strategie für die zivile
Krisenprävention

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Krieg und militärische Auseinandersetzungen wurden in der Vergangenheit
durch Grenzkonflikte, Hegemonialansprüche, widerstreitende Wirtschafts-
interessen oder durch ethnopolitische und religiös aufgeheizte Konflikte aus-
gelöst. Staatszerfall und Entstaatlichung von Gewalt durch asymmetrische
Konflikte, Genozid und Massenvertreibungen, Terrorismus, organisierte
Kriminalität, Hunger, Migration und Verteilungskonflikte um Ressourcen
sind hinzugekommen. Vor diesem Hintergrund haben sich auch die Anforde-
rungen an das internationale Krisenmanagement verändert. Keine der ge-
nannten Konfliktursachen kann mit militärischen Mitteln beseitigt werden.
Zur erfolgreichen Prävention von bewaffneten Gewaltkonflikten sind zivile
Ansätze zwingend. Zivile Prävention hat in den zurückliegenden Jahren
weltweit an Bedeutung gewonnen. Sie ist ein wesentliches Handlungsfeld
deutscher und europäischer Außen- und Friedenspolitik. Das Ziel ziviler
Krisenprävention und Konfliktbearbeitung ist es, unter allen Umständen zu
vermeiden, dass Konflikte gewaltsam ausgetragen werden. Sie unterstützt
Formen des friedlichen Miteinanders und die Suche nach gewaltfreien Aus-
wegen aus Konflikten. Sie versucht, die Konfliktbeziehungen so zu beein-
flussen, dass ein gewaltfreies Miteinander erreicht wird. Gleichzeitig sollen
Anreize zur Anwendung von Gewalt verringert werden. Zivile Krisenprä-
vention baut auf einem breit angelegten Konzept auf und begegnet den kom-
plexen Ursachen für die Entstehung und Entfaltung einer Krise mit differen-
zierten und maßgeschneiderten Ansätzen.
2. Mit der Gründung der Deutschen Stiftung Friedensforschung im Jahr 2000
und dem Aktionsplan „Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und
Friedenskonsolidierung“ aus dem Jahr 2004 wurde der zivilen Krisenpräven-
tion und dem zivilen Krisenmanagement eine zentrale Rolle in der Außen-,
Sicherheits- und Entwicklungspolitik der Bundesrepublik Deutschland zuge-
wiesen. Der Aktionsplan hat eine Vielzahl wichtiger Maßnahmen entwickelt
und entscheidende Impulse gesetzt. Er hat dazu geführt, dass Deutschland bei

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der Entwicklung und Verbreitung ziviler Maßnahmen eine Führungsposition
in Europa und weltweit eingenommen hat. Insbesondere beim Aufbau einer
Infrastruktur für die zivile Krisenprävention gehörte Deutschland zu den Vor-
reitern. Dafür stehen vor allem das Zentrum für Internationale Friedensein-
sätze (ZIF), der Zivile Friedensdienst (ZFD), die krisenpräventive Ausrich-
tung der Entwicklungszusammenarbeit, die Förderung zivilgesellschaftlicher
Projekte durch das Programm „zivik“ und die Gruppe Friedensentwicklung
(FriEnt).

Die zunächst zu beobachtende Dynamik ist jedoch in den vergangenen
Jahren abgeflacht. Die zivile Krisenprävention nimmt in der Arbeit der der-
zeitigen Bundesregierung keine ausreichend gewichtige Rolle mehr ein.
Dies führt dazu, dass Deutschlands Ansehen als ernstzunehmender Partner
in diesem Themenfeld zunehmend schwindet.

3. Die Prävention von Gewaltkonflikten, die zivile Konfliktbearbeitung und die
Stärkung struktureller Friedensgrundlagen müssen prioritäre Mittel deut-
scher Außenpolitik bleiben. Der Aktionsplan war und ist dabei ein wichtiger
Meilenstein. Die Bundesregierung macht mit dem dritten Umsetzungsbericht
zum Aktionsplan jedoch deutlich, dass sie nicht in der Lage ist, auf der
Grundlage der bisherigen Erfolge eine weiterführende deutsche Strategie für
die zivile Krisenprävention und die Konfliktbearbeitung zu entwickeln. Mit
den für den Bundeshaushalt 2011 beschlossenen Kürzungen wird die dies-
bezügliche Handlungsfähigkeit Deutschlands im Gegenteil sogar einge-
schränkt. Mehr als 80 Mio. Euro sind im Haushalt 2011 in der Titelgruppe
„Maßnahmen und Leistungen zur Sicherung von Frieden und Stabilität, ein-
schließlich humanitärer Hilfsmaßnahmen“ des Auswärtigen Amts gestrichen
worden. Im Bereich Krisenprävention, Friedenssicherung und Konflikt-
bewältigung sind 38 Mio. Euro, ein Drittel der bisherigen Mittel, dem Spar-
paket zum Opfer gefallen. Diese drastischen Kürzungen der Haushaltsmittel
werden nicht nur die Arbeits- und Aufbauleistung der Organisationen ver-
schlechtern, sondern auch der international gewonnenen friedenspolitischen
Reputation Deutschlands noch schwereren Schaden zufügen. Deutschlands
Position als eine bislang starke Stimme auf dem Feld der internationalen
Krisenprävention und als anerkannter Vorreiter wird durch die geplanten Ein-
schnitte erheblich geschwächt.

4. Der Aktionsplan hat die zivile Konfliktbearbeitung als Kernbereich deut-
scher Außen-, Sicherheits- und Friedenspolitik etabliert. Er hat erstmals in
umfassender Weise dringend notwendige Handlungsfelder im Bereich der
zivilen Krisenprävention aufgezeigt und das Spektrum präventionspoliti-
scher Ansätze dargelegt, ohne daraus jedoch eine kohärente Strategie zu ent-
wickeln. Strategische und kohärente Ziele sowie an ihnen ausgerichtete
Handlungsfelder sind jedoch für eine wirksame und dauerhafte Krisen-
bewältigung Voraussetzung. Beides bedarf der koordinierten Zusammen-
arbeit der vielen beteiligten staatlichen und nichtstaatlichen, nationalen und
internationalen Akteure.

Nach der Verabschiedung des Aktionsplanes war zunächst eine wesentliche
Aufgabe, geeignete Strukturen und Institutionen ziviler Krisenprävention zu
schaffen und diese nach einer entsprechenden Zeit zu evaluieren. Im Be-
wusstsein deutscher Interessen in und an Friedensoperationen kommt es
jetzt darauf an, auf der Grundlage der seit 2004 gewonnenen und auszuwer-
tenden Erfahrungen den Aktionsplan zu einer kohärenten „Strategie Zivile
Krisenprävention“ weiterzuentwickeln. Aus dieser Strategie heraus müssen
dann die konkreten Handlungsfelder abgeleitet werden.

5. Eine „Strategie Zivile Krisenprävention“ erfüllt den Zweck, den Stellenwert,

die Ausrichtung und die Prioritäten der zivilen Krisenpräventionspolitik für
Deutschland zu bestimmen, um ausgehend von den strategischen Vorgaben

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konkrete Handlungsfelder, Maßnahmen und Projekte abzuleiten. Angesichts
der Bedeutung ihres praktischen Zusammenwirkens sollten staatliche und
nichtstaatliche Akteure der Krisenprävention an der Erarbeitung einer sol-
chen Strategie mitwirken. Analog dem Prozess auf europäischer Ebene gilt
es, unter Berücksichtigung der Erfahrungen der vergangenen Jahre sowie der
Bereitstellung erforderlicher Ressourcen und Fähigkeiten, konkrete zivile
Planziele aus deutscher Sicht zu formulieren und dabei die zivilen und krisen-
präventiven Zielsetzungen kurz und prägnant zu beschreiben. Zusätzlich be-
darf es eines Evaluierungskonzeptes, um Fortschritte und Erfolge zu messen
und dadurch Erkenntnisse für die Weiterentwicklung der zivilen Krisenprä-
vention zu gewinnen und ihre politische und gesellschaftliche Akzeptanz zu
erhöhen.

6. Die mit dem Aktionsplan beabsichtigte Ressortabstimmung, insbesondere
ein verbesserter Informationsaustausch innerhalb der Bundesregierung, ist vor
allem in den vorangegangenen Legislaturperioden weitestgehend gelungen.
Jedoch sind die Vernetzung und Koordination der Maßnahmen sowie die Ver-
ständigung über Prioritätensetzungen noch unzureichend. Dem beim Aus-
wärtigen Amt angesiedelten Ressortkreis fehlt das politische Gewicht und die
entsprechende direkte Anbindung an die politische Leitung innerhalb der
Bundesministerien, um seine Wirkung auf die Förderung der zivilen Krisen-
prävention als ressortübergreifende Querschnittsaufgabe vollständig entfal-
ten zu können. Der zivilgesellschaftliche Beirat, eine wichtige Schnittstelle
für die Abstimmung zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren,
kann auch aus diesen Gründen seine Möglichkeiten nicht voll ausschöpfen.

Um dem Stellenwert ziviler Krisenprävention und deren wachsender
Bedeutung gerecht zu werden und der Arbeit des Ressortkreises ein deutlich
höheres politisches Gewicht zu geben, sollte die Ressortkoordinierung der
Bundesregierung künftig über einen Staatssekretärsausschuss geleistet wer-
den.

7. Eine „Strategie Zivile Krisenprävention“ muss auch den Begriff der vernetz-
ten Sicherheit präziser definieren und das Verhältnis zwischen zivilen und
militärischen Zielen und Instrumenten beschreiben. Das schließt ein, die
Eigenständigkeit humanitärer Hilfsorganisationen ausdrücklich anzuerkennen
und nicht zu versuchen, humanitäre Hilfe und militärische Einsätze miteinan-
der zu vermischen. Dies schmälert nicht nur den Wirkungskreis humanitärer
Hilfe, es wirft auch politische und rechtliche Fragen auf und untergräbt deren
weltweit anerkannte Reputation.

8. Wenn der zivilen Krisenprävention eine prioritäre Rolle in der deutschen
Außenpolitik zugeschrieben wird, so muss sich dies auch in der finanziellen
Ausstattung niederschlagen. Das derzeitige dramatische Ungleichgewicht zu
Ungunsten der zivilen Krisenprävention muss aufgehoben werden.

9. Für erfolgreiche Maßnahmen der zivilen Krisenprävention ist ein effektives
System der Frühwarnung enorm wichtig, welches spezifische Informationen
verarbeitet und für politische Entscheidungsprozesse aufbereitet. Frühwar-
nung ist aber nur dann erfolgreich, wenn die Befunde in rechtzeitiges politi-
sches Handeln übersetzt werden. Bisher verfügt Deutschland noch nicht
über ein gut funktionierendes Frühwarnsystem. Deshalb ist dringend eine
bessere Vernetzung der jeweiligen Instrumente in den einzelnen Politikres-
sorts und eine Einbindung unabhängiger nichtstaatlicher Organisationen und
Institutionen zu erreichen. Der Ressortkreis muss frühzeitig einen Informa-
tionsaustausch sicherstellen und darüber hinaus unter Einbeziehung der
Empfehlungen des Beirates „Zivile Krisenprävention“ eine abgestimmte und
kohärente Strategie für spezifische Konflikte entwickeln.

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10. Bei der Entsendung berufserfahrener Fachkräfte für Einsätze im Ausland
sind aktuell Defizite festzustellen. Hier fehlt es sowohl an persönlicher Be-
reitschaft wie auch an geeigneten Anreiz- und Anerkennungsstrukturen.
Darüber hinaus besteht bei der Personalentsendung ein Mangel an Polizei-
kräften mit speziellen fachlichen Kenntnissen. Deren Aufgaben – insbeson-
dere im Bereich der Ausbildung – können aufgrund der unterschiedlichen
Ansätze nicht von der Bundeswehr übernommen werden.

Auslandseinsätze, insbesondere in Krisenregionen, sind oft mit besonderen
Belastungen und Risiken verbunden. Solche Einsätze zivilen Personals in
Krisengebieten sollten deshalb, besonders wenn es sich um Beschäftigte
des öffentlichen Dienstes handelt, durch materielle Anreize unterstützt
werden.

11. Die vielfältigen Erfahrungen von Friedensmissionen der Vereinten Natio-
nen und der Europäischen Union machen deutlich, wie wichtig eine kohä-
rente Strategie der Krisenprävention und der Konfliktbearbeitung gerade
auch auf der europäischen Ebene ist. Die neuen europäischen Strukturen
weisen den Mitgliedstaaten weiterhin eine wichtige Rolle in der zivilen
Krisenprävention zu. Deutschland muss diese Rolle angemessen ausfüllen
und vor dem Hintergrund konkreter und klarer Zielsetzungen einen ent-
scheidenden Beitrag leisten.

12. Die NATO als militärisches Bündnis ist zunehmend auch im zivilen Krisen-
management engagiert. Deshalb muss sie ihre Strategie den neuen sicher-
heitspolitischen Herausforderungen anpassen und ein politisches Konzept
präventiver, umfassender Sicherheitspolitik berücksichtigen und umsetzen.
Der Aufbau ziviler Kapazitäten im NATO-Kontext muss sich dabei immer
zusätzlich und nicht zu Lasten der Verfügbarkeit von geeigneten Fachkräf-
ten insgesamt vollziehen. Deshalb muss das Militärbündnis die bereits vor-
handenen umfangreichen zivilen und politischen Instrumente der Vereinten
Nationen (UN), der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in
Europa (OSZE) und der Europäischen Union (EU) stärker in seine Planungs-
überlegungen einbeziehen. Die operativen Fähigkeiten müssen nach dem
Konzept der umfassenden Sicherheit ohne Doppelungen mit anderen inter-
nationalen und regionalen Organisationen entwickelt werden.

Gerade in konkreten Friedensmissionen vor Ort ist ein Mit- und Neben-
einander vormals klar getrennter Bereiche des militärischen, zivilen und
entwicklungspolitischen Handelns bereits vorzufinden. Die internationale
Debatte um eine vernetzte Sicherheit und eine zivil-militärische Zusam-
menarbeit sollte von deutschen Akteuren aktiv mitverfolgt und vor allem
mitgestaltet werden. Dabei sollte insbesondere Wert auf ein gemeinschaft-
liches Vorgehen gelegt und darauf gedrungen werden, das die hierfür erfor-
derlichen Strukturen wie auch Ressourcen auf europäischer wie nationaler
Ebene zur Verfügung stehen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. im Rahmen eines transparenten und offenen Prozesses, aufbauend auf den
Erfahrungen des Aktionsplanes „Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbei-
tung und Friedenskonsolidierung“ sowie unter Einbeziehung unterschied-
licher staatlicher wie nichtstaatlicher Akteure und Institutionen, eine kohä-
rente deutsche „Strategie Zivile Krisenprävention“ zu erarbeiten und über
den Fortschritt dem Bundestag regelmäßig Bericht zu erstatten;

2. zur Überprüfung der nationalen Zielsetzungen und Maßnahmen der zivilen
Krisenprävention, der Konfliktbearbeitung und der Friedenskonsolidierung

eine unabhängige wissenschaftliche Evaluierung durchzuführen und dem
Parlament zur Kenntnis zu bringen;

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3. die Berichterstattung über die Umsetzung der Ziele und Maßnahmen im
Bereich der zivilen Krisenprävention entsprechend den Vorschlägen des
Unterausschusses Zivile Krisenprävention und vernetzte Sicherheit zu er-
neuern, sie auf Schwerpunktthemen zu konzentrieren und um einen strate-
gischen Ausblick zu ergänzen:

● der Umsetzungsbericht zum Aktionsplan erscheint nur noch alle vier
Jahre und soll die außen- und sicherheitspolitischen Zielsetzungen der
Bundesregierung, ihre strategischen Überlegungen und die damit ver-
bundenen Maßnahmen enthalten, damit das Parlament in der Lage ist,
langfristige Entwicklungen nachzuvollziehen,

● in den drei dazwischen liegenden Jahren werden Zwischenberichte zu
Schwerpunktthemen erstellt, damit politische Zielsetzungen deutlicher
sichtbar werden,

● die in den jeweiligen Zwischenberichten aufzugreifenden Themen werden
zwischen dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung vereinbart,
dabei muss auch der Unterausschuss Zivile Krisenprävention und ver-
netzte Sicherheit das Recht haben, Schwerpunktthemen zu benennen,

● der Beirat „Zivile Krisenprävention“ muss vor der Veröffentlichung der
Berichte die Möglichkeit zu einer Stellungnahme erhalten, die dann ge-
meinsam mit dem jeweiligen Bericht veröffentlicht wird;

4. die personellen und finanziellen Ressourcen für zivile Maßnahmen zu ver-
stetigen, mittelfristig auszubauen und von den für das Haushaltsjahr 2011
vorgesehenen Kürzungen abzusehen, um so die nationalen Ziele dauerhaft
und mit einer auf Kontinuität ausgerichteten Perspektive umsetzen zu kön-
nen;

5. dafür Sorge zu tragen, dass Deutschland seiner Verantwortung für die Ärms-
ten gerecht wird und die zivile Krisenprävention stärkt, indem die Politik
konsequent auf die Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele (MDG)
ausgerichtet wird und Vorschläge zur Ergänzung des Zwölf-Punkte-Aktions-
plans der EU vorgelegt werden;

6. zur verbesserten und effektiveren Ressortkoordinierung der Maßnahmen der
zivilen Krisenprävention einen Staatssekretärsausschuss einzurichten und
diesen mit umfangreichen Steuerungskompetenzen, eigenen Finanzierungs-
instrumenten und einer entsprechend ausgebauten personellen und finanziel-
len Infrastruktur auszustatten;

7. die Kommunikationsstrategie des Ressortkreises bzw. des einzurichtenden
Staatssekretärsausschusses erheblich zu verbessern, den Dialog mit Wissen-
schaft und Zivilgesellschaft über Fragen der zivilen Krisenprävention zu
verstärken sowie dabei den Beirat „Zivile Krisenprävention“ stärker einzube-
ziehen und ihm eine aktive Rolle in einer solchen Kommunikationsstrategie
einzuräumen;

8. innerhalb der Bundesregierung hinsichtlich aller Aspekte der Krisenpräven-
tion und der Konfliktbearbeitung einen gemeinsamen Abstimmungsmodus
zu entwickeln, um somit die Schaffung einer ressortübergreifenden Struktur
von Early Warning, Early Action, von Lage- und Wirksamkeitsanalysen und
anderen Aufgaben sowie damit verbundenen ressortübergreifenden Budget-
festlegungen zu gewährleisten;

9. für zentrale Schwerpunktthemen ziviler Krisenprävention (z. B. Ausbil-
dung, Sicherheitssektorreform etc.) sowie für Schwerpunktländer deutscher
Präventions- und Entwicklungspolitik spezielle Task Forces einzurichten
und dabei alle relevanten staatlichen und nichtstaatlichen Akteure zu be-
teiligen;

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10. die personellen Möglichkeiten zu schaffen, damit zur Sicherung eines aus-
reichenden Personalpools für internationale Polizeieinsätze künftig die
Bundespolizei noch stärker einbezogen werden kann;

11. gemeinsam mit den Bundesländern stärker zusätzliche Anreize zu schaffen,
um Fachkräfte des öffentlichen Dienstes aus Justiz, Verwaltung, Polizei
und anderen Bereichen zu bestärken, für begrenzte Zeit an internationalen
Friedensmissionen im Ausland teilzunehmen;

12. die Aus- und Fortbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den
Bundesministerin, den Auslandsvertretungen, in internationalen Organisa-
tionen und den Umsetzungsorganisationen mit Blick auf die zivile Krisen-
prävention zu verbessern und entsprechende Aus- und Weiterbildungs-
module für den diplomatischen Dienst zu entwickeln;

13. einen nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Sicherheitsratsreso-
lution 1325 (2000) zur Beteiligung von Frauen an der Konfliktprävention
und Konfliktbearbeitung zu erarbeiten;

14. sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass es trotz unterschied-
licher Zuständigkeiten zwischen Europäischem Rat, Europäischer Kom-
mission, dem Europäischen Parlament und der Hohen Vertreterin zu einer
kohärenten europäischen Strategie der Krisenprävention und der Konflikt-
bearbeitung kommt;

15. dafür Sorge zu tragen, dass es auf Ebene der Europäischen Kommission
eine enge Verzahnung von Krisenmanagement und vorgelagerten Maß-
nahmen der Krisenprävention, insbesondere der Entwicklungszusammen-
arbeit gibt;

16. sich bei der konkreten Umsetzung der Ausgestaltung des Europäischen
Auswärtigen Dienstes dafür einzusetzen, dass dieser Zuständigkeiten für
möglichst alle Bereiche des Krisenmanagements erhält und mit den ent-
sprechend notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen dafür aus-
gestattet wird;

17. dafür Sorge zu tragen, dass es bei einer Berücksichtigung von zivilen
Planungsfähigkeiten im neuen Strategischen Konzept der NATO nicht zu
einer Doppelung bereits bestehender Strukturen auf Ebene der Europäi-
schen Union oder der Vereinten Nationen kommt.

Berlin, den 25. Januar 2011

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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