BT-Drucksache 17/3233

zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates -Drucksache 17/1215- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes

Vom 6. Oktober 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/3233
17. Wahlperiode 06. 10. 2010

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

Gesetzentwurf des Bundesrates
– Drucksache 17/1215 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafrechtlichen
Rehabilitierungsgesetzes

A. Problem

Seit dem 1. September 2007 erhalten Opfer der politischen Verfolgung in der
ehemaligen SBZ/DDR eine monatliche Zuwendung in Höhe von bis zu 250 Euro,
wenn sie eine mit den wesentlichen Grundsätzen der freiheitlichen rechtsstaat-
lichen Ordnung unvereinbare Freiheitsentziehung von insgesamt mindestens
sechs Monaten erlitten haben und in ihrer wirtschaftlichen Lage beeinträchtigt
sind.

Beim Vollzug des Gesetzes hat sich nach Ansicht des Bundesrates Änderungs-
und Klarstellungsbedarf insbesondere hinsichtlich der einheitlichen Festsetzung
der Mindesthaftzeit und der Einkommensermittlung ergeben. Unter anderem
soll ausgezahltes Kindergeld nicht als Einkommen der Antragsteller berücksich-
tigt werden. Ferner sollen für das Verfahren der Auszahlung der besonderen Zu-
wendung nach § 17a des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (StrRehaG)
künftig die Regelungen des Ersten und Zehnten Buches Sozialgesetzbuch ange-
wandt werden. Darüberhinaus sollen Personen, die wegen schwerer, außerhalb
des Rehabilitierungszusammenhanges begangener Straftaten verurteilt worden
sind, von einer lebenslange Zuwendung ausgeschlossen werden.

B. Lösung

Annahme des Gesetzentwurfs mit Änderungen. Mit diesen wird insbesondere
klargestellt, dass auch die Unterbringung in einem Heim für Kinder oder
Jugendliche auf Anordnung die Rechtsfolgen des Strafrechtlichen Rehabilitie-
rungsgesetzes auslösen können. Die Antragsfristen sollen einheitlich im Straf-

rechtlichen, Verwaltungsrechtlichen und Beruflichen Rehabilitierungsgesetz bis
zum 31. Dezember 2019 verlängert werden. Eine Härtefallregelung soll auch auf
die besondere Zuwendung nach § 17a StrRehaG Anwendung finden. Der im
Gesetzentwurf vorgesehene Anspruch auf unbeschränkte Auskunft aller be-
willigenden Behörden gegenüber dem Bundeszentralregister soll – da system-
widrig – gestrichen werden.

Einstimmige Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung.

Drucksache 17/3233 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

C. Alternativen

Ablehnung des Gesetzentwurfs.

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/3233

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/1215 mit folgenden Maßgaben, im Übri-
gen unverändert anzunehmen:

1. Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

„Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungsrechtli-
cher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen
DDR“.

2. Artikel 1 wird wie folgt gefasst:

‚Artikel 1
Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes

Das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz in der Fassung der Bekanntma-
chung vom 17. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2664), das zuletzt durch Artikel 5
des Gesetzes vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2904) geändert worden ist,
wird wie folgt geändert:

1. In § 2 Absatz 1 Satz 2 werden nach dem Wort „Anstalt“ die Wörter „sowie
eine Anordnung einer Unterbringung in einem Heim für Kinder oder
Jugendliche“ eingefügt.

2. In § 7 Absatz 1 wird die Angabe „2011“ durch die Angabe „2019“ ersetzt.

3. In § 17 Absatz 4 Satz 1 wird die Angabe „2011“ durch die Angabe „2019“
ersetzt.

4. § 17a wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Satz 1 werden die Wörter „sechs Monaten“ durch die An-
gabe „180 Tagen“ ersetzt.

b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aa) In Satz 1 werden die Wörter „in Satz 3“ durch die Wörter „in den
Sätzen 7 bis 9“ ersetzt.

bb) In Satz 2 werden nach der Angabe 㤠82 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2
des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch“ die Wörter „in Verbin-
dung mit der Verordnung zur Durchführung des § 82 des Zwölften
Buches Sozialgesetzbuch“ und nach dem Wort „Leistungen“ die
Wörter „und Kindergeld“ eingefügt.

cc) Nach Satz 2 werden folgende Sätze eingefügt:

„Neben den in § 82 Absatz 2 des Zwölften Buches Sozialgesetz-
buch genannten Beträgen sind die angemessenen Beiträge zur be-
trieblichen Altersvorsorge vom Einkommen abzuziehen. Soweit

1. die Einkünfte als Jahreseinkünfte berechnet werden oder

2. bei laufenden monatlichen Einnahmen zu erwarten ist, dass
diese in unterschiedlicher Höhe zufließen,

kann das Einkommen vorläufig festgesetzt werden und ist jeweils
nachträglich endgültig festzustellen. Das bei der vorläufigen Ent-
scheidung berücksichtigte Einkommen ist bei der abschließenden
Entscheidung als Einkommen zu Grunde zu legen, wenn das tat-

sächliche durchschnittliche monatliche Einkommen des Kalender-
jahres das bei der vorläufigen Entscheidung zu Grunde gelegte Ein-

Drucksache 17/3233 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

kommen um nicht mehr als 5 Euro monatlich übersteigt. § 11
Absatz 2 der Verordnung zur Durchführung des § 82 des Zwölften
Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.“

dd) Die folgenden Sätze werden angefügt:

„Für jedes Kind, für das der Berechtigte einen Kindergeldanspruch
nach dem Einkommensteuer- oder Bundeskindergeldgesetz hat,
wird die Einkommensgrenze um das Einfache des Eckregelsatzes
nach § 28 Absatz 2 in Verbindung mit § 40 des Zwölften Buches
Sozialgesetzbuch erhöht. Dies gilt unabhängig davon, ob für das
Kind Unterhalts- oder sonstige Sozialleistungsansprüche be-
stehen.“

c) In Absatz 3 werden nach den Wörtern „in Höhe des“ die Wörter „auf
volle Euro aufgerundeten“ eingefügt.

d) Dem Absatz 4 werden die folgenden Sätze angefügt:

„Turnusmäßige und anlassunabhängige Einkommensüberprüfungen
finden nicht statt. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches Sozialge-
setzbuch gilt entsprechend.“

e) Die folgenden Absätze 6 und 7 werden angefügt:

„(6) Das Erste und das Zehnte Buch Sozialgesetzbuch finden ent-
sprechende Anwendung, soweit nicht dieses Gesetz etwas anderes be-
stimmt.

(7) Die besondere Zuwendung für Haftopfer wird Personen nicht ge-
währt, gegen die eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren wegen
einer vorsätzlichen Straftat rechtskräftig verhängt worden ist, sofern
die Entscheidung in einer Auskunft aus dem Zentralregister enthalten
ist.“

5. § 18 Absatz 1wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 werden die Wörter „sechs Monate“ durch die Angabe
„180 Tage“ ersetzt.

b) Nach Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:

„Das gilt nicht für Berechtigte, denen in Härtefällen nach § 19 eine be-
sondere Zuwendung nach § 17a gewährt wird.“

6. In § 19 werden nach dem Wort „Kapitalentschädigung“ die Wörter „oder
keine besondere Zuwendung“ eingefügt.

7. In § 25 Absatz 2 Satz 3 wird die Angabe „2011“ durch die Angabe „2019“
ersetzt.‘

3. Artikel 2 wird wie folgt gefasst:

‚Artikel 2
Änderung des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes

In § 9 Absatz 3 Satz 1 des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgeset-
zes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Juli 1997 (BGBl. I S. 1620),
das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 25. Juni 2009 (BGBl. I S. 1580)
geändert worden ist, wird die Angabe „2011“ durch die Angabe „2019“ er-
setzt.‘
4. Artikel 3 wird Artikel 5.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/3233

5. Nach Artikel 2 werden die folgenden Artikel 3 und 4 eingefügt:

‚Artikel 3
Änderung des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes

Das Berufliche Rehabilitierungsgesetz in der Fassung der Bekannt-
machung vom 1. Juli 1997 (BGBl. I S. 1625), das zuletzt durch Artikel 3 des
Gesetzes vom 21. August 2007 (BGBl. I S. 2118) geändert worden ist, wird
wie folgt geändert:

1. In § 20 Absatz 2 Satz 1 wird die Angabe „2011“ durch die Angabe „2019“
ersetzt.

2. In § 23 Satz 1 wird die Angabe „2012“ durch die Angabe „2020“ ersetzt.

Artikel 4
Änderung des Bundeszentralregistergesetzes

In § 64b Absatz 1 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes in der Fassung
der Bekanntmachung vom 21. September 1984 (BGBl. I S. 1229; 1985 I
S. 195), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 2 des Gesetzes vom 14. August
2009 (BGBl. I S. 2827) geändert worden ist, wird die Angabe „2012“ durch
die Angabe „2020“ ersetzt.‘

Berlin, den 6. Oktober 2010

Der Rechtsausschuss

Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen)
Vorsitzender

Andrea Astrid Voßhoff
Berichterstatterin

Jörg van Essen
Berichterstatter

Sonja Steffen
Berichterstatterin

Halina Wawzyniak
Berichterstatterin

Jerzy Montag
Berichterstatter

dingter Folgeschäden heranzutreten. Die Länder seien in die- erst kurzfristig vor der Sitzung den Mitgliedern des Rechts-

ser Frage zuständig.

Gegen die von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
geforderte Entfristung weise sie darauf hin, dass die nun-
mehr vorgesehenen Fristen – Ende 2019 und damit fast

ausschusses zugegangen. Sie missbillige dieses Vorgehen
der Koalitionsfraktionen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßte, dass
der Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung
Drucksache 17/3233 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Andrea Astrid Voßhoff, Jörg van Essen, Sonja Steffen,
Halina Wawzyniak und Jerzy Montag

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
17/1215 in seiner 49. Sitzung am 17. Juni 2010 beraten und
an den Rechtsausschuss zur federführenden Beratung, an
den Innenausschuss sowie den Ausschuss für Familie, Se-
nioren, Frauen und Jugend und den Ausschuss für Kultur
und Medien zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Innenausschuss hat die Vorlage auf Drucksache
17/1215 in seiner 22. Sitzung am 6. Oktober 2010 beraten
und einstimmig die Annahme des Gesetzentwurfs empfoh-
len.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
(21. Sitzung) und der Ausschuss für Kultur und Medien
(22. Sitzung) haben die Vorlage auf Drucksache 17/1215 am
6. Oktober 2010 beraten und einstimmig die Annahme des
Gesetzentwurfs mit Änderungen empfohlen. Zuvor hatte der
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend den
der Beschlussempfehlung zugrunde liegenden Änderungs-
antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP einstimmig
angenommen.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 20. Sitzung
am 7. Juli 2010 anberaten und die Durchführung eines er-
weiterten Berichterstattergesprächs beschlossen, das am
29. September 2010 stattfand. Er hat den Gesetzentwurf in
seiner 23. Sitzung am 6. Oktober 2010 abschließend beraten
und einstimmig die Annahme des Gesetzentwurfs in der
Fassung der Beschlussempfehlung empfohlen. Zuvor hatte
er einstimmig den der Beschlussempfehlung zugrunde lie-
genden Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP angenommen.

Die Fraktion der CDU/CSU zeigte sich erfreut, dass alle
Fraktionen im Ausschuss die von den Regierungsfraktionen
vorgeschlagenen Änderungen befürworteten. Es handele
sich mit den vorliegenden Änderungen um einen ausgereif-
ten Gesetzentwurf, der entscheidungsreif sei. Zu den weiter-
gehenden Forderungen der Opposition sei zu bedenken, dass
kein Entschädigungsrecht das Unrecht der SED-Diktatur
vollständig wieder gutmachen könne. Sie forderte zudem
die Fraktion der SPD auf, an diejenigen Länder, in denen ihre
Partei an der Regierung beteiligt sei, mit der Forderung nach
der Einrichtung einer Zentralstelle für die Bewertung haftbe-

Länder, die die entsprechenden administrativen Institutionen
und Einrichtungen vorhalten müssten, Planungssicherheit.

Sie wies die Vorwürfe der Fraktion DIE LINKE., der Ab-
schluss sei übereilt herbeigeführt worden, zurück. Es habe
nach dem erweiterten noch ein zweites Berichterstatterge-
spräch unter Beteiligung des Bundesministeriums der Justiz
auf der Grundlage eines Änderungsantrages gegeben. Insge-
samt handele es sich um eine überschaubare Materie. Das
Verfahren sei insgesamt sehr geordnet verlaufen und die
Opposition habe genug Zeit gehabt, sich mit den Themen
auseinanderzusetzen.

Die Fraktion der SPD erklärte, sie hätte einen späteren Ab-
schluss der Beratung des Gesetzentwurfs gewünscht. Auch
sie begrüße die von der Koalition vorgeschlagenen Änderun-
gen an dem Gesetzentwurf. Aufgrund der unnötigen Eile sei-
en allerdings einige Änderungen nicht ausgereift und wür-
den in der Praxis zu Problemen führen. Dies betreffe
beispielsweise die Frage des unbeschränkten Auskunfts-
rechts der bewilligenden Behörde gegenüber dem Bun-
deszentralregister, insbesondere wenn die bewilligende Be-
hörde wie in Mecklenburg-Vorpommern eine oberste
Landesbehörde sei. Durch die unterschiedlichen Zuständig-
keiten in den Ländern würde das Auskunftsrecht in der Pra-
xis unterschiedlich gehandhabt werden, was viele Probleme
nach sich ziehen könne. Ferner unterschieden sich die be-
günstigten Personenkreise in den drei verschiedenen Rehabi-
litierungsgesetzen ohne nachvollziehbare Begründung.
Wünschenswert wäre auch die Einrichtung einer zentralen
Stelle zur Bewertung haftbedingter Folgeschäden, um unter-
schiedliche Anerkennungsquoten in den Ländern zu vermei-
den. Auch sie befürworte die grundsätzliche Entfristung für
die Antragstellung nach den Rehabilitierungsgesetzen.

Die Fraktion der FDP unterstrich, dass die von den Oppo-
sitionsfraktionen angeführten Punkte auch bereits in den Be-
richterstattergesprächen erörtert worden seien. Gerade auch
die von der Fraktion der SPD angesprochene Einrichtung
einer Zentralstelle für die Bewertung von haftbedingten Fol-
geschäden müsse mit den Ländern abgesprochen werden;
eine Einigung in diesen Punkten sei auch nicht durch ein
weiteres Gespräch und eine spätere Verabschiedung des Ge-
setzes im Bundestages zu erwarten gewesen.

Die Fraktion DIE LINKE. kritisierte, dass aufgrund des
kurzen Zeitabstands zwischen der Durchführung des erwei-
terten Berichterstattergesprächs und dem Abschluss der Be-
ratungen im Rechtsausschuss erhebliche Anregungen aus
diesem Gespräch nicht mehr hätten geprüft und in das weite-
re Gesetzgebungsverfahren aufgenommen werden können.
Insbesondere sei die Stellungnahme eines Sachverständigen
30 Jahre nach der Wiedervereinigung – den Geschädigten
ausreichend Zeit ließen. Auf der anderen Seite erhielten die

nunmehr wirklich den Opfern entgegenkommen und nicht
nur Fragen des Verwaltungsvollzugs klären wolle. Auch sie

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/3233

hätte sich mehr Zeit für eine gründlichere Behandlung des
– sicherlich überschaubaren – Themas gewünscht, die zur
Klärung einiger offener Fragen hätte führen können. Insbe-
sondere bemängelte sie, dass die 5 000 bis 6 000 anlässlich
der Weltjugendspiele in der DDR 1973 vorbeugend inhaf-
tierten Schüler im StrRehaG anders als im BerRehaG keine
Berücksichtigung fänden. Sie plädiere für eine Streichung
jeglicher Fristen für die Antragstellung, da sich bei den Ent-
schädigungsgesetzen für die Opfer des Nationalsozialismus
gezeigt habe, dass die Opfer aus unterschiedlichen Gründen
an der Geltendmachung ihrer Ansprüche gehindert sein
könnten. Immer wieder sei festgestellt worden, dass ange-
sichts der zu befürchtenden materiellen Ungerechtigkeit for-
melle Fragen wie Rechtssicherheit zurücktreten müssten. Sie
befürchte, dass diese und weitere offene Fragen und berech-
tigte Forderungen zu weiteren Gesetzesänderungen in abseh-
barer Zukunft führen würden.

Die Bundesregierung wies auf die konstruktiven Berichter-
stattergespräche hin, an denen ihre Vertreter teilgenommen
und für Detailfragen zur Verfügung gestanden hätten, um die
Opposition in den neuesten Stand der Beratungen einzube-
ziehen. Sie verteidigte die Fristenregelung als ausgewoge-
nen Kompromiss zwischen dem Bedürfnis der Verwaltungen
der Länder nach Planungssicherheit einerseits und dem An-
spruch der Betroffenen auf materielle Gerechtigkeit anderer-
seits.

IV. Zur Begründung der Beschlussempfehlung
Zu Nummer 1

Die Überschrift wird angepasst, weil alle drei Rehabilitie-
rungsgesetze geändert werden.

Zu Nummer 2

Die in Artikel 1 Nummer 1 vorgesehene ausdrückliche Auf-
nahme der Unterbringung in einem Heim für Kinder oder
Jugendliche in § 2 Absatz 1 Satz 2 dient der gesetzlichen
Klarstellung und Gewährleistung einer einheitlichen An-
wendungspraxis. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass
nach geltendem Recht in den genannten Einrichtungen, ins-
besondere in Jugendwerkhöfen Untergebrachte nach dem
Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG) rehabi-
litiert werden und in den Genuss der sozialen Ausgleichsleis-
tungen kommen können, wenn eine gerichtliche Einzelfall-
prüfung ergibt, dass die Voraussetzungen des § 2 StrRehaG
erfüllt sind (vgl. nur KG, Beschluss vom 15. Dezember
2004, 5 Ws 169/04 REHA). Im Hinblick auf den Geschlos-
senen Jugendwerkhof Torgau hat das Kammergericht festge-
stellt, dass eine Einweisung in diese Einrichtung regelmäßig
mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechts-
staatlichen Ordnung unvereinbar war. Dies gelte unabhängig
von den Gründen für die Anordnung, weil im Unterschied zu
den übrigen Jugendwerkhöfen der DDR dort u. a. die Unter-
bringung haftähnlichen Bedingungen entspreche (KG
a. a. O.).

Durch Artikel 1 Nummer 2, 3 und 7 werden die Antragsfris-
ten letztmalig bis zum 31. Dezember 2019 verlängert.

Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe a bis Buchstabe b Dop-
pelbuchstabe cc wird auf die Begründung des Gesetzent-

Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe dd:
Mit der vom Bundesrat vorgeschlagenen Ergänzung von
§ 17a Absatz 2 StrRehaG soll laut Gesetzesbegründung er-
reicht werden, dass die jeweils maßgebliche Einkommens-
grenze durch einen Freibetrag in Höhe des Einfachen des
Eckregelsatzes für jedes berücksichtigungsfähige Kind er-
höht wird. Weiter heißt es dort: „Insofern wird der Tatsache
Rechnung getragen, dass das Einkommen auch für den Le-
bensunterhalt der Kinder und nicht nur des Anspruchsbe-
rechtigten vorgesehen ist. Es wird auch dann, wenn für die in
§ 2 des Bundeskindergeldgesetzes genannten Kinder Unter-
halts- bzw. Sozialleistungsansprüche bestehen, eine Einbe-
ziehung dieses Personenkreises für sachgerecht gehalten.“

Es sollte klar geregelt werden, dass es keinen Unterschied
macht, ob der Berechtigte einen Anspruch auf Kindergeld
nach dem Einkommensteuergesetz oder dem Bundeskinder-
geldgesetz hat. Darüber hinaus sollte klargestellt werden,
dass der Freibetrag unabhängig vom Bestehen sonstiger Un-
terhalts- bzw. Sozialleistungsansprüche gewährt wird.

Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe c wird auf die Begrün-
dung des Gesetzentwurfs des Bundesrates (dort zu Num-
mer 3) verwiesen.

Durch Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe d soll gesetzlich klar-
gestellt werden, dass eine turnusmäßige und anlassunabhän-
gige Einkommensüberprüfung der Empfängerinnen und
Empfänger der besonderen Zuwendung nicht zulässig ist.
§ 17a Absatz 4 StrRehaG verpflichtet den Berechtigten, Ver-
änderungen seines Einkommens unverzüglich der Bewilli-
gungsbehörde mitzuteilen. Aus dieser Mitteilungspflicht in
Verbindung mit dem Amtsermittlungsgrundsatz folgt ledig-
lich die Befugnis der Behörde, bei konkreten Anhaltspunk-
ten Auskünfte des Berechtigten zu den gesetzlichen An-
spruchsvoraussetzungen zu verlangen. Im Übrigen wird auf
die Begründung des Gesetzentwurfs des Bundesrates (dort
zu Nummer 4) verwiesen.

Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe e wird in Bezug auf die
Anfügung von Absatz 6 und 7 auf die Begründung des Ge-
setzentwurfs des Bundesrates (dort zu Nummer 5) Bezug ge-
nommen. Die gegenüber dem Gesetzentwurf des Bundesrates
geänderte Fassung von Absatz 7 stellt sicher, dass dem all-
gemeinen Verwertungsverbot nach § 51 Absatz 1 des Bun-
deszentralregistergesetzes (BZRG) und der Begrenzung der
Offenbarungspflichten des Verurteilten nach § 53 Absatz 1
BZRG beim Ausschluss von Leistungen nach § 17a StrRehaG
wegen Begehung von Straftaten Rechnung getragen wird.
Das Verwertungsverbot schützt den Betroffenen auch in den
Fällen, in denen die Verurteilung durch andere Weise als
durch Registerauskunft bekannt wird, zum Beispiel durch
sonstige Erkenntnisse aus den Akten oder Mitteilungen von
dritter Seite.

In Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe a handelt es sich um eine
redaktionelle Folgeänderung zur Änderung der Mindesthaft-
dauer in § 17a Absatz 1 Satz 1 durch Artikel 1 Nummer 4
Buchstabe a. Die Ergänzung von Satz 2 durch Buchstabe b
stellt sicher, dass auch in Zukunft eine Gewährung von
Unterstützungsleistungen durch die Stiftung für ehemalige
politische Häftlinge und die Gewährung der besonderen Zu-
wurfs des Bundesrates (dort zu den Nummern 1 bis 2 Buch-
stabe c) verwiesen.

wendung für Haftopfer nach § 17a an dieselbe Person ausge-
schlossen ist (vgl. Drucksache 16/4842, S. 7, rechte Spalte).

len.

Das Bundeszentralregistergesetz misst die Aufgabe, die so-
ziale Wiedereingliederung Straffälliger zu erleichtern,
hauptsächlich dem Führungszeugnis zu, das – in erweiterter
Form – allen Behörden erteilt wird (§ 30 Absatz 5, § 31
BZRG). Nach der Systematik des Bundeszentralregisterge-
setzes bieten nach Ablauf bestimmter Fristen nur noch staat-
liche Aufgaben von besonderer Bedeutung hinreichenden
Anlass, Eintragungen, die in einem Führungszeugnis nicht
mehr aufgeführt werden, unter Zurückstellung des Resozia-
lisierungsbedürfnisses der Betroffenen bekannt zu geben.
Nur eine eng begrenzte Zahl von Behörden erhalten deshalb
nach § 41 BZRG eine unbeschränkte Auskunft aus dem Zen-
tralregister ausnahmsweise dann, wenn der Auskunftszweck

Nunmehr wird in Artikel 2 auch die Antragsfrist im Verwal-
tungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz letztmalig bis zum
31. Dezember 2019 verlängert.

Zu Nummer 4

Redaktionelle Folgeänderung.

Zu Nummer 5

In Artikel 3 werden auch die Antragsfristen im Beruflichen
Rehabilitierungsgesetz letztmalig bis zum 31. Dezember
2019 verlängert.

In Artikel 4 wird eine Folgeänderung im Bundeszentralre-
gistergesetz vorgenommen.

Berlin, den 6. Oktober 2010

Andrea Astrid Voßhoff
Berichterstatterin

Jörg van Essen
Berichterstatter

Sonja Steffen
Berichterstatterin

Halina Wawzyniak
Berichterstatterin

Jerzy Montag
Berichterstatter
Drucksache 17/3233 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Durch Artikel 1 Nummer 6 soll eine Anwendung der Härte-
fallregelung in § 19 StrRehaG bei der Gewährung der beson-
deren Zuwendung nach § 17a StrRehaG ermöglicht werden.
Eine besondere Härte im Sinne des § 19 StrRehaG ist gege-
ben, wenn bei Würdigung des Gesamtinhalts des Gesetzes
der Ausschluss von der Leistung dessen Sinn und Zweck wi-
derspräche (Drucksache 12/1608, S. 27, linke Spalte oben).
Durch die Änderung können durch § 19 StrRehaG künftig
auch Fälle erfasst werden, in denen eine besondere Zuwen-
dung nach § 17a StrRehaG deshalb nicht gewährt werden
kann, weil die Freiheitsentziehung aufgrund einer Vorverle-
gung des Entlassungszeitpunkts durch die Leitung der Voll-
zugseinrichtung die Mindesthaftdauer von 180 Tagen nach
§ 17a StrRehaG geringfügig unterschreitet.

Zu Nummer 3

Die Einräumung einer unbeschränkten Auskunft aus dem
Zentralregister auch für die nach § 25 Absatz 1 Satz 1 und 2
StrRehaG zuständigen Behörden (vgl. Begründung zu Arti-
kel 2 des Gesetzentwurfs des Bundesrates) würde einen nicht
zu rechtfertigenden registerrechtlichen Systembruch darstel-

im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt. Beispiels-
weise erhalten Finanzbehörden unbeschränkte Auskünfte
nur für die Verfolgung von Straftaten, nicht zur Erfüllung
ihrer allgemeinen fiskalischen Aufgaben (vgl. § 41 Absatz 1
Nummer 4 BZRG). Durch die Erweiterung des Katalogs des
§ 41 Absatz 1 BZRG auch für Behörden, deren Stellung und
Aufgabenbereich diese Anforderungen nicht erfüllen, würde
der Schutzcharakter dieser Norm verloren gehen. Eine Aus-
weitung des Empfängerkreises für unbeschränkte Auskünfte
bedarf deshalb einer tragfähigen Begründung für den erheb-
lichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbe-
stimmung. In allen anderen Fällen ist daher der Inhalt eines
Behördenführungszeugnisses ausreichend.

Die Prüfung von Ausschlussgründen nach § 17a StrRehaG
(neuer Absatz 7) reicht in ihrer Bedeutung nicht an die in
§ 41 BZRG genannten staatlichen Aufgaben heran. Das gilt
insbesondere dann, wenn sie nicht einer obersten Landesbe-
hörde obliegt (vgl. § 41 Absatz 1 Nummer 2), sondern – wie
oft – einer nachgeordneten Behörde überlassen bleibt. In die-
sem Fall darf der Behörde weiter nur die Möglichkeit einge-
räumt werden, ein Behördenführungszeugnis einzuholen.

t mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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