BT-Drucksache 17/2759

Legitime Vertretung der Sorben/Wenden

Vom 16. August 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2759
17. Wahlperiode 16. 08. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Cornelia Behm, Volker Beck (Köln), Monika Lazar,
Stephan Kühn, Dr. Konstantin von Notz, Wolfgang Wieland und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Legitime Vertretung der Sorben/Wenden

Es ist unbestritten, dass dem sorbisch-wendischen Volk als nationaler Min-
derheit in Deutschland entsprechende Minderheitenrechte und partielle Selbst-
bestimmungsrechte zustehen. Doch beim Einfordern und bei der Umsetzung
dieser Rechte gibt es noch viele offene Fragen. Gutachten wie die von Prof.
Peter Pernthaler (Innsbruck) und Dr. Markus Kotzur (Leipzig) zeigen, dass die
politische und juristische Vertretung der Sorben/Wenden 20 Jahre nach der de-
mokratischen Revolution noch immer nicht geregelt ist. Prof. Peter Pernthaler
beschreibt die derzeitige Situation bezüglich der Domowina – Bund Lausitzer
Sorben e. V., welche als Vertreterin des sorbischen Volkes in § 5 des Gesetzes
über die Rechte der Sorben im Freistaat Sachsen (Sächsisches Sorbengesetz –
SächsSorbG) ausdrücklich anerkannt wird: „Eine vereinsmäßige Organisation
ist geeignet für die Vertretung konkreter Interessen, aber ungeeignet, ein ,Volk‘
zu repräsentieren. Diese Funktion kann nur eine vom Volk selbst demokratisch
legitimierte öffentlichrechtliche Vertretung erbringen, die gemeinwohlorientiert
die unterschiedlichen Interessen im Volk ausgleicht und so nach außen eine In-
tegration des Volkes politisch hervorbringt und vertreten kann.“ Die fehlende
demokratische Legitimation durch das sorbisch-wendische Volk macht sie nach
außen, aber auch nach innen handlungsunfähig. Dies geht zu Lasten der Bewah-
rung und Fortentwicklung sorbischer Kultur. Deshalb ist die Bundesrepublik
Deutschland gemäß der Protokollnotiz zum Artikel 35 im Einigungsvertrag ge-
fordert, Rechtssicherheit in Bezug auf die politische und rechtliche Vertretung
der Sorben zu schaffen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, dass der völkerrechtliche
Status der Sorben/Wenden der eines Volkes ist?

2. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass dem sorbisch-wendischen Volk
wesentliche Grundzüge des Selbstbestimmungsrechts zustehen?

3. Welche Selbstbestimmungsrechte stehen den Sorben/Wenden aus Sicht der
Bundesregierung zu?

4. Wer hat nach Auffassung der Bundesregierung bisher die juristische Vertre-
tung des sorbisch-wendischen Volkes übernommen?

5. Welche Rechtsgrundlage gab es bisher dafür?

6. Welche rechtlichen Voraussetzungen sollte nach Ansicht der Bundesregie-
rung der juristische Vertreter des sorbisch-wendischen Volkes erfüllen?

Drucksache 17/2759 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
7. Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, dass im Hinblick auf die
Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts der Sorben/Wenden eine pri-
vatrechtliche, dem Vereinsrecht folgende Organisationsform als politisch-
rechtliche Vertretung eher ungeeignet ist, weil eine genügende Berücksich-
tigung der Mitbestimmungsrechte des ganzen Volkes der Sorben/Wenden
formal nicht sichergestellt ist?

8. Welche Organisationsform hält die Bundesregierung formal für geeignet, da-
mit die effektive Selbst- und demokratische Mitbestimmung des sorbisch-
wendischen Volkes sowie der effektive Rechtsschutz für kollektive Rechts-
güter sichergestellt werden kann?

Berlin, den 16. August 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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