BT-Drucksache 17/2758

Beteiligung der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung an der Finanzierung des Baus einer Autobahntrasse von Moskau nach St. Petersburg

Vom 16. August 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2758
17. Wahlperiode 16. 08. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel, Volker Beck (Köln),
Ulrike Höfken, Thilo Hoppe, Uwe Kekeritz, Katja Keul, Ute Koczy, Tom Koenigs,
Agnes Malczak, Kerstin Müller (Köln), Omid Nouripour, Claudia Roth (Augsburg),
Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt, Hans-Christian Ströbele und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Beteiligung der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Bank für
Wiederaufbau und Entwicklung an der Finanzierung des Baus einer Autobahn-
trasse von Moskau nach St. Petersburg

Die Europäische Investitionsbank (EIB) und die Europäische Bank für Wieder-
aufbau und Entwicklung (EBWE) planen laut Medienberichten eine Beteiligung
an der Finanzierung des Baus einer Autobahntrasse von Moskau nach St. Peters-
burg. Nach Planung der russischen Zentralregierung und der örtlichen Verwal-
tung soll eine 3 Kilometer breite Autobahntrasse durch den Wald von Chimki,
ein beliebtes – nur 5 Kilometer von Moskau entferntes – Naherholungsgebiet,
führen. Das Vorhaben ist in den letzten Jahren auf Opposition unterschiedlicher
politischer Parteien, staatlicher Agenturen und Organisationen der Zivilgesell-
schaft gestoßen. Eine Gruppe von Umweltaktivisten protestiert gegen die Ab-
holzungen. Die Waldschützer wurden mehrfach bedrängt, der Vorsitzende der
Initiative wurde von Unbekannten so schwer verletzt, dass er fortan im Rollstuhl
sitzt und nicht mehr lesen oder schreiben kann. Das Camp der Umweltaktivisten
wurde am 23. Juli 2010 durch vermummte Schläger gewaltsam überfallen, wo-
bei mehrere Aktivisten und Journalisten verletzt wurden. Die herbeigerufene
Polizei verhaftete die Umweltaktivisten, wobei weitere von ihnen verletzt wur-
den (SPIEGEL ONLINE, 23. Juli 2010).

Die Beteiligung der EIB und der EBWE an der Finanzierung des Baus erfordert
die Zustimmung der EU-Kommission und der Bundesregierung, die – wie alle
EU-Mitgliedstaaten – Mitglied der EIB und Anteilseigner der EBWE ist. Bei der
Vergabe durch die EBWE ist das Übereinkommen zur Errichtung der EBWE
von Relevanz, das es als ihre Aufgabe bezeichnet, „im Rahmen ihrer gesamten
Tätigkeiten eine ökologisch auch langfristig unbedenkliche Entwicklung zu för-
dern“ (Artikel 2 Absatz 1 Unterabsatz vii des Übereinkommens zur Errichtung
der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung – EBWE). Auch die
EIB verpflichtet sich laut der Grundsätze ihrer Umwelt- und Sozialprinzipien
und -standards darauf, dass sie „bei allen Finanzierungsoperationen angemes-
sene Standards“ anwendet und so sicherstellt, „dass alle von ihr finanzierten Pro-
jekte in ökologischer und sozialer Hinsicht akzeptabel sind“ (Artikel 1 der Um-
welt- und Sozialprinzipien und -standards der EIB). Sie finanziert laut Artikel 6
der zitierten Grundsätze „keine Projekte, die den umweltbezogenen und sozialen
Anforderungen gemäß dem […] Grundsatzpapier nicht genügen. Hierunter fal-
len auch Projekte, die nicht dem auf nationaler und EU-Ebene aktuell geltenden

Drucksache 17/2758 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Umwelt- und Sozialrecht entsprechen. Die Auflagen der EIB können jedoch
über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen. Die Bank finanziert keine
Projekte, die zu Menschenrechtsverletzungen führen.“

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Unterstützt die Bundesregierung die Beteiligung der EIB und der EBWE an
der Finanzierung des Baus einer Autobahntrasse von Moskau nach St. Peters-
burg, und wie begründet sie ihre Haltung vor dem Hintergrund des geplanten
Baus der Autobahntrasse durch das Naherholungsgebiet Chimki?

2. Wie bewertet die Bundesregierung die Umweltprüfungen der EIB und der
EBWE für die Beteiligung an der Finanzierung des Baus der Autobahntrasse
von Moskau nach St. Petersburg, besonders hinsichtlich der Trassenführung
durch das Naherholungsgebiet Chimki (bitte detailliert beschreiben)?

3. Unterstützt die Bundesregierung eine Finanzierung des geplanten Autobahn-
baus durch die EIB und die EBWE vor dem Hintergrund der massiven Men-
schenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben?

4. Hält die Bundesregierung eine Beteiligung der EBWE an der Finanzierung
des Baus der Autobahntrasse durch das Naherholungsgebiet Chimki mit dem
Übereinkommen zur Errichtung der EBWE vereinbar, das es als ihre Aufgabe
bezeichnet, „im Rahmen ihrer gesamten Tätigkeiten eine ökologisch auch
langfristig unbedenkliche Entwicklung zu fördern“ (Artikel 2 Absatz 1 Un-
terabsatz vii des Übereinkommens zur Errichtung der Europäischen Bank für
Wiederaufbau und Entwicklung – EBWE)?

5. Hält die Bundesregierung eine Beteiligung der EIB an der Finanzierung des
Baus der Autobahntrasse durch das Naherholungsgebiet Chimki mit den
Grundsätzen der Umwelt- und Sozialprinzipien und -standards der EIB ver-
einbar, die festlegen, „dass alle von ihr finanzierten Projekte in ökologischer
und sozialer Hinsicht akzeptabel sind“ (Artikel 1) und keine Projekte finan-
ziert werden, „die zu Menschenrechtsverletzungen führen“ (Artikel 6)?

6. Hat die Prüfung der EIB nach Kenntnis der Bundesregierung gemäß Arti-
kel 16 der Umwelt- und Sozialprinzipien und -standards der EIB aufgrund
der mit dem Bau der Autobahntrasse durch das Naherholungsgebiet Chimki
verbundenen erheblichen ökologischen und sozialen Auswirkungen Alter-
nativlösungen, wie etwa den Vorschlag der Umweltaktivisten für eine alter-
native Trassenführung, erwogen?

Wenn ja, mit welcher Begründung wurde diese Alternative abgelehnt?

Wenn nein, warum nicht?

7. Wann wird im Rat der Gouverneure der EIB und im Gouverneursrat der
EBWE über eine Beteiligung der Bank an der Finanzierung des Baus der
Autobahntrasse entschieden?

8. Ist die Bundesregierung, sofern sie die Beteiligung generell befürwortet, ge-
willt, sich für einen Aufschub der Entscheidung einzusetzen, um den Beden-
ken der Umweltaktivisten Rechnung zu tragen?

Berlin, den 16. August 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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