BT-Drucksache 17/2577

Verkürzung der Ausbildung für Bundespolizisten vor dem Afghanistan-Einsatz

Vom 13. Juli 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2577
17. Wahlperiode 13. 07. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Christine Buchholz, Sevim Dag˘delen,
Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger, Andrej Hunko, Wolfgang Neskovic,
Jens Petermann, Frank Tempel, Katrin Werner und der Fraktion DIE LINKE.

Verkürzung der Ausbildung für Bundespolizisten vor dem Afghanistan-Einsatz

In der „BILD“-Zeitung vom 28. Juni 2010 wird mitgeteilt, dass Bundespolizisten
für ihren Einsatz in Afghanistan eine verkürzte Ausbildung erhalten. Sowohl
militärische als auch notfallmedizinische Ausbildungselemente werden zurück-
gefahren. Die medizinische Ausbildung wurde von zweieinhalb auf einen Tag
verkürzt, das Training am Sturmgewehr G36 von einer Woche auf einen Tag
reduziert. Die Fahrausbildung für gepanzerte Fahrzeuge entfällt komplett. Eine
Sprecherin der Bundespolizei wird mit den Worten zitiert: „In Einzelfällen
wurde wegen der Vorerfahrung die Ausbildungszeit verkürzt.“ Als Grund wird
Zeitknappheit „wegen internationaler Zusagen“ angegeben.

Für den Einsatz in einem Kriegsgebiet sind Angehörige der Bundespolizei nicht
ausgebildet. Die Fraktion DIE LINKE. lehnt die Militarisierung des Polizeiein-
satzes in Afghanistan entschieden ab; militärische Ausbildungsinhalte sollen
nicht Gegenstand der Ausbildung bei der Bundespolizei werden.

Zugleich darf es aber nicht sein, dass deutsche Polizistinnen und Polizisten in
fahrlässiger Weise ohne zureichende Ausbildung nach Afghanistan entsandt
werden. Wenn aus reiner Personalnot heraus überlebenswichtige Ausbildungs-
bestandteile verkürzt werden, zeigt dies nicht nur überdeutlich auf, dass der
Bund als Dienstherr seine Fürsorgepflicht vernachlässigt, sondern es zeigt auch
das Scheitern des Afghanistan-Einsatzes.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Aus welchen Ausbildungsteilen mit welchem Zeitvolumen bestand die Aus-
bildung von Bundespolizistinnen und Bundespolizisten in Vorbereitung auf
den Einsatz in Afghanistan in den letzten Jahren (bitte gegebenenfalls nach
Entsendung ins German Police Project Team – GPPT – und zu EUPOL
Afghanistan differenzieren)?

2. Inwiefern unterscheidet sich hiervon die Ausbildung von Polizistinnen und
Polizisten der Länder?

3. Wann wurde welcher Ausbildungsteil bzw. das jeweilige Zeitvolumen für die
Ausbildungsteile geändert (bitte alle Änderungen seit März 2008 darstellen)?
4. Wurden die missionsspezifischen Vorbereitungsseminare für den Auslands-
einsatz in Afghanistan in letzter Zeit gekürzt, und wenn ja, wann, und welche
Ausbildungsteile wurden um wie viele Ausbildungsstunden gekürzt oder
ganz gestrichen?

Wie lange dauert das gesamte missionsspezifische Vorbereitungsseminar
(bitte jeweils Änderungen seit März 2008 darstellen)?

Drucksache 17/2577 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5. Wie viele Beamtinnen und Beamte befinden sich zurzeit in der Ausbildung
zum Afghanistan-Einsatz (bitte differenzieren nach Bundespolizei und Län-
derpolizeien)?

6. Wie viele Beamtinnen und Beamte waren oder sind von den Kürzungen der
Ausbildung betroffen (bitte gegebenenfalls nach Bundespolizei und
Länderpolizeien sowie nach beabsichtigter Entsendung ins GPPT bzw. zu
EUPOL Afghanistan getrennt darstellen)?

a) Wie viele dieser Polizistinnen und Polizisten sollen als Kurzzeit-, wie
viele als Langzeitexperten in Afghanistan eingesetzt werden?

b) In welchen Gebieten innerhalb Afghanistans sollen diese Polizisten
eingesetzt werden, und mit welcher Aufgabe?

c) Wie viele dieser Polizistinnen und Polizisten sollen im Rahmen des
Focused District Development eingesetzt werden?

7. Was war der Grund für die Kürzungen, inwiefern gibt es einen Zusammen-
hang mit den von „BILD“ genannten internationalen Zusagen, und wie ver-
einbart die Bundesregierung die Verkürzung der medizinischen Ausbildung
und der Schutzfähigkeit (Fahrausbildung in gepanzerten Fahrzeugen) mit
ihrer Fürsorgepflicht gegenüber den betroffenen Beamten, gerade im Hin-
blick auf die prekäre Sicherheitslage in Afghanistan und dem hohen Risiko
der eingesetzten Polizistinnen und Polizisten, Ziel von Anschlägen zu wer-
den?

8. Wie sind die Kürzungen mit dem Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe
Internationale Polizeimissionen (AG IPM) vom Oktober 2009 zu vereinba-
ren, demzufolge einer intensiven Vorbereitung auf einen Einsatz in Afgha-
nistan „eine besondere Bedeutung“ zukomme?

9. Ist beabsichtigt, die Verkürzung der Ausbildung der betroffenen Polizistin-
nen und Polizisten zu kompensieren, und wenn ja, inwiefern, und welche
Absprachen gibt es hierüber mit der Bundeswehr oder anderen Missions-
stellern bei ISAF bzw. EUPOL Afghanistan?

10. Welche „Vorerfahrung“ muss bei Beamtinnen und Beamten vorhanden sein,
damit die Ausbildung in gekürzter Form durchgeführt werden kann (bitte
detailliert darstellen)?

11. Wurde auch die Ausbildung für den Einsatz von Polizistinnen und Polizis-
ten in anderen Einsatzgebieten verändert bzw. verkürzt (bitte gegebenen-
falls darstellen)?

Berlin, den 13. Juli 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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