BT-Drucksache 17/2011

zu der Beratung des Antrags der Bundesregierung -17/1683, 17/2009- Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der internationalen Sicherheitspräsenz im Kosovo auf der Grundlage der Resolution 1244 (1999) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 10. Juni 1999 und des Militärisch-Technischen Abkommens zwischen der internationalen Sicherheitspräsenz (KFOR) und den Regierungen der Bundesrepublik Jugoslawien (jetzt: Republik Serbien) und der Republik Serbien vom 9. Juni 1999

Vom 9. Juni 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2011
17. Wahlperiode 09. 06. 2010

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Viola
von Cramon-Taubadel, Ulrike Höfken, Thilo Hoppe, Uwe Kekeritz, Katja Keul,
Ute Koczy, Tom Koenigs, Agnes Malczak, Kerstin Müller (Köln), Omid Nouripour,
Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt, Hans-Christian
Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der Beratung des Antrags der Bundesregierung
– Drucksachen 17/1683, 17/2009 –

Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der internationalen Sicherheitspräsenz
im Kosovo auf der Grundlage der Resolution 1244 (1999) des Sicherheitsrates der
Vereinten Nationen vom 10. Juni 1999 und des Militärisch-Technischen
Abkommens zwischen der internationalen Sicherheitspräsenz (KFOR) und den
Regierungen der Bundesrepublik Jugoslawien (jetzt: Republik Serbien) und der
Republik Serbien vom 9. Juni 1999

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Deutsche Bundestag stimmt der Verlängerung des Mandats für die Beteili-
gung der Bundeswehr an der friedenssichernden KFOR-Mission der Vereinten
Nationen (VN) im Kosovo zu. Er befürwortet zugleich die Reduzierung der
Truppenzahl auf das zur Erhaltung der Sicherheit derzeit noch erforderliche
Maß.

Der Deutsche Bundestag bekräftigt in diesem Zusammenhang seine Haltung,
dass es im Interesse der Europäischen Union und damit auch deutscher Politik
liegt, das Kosovo zu einem politisch und wirtschaftlich stabilen Staat zu ent-
wickeln. Dazu gehört vor dem Hintergrund der Beschlüsse von Thessaloniki
2003 die Perspektive einer Mitgliedschaft in der Europäischen Union.

Um diesem Ziel näher zu kommen, bedarf es neben großen Anstrengungen von

Regierung und Gesellschaft des Kosovo selbst auch weiterhin erheblicher Un-
terstützung durch die Europäische Union.

Die Situation im Kosovo ist weiterhin potenziell fragil, zunehmend gibt es Ge-
walt gegen die EU-Mission EULEX (European Union Rule of Law Mission).
Auch nach zehn Jahren internationalem Engagement ist die ökonomische und
soziale Situation schwierig. Das Kosovo erwirtschaftet weniger als 10 Prozent
des durchschnittlichen Bruttosozialprodukts der EU-27. Die Jugendarbeitslosig-

Drucksache 17/2011 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

keit ist extrem hoch und jedes Jahr drängen zusätzlich etwa 30 000 junge Men-
schen neu auf den Arbeitsmarkt. Die Lage der Minderheiten ist nach wie vor
problematisch. Insbesondere die Roma und andere nichtserbische Minderheiten
leiden unter Benachteiligungen, Armut und wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit.
Eine dauerhafte Lösung dieser Probleme erfordert nicht zuletzt ein wirksames
modernes Bildungs- und Ausbildungsprogramm.

Mit Sorge sind auch anhaltende erhebliche Schwierigkeiten beim Aufbau einer
umfassenden funktionsfähigen Administration, Justiz und Zollverwaltung sowie
insbesondere bei der Bekämpfung von Korruption und Organisierter Kriminali-
tät festzustellen. Diese geringen staatlichen Kapazitäten und die hohe Korrup-
tion gefährden die Entwicklung des Kosovo.

Hinzu kommt eine internationale Situation, die ebenfalls entwicklungshemmend
wirkt. Noch immer wird das Kosovo nicht durch alle Staaten der EU anerkannt.
Das Nebeneinander von UNMIK (Interim Administration Mission in Kosovo)
und EULEX erschweren die Unterstützung beim Staatsaufbau. Daher braucht es
weiter Anstrengungen diese Situation zu überwinden, von besonderer Bedeu-
tung sind dabei die Beziehungen des Kosovo zu seinen Nachbarstaaten. Aufga-
be der Europäischen Union bleibt deshalb die Förderung regionaler Kooperation
auf allen politischen und wirtschaftlichen Gebieten. Insbesondere die Beziehun-
gen zwischen der Republik Kosovo und der Republik Serbien sind hierfür von
Bedeutung. Entscheidend wird dabei sein, dass die Bundesrepublik Deutschland
und die EU trotz der Herausforderungen von Finanz- und Eurokrise der Situa-
tion im Westbalkan ausreichend Priorität einräumen. Ohne ein entschiedenes
Engagement drohen Rückschritte und eine Destabilisierung der Region.

Der Deutsche Bundestag bekräftigt des Weiteren seine Unterstützung der Aner-
kennung des Kosovo und stellt fest, dass seine Grenzen festgelegt sind. Grund-
lage der Verfasstheit des Kosovo bleibt aus Sicht des Deutschen Bundestages der
Ahtisaari-Plan, darunter die damit verbundenen Einschränkungen der staat-
lichen Souveränität gegenüber der Internationalen Gemeinschaft sowie die weit-
reichenden Minderheitenrechte und Autonomieregelungen für Gemeinden mit
serbischer Mehrheit.

Der Deutsche Bundestag erklärt schließlich seine Ansicht, dass nur eine Heran-
führung aller Staaten des westlichen Balkan an die Europäische Union und ihr
möglichst gemeinsamer Beitritt zu ihr die Garantie für dauerhafte Stabilität in
der Region und eine prosperierende wirtschaftliche Entwicklung bedeuten kön-
nen. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, müssen das Kosovo und der ge-
samte Westbalkan im Fokus deutscher und europäischer Politik stehen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

sich im Rahmen der Europäischen Union (EU), der Organisation des Nordatlan-
tikvertrages (NATO) und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit
in Europa (OSZE) dafür einzusetzen,

– dass die Europäische Union zu einer gemeinsamen Haltung zum Status des
Kosovo findet, die eine kohärente und wirksame Unterstützung der politi-
schen und wirtschaftlichen Entwicklung dort und insbesondere der Rechts-
staatsmission EULEX ermöglicht;

– dass eine regionale Konfliktlösung unterstützt wird, die darauf abzielt, den
Weg des Westbalkan in die EU zu ermöglichen;
– dass multiethnische Zusammenarbeit auf allen Ebenen gezielt gefördert wird;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2011

– dass die politischen Bedingungen dafür geschaffen werden, um Aufbau und
Präsenz von EULEX für einen gleichermaßen erfolgreichen und in der Be-
völkerung glaubwürdigen Einsatz im gesamten Gebiet des Kosovo auszustat-
ten und diesen zu ermöglichen;

– Mittel für das Kosovo aus dem Stabilitätsinstrument der EU ungeachtet des
fehlenden Konsens in der EU über den Status des Kosovo ausreichend bereit-
zustellen;

– mit Hilfe der EU prioritär Projekte der Infrastruktur, der Bildung und Ausbil-
dung zu fördern;

– dass Verteilung und Einsatz der EU-Mittel hinreichend transparent ablaufen,
um das Risiko von Verlusten und Fehllenkungen infolge von Korruption mi-
nimieren zu können;

– dass die im Bundeshaushalt für den Stabilitätspakt für Südosteuropa einge-
stellten Mittel nicht weiter verringert und insbesondere für Projekte der Bil-
dung, Versöhnung und multi-ethnischen Zusammenarbeit verwendet werden;

– dass direkt und über Mittelzuweisungen der kosovarischen Regierung gezielt
Projekte in den mehrheitlich serbisch bewohnten Gebieten und insbesondere
in Nord-Mitrovica gefördert werden, um so die Kooperationsbereitschaft mit
den kosovarischen Institutionen zu fördern;

– dass die Nordgrenze des Kosovo zu Serbien ausreichend kontrolliert und ge-
schützt wird, um den Waren- und Personenverkehr kontrollieren, Schmuggel
unterbinden und Zölle effektiv eintreiben zu können;

– dass nach Möglichkeiten für Erleichterungen im kleinen Grenzverkehr zwi-
schen dem Kosovo und seinen Nachbarstaaten gesucht und praktiziert wer-
den;

– dass seitens der EU zunächst Visaerleichterungen und schnellstmöglich die
Visabefreiung für Reisen aus dem Kosovo in die EU sowie Zugang zum
Arbeitsmarkt der EU geschaffen werden;

– dass eine Rückkehr von Flüchtlingen in das Kosovo in der Regel freiwillig
erfolgt und zwangsweise Rückführungen von Angehörigen ethnischer Min-
derheiten unter Berufung auf Berichte und Empfehlungen des Hohen Flücht-
lingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) vom November 2009
und weiterer internationaler Organisationen unterbleiben.

Berlin, den 8. Juni 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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