BT-Drucksache 17/1588

Gute Lehre an allen Hochschulen garantieren - Eine dritte Säule im Hochschulpakt verankern und einen Wettbewerb für herausragende Lehre auflegen

Vom 5. Mai 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1588
17. Wahlperiode 05. 05. 2010

Antrag
der Abgeordneten Kai Gehring, Krista Sager, Priska Hinz (Herborn), Sylvia
Kotting-Uhl, Ekin Deligöz, Katja Dörner, Agnes Krumwiede, Monika Lazar,
Tabea Rößner, Katrin Göring-Eckardt, Christine Scheel, Maria Klein-Schmeink,
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Gute Lehre an allen Hochschulen garantieren – Eine dritte Säule im Hochschulpakt
verankern und einen Wettbewerb für herausragende Lehre auflegen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Qualität der Studien-, Lern- und Lehrbedingungen an Hochschulen ist ent-
scheidend für die Attraktivität und Studierbarkeit von Studiengängen, für den
Studienerfolg und die Innovationsfähigkeit des Hochschul- und Wissenschafts-
systems. Gute Lehre und gute Forschung gehören zusammen und begründen den
Erfolg der deutschen Hochschulen. Gerade vor dem Hintergrund der Bologna-
Reform, steigender Studierendenzahlen und schlechter Betreuungsrelationen an
den Hochschulen ist die Verbesserung der Lehre dringend erforderlich. Die
Lehre an den Hochschulen lässt sich nur durch eine umfassende Gesamtstrategie
verbessern.

Nach den bundesweiten Studierendenprotesten vor allem gegen die Umsetzung
der Bologna-Reform hat nun auch die Bundesregierung die Qualität der Lehre
als politisches Thema für sich entdeckt. Mit ihrer Ankündigung eines „Qualitäts-
programms für die Lehre“ nehmen die Bundesministerin für Bildung und
Forschung, Dr. Annette Schavan, und die Bundesregierung nun endlich zur
Kenntnis, dass die Unterfinanzierung der Hochschulen überwunden und die
unzureichende Förderung der Lehre auch durch Mittel des Bundes dringend ver-
bessert werden müssen. Die Länder sind allein nicht in der Lage, die Unterfinan-
zierung des deutschen Hochschulsystems zu überwinden. Es hat sich als Fehler
erwiesen, dass die Kosten für den erhöhten Betreuungsaufwand durch die Um-
stellung auf Bachelor- und Masterabschlüsse im Hochschulpakt I nicht berück-
sichtigt wurden. Auch die Kosten für die zusätzlichen Studienplätze im Rahmen
des Hochschulpaktes waren und sind nicht realistisch angesetzt. Bundesbildungs-
ministerin Schavan hat es zudem versäumt, die Exzellenzinitiative um einen
Wettbewerb zur Förderung exzellenter Lehre zu erweitern.

Die bisher von der Bundesministerin angekündigten Einzelmaßnahmen des

„Qualitätsprogramms in der Lehre“ reichen weder inhaltlich noch finanziell aus,
um die Lehre an den Hochschulen flächendeckend zu verbessern.

Um die Lehrqualität und die Betreuungssituation an den Hochschulen zu verbes-
sern, muss zwischen Bund und Ländern eine dritte Säule des Hochschulpaktes
vereinbart werden. Die dritte Säule des Hochschulpaktes soll beinhalten:

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● die Vereinbarung von Mindeststandards für die Lehre hinsichtlich der Betreu-
ungsschlüssel und der Beteiligung von C4-/W3-Professuren an der Lehre auch
im Bachelorbereich;

● zusätzliche Personalkapazitäten für die Lehre, insbesondere die Einführung
von zusätzlichen Professuren und Juniorprofessuren mit Schwerpunkt Lehre;

● den Ausbau von Tutoring- und Mentoringprogrammen;

● die Stärkung der Hochschuldidaktik und der Weiterbildung im Bereich der
Lehrkompetenz.

Damit der Hochschulpakt seine Wirkung entfalten kann, muss er in ein Gesamt-
konzept zur Verbesserung der Lehre eingebunden sein. Die Länder müssen für
die verlässliche Grundfinanzierung der Hochschulen für mehr und bessere Lehr-
angebote sorgen. Dabei sind die in den nächsten Jahren steigenden Studieren-
denzahlen und die Reform der Bologna-Reform zu berücksichtigen. Auch haben
sie die Finanzierung der zusätzlichen personellen Grundausstattung der Hoch-
schulen für die notwendige Lehrorganisation, Lehrevaluation und die Weiterent-
wicklung von Lehrqualität und -praxis sicherzustellen. Juniorprofessuren mit
Schwerpunkt Lehre sollten obligatorisch mit der „tenure track“-Option verbun-
den sein. Die Hochschulen müssen die Studierbarkeit der Studiengänge gewähr-
leisten und die Curricula entsprechend anpassen. Durch kontinuierliche Perso-
nalentwicklung, Förderung der generellen und der Fachdidaktik sowie
umfassendes Qualitätsmanagement zur Sicherung von Mindeststandards in der
Lehre an allen Hochschulen ist die hohe Lehrqualität systematisch an den Hoch-
schulen zu verankern.

Der Bund soll darüber hinaus ein Wettbewerbsverfahren zur Auszeichnung und
Förderung herausragender Lehrleistungen und Lehrkonzepte sowohl ganzer
Hochschulen oder Fachbereiche als auch einzelner Hochschullehrerinnen und
- lehrer initiieren.

Durch die Bologna-Reform und steigende Studierendenzahlen hat sich die Lehr-
und Betreuungssituation insbesondere an den Universitäten weiter verschlech-
tert. Der Wissenschaftsrat bezeichnet die Situation der universitären Lehre in
vielen Fächern als schlicht „nicht akzeptabel“. Gerade der internationale Ver-
gleich zeigt, dass Deutschland es versäumt hat, die notwendigen Veränderungen
wie die Reform der didaktischen Konzepte, der Curricula, die Qualifizierung des
Lehrpersonals oder die Aufwertung der Lehre in der wissenschaftlichen Karriere
einzuleiten, um den in qualitativer und quantitativer Hinsicht gestiegenen An-
forderungen an die Lehre gerecht zu werden. Weiterbildungsangebote für die
Lehrenden zum Beispiel über didaktische Konzepte für heterogene Lerngruppen
oder für den Einsatz von E-Learning stehen nicht in ausreichendem Maß zur
Verfügung. Auch in Berufungsverfahren spielen Leistungen in der Lehre immer
noch eine untergeordnete Rolle.

Allein mit dem gegenwärtigen Personaltableau werden die gestiegenen Betreu-
ungsanforderungen aber nicht zu leisten sein, wenn qualitätsorientierte Mindest-
standards hinsichtlich der Betreuungsintensität durch Professorinnen und Pro-
fessoren und der Bewahrung der Einheit von Forschung und Lehre eingehalten
werden sollen. Der Großteil der zusätzlichen Betreuungsanforderungen an den
Universitäten wurde in den letzten zehn Jahren auf nebenberufliches Personal,
befristete wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bzw. Lehrkräfte
für besondere Aufgaben abgeschoben. Während die Zahl der Professorinnen
und Professoren seit 1999 stagniert, stieg die Zahl der Lehrkräfte für besondere
Aufgaben um 22 Prozent, der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mit-
arbeiter um 36 Prozent und des nebenberuflichen Personals um 44 Prozent. Be-
sonders drastisch zeigt sich der Anstieg seit der flächendeckenden Einführung

der Bachelor- und Masterstudiengänge.

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Um die enge Verzahnung von Forschung und Lehre an den Hochschulen zu er-
halten, muss die Lehre auch an der Spitze der wissenschaftlichen Karriere auf-
gewertet werden. Ein sinnvoller Weg ist die Einführung von Professuren und Ju-
niorprofessuren mit Schwerpunkt Lehre, die den vorhandenen Professuren bei
der universitären Mitsprache, bei der Ausstattung und bei der Besoldung gleich-
gestellt sind. Um die Forschungsnähe der Lehre auch beim Schwerpunkt Lehre
zu erhalten, sind die lehrbezogenen Tätigkeiten auf maximal zwölf Semester-
wochenstunden zu begrenzen, bei Juniorprofessuren auf acht Semesterwochen-
stunden, damit ihnen auch der Weg zu einer traditionellen Professur offensteht.
Allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit Schwerpunkt Lehre muss
die Gelegenheit zur kontinuierlichen Qualifizierung im Bereich der Lehre
ermöglicht werden. Da die zusätzlichen Qualifikationen im Bereich der Lehre in
erster Linie für eine Tätigkeit an den Hochschulen qualifiziert und es darum
geht, Spitzenkräfte für die Lehre zu gewinnen, sind die Juniorprofessuren mit
Schwerpunkt Lehre obligatorisch mit einer „tenure track“-Option zu versehen.

Die bisher von der Bundesministerin für die Verbesserung der Lehre in Aussicht
gestellten 200 Mio. Euro pro Jahr bis zum Jahr 2020 decken den Bedarf bei wei-
tem nicht. Die Empfehlungen des Wissenschaftsrats zur Verbesserung der Qua-
lität der Lehre von 2008 gehen von einem zusätzlichen Bedarf von gut 1,1 Mrd.
Euro kontinuierlich und pro Jahr aus – berechnet auf die damals etwa 1,9 Mil-
lionen Studierenden. Mittlerweile studieren erfreulicherweise rund 2,13 Millio-
nen Menschen an den Hochschulen, im Studienjahr 2009 nahmen laut Statisti-
schem Bundesamt 423 400 Studienanfänger ein Studium auf. Für 2010 bis 2013
rechnet die Kultusministerkonferenz in ihrer Prognose mit jährlichen Studien-
anfängerzahlen von 390 000 auf 425 000 ansteigend. Diese Zahlen machen
deutlich, dass selbst der vom Wissenschaftsrat angenommene jährliche Mehrbe-
darf eher noch zu knapp kalkuliert ist.

Die Mittel des Bundes für die Verbesserung der Lehre müssen in der dritten
Säule des Hochschulpaktes nach der tatsächlichen Studierendenzahl an die
Hochschulen fließen, so dass sich attraktive Studienbedingungen für die Hoch-
schulen zukünftig lohnen. Nur so und nicht durch ein Wettbewerbsverfahren
oder durch den Königsteiner Schlüssel kann die Förderung guter Lehre eine
breite Wirkung erzielen.

Die Verbesserung der Grundfinanzierung der Hochschulen durch die Länder und
die Verbesserung der Betreuungsrelationen gemeinsam durch Bund und Länder
reichen aber nicht aus, um die Qualität der Hochschullehre nachhaltig zu stei-
gern. Die Hochschulen müssen Personalentwicklung und Qualitätsmanagement
systematisch in ihrer Entwicklungsplanung und Verwaltungspraxis verankern
und in der Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaft-
lern gezielt Lehrkompetenzen vermitteln. Für alle derzeit schon Lehrenden muss
die Fortbildung obligatorisch gemacht und das entsprechende Angebot quanti-
tativ und qualitativ ausgebaut werden. Die entsprechenden Kurse und Coaching-
angebote sollten in hochschuldidaktischen Kompetenzzentren gebündelt wer-
den. Dafür reichen die von der Bundesministerin in Aussicht gestellten zehn
hochschuldidaktischen Zentren bundesweit aber nicht aus.

Über die Personalentwicklung hinaus muss die Lehrqualität ein integraler Be-
standteil der hochschulinternen Qualitätsmanagement-Systeme werden. Ziel-
vereinbarungen, kriteriengebundene Mittelvergabe und eine entsprechende An-
forderung bei der Akkreditierung können dies gewährleisten. Stärken und
Schwächen von Lehre und Betreuung als Indikatoren von Lehrqualität müssen
in einzelnen Lehrveranstaltungen systematisch evaluiert werden, indem der
Kompetenzerwerb in den Studiengangmodulen und der gesamte Studienerfolg
gemessen werden. Dazu ist ein Methodenmix erforderlich, der die Bewertung

von Lehrveranstaltungen durch Studierende, Peer-Review-Verfahren sowie Ab-
solventen- und Abbrecherbefragungen umfasst. Die Studierenden müssen bei

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der Entwicklung und Anwendung der Evaluierungsmethoden beteiligt werden.
Um der Lehrqualität einen höheren Stellenwert zu geben, sollten die Hochschu-
len die Leistungen in der Lehre bei der Vergabe der leistungsbezogenen Gehalts-
und Besoldungskomponenten stärker als bisher positiv berücksichtigen.

Um die Hochschulen in Deutschland attraktiver und erfolgreicher zu machen,
reichen lediglich „gute“ Leistungen in der Lehre nicht aus. Vielversprechende
Ansätze und die notwendige öffentliche Anerkennung der Lehre werden auch
dadurch gefördert, dass besonders herausragende Leistungen sowie innovative
Best-Practice-Beispiele prämiert, unterstützt, bekannt gemacht und in die Breite
getragen werden. Der Bund sollte daher umgehend und zusätzlich einen Wett-
bewerb für herausragende Lehre als eigenständige Initiative ausloben. Hoch-
schulen und Fachbereiche bekämen so Gelegenheit und Anreize, ihr Profil durch
herausragende Lehre attraktiv zu machen und durch die Preisgelder die Lücke
zu den Gewinnern der Exzellenzinitiative zu verringern. Ein solcher Wettbe-
werb sollte sowohl innovative Lehrleistungen als auch Strategiekonzepte für die
systematische zukünftige Förderung qualitativ hochwertiger Lehre fördern,
außerdem in getrennten Förderlinien sowohl einzelnen Fachbereichen als auch
ganzen Hochschulen offenstehen. Die Erfahrungen der Exzellenzinitiative zei-
gen, wie wichtig ein stringentes Verfahren ist. Um Erkenntnisse für alle Hoch-
schulen zu sichern, muss daher ein transparentes Verfahren zur Kriterienent-
wicklung, Bewertung und Rückmeldung garantiert sein.

Bund und Länder haben es gemeinsam versäumt, die neue Ausschreibung für
die Exzellenzinitiative um die obligatorische Konzeption zur Förderung exzel-
lenter Lehre zu erweitern. Auch haben sie die Gelegenheit verpasst, zusätzliche
Fördermittel für die forschungsbezogene Lehre zu vereinbaren. Sie setzen damit
weiterhin das falsche Signal, dass eine Hochschule sich als herausragende Spit-
zenuniversität bezeichnen kann, ohne sich um herausragende Leistungen in der
Lehre auch nur zu bemühen.

Ein Gesamtkonzept für eine Verbesserung der Lehre setzt seitens der Länder
eine Kooperationsbereitschaft mit dem Bund voraus. Darüber hinaus müssen die
Länder miteinander die notwendigen Voraussetzungen dafür schaffen, wie eine
verbindliche Regelung der Teilnahme an der reformierten Studienplatzvergabe,
eine bundeseinheitliche Regelung von Zulassungen und Abschlüssen sowie eine
Reform der Kapazitätsverordnung hin zu einem Bandbreitenmodell. Bei der
Weiterentwicklung des Kapazitätsrechts ist vor allem darauf zu achten, dass die
zugrunde gelegten „Curricular-Normwerte“ die Mehrbedarfe im Bachelor- und
Mastersystem abbilden und dass sichergestellt ist, dass der Aufbau und das Aus-
schöpfen von Studienplatzkapazitäten dem Ziel der Profilbildung vorgeht. Die
Festlegung der Kapazitäten muss daher weiterhin durch Parlamente und Verwal-
tungsgerichte nachvollziehbar und überprüfbar sein.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, gemeinsam mit
den Ländern,

den Hochschulpakt II um eine dritte Säule zu erweitern und diese finanziell so
auszustatten, dass für alle Studierenden gute Betreuungsrelationen und hoch-
wertige Lehre schnellstmöglich sichergestellt werden können. Die dritte Säule
beinhaltet:

● die Vereinbarung von Mindeststandards für die Lehre hinsichtlich der Betreu-
ungsschlüssel, der Beteiligung von C4-/W3-Professuren an der Lehre auch
im Bachelor und der Stärkung der Hochschuldidaktik und Weiterbildung im
Bereich Lehrkompetenz;

● die Einführung von zusätzlichen Professuren bzw. Juniorprofessuren mit

Schwerpunkt Lehre, die den bisherigen Professuren in der Mitsprache, bei
der Ausstattung und bei der Besoldung gleichgestellt sind. Um die Einheit

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von Forschung und Lehre weiterhin zu gewährleisten, muss die maximale
Lehrverpflichtung auf zwölf Semesterwochenstunden für Professuren und
acht Semesterwochenstunden für Juniorprofessuren begrenzt und der Frei-
raum für eigene Forschung bzw. Beteiligung an Forschungsprojekten garan-
tiert sein. Allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit Schwer-
punkt Lehre muss die Gelegenheit zu kontinuierlicher Qualifizierung im
Bereich der Lehre ermöglicht werden;

● die Verbesserung der Qualität der Lehre durch die Finanzierung von Tuto-
ring- und Mentoringprogrammen an den Hochschulen;

● Sicherstellung der flächendeckenden didaktischen Weiterbildung und Ver-
stärkung der Fortbildung des wissenschaftlichen Personals im Bereich der
Lehrkompetenz durch didaktische und fachdidaktische Zentren. Einzubezie-
hen ist das wissenschaftliche Personal sowohl der Hochschulen als auch der
außeruniversitären Forschungseinrichtungen;

● die regelmäßige Berichterstattung der Länder über die Umsetzung des Hoch-
schulpaktes sowie der Hochschulen über die Einhaltung der Mindeststan-
dards für die Lehre.

III. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, gemeinsam mit
den Ländern,

● im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe für Bildungsforschung stärker als bis-
her Fragen der Hochschuldidaktik, der Lehr- und Lernforschung an Hoch-
schulen sowie Absolventen- und Abbrecheranalysen zum Gegenstand zu
machen und dabei auch die Ergebnisse des Wettbewerbs für innovative Lehre
ausgewertet und für die Öffentlichkeit aufbereitet werden;

● im aktuellen Verfahren der zweiten Ausschreibungsrunde der Exzellenzini-
tiative in der 3. Förderlinie darauf hinzuwirken, dass die Konzepte für die
Verbesserung der Lehre bei der Bewertung der Zukunftskonzepte auch tat-
sächlich verstärkt berücksichtigt werden.

IV. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

in Gesprächen mit den Ländern und der Hochschulrektorenkonferenz darauf
hinzuwirken, dass

● die Länder die Grundfinanzierung der Hochschulen entsprechend den gestie-
genen Studierendenzahlen und dem erhöhten Betreuungsbedarf im Zuge der
Bologna-Reform deutlich erhöhen. Dadurch muss auch eine personelle
Grundausstattung der Hochschulen mit Fachpersonal für Lehrorganisation,
Lehrevaluation und die Weiterentwicklung von Lehrqualität und -praxis
sichergestellt werden;

● die Hochschulen die Studierbarkeit der Studiengänge sicherstellen und die
Curricula entsprechend anpassen;

● die Länder und die Hochschulen bei der Besoldung und in Berufungsverfah-
ren Leistungen in der Lehre stärker berücksichtigen;

● die Länder das Kapazitätsrecht in Richtung eines Bandbreitenmodells mo-
dernisieren, durch das Kapazitäten in allen Ländern in bundesweit vergleich-
baren Verfahren transparent, nachvollziehbar und gerichtlich überprüfbar
ermittelt werden;

● die Länder und die Hochschulen alle Juniorprofessuren, insbesondere die mit
Schwerpunkt Lehre mit einer „tenure track“-Option versehen;
● die Länder mittels geeigneter Kontroll-, Anreiz- und Fördermaßnahmen ge-
währleisten, dass Hochschulen die Stärkung der Lehrqualität als zentrale

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Aufgabe ihrer Personalentwicklung und ihres Qualitätsmanagements begrei-
fen und umsetzen. So kann dazu beigetragen werden, dass den Leistungen in
der Lehre in den Berufungsverfahren einen höheren Stellenwert erfahren;

● die Länder und die Hochschulen die Gender- und Diversity-Kompetenz als
zentrale Qualitätskriterien in der Bewertung guter Lehre implementieren;

● die Länder soweit nicht bereits geschehen, eigene Landeslehrpreise und ähn-
liche Auszeichnungen für exzellente Lehrleistungen, Lehrkonzepte und fach-
didaktische Initiativen ausschreiben.

V. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

umgehend einen Wettbewerb für herausragende Lehre an den Hochschulen zu
konzipieren und auszuschreiben, der den Anforderungen für eine nachhaltige
Förderung in Breite und Spitze entspricht.

Berlin, den 4. Mai 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Begründung

Eine Bund-Länder-Qualitätsoffensive zur Verbesserung der Lehre an allen
Hochschulen ist mehr als überfällig und wird seit Jahren eingefordert, auch
von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN hat bereits im Oktober 2006 mit dem Antrag „Exzellenzinitiative er-
weitern, herausragende Lehre prämieren“ (Bundestagsdrucksache 16/3094) die
Bundesregierung aufgefordert, die rein forschungsbezogene Exzellenzinitiative
um eine Förderlinie für hervorragende Lehre zu ergänzen. Im Februar 2008
folgte der Antrag „Gute Lehre an allen Hochschulen gewährleisten, heraus-
ragende Hochschullehre prämieren“ (Bundestagsdrucksache 16/8211), der eine
umfassende Strategie zur besseren Förderung von „guter Lehre“ entworfen hat.
Nicht zuletzt hat die Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im
Rahmen der Haushaltsberatungen 2010 die Ausweitung der Lehrkapazitäten im
Rahmen des Hochschulpaktes 2020 gefordert.

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