BT-Drucksache 17/1560

Einstellung der Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika um ein neues SWIFT-Abkommen und Verzicht auf ein europäisches Abkommen über ein Programm zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus (TFTP)

Vom 4. Mai 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1560
17. Wahlperiode 04. 05. 2010

Antrag
der Abgeordneten Jan Korte, Dr. Barbara Höll, Ulla Jelpke, Ralph Lenkert,
Wolfgang Neskovic, Petra Pau, Jens Petermann, Raju Sharma, Frank Tempel,
Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Einstellung der Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika
um ein neues SWIFT-Abkommen und Verzicht auf ein europäisches Abkommen
über ein Programm zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag

– begrüßt den Beschluss des Europäischen Parlaments (EP) vom 11. Februar
2010, mit dem das Parlament dem Interimsabkommen zu SWIFT seine Zu-
stimmung verweigerte;

– kritisiert die bis heute praktizierte Geheimhaltung wichtiger Dokumente zu
den Verhandlungen, darunter sogar der Stellungnahme des Europäischen
Datenschutzbeauftragten vom 3. Juli 2009;

– fordert eine transparente und unabhängige Evaluation der bisherigen Er-
gebnisse der Datenübermittlung im Rahmen der SWIFT-Abkommen und
Vereinbarungen und ihrer Bedeutung im Kampf gegen den Terrorismus. Die
Einhaltung der außerhalb der Abkommen gegebenen Zusicherungen der
US- Regierung zu Zweckbindung und Datenweitergabe müssen gesondert
evaluiert werden;

– fordert in diesem Zusammenhang die Behandlung der Berichte der „renom-
mierten europäischen Persönlichkeit“ über den bisherigen Datenaustausch im
Rahmen der SWIFT-Vereinbarungen vom Dezember 2008 und Februar 2010
in den zuständigen Ausschüssen des Deutschen Bundestages;

– fordert die Bundesregierung auf, die „Empfehlung der Kommission an den
Rat zur Genehmigung der Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen
zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika
zur Übermittlung von Zahlungsverkehrsdaten an das Finanzministerium der
Vereinigten Staaten zu Zwecken der Verhütung und Bekämpfung des Terro-
rismus und der Terrorismusfinanzierung“ vom 24. März 2010 abzulehnen.
Stattdessen soll die Bundesregierung eine Verhandlungslinie für den Rat und
für die Verhandlungen mit den USA entwickeln und vertreten, deren Ziel der

Verzicht auf ein solches „Programm zum Aufspüren der Finanzierung des
Terrorismus ist“ („Terrorist Finance Tracking Programme“ – TFTP) ist;

– fordert die Bundesregierung auf, in den Institutionen der EU für den Verzicht
auf ein eigenes europäisches Programm zum Aufspüren der Finanzierung des
Terrorismus (TFTP) nach dem Vorbild der bisherigen SWIFT-Abkommen

Drucksache 17/1560 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
und Vereinbarungen einzutreten und alternative, rechtsstaatliche Maßnah-
men konkret zu prüfen.

Berlin, den 4. Mai 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

Das ablehnende Votum des Europäischen Parlaments (EP) hat die Grundlage ge-
schaffen, ein seit Ende 2001 bestehendes Programm zum Aufspüren der Finan-
zierung von Terrorismus gründlich zu analysieren und endlich aus der Welt zu
schaffen.

Nur scheibchenweise kamen bis vor kurzer Zeit die Praktiken des Umgangs mit
den Daten aus Finanztransaktionen ans Tageslicht und erst als die außerhalb jeg-
licher Abkommen auf eigene Faust von Seiten des US-Finanzministeriums im
Geheimen vorgenommenen Datenabschöpfungen öffentlich wurden, wurden
überhaupt Verhandlungen zwischen den USA und der EU aufgenommen.

Ausgangspunkt dabei war und blieb bis zuletzt immer die behauptete und nie
belegte grundsätzliche Notwendigkeit eines solchen Instruments.

Die Bundesregierungen forderten öffentlich zwar datenschutzrechtliche Ausge-
staltungen der Praxis, aber nutzten derweil die vom US-Finanzministerium und
der US-Regierung gestreuten Informationen über angebliche Terrorfinanz-
ströme.

Die zweifelhafte deutsche Position war immer, dass solche Verfahren nur daten-
schutzrechtlichen Mindeststandards genügen müssten, um auch in und für die
Europäische Union nutzbar gemacht werden zu können.

Mit einer Erklärung, die die undemokratischen Wurzeln des Abkommens bloß-
gelegt hat, hat das Europäische Parlament am 11. Februar die Notbremse gezo-
gen. Der Deutsche Bundestag kann jetzt – nach fast zehn Jahren und in Überein-
stimmung mit dem Europäischen Parlament – feststellen, dass die bisherigen
Datenaustausche weder datenschutzkonform noch demokratisch vorgenommen
wurden. Darüber hinaus wird der Nutzen für den Kampf gegen den Terrorismus
zwar behauptet, aber keineswegs nachvollziehbar belegt. In voller Kenntnis der
Behauptung, es entstünden Sicherheitslücken hat das EP das Abkommen abge-
lehnt, wie das Generalsekretariat des Rates in einem Antwortentwurf auf eine
entsprechende Frage der Abgeordneten des EP, Agustín Díaz de Mera García
Consuegra (PPE), selbst schreibt (Ratsdok. 7843/10 vom 22. April 2010).

Bevor jetzt, wie es der Kommission mit ihrer Empfehlung an den Rat offensicht-
lich vorschwebt, an datenschutzrechtlichen Regeln gefeilt und verhandelt oder
gar zusätzlich ein eigenes europäisches „Programm zum Aufspüren der Finan-
zierung des Terrorismus“ aus der Taufe gehoben wird, muss die bisherige Praxis
vollständig beendet und unabhängig ausgewertet werden.

Voraussetzung dafür ist, dass sämtliche Informationen über Umfang, Inhalt und
angeblich nur so erreichte Erfolge im Kampf gegen den Terrorismus in den
USA, in Europa und der Bundesrepublik Deutschland im Besonderen zugäng-
lich gemacht werden und alternative Maßnahmen konkret geprüft werden.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.