BT-Drucksache 17/1478

Zur Situation der Hebammen und Entbindungspfleger in Deutschland

Vom 22. April 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1478
17. Wahlperiode 22. 04. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Inge Höger, Cornelia Möhring,
Dr. Ilja Seifert, Kathrin Senger-Schäfer, Kathrin Vogler, Harald Weinberg
und der Fraktion DIE LINKE.

Zur Situation der Hebammen und Entbindungspfleger in Deutschland

In Deutschland haben alle Frauen laut Mutterschutzgesetz ein Recht auf Heb-
ammenhilfe, angefangen mit der Feststellung der Schwangerschaft, der Durch-
führung der Mutterschaftsvorsorge, der Hilfe bei Schwangerschaftsbeschwerden
und bei Wehen, während der Geburt – hier gilt sogar die Hinzuziehungspflicht –
und der Betreuung im Wochenbett und darüber hinaus bis zum Ende der Stillzeit.
Die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung mit Geburtshilfe und Heb-
ammenhilfe ist jedoch bereits heute nicht mehr gegeben. Diese Situation wird
sich nach Einschätzung der Deutschen Hebammenverbände zur Mitte dieses Jah-
res weiter dramatisch zuspitzen, weil viele Hebammen wegen gestiegener Haft-
pflichtprämien und eines bestehenden Einkommensrückstandes in der Hebam-
menvergütung die unabhängige Geburtshilfe oder ihre berufliche Selbständig-
keit bzw. den Beruf ganz aufgeben werden. Bereits heute sind nur ca. 30 Prozent
der Hebammen in Vollzeit tätig. Ein Verfahren, welches verlässliche Daten über
die Versorgungssituation und den Bedarf der Frauen und Familien an Hebam-
menhilfe ermittelt, ist dringend erforderlich.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Bedeutung haben nach Ansicht der Bundesregierung freiberufliche
Hebammen und freiberufliche Entbindungspfleger für das Geburtswesen in
der Bundesrepublik Deutschland?

2. Was macht nach Ansicht der Bundesregierung die spezifische Bedeutung von
freiberufliche Hebammen und freiberuflichen Entbindungspflegern aus?

3. Wie viele freiberufliche Hebammen und freiberufliche Entbindungspfleger
zur Versorgung der Frauen in den Phasen Schwangerschaft, Geburt und
Wochenbett gibt es in Deutschland (bitte einzeln auflisten)?

4. Hält die Bundesregierung die Anzahl freiberuflicher Hebammen und frei-
beruflicher Entbindungspfleger vor dem Hintergrund der reduzierten Ver-
weildauer in den Kliniken nach Geburten für ausreichend (bitte begründen)?
5. Wie viele Geburten finden aktuell jährlich in Deutschland statt?

Wie hat sich die Geburtenrate in den letzten zehn Jahren entwickelt?

6. Wie viele Frauen nehmen vor, während bzw. nach der Geburt Hebammenhilfe
in Anspruch?

Wie hat sich die Inanspruchnahme der Hebammenhilfe zahlenmäßig in den
letzten 20 Jahren verändert (bitte tabellarisch angeben)?

Drucksache 17/1478 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

7. Gibt es Unterschiede in der Verfügbarkeit von Hebammenhilfe zwischen
ländlichen Gebieten und Ballungsräumen?

Falls ja, inwiefern?

Falls nein, weshalb nicht?

8. Gibt es Unterschiede in der Inanspruchnahme von Hebammenhilfe im Hin-
blick auf verschiedene Bevölkerungsgruppen (z. B. Migrantinnen) oder auf
soziale Brennpunkte?

9. Gibt es regionale Unterschiede in der Altersstruktur der Hebammen und Ent-
bindungspfleger (bitte begründen)?

10. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, für eine ausreichende Anzahl
von freiberuflichen Hebammen und Entbindungspflegern Sorge zu tragen,
und wenn ja, wie will sie diese erreichen?

11. Wie hoch ist der Durchschnittsverdienst einer freiberuflichen Hebamme
bzw. eines freiberuflichen Entbindungspflegers im Jahr?

Wie unterscheidet sich der Durchschnittsverdienst in Ost- und Westdeutsch-
land und in verschiedenen Bundesländern (bitte tabellarisch auflisten)?

12. Wie beurteilt die Bundesregierung die Verdienstsituation freiberuflicher
Hebammen und Entbindungspfleger?

Sieht die Bundesregierung Handlungsbedarf bezüglich des Verdienstes von
Hebammen und Entbindungspflegern?

13. Wie beurteilt die Bundesregierung die Vergütung der Hebammen und Ent-
bindungspfleger im Hinblick auf die Attraktivität dieses Berufes?

14. Wie hoch ist der Anteil der Hebammen und Entbindungspfleger, die zusätz-
lich staatliche Transferleistungen in Anspruch nehmen?

Wie unterscheidet sich die Inanspruchnahme in Ost- und Westdeutschland
und in verschiedenen Bundesländern?

15. Wie hat sich in den letzten 20 Jahren die Prämienhöhe der Haftpflichtver-
sicherungen für Hebammen und Entbindungspfleger entwickelt, und was
sind die Gründe für die Veränderungen?

16. Sieht die Bundesregierung einen Einfluss des Anstiegs der Prämien der Be-
rufshaftpflichtversicherung freiberuflich tätiger Hebammen und Entbin-
dungspfleger auf das Angebot für Beleggeburten und außerklinische Gebur-
ten?

17. Sieht die Bundesregierung die Hebammen und Entbindungshelfer in Ange-
stelltenverhältnissen ausreichend vor Regresszahlungen geschützt?

18. Sieht die Bundesregierung ein Problem darin, dass in Kliniken die Haft-
pflichtsummen zu niedrig angesetzt sind oder Ärztinnen und Ärzte teilweise
unzureichend bzw. gar nicht haftpflichtversichert sind und dadurch Hebam-
men und Entbindungshelfer in Haftung geraten?

Was will die Bundesregierung dagegen unternehmen?

19. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die freie Wahl des Geburts-
ortes für alle Frauen sichergestellt werden muss?

Sieht die Bundesregierung dieses Wahlrecht derzeit ausreichend gewährleis-
tet?

20. Verfügt die Bundesregierung angesichts der Tatsache, dass ca. 70 Prozent
der angestellten Hebammen bzw. angestellten Entbindungspfleger gleich-

zeitig eine freiberufliche Tätigkeit ausüben und ca. 75 Prozent der freiberuf-
lichen Hebammen bzw. freiberuflichen Entbindungspfleger ihre Tätigkeit in

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1478

Teilzeit ausüben, über verlässliche Zahlen bezüglich des tatsächlichen An-
gebotes an Hebammenhilfen, und wenn nein, welche Möglichkeiten zu einer
besseren Datenerhebung sieht sie?

21. Liegen der Bundesregierung Zahlen darüber vor, wie viele Kinder, die in
Krankenhäusern zur Welt kommen, als vollkommen gesund abgerechnet
werden?

Wie beurteilt die Bundesregierung diese Zahlen?

22. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass der Betreuungsschlüssel von
Hebammen und Entbindungshelfern unter der Geburt in den letzten Jahr-
zehnten deutlich zugenommen hat, und wie beurteilt die Bundesregierung
diese Situation vor dem Hintergrund der Sicherheit der Geburt und der Über-
lastung der Hebammen und Geburtshelfer?

23. Welche Vor- oder Nachteile sieht die Bundesregierung in der gesetzlichen
Verortung der Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft in der
Reichsversicherungsordnung statt im Fünften Buch Sozialgesetzbuch
(SGB V)?

Wie steht die Regierung zu einer Überführung der gesetzlichen Regelungen
zu Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft in das SGB V?

Berlin, den 22. April 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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